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Verwandten nicht eher aufgeben darf, bis man für ihn einen neuen Schädel erbeutet oder sich einen alten für die letzten Totenceremonien verschafft hat. Da diese Stämme teilweise unter englischer Aufsicht stehen, von einer eigentlichen Kopficgd also nicht mehr die Rede sein tann, so ist man auf den Gedanken verfallen, den bei solchen Todes= fällen erforderlichen Schädel zu leihen. Dadurch aber verliert der Schädel für den gefälligen Befizer sehr stark an Wert, und er hängt zurückerhalten hat. Einzelne Stämme sind allerdings nicht mehr fo empfindlich, sondern nehmen die ausgeliehenen Schädel ruhig wieder in ihre Häuser. Immerhin ergeben sich Schwierigkeiten aus dem Kopfjagdverbot des( englischen) Rajah und aus der Abneigung, die Schädel auszuborgen; da ist nun die Regierung auf einen eigen= tümlichen Ausweg verfallen: In einigen Forts werden Vorräte alter Schädel, die man durch irgend welchen Zufall bekommen hat, ge halten, und ein Stamm, der für seine Trauer einen braucht, fann ihn von dort leihen. Die Schädel sind zu diesem Zweck mit Buch­staben ausgezeichnet, und über die Ausleihungen wird danach Buch geführt. Wenn die Trauerceremonien vorüber sind, wird der Schädel zurückgebracht und dem Vorrat wieder einverleibt. Die Leute sollen mit diesem Ausweg sehr zufrieden sein und gern davon Gebrauch machen. H. Singer.

Weise zu erschlagen und seines Kopfes zu berauben. Woher der| Sitte, daß das Volf die Trauer um einen Häuptling oder dessen nahen Kopf stammt, ist ganz gleichgültig für das Urteil der Stammes genossen; der Mord wird bejubelt und belobt, der Thäter als Held gefeiert, wenn er auch nur ein wehrloses Weib erlegt" haben sollte. Die Schädel werden in den Hütten an der Decke aufgehängt und bleiben dort oft Generationen hindurch; ihr Besitz vererbt sich als Toftbare Hinterlassenschaft, die durch die Nachkommen gelegentlich bereichert wird. Das gilt z. B. von den berüchtigten Dayaks auf Borneo   und von den Papuas in einzelnen Gegenden Neuguineas  . ihn meist nicht mehr an dem alten Ehrenplatz auf, nachdem er ihn Von den Alfuren des holländischen Anteils der Insel wird berichtet: Der Krieg besteht darin, den Gegner fabenartig zu beschleichen; gelingt es, ihn mit einem Pfeil- oder Flintenschuß niederzustrecken, so wird ihm sofort der Kopf abgehauen und im Dorf auf einem Bambus aufgesteckt. Dem Helden zu Ehren, der solche That voll­bracht, findet ein mehrere Tage währendes Fest statt, er schmückt sein Haar mit Blumen und Papageienfedern, deren Zahl die Menge der von ihm bereits erbeuteten Feindesköpfe andeutet. Wer ihrer viele gewonnen hat, erhält die Führerschaft im Kriege und das Vorrecht, bei Festlichkeiten vorzutanzen. An der Speelmannsbai werden die Schädel im Feuer getrocknet und später in Felshöhlen niedergelegt. Das Opfer zu rächen, ist gewöhnlich Stammessache, und da die Wiedervergeltungsidee bei den Papuas stark ausgeprägt ist, so nehmen die Stammesfehden kein Ende. Vielfach herrscht die Sitte, daß ein junger Mann, bevor er als Erivachsener gelten darf, sich einen Kopf geholt haben muß. Von der Südküste Neuguineas erzählt Chalmers  : Wenn ein Feind getötet war, wurde ihm der Kopf mit einem Bambusmesser abgeschnitten und in einer Rotang­schlinge nach Hause gebracht. Dort hing man den Kopf über ein Feuer und sengte ihm alle Haare ab, während die jungen Mädchen des Dorfes in der Nähe einen Kreis bildeten und tanzten und fangen. Der Schädel wurde dann fortgenommen, das Fleisch von ihm ent­fernt, gewaschen und am Hauptpfosten der Hütte aufgehängt. Außerordentlich schlimme Kopfjäger sind die wilden Stämme des Innern von Formosa, die unter chinesischer Herrschaft ganz, unter japanischer noch zum Teil ihre Unabhängigkeit sich bewahrt haben. Sie haben es vor allem auf die bezopften Söhne des Reiches der Mitte abgesehen, worüber die japanischen Behörden sogar eine Statistik führen. Nach der dem deutschen Reisenden Fischer vor­gelegten Liste entfielen 496 geföpfte Chinesen und 21 Japaner allein auf das Jahr 1897. Solange ein erbeuteter Chinesentopf frisch ist, wird er auf einen Pflock mit herausragendem Stachel aufgespießt und sein Mund mit einer Batate geschmückt. Später werden die Zöpfe an die Dede gehängt und die Schädel vor den Hütten auf Gerüsten reihenweise aufgestellt.

Es erhellt aus den mitgeteilten Einzelheiten, daß solche Schädel, die den Gefangenen oder Feinden geraubt worden sind, eine Verehrung nicht genießen werden, ihrer nicht würdig sein können, und die Zwecke dieser Kopfjäger müssen daher andre sein, als die Beschaffung eines Idols. Haddon meint, es sei kaum daran zu zweifeln, daß einer der hauptsächlichsten Beweggründe für die Kopf­jagd der Wunsch sei, den Frauen zu gefallen; denn imter einigen Stämmen Borneos   ist es nach den Erfahrungen dieses Forschers für einen Heiratskandidaten unbedingt notwendig, sich vorerst einen Schädel zu beschaffen, und zum wenigsten ist das ein Weg, sich die Zuneigung feiner Angebeteten zu erwerben. Bei den Bewohnern der westlichen Inseln der Torresstraße, wo eigentümlicherweise die Heiratsanträge nicht von den Männern, sondern von den Frauen ausgehen, kann ein junger Mann, der den ersten Stopf erbeutet hat, mit Sicherheit darauf rechnen, daß sich sofort ein Mädchen um ihn bewirbt. Daraus ergiebt sich folgender der Kopfjagd zu Grunde liegender Gedanke: Ein Mann, der tapfer und kräftig genug ist, auf die Kopfjagd zu gehen, wird auch im stande sein, sein Weib zu schützen; also gilt es für den Freier, seine Tapferkeit auf diesem Wege zu erweisen. Allerdings läuft da auch mancher Schwindel mit unter. An der Mündung des Flyflusses in Britisch- Neuguinea jagt ein junger Mann, er wolle für einige Monate auf die Schädeljagd gehen; er begiebt sich indessen nur zu einem Freunde ins Nachbar­dorf und sitzt dort, wie man in Anlehnung an eine bekannte Er­zählung vom furchtsamen Wanderburschen sagen könnte, die Zeit über hinter dem Ofen. Inzwischen fauft er einige Schädel und fehrt damit stolz in sein Dorf zurück, wo er von seinen Angehörigen ob seiner Tapferkeit vor aller Welt gerühmt wird. Sie wissen zwar oft, wo der junge Held seine Schädel erjagt" hat, schweigen aber wohlweislich in der Erinnerung vielleicht an eigne Schwindeleien; die schwarze Dame aber, die er verehrt, glaubt steif und fest an die Tapferkeit des Bewerbers, und bald ist sie sein,

Kleines feuilleton.

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k. Gold in der Kehle. Unlängst wurde berichtet, daß Adelina Patti   noch einmal in ihren alten Tagen" eine Tourné durch Amerika   machen will, von der sie wieder große Reichtümer heim bringen wird. Eine englische Zeitschrift macht dazu die Mitteilung, daß die Patti bereits rund 20 Millionen Mark mit ihrer Stimme verdient hat. Während eines einzigen Jahres hatte sie einen Rein­gewinn von 1400 000 M. Während eines Teils ihrer Laufbahn verdiente sie Tag für Tag in zwei bis drei Stunden über 20 000 Mark, und wenn sie in demselben Maßstabe weiter gearbeitet" hätte, so würde sie in drei Jahren schon 20 Millionen Mark ver­dient haben. Die höchste Summe, die je einer Sängerin in Covent Garden gezahlt wurde, war 192 000 m., die Adelina Patti   1870 für 16 Abende erhielt, d. h. 12 000 M. für jedes Auftreten. Schon bei ihren früheren amerikanischen   Gastspielreisen hat sie diejen Rekord aber geschlagen; denn in den achtziger Jahren erhielt sie in New Orleans   24 000. für den Abend. Diese Primadonna assoluta" hat viele einfache Methoden, ihre Stimme vor dem Wirkungen der künstlichen Hiße auf der Bühne und im Konzertsaal zu bewahren; ein Mittel ist, beim Aufstehen mit Salzwasser zu gurgeln. Ihre Gagen für ihr Singen waren gewiß fürstlich", und doch hat sie wahrscheinlich für ihr Nichtsingen einmal noch mehr er­halten; in einer Saison im Covent Garden erhielt sie nämlich außer ihren 16 000 M. für eine Vorstellung noch eine Abstandssumme von 240 000 M. dafür, daß sie sich verpflichtete, eine bestimmte Zeit hindurch nicht anderswo zu fingen. Wie klug die Patti mit ihren Mitteln zu wirtschaften wußte, zeigte auch die Thatsache, daß sie wahrscheinlich die Veranlassung zur Stimmenversicherung gegeben hat. Ihre Stimme ist mit 20 000 M. für den Ausfall einer Vor­stellung oder mit 160 000 M. bei gänzlichem Verlust der Stimm mittel versichert. Trotzdem sie etwa 60 Jahre alt ist, hat sie nur zweimal die Versicherung in Anspruch genommen.

Christine Nilsson   hatte verhältnismäßig nur eine furze be rufliche Laufbahn, und doch soll sie durch ihr Singen über fünf Millionen Mark verdient haben. Große Einkommen haben auch jedes Jahr die heute berühmten Sänger und Sängerinnen, wenn fie auch weit hinter dem Einkommen einer Patti oder eines De Reßte zurückbleiben. Madame Melba kann, wenn sie will, wöchentlich gut 20 000 m. verdienen, und wenn sie in einem Privathause auf­treten soll und Zeit dazu hat, so kostet das wenigstens 4000 M. So beliebte Sängerinnen wie Clara Butt   oder Ada Croßleh können über das Einkommen eines Kabinettministers lächeln, das jede der beiden Damen bequem in jedem Jahre verdienen und dabei doch noch einen sechsmonatlichen Urlaub nehmen kann.. Unter 400 oder 600 Mark tritt keine der Beiden privatim auf. Jean de Reßke hält den Reford für Sänger; fein Kontrakt für ein sechzehnmaliges Auftreten sichert ihm 144 000 M., außerdem bedingt er sich stets seine Ausgaben für das Hotel und eine bestimmte Summe für Pferd und Wagen aus. Die beiden Brüder de Reßte haben während ihres fünfundzwanzigjährigen Singens, gering geschäßt, eine Summe von Jene Erklärung Haddons ist annehmbar, aber wohl nur für 20 Millionen Mark verdient, von der Jean natürlich den Löwen­wenige Fälle. Wir haben oben gesehen, daß man oft zu den hinter- anteil hat. Das macht durchschnittlich für Jeden 400 000 Mark Liftigsten und feigsten Mitteln greift, um einen Kopf zu erwischen, jährlich. Auch Lassalle   hat 8000 m. für ein Auftreten ex­und daß man dabei sogar den Kopf eines Weibes oder Kindes nicht halten. verschmäht; als ein Beweis der Tapferkeit aber wird das in der Regel nicht gelten, und so müssen wir nach andern Beweggründen suchen. Da ergiebt sich denn die auch aus Afrika   gut belegte That­sache, daß man glaubt, die Erschlagenen, deren Köpfe er geraubt hat, werden in der andern Welt die Diener des Mörders sein. Der Kopf jäger trifft also Sorge für die Zukunft. Hat jemand bei seinen Leb­zeiten diese Vorsorge unterlassen, so holen das die nächsten Ver­wandten nach seinem Tode nach. Sie legen sich auf die Lauer und suchen dem Toten noch nachträglich einen Diener zu verschaffen. Daß die erbeuteten Schädel einen hohen Wert besigen und nicht gern fort gegeben werden, läßt sich aus dem Angeführten leicht schließen.

Bei einigen der Küstendayats in Britisch- Borneo besteht die

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Theater.

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Trianon Theater. Die Notbrücke." Lustspiel in drei Akten von Fred Grésac und Francis de Croisset  . Es war derselbe Beifall, wie vor Monaten bei der Trianon­Premiere von Maurice Donnays reizender Liebesschaukel". Die triviale Dußendware, wenn sie sonst als konkurrenzfähig in den Ver fänglichkeiten sich erweist, schien gleich willkommen wie die fein cise­lierte Arbeit eines dem Geiste freier Künstlerschaft sich nähernden Kunsthandwerkers. Notbrücke" der deutsche Uebersetzer konnte feinen bezeichnenderen Titel finden. Vom Donnahschen Geist zw schiveigen; es fehlt auch jenes Geistessurrogat, mit dem das bessere Mittelgut Pariser Schwänte feine Wirkungen erzielt, die Kunst des