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Die Bariserin scheint sich nicht dazu aufschwingen zu wollen. Sie ist Sklavin darin und bleibt es um Herrscherin zu sein. Soll man sie verachten darum? Man bedauert sie. Wilhelm Holzamer  .

Sflavin, aber fie ist Herrscherin zugleich darin. Sie ist Sflavin für schwankenden Bewegungen, freut sich der Bewegung eben, die viel die Lust des Manues, sie beherrscht ihn sie beherrscht ihn durch ihre ver- leicht hier zu viel hat, was sonst bei uns zu wenig ist. führerischen Künste. Darum hat sie fie ausgebildet, Sie In der Unterhaltung mit der Pariserin zeigt sich ift sich ihrer Macht bewußt, fie wählt ihre Mittel genau nichts andres, als was anfänglich geschildert wurde. dementsprechend. Und sie hat gelernt, die Sklavin darin zu ver- Denn diesem Anfänglichen fehrt für den tiefer geffen. Sie ist im Grunde verderbt. Sie fühlt sich nur als Sehenden alles zurück. Die Unterhaltung der Pariserin ist ein lieb­Herrscherin und weiß nichts von ihrer Abhängigkeit. Sie fühlt viel- liches Geplätscher. Es umspielt uns und umspült uns mit leichter Teicht die Verachtung, die ihr der Mann widerfahren läßt, aber sie Heiterkeit und heiterer Leichtigkeit. Es bestrickt, denn es dient wie trozt ihm, indem sie ihn bezaubert, bezwingt und sie schlägt alles dem Einen, hat den einen Zweck, das eine Ziel. Wirkung I ihm damit zuguterlegt ein Schnippchen. Sie ist eine betrogene Richts wird tiefer aufgethan, nichts gründlicher behandelt aber Betrügerin, wie er ein betrogener Betrüger ist; sie halten über alles wird gesprochen und kann in einer Weise geplaudert sich vielleicht nicht selbst dafür, Mann wie Frau, aber werden, daß man fich gefangen geben könnte. Man sagt der fie halten sich einander dafür. Aus dem Seelischen ins Pariserin Esprit nach- es ist aber nur Unterhaltungstalent. Reale übertragen: die Frau hat gefiegt. Sie ist die instinkt Der Geist der Frau spielt keine Rolle. Er thut sich nicht stärkere, sie hat schärfer ihren Vorteil, ihren nächsten Vorteil, im hervor, er bringt nichts in Bewegung, er bäumt sich nicht Auge, fie tennt die Flüchtigkeit des Moments und bewahrt sich diese auf, er fordert nicht. Er ist eingeschläfert wie ein Kind mit Mohn­Erfenntnis in dieser Flüchtigkeit. Ist der Moment vorüber, war er samen. Er revolutioniert nicht. Da ist die deutsche Frau anders, doch nicht ohne Vorteil und der neue Moment mag gesucht und die deutsche Frauenbewegung hat eine andre Grundlage, andre werden. So wird die Frau zur Dirne. Denn die Frau wird immer Kräfte, andre Waffen, andre Persönlichkeiten. Persönlichkeit im um­zur Dirne, wenn sie Sache, wenn sie Ware, wenn sie nur Geschlechts- fassenden Sinne, die die vollen Werte ihres Wesens und die Er wesen ist. Sie muß sich prostituieren, das ist ihre Lebensfrage, es fenntnis ihres Rechtes und ihrer Berechtigung in die Wagschale ist eine Selbstverständlichkeit, und es nicht zu thun, ist keine Tugend wirft, ist die Pariserin nicht; sie ist höchstens eine Person, die reizt, fondern eine Dummheit. Wo die Frau im Leben noch unter die kokettiert und mit den Vorzügen ihrer Erscheinung spielt. Und dem Manne und nicht neben ihm steht, wird sie immer das, was Ausnahmen bestätigen nur die Regel. Sie ist Weib ohne die der Mann aus ihr macht! Menschlich und social- Begriffe, die nicht Mutterschaft, und nur Weib- während die Deutsche Frau, und vielleicht von einander zu trennen sind ist diese Erscheinung im tiefsten zu viel Frau ist. Ihrer Starrheit und Eingefrorenheit thäte wohl Grade verwerflich, bedauernswert für die Frau, die Opfer ist, traurig schon ein Tropfen des Blutes der Pariserin nicht schaden. Sie könnte für den Mann, der sich selbst darin entwürdigt. Darin gerade aber wohl sogar auf diese Art Werte gewinnen, fie fönnte ihre Werte liegt wieder die umgekehrte Wirkung als Folge Erscheinung flüssiger machen. Ihr Frauliches könnte dadurch in dies m besonderen für das innere, wie äußere, öffentliche, wie private Leben Sinne weiblicher werden, wie hier das Weibliche fra   licher werden und die socialen Verhältnisse im allgemeinen: Wer Opfer müßte. Wozu dort das Körperliche ein Mittel bote, dazu müßte ist, erringt die Macht, und wer die Gewalt übt, wird hier das Geistige die Kraft leihen. Nur das Geistige ist, was würde das Opfer seiner Kreatur. Denn die Verfündigung am Menschen verleiht, es verneint, es unterdrückt das Geschlecht und das rächt sich immer am Versündiger selbst. Das Verhältnis der Ge- Geschlechtliche nicht, es erlebt es. Es verhindert, daß das Geschlecht schlechter zu einander aber ist immer verderblich, wenn es ohne Würde liche nur ein Mittel und ein ganzes Geschlecht nur eine Ware wird. ist, so daß es beide Teile adelt und selbständig macht. Es begnügt sich nicht mit der Galanterie und Flatterie des Mannes, Die Pariserin ist nur Geschlechtswesen. sondern verlangt Gemeinsamkeit und Man beobachte nur Arbeit! Es Beseitigt die einmal daraufhin. Man beobachte die Erscheinungen des Kokotten- Zweideutigkeit der Verhältnisse und schafft die Eindeutigkeit höherer wesens, die gesellschaftliche Stellung der Kolotte, ihre Diktatur in Bewertung und persönlicher Gleichstellung. den verschiedensten Lebenslagen und Erscheinungen. Für Kunst und Mode, für Theater und Malerei giebt fie den Ton an, Erfolg und Mißerfolg entscheidet fie, Stellungen macht sie. Sie verdirbt Männer und verpraßt Reichtümer und steigt höher von Stufe zu Stufe. Nach dem Glück der großen Kokotte geht die kleine Dire aus, ihre Carriere möchte die kleine Tänzerin, die kleine Schau­spielerin machen und manche wurde nur eine große Künstlerin, eine gefeierte Schönheit, eine gepriesene Dame dadurch, daß sie eine große Hure wurde. Man sehe die Stücke an, die auf der Bühne Erfolg haben, sie drehen sich um die Liebe", das heißt sie drehen sich um die eine Nacht. Sie haben die ganze Schalheit und Hohlheit der geschlechtlichen Frau, der Die Schäßungen der Bewohnerzahl Roms zur Kaiserzeit gehen weiblichen Geschlechtsherrschaft. Sie machen Komödie um den einen weit auseinander, sie schwanken zwischen 800 000 oder noch weniger Punkt herum und sind darin zu äußerer Geschicklichkeit herabgefunken. und 4 Millionen. Nach Belochs Berechnung, die sicherlich eher zu Profitiert hat der Maler. Es ist aber im Grunde auch nur ein tief als zu hoch gegriffen ist, wohnten durchschnittlich auf einem formaler, ein äußerer Profit. Es ist der Gewinn intimster Kenntnis Heftar 650 Menschen: die Aurelianische Mauer   umschloß 1230 Hektar, des Frauenleibes, oft auch nur der Frauentoilette, und ist das wobei man freilich die vielen freien Pläge, die großen äußerste Raffinement in der Wiedergabe. Innerlich, an Sehens- öffentlichen Bauten die Wohnungen der Reichen mit wertem, fagen diese Bilder nicht viel. Und ebenso ist's ihren zum Teil ausgedehnten Gärten in Betracht ziehen muß. beim Bildhauer. Es müßte denn einmal ein Abfeits- Jedenfalls gab es etwa 46 000 Mietswohnungen, dagegen nur geher oder oder gar ein Anfläger aufstehen. Und auch solche 1790 Einzelwohnungen. Die Metropole war im buchstäblichen giebt's. Solche, die die sociale Misere, die innere Hohl- Sinne des Wortes immer mehr in die Höhe gewachsen, besonders heit, den äußeren Flitterglanz, den faulen Kern in der schönen in den verkehrsreichen Armenvierteln, wo sich, wie Grupp in dem Schale anklagen. Sie finden wenig Echo. Sie gefallen nicht. In fürzlich veröffentlichten ersten Band ſeiner Kulturgeschichte des absteigenden Zeiten gefällt immer, wer an die Wunden nicht rührt römischen Kaiserreichs schreibt, Maffenwohnungen von überraschender und im bunten Glanz des Aeußern den Genuß zu befriedigen weiß. Höhe auftürmten. Es waren die reinen Mietsfasernen. Ein Rhetor Und eben, wie man sagt, zu genießen" weiß. Das ist wieder ein fagte, vielleicht mit einiger Uebertreibung, wenn man von Rom   nur Rückschluß auf den Mann, das Bermürbende solcher Kultur- ein einziges Stocktvert abtrüge, so könnte die ganze Breite von Italien steigerung", das Morbide solchen Lebens deckt es auf. bis zur Adria   mit einer zusammenhängenden Stadt ausgefüllt werden. Schon zu Hannibals   Zeiten hören wir von dreistöckigen Häusern, später aber baute man bis zu sechs Geschossen und darüber. Dabei waren verschiedene Ursachen und Rücksichten im Spiel, an erster Stelle natürlich der außerordentliche Bevölkerungszuftrom aus allen Der Vollständigkeit halber müßte das rein, Bildhafte", das was Teilen des Reiches und der verhältnismäßig beschränkte Raum, der bei den verschiedensten Gelegenheiten in die Anschauung tritt, noch für Maffenwohnungen noch dadurch beengt wurde, daß Reiche ganze dargestellt werden. Die Pariserin im Salon, im Restaurant, im Häuserkomplere antauften und abreißen ließen, um für ihre Theater, im Variété, auf der Straße, auf dem Tanzboden, die Pariserin prächtigen Wohnfiße Platz zu gewinnen. Vielleicht war bei dem der großen Boulevards, die Pariserin auf dem Montmartre, vor- Bau hoher Mietstafernen auch die Rücksicht auf die Malaria mit wiegend unter dem Einfluß der Artisten, im Quartier latin vor- bestimmend, die nur bis zu einer gewissen Höhe schädlich wirkt. wiegend unter dem Einfluß der Studenten. Gewiß, dem ober- Ueberdies fehlte es an billigen Verkehrsmitteln, und deshalb flächlichen, nur schauenden, vielleicht fünstlerisch veranlagten Beobachter war eine weitere Ausdehnung der Stadt, ein Wohnen in Vorstädten bietet sich viel Neizvolles. Es bietet sich ihm Buntheit und Leichtigkeit, nicht leicht möglich, so daß sich alles zusammendrängte. Grupp Eleganz und spielende Formen, es bietet sich ihm Anziehendes und meint, auf gleichem Raumme wohnten in Rom   doppelt so viel Leute, Bestrickendes, denn überall tritt dieses Besondere deutlich und domi- wie heute in Paris  , und zwar die weit überwiegende Mehrzahl in nierend hervor, was mur die Pariserin hat und anzuwenden weiß, der Altstadt um den Palatin. Die Häuser sollten freilich an der nur so hat und so anwendet. Es ist gewissermaßen eine neue Seite Straßenfront nicht höher als 60-70 Fuß sein, aber diese Vorschrift des Lebens, das scheinbar kein Gewicht, keine Schwere, feine Abgründe wurde wahrscheinlich nicht selten übertreten, und wenn man sich auch hat, es ist eine heitere Seite, die teine Erinnerung fennt, kein Gestern, an sie hielt, konnte man es bei der Niedrigkeit der Geschosse doch aber auch kein Morgen. Der Leichtsinn ist Gott   und die Freiheit leicht zu sechs Stockwerken bringen. Jene Bestimmung erstreckte sich fein Prophet, die Freiheit des Genusses. Aber damit bleibt man auch nicht auf die Hinterhäuser und Hofgebäude. Martial erzählt nur auf der Oberfläche. Man gleitet über Spiegel, freut sich der von einem Dichter, er habe bis zu seiner Wohnung 200 Stufen Lichter und schwebenden Schatten, freut sich der Reflege und l emportlettern müssen, was mindestens zehn Geschosse voraussetzt.

Daß all diese Erscheinungen in der Ehe, die nichts als ein Handel ist, ihren Charakter nicht nur beibehalten, sondern sogar ver­schlimmern, braucht nicht besonderer Ausführung. Es ist selbstver­ständlich, es ist der Wurm im Holze, wo das Möbel auch stehe.

( Nachdruck verboten.)

Mietskafernen im alten Rom.

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