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Herr Gott  , Mutter, jetzt hat er doch so viel Freiheit|

( Nachdruck verboten.)

bekommen, wie er sich nur wünschen kann! Ein Jahr nach Die füdflavifche Hauskommunion.

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Paris   das zweite nach Italien   und jetzt wieder zurüc nach Paris  ! Ich glaube, er hat die fummervollen Stunden am Fenster vergessen, und den Vater, der vor Betrübnis sterben sollte, und alles miteinander das glaube ich!"

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" Da urteilst Du ganz ohne Verständnis, Gjertrud. Er hat gewiß eine große Freude an seiner Wirksamkeit, das will ich gern glauben, das ist durchaus nichts Leichtes, das ist im Gegenteil etwas Starkes."

Das glaube ich wirklich auch, Mutter! Diese Künstler, die summen umher und saugen das Süße aus allem. Sie sind nur nicht so rechte Menschen; je weniger das Vergangene fie quält, wenn sie sich an dem Nächsten berauschen, desto besser ist es. Unduh! alle diese Arten von Studien!" Das Auge der Mutter ruhte mit einem eigenartigen Ausdruck auf der Tochter! Sie entdeckte auch in ihr die Spuren einer aufrührerischen Gedankenwelt.

" Ich finde es doch eigentlich sehr merkwürdig," sagte Klaus, der die Treppe herauffam ,, ja, ich finde es wirklich höchst merkwürdig, daß Johnston den Vater heute abend nicht eingeladen hat, wo der Landrat bei ihm ist."

" Findest Du das, mein Junge? Es ist ja noch nicht so spät," meinte die Mutter, vielleicht will Johnston erst ganz sicher sein, daß der Landrat auch wirklich kommt."

Draußen auf der Landstraße ward ein Rädergerassel hörbar, das von einem größeren Wagen herzurühren schien. ,, Und da, denke ich, ist er!" rief Klaus, eifrig über die Treppe hinweglugend.

Es zeigte sich, daß es nur ein heimkehrender Postwagen war, hinter dem ein andrer mit der Deichsel befestigt war. Der Direktor ward unten in der Allee sichtbar. Er kam heute nachmittag früher als sonst aus dem Sägewerk heim, und Klaus fand es zweckmäßig, sich mit seiner Flasche Selterswasser und seinem Glase zu entfernen, dem er heim licherweise einen kleinen Schluck Cognac aus dem Büffett zugesetzt hatte. Er beabsichtigte, sich einem dolce far niente hinzugeben und nach dem erstickend heißen Tage auf dem Comptoir bei dem Rauch einer Cigarre im Schatten der Laube zu philosophieren.

it st keine Nachricht oder kein Bescheid für mich aus der Stadt gekommen?" erfundigte sich der Direktor ungeduldig schon eine ganze Strecke vor dem Hause.

Er blieb stehen und überschaute die Landstraße; hie und da unterbrach ein leichter Einspänner oder ein Gig die Stille, und der Schatten von Kutscher   und Pferd und Rädern fiel über das Gartengeländer und auf das Feld.

Er beschloß endlich, sich unter der Markise auf der Treppe niederzulassen mit den Zeitungen und der Post und seiner Tasse Kaffee.

Was sagt der Barometer, Du?" fragte Frau Bratt. Er zuckte nur die Achseln.

,, Es ist ein wahrer Jammer, mit anzusehen, wie die Bäume ihre Blätter hängen lassen!"

Der an dem serbischen   Königspaar von seiner allergetreuesten Armee verübte Mord hat die Aufmerksamkeit der gesamten civili­fierten Welt auf den politischen Hegentessel am Balkan   gelenkt. Macht die begangene That mit ihren Einzelheiten auf uns den Ein­druck einer schier unglaublichen Bestialität, die dadurch gewiß nicht gemildert wird, daß der Metropolit Serbiens   ihr den priesterlichen Segen Gottes hat angedeihen lassen, so darf andrerseits nicht über­sehen werden, daß gerade die südslavischen Länder sich gegen­wärtig in einem tiefgehenden und rapiden Zersegungs­prozeß wirtschaftlicher und damit auch sittlicher Art befinden. Die alte fommunistische Form der Hausgemeinschaften, die hier seit den frühesten Zeiten die Grundlage der ländlichen Eigentums­und Bewirtschaftungsverhältnisse gebildet hat, ist in den letzten Jahr zehnten durch das Eindringen des modernen Kapitals von Grund Einwirkung des denkbar schamlosesten und rohesten Geldwuchers in aus revolutioniert und auseinandergesprengt worden und unter der der vollen Umbildung zum Privateigentum begriffen.

Skythen  ,

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Zu welcher Zeit sich bei den Slaven   die Hauskommunion ein gebürgert hat, läßt sich mit unbedingter Gewißheit nicht bestimmen. Bei den alten Autoren treten uns die östlich der Germanen bis tief nach Asien   hinein wohnenden Stämme zunächst Sammelnamen eines großen Reitervolles, der unter dem fation zu fern lagen, als daß sie bei ihren Bewohnern die entgegen, da jene Gebiete der damaligen Civili­ethnographischen Unterschiede der Finnen, Slaven   und Tartaren, mit denen wir zweifellos zu rechnen haben, hatte machen können. Später erst werden die europäischen   Skythen als die Sarmaten der Römer, die Sauromaten der Griechen von den Finnen und Tartaren unter­schieden. Von den Sarmaten berichtet ein Schriftsteller aus der ersten Beit des römischen Kaiserreiches noch als von völligen Nomaden. Bei ihnen", schreibt er, giebt es feine Gebiets- und Grenzscheiden. Denn sie bebauen nicht den Acer  , noch befizen fie Haus oder Dach oder bleibende Stätte. Sie weiden beständig ihre Herden, die sich aus Groß- und Kleinvieh zusammenseßen, gewohnt, in den brachliegenden Einöden umherzuschweifen. Weib und Kind führen sie auf Wagen mit fich, welch letztere ihnen die Stelle des Hauses vertreten und die fie zum Schutz vor Regen und Wintertälte mit Fellen überspannen. Auch Tacitus   läßt die Sarmaten in seiner Beschreibung Germaniens  zum Unterschied von den noch auf der untersten Jägerstufe stehenden Finnen ausschließlich auf Pferden und Wagen leben. Erst als die gothische Völkergruppe unter den Stürmen des 5. Jahrhunderts ihre drängenden slavischen Stämme in nähere Berührung mit dem Wanderungen nach dem Westen angetreten hatte, kommen die vor­oströmischen Kulturkreise. Um diese Zeit finden wir denn auch die ersten eingehenderen Schilderungen von ihren Sitten und Bräuchen, wie z. B. in Procops Gothenfrieg. Aus diesen Berichten geht hervor, daß die vorerwähnten Sarmaten mit der Volksgruppe der Slaven   identisch find, werden sie doch ausdrücklich als Sclavenen" bezeichnet und unter ihnen die Stämme die Mitte des sechsten Jahrhunderts muß aber auch bei den Slaven der Bulgaren  , Servier, Auten, Afaziren u. f. f. unterschieden. Um der Uebergang zur Seßhaftigkeit seit längerer Beit begonnen und auf die religiösen Vorstellungen wie auf die Kampfesweise bereits Einfluß geübt haben. So heißt es bei dem vorerwähnten Procop: Sie stehen nicht unter der Herrschaft eines Mannes, sondern sie leben von Alters her als Volksstaat, so daß Glück und Unglück alle gemeinschaftlich tragen. Auch in Bezug auf alles andre, Gesetze und Bräuche, sind diese Barbaren völlig gleich. Denn fie fennen mur einen Gott, den Blitzschleuderer und glauben, daß er allein der Herr sei über alles. Sie opfern ihm Stiere und allerlei Opfer­Das Schicksal fennen fie nicht und wissen auch nicht, daß es irgend eine Macht hat über die Menschen... Außerdem erweisen sie den Flüssen, Quellen und andren Dämonen göttliche Ehren, bringen ihnen allen Opfer dar und benutzen diese Opfer zu Drakelsprüchen. Sie wohnen in dürftigen gelten, weit von einander getrennt, und die einzelnen wechseln oft die Wohnfize. Ins Feld rücken die meisten zu Fuß  . ein etwa gleichzeitiges Manuskriptfragment der Mailänder Bibliothek weiß von 4600 dörflichen Ansiedelungen zu berichten, die damals über das heutige Rußland   und Polen   verbreitet gewesen. Mag man dieser Angabe auch mit einigem Zweifel begegnen, eines scheint sie doch zu erweisen, daß im sechsten Jahrhundert zum mindesten die der römischen Grenze zunächst wohnenden Slaven   immer mehr zur festen Ansiedelung übergingen; berichtet doch schon der zu Vefpafians Zeiten lebende Verfasser der ersten auf uns gekommenen Naturgeschichte, Plinius  , daß Buchweizen und vor allem, daß Hirse, die sie zerrieben und mit Pferdemilch oder Pferdeblut vermischt, roh genossen, eine Lieblingsspeise der Völker am Bontus bildeten.

Er hörte nichts. Seine ganze Aufmerksamkeit war durch eine Gestalt, scheinbar ein Bote, in Anspruch genommen, die aus der Stadt kam und sich hastigen Schrittes näherte. tiere. Seine Züge erhellten sich, als der Mann auf das Thor zufam, und er lächelte beinahe, während er sich den Anschein gab, als läse er.

Nein, er ging vorüber!

Schon über halb sechs," murmelte er und sah nach der Uhr; er blieb siten und trommelte auf dem Treppengeländer. " Diese verdammten Mücken!" Mergerlich schlug er mit dem Taschentuch nach ihnen.

Ein Fuhrwerk wirbelte eine Staubwolfe auf der Land­straße auf und rasselte an dem Geländer vorüber.

Der Direktor schaute auf und lauschte, goß dann den Rest aus seiner Kaffeetasse in einem Schlud hinunter und fing wieder an zu lesen.

Ist etwas Neues passiert, Bratt?" versuchte seine Frau endlich.

Auf dem Geldmarkt in London  ?- Ja, es macht sich eine steigende Tendenz bemerkbar, und das Eisen steigt.- Da, nimm und lies alles, was Du willst!"

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Sie verfiel wieder in ihre eignen Betrachtungen, während fie die Gläser in die Höhe hob und einige Ableger betrachtete. Es war doch ein sonderbarer Geist, der die Menschen heut­zutage erfüllte, Camille Desmoulins  .

( Fortsetzung folgt.)

Es ist das Verdienst des Berliner   Professors August Meißen  , die Agrarverhältnisse der Slaven von den frühesten Zeiten an grundlegenden Untersuchungen unterzogen zu haben. Danach kann es als sicher gelten, daß wir in der Form der Hausgenossenschaft der Zadruga, auf deren erste Anfänge bereits das weite Getrennt­wohnen der Einzelnen" in dem vorerwähnten Bericht des Procop zu deuten scheint, die ursprünglichste, Nord- wie Südflaven gemein­same Bewirtschaftungseinheit vor uns haben. In den südslavischen Gegenden haben sich diese Familienverfassungen, wie schon eingangs erwähnt, am deutlichsten erhalten, wiewohl ge

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