.Er ist in der Stadt gewesen und hat sich einen Rauschangetrunken," entschied der Direktor.„Aber. Jette,"— er Preßte sie lange und heftig an seineBrust, und sie fühlte, wie er zitterte;—„er soll morgen keinWort darüber hören."„Nun ist Klaus nach Hause gekommen; er ist hinauf-gegangen und hat sich schlafen gelegt," meldete Gfertrud un-befangen zur Thür hinein.„Tu mußt Dich in acht nehmen, damit die Heftigkeitnicht Neberhand in Dir gewinnt, liebe Gfertrud," ermahnteer sie sanft, als sie Gute Nacht sagte,— er dachte daran,wie sehr die Tochter ihm glich.Nach einem bewegten Abend hatten sie sich alle zur Ruhebegeben, und der Direktor wanderte allein auf seinemComptoir auf und nieder.Er war ganz am Ende. Das eine Unwetter hatte heutedas andre übertäubt, und die in der Versammlung erlitteneNiederlage fing wieder an, vor ihm aufzutauchen.Ihm wurde ganz warm ums Herz bei der Erinnerungdaran, wie er den ersten Beamten des Distrikts, den Landrat,heruntergemacht, weil er eine Eisenbahn für eine Diligencemit fünf Haltestellen geopfert hatte.--- Er hatte sie einennach dem andern mit der größten Kaltblütigkeit bloßgestellt.Und wenn er sich damit begnügt hatte, von Johnston zusagen, daß dieser Mann mit seinen ungewöhnlichen Anlagensich leiten lasse wie ein unmündiges Kind, so hatte er ihn soviel wie möglich geschont.— Er hatte die Versammlungklug und besonnen geleitet-- Erst als ihm klar wurde,daß man ihn überstimmen würde, hatte der Zorn ihn über-mannt, so daß er alle Rücksichten außer acht ließ und ihnendie Hölle so heiß machte, daß sie es so leicht nicht wieder ver-gessen sollten!— hatte ihnen die ganze Freude an derkolossalsten Dummheit versalzen, die man überhaupt begehenkonnte.Er vertiefte sich in den Genuß, den ihm der Gedankegewährte, wie er sie gezwiebelt, sie in die Enge getriebenund ihnen das Messer an die Kehle gesetzt hatte.Und Johnston!— er kam wieder auf ihn zurück;—hm,— er hat natürlich nicht die geringste Ahnung davon,daß er an der Spitze gestanden hat, um mir, seinem Freunde,eine schimpfliche, öffentliche Niederlage zu bereiten.——Er wiederholt dasselbe ebenso lächelnd und ebenso unschuldignoch einmal, wenn's darauf ankommt.---Es ist doch merkwürdig, daß er es nicht fertig bringenkann, aus guter Ueberzeugung auf meine Seite zu treten.—Und sich dann auf diesen Einfall des Landrats so zu ver-beißen!—— Das ist wirklich eigentümlich, sonderbar,—sieht beinahe aus, als wäre System darin, eine Absichtlichkeit,die gegen mich gerichtet ist.---Und ob er nun geruht, es zu wissen oder nicht, so binich doch auf alle Fälle derjenige, der augenblicklich hier inder Stadt das Scepter schwingt, und nicht er!Es wallte und wogte stärker und stärker in ihm,—ein überströmendes Gefühl von Bitterkeit, Groll, Scham,stummer Wut, weil er verloren hatte,— bemächtigte sichseiner.Ja, nun konnten sie reden, konnten sie frohlocken,—jetzt gingen ihnen die Münder im Klub und rings umher inder Stadt,— nun hatten sie ihn überwunden.—■—— Ja,es würde vielleicht eine Zeit kommen, wo er es ihnen heim-zahlen konnte.(Fortsetzung folgt. X(Nachdruck verboten.)Oie cleutleke 8uäpolar-6ocpeclftion.Der Führer der deutschen Südpolar- Expedition, die vor zweiJahren, am lt. August l90l, nach der antarktischen Eisregion auf-gebrochen und jetzt glücklich zurückgekehrt ist, Professor Erich vonD r y g a l s k i, hat einen kurzen Bericht über den Verlaus derExpedition vcröfsentlicht, aus dem man ersehen kann, in welchemMatze die Aufgaben der Expedition gelungen sind, wenn auch diespeciellen wissenschaftlichen Ergebnisse noch der genaueren Durch-arbeitung harren.Drygalski ist in der Polarforschung kein unerfahrener Mann,sondern hatte bereits einen klangvollen Namen, als er, der Dreiund-dreißigjährige, vor fünf Jahren zur Leitung der damals geplantenExpedition nach dem hohen Süden gewählt wurde. Schon 1891 warihm, der damals erst 26 Jahre zählte, von der Berliner Gesellschaftfür Erdkunde die Leitung einer wissenschaftlichen Expedition nachGrönland zur Untersuchung der Bewegungen des grönländischen In«landeises übertragen worden.Den Sonnner 1891(2. Mai bis 13. Oktober) brachte er mtder Westküste Grönlands am Umanak-Fjord, unter 71V- Grad nord»licher Breite zu, um vorläufige Untersuchungen anzustellen. DiaHauptexpedition, die am 27. Juni 1892 unter Drygalski wieder amUmanak-Fjord anlangte, blieb dort länger als ein volles Jahr; erst:am 27. August 1393 verließ sie Grönland, wo sie namentlich imWinter über die Bildung und Bewegung des Inlandeises wichtigeAufschlüsse erhalten hatte.Im Plane jener Expedition hatte es nicht gelegen, die unbe-kannten Gebiete am Nordpol aufzusuchen, wie es z. B. Nanseneinige Jahre später that, sondern in bereits bekannten und regelmäßigerreichbaren Regionen sollten diejenigen Verhältnisse näher erforschtwerden, welche den eigenartigen geographischen Charakter Grönlandsbedingen, und dadurch auch für die gesamten Verhältnisse in dernördlichen Polargegend so entscheidend sind. Daher suchte Drygalskinicht, auf einem Schiffe möglichst weit nach Norden vorzudringen.sondern auf dem Lande wurde eine feste Station errichtet und vonihr aus das Innere durchforscht.Eine gewisse Aehnlichkeit hatte auch die diesmal von Drygalskinach dem Süden geführte Expedition in ihrer Anlage und Ausgabemit jener vor zehn Jahren ausgeführten. Zwar war die jetzigeExpedition bedeutend umfassender; sie führte ja in unbekannte, nochniemals durchforschte Gegenden, zu unbekannten Meeren und, wie manannahm, zu unbekannten Ländern, daher mußte der Kreis der Auf-gaben viel weiter gesteckt sein, als damals. Von ganz besonderenWichtigkeit waren diesmal die erd-magnetischen Beobachtungen, diegerade aus den antarktischen Gegenden nur so spärlich zu erhalten sind.obwohl ihnen ein ganz bedeutendes wissenschaftliches und praktischesInteresse für die Schiffahrt zukommt. Ebenso war die Expeditionfür Tiesfee-Beobachtungcn ausgerüstet, sie sollte die Meerestemperaturund Meeresströmungen feststellen, sowie das Leben in den Meeres-schichten wie auf dem Lande ergründen. Dieser Teil der Arbeitenlag übrigens demselben Manne ob, der Drygalski auch schon aufder Grönland-Expedition als Zoologe begleitet hatte, ProfessorDr. Vanhöffen.Aber im Plan der Expedition lag es auch diesmal, an dem un-bekannten Lande, das man zu erreichen hoffte, zu landen, eine festeStation darauf zu errichten, um gerade während des Winters aufdem Lande selbst die Vildungs- und Bewegungsverhältnisse des Eiseszu erforschen. Dieser Teil der Aufgabe konnte, wie wir sehen werden,nicht vollständig in dem vorher geplanten Umfange erfüllt werden.Das Schiff der Expedition, der„Gauß", wich in der Bauartvon Nansens„Fram" etwas ab. Wirft man einen Blick auf dieKarte des Nordpols und die des Südpols, so fällt ein charakteristischerUnterschied fofort in die Augen: dort nach Norden sich hinziehendeLandmasscn und das Eismeer von Land umschlossen, ein gewaltigerBinnensee, dessen Wasser an den verschiedensten Stellen durch förm-liche Jnselgewirre zusammengedrängt werden, und nur durch wenigeschmale Wasserstraßen mit dem Weltmeer verbunden sind, hier imSüden dagegen das Meer von keinem Lande eingeengt, Afrika,Australien, und selbst Südamerika weit nördlich bleibend, zwischenihnen die ungeheuere Wasserwüste, aus der nur spärliche Inseln her-vorragen. In der Eisregion selbst/soweit sie bis jetzt erforscht ist.sich weit hinziehende Küsten, Viktoria-Land, Wilkes-Land, die wohlzusammenhängen und vielleicht auch mit den von ihnen entfernterliegenden Andeutungen vom Land verbunden sind.Bei dem vom Lande sich nach allen Seiten ftei ausdehnendenMeere sind so gewaltige Pressungen des Eises, wie sie in den nörd-liehen Polargegenden regelmäßig eintreten, nicht wahrscheinlich, auchtreten sie nach den übereinstimmenden Erfahrungen der Südpolar-forscher nicht ein; deshalb brauchte man bei der Bauart des„Gauß"'nicht in erster Linie auf den Wioerstand gegen Eispressungen Rück-ficht zu nehmen. Als Drygalski vor vier Jahren, aus dem inter-nationalen Geographcn-Kongretz in Berlin, wo er den Plan aus-einandersetzte, hierauf näher einging, wandte Nansen wohl mit Rechtein, daß man noch gar nicht wisse, wie sich im höheren Süden dieVerhältnisse gestalten, ob man da nicht auf eine zerrissene Inselweltstoßen könne, bei der die gewaltigsten Eispressungen stattfinden.Gewiß mußte der„Gauß" auch hiergegen widerstandsfähig gemachtwerden, doch stand bei der weiten Reise die Seetüchtigkeit an ersterStelle, wodurch ein Abweichen von der Bauart der„Fram" bedingt war.Die Probe, wie weit der„Gauß" Pressungen Stand hält, ist nichtgemacht worden; in sehr hohe Breiten hat er nicht vordringen können,und so blieb er, auch als er während des Winters eingefroren war.von Pressungen verschont; die einzige wirkliche Pressung, die er er-lebte, die aber nach Drygalskis Bericht auch gelind ausfiel— sie fandam 31. März 1993 statt— überstand er vortrefflich.Die Küste von Wilkes-Land, an welcher der amerikanische Polar-forscher W i l k e s 1849 entlang fuhr, erstreckt sich unter dem Polar-kreise, ihm ungefähr parallel, von 1S8 Grad bis 1951/, Grad östlicherLänge in einer Ausdehnung von rund 2399 Kilometern. 3 Gradweiter östlich ist ein wenig nördlicher, unter 67 Grad südlicher Breite.wieder Land verzeichnet, Termination-Land, nach Osten die äußersteGrenze von Land, das Wilkes erblickte; doch war das Vorhandenseinvon Land hier zweifelhast, Wilkes selbst bezeichnete das, was er ge-sehen, nur als„scheinbar Land(sppe-rence c>k lanck)". Nach Ostenzu findet man Land dann erst wieder, ebenfalls unter dem Polar-kreise, unter 69 Grad und 53 Grad östlicher Länge, also 1399— 2990Kilometer von dem östlichsten Punkte von Wilkes-Land entfernt,