pegengeeilt, welche der Diener bereits geöffnet hatte, um einezunge Dame eintreten zu lassen.Es war eine auffallende Erscheinung, die in langerSchleppe herein rauschte.Sie trug einen Pelzkragen von prachtollem Zobel, darunterein Kleid von dunkelgrüner schimmernder Seide, am Haupteeinen Toque, mit Büscheln roter Federn umwunden.Sie sah majestätisch, und obwohl sie nicht gerade hübschWar, sehr pikant aus.Sie grüßte den Sekretär, der sich tief vor ihr verneigte,mit vertraulichem Nicken und hielt dem Direktor lächelnd dieHand entgegen.„Guten Morgen!"Er führte die Hand ehrerbietig an seine Lippen und küßtesie wiederholt.„Verehrteste— so spät— wir haben Sie schon langeerwartet."„Ich habe mit dem Grafen einen Morgenritt in den Pratergemacht und dann erst Toilette. Apropos, haben Sie die Ein-ladung des Grafen erhalten?"Sie sprach in fremdartigen Lauten, ihre Stimme warheiser— sie stieß die Worte gurgelnd hervor.Der Direktor verneigte sich.„Ich bin entzückt— aberbitte, treten Sie ein."In fast devoter Weise geleitete er sie in sein Zimmer, dessenebenfalls wattierte Thür sich hinter ihnen schloß, Tini hatte keinAuge von dieser Erscheinung verwendet.„Das ist ja dieSzontag," flüsterte sie ganz perplex.„Auch so eine kleine Solistin," sagte der Sekretär, sich vorsie hinstellend, mit vertraulichem Blinzeln.„Die Szontag," wiederholte Tini, als könne sie's nichtfassen. Sie war eine ganz unbedeutende Schauspielerin, dieauf der Bühne selten mehr als einige Worte zu reden hatte, beiden Ensemblescenen aber immer in erster Reihe stand, wo siedurch schöne Erscheinung und geschmackvolle Kosrümierungauffiel.Sie hatte einen starken ungarischen Accent und Tini hattesich über ihre Aussprache und ihr hölzernes Spiel immer lustiggemacht. Leblos wie ein Klotz war sie ihr erschienen, wie eine,die gar nicht mitzählt, und hier wurde sie empfangen, wie eineKönigin. Der Direktor küßte ihr die Hand und machte seineBuckerln, während er ihr nicht einmal einen Stuhl angebotenhatte.Der Sekretär betrachtete mit boshafter Neugier das er-glühende Mädchen, dessen ausdruckvolles Gesicht dieEmpfindungen des Neides, der Eifersucht und verletzter Eitel-keit deutlich wicderspiegelte.Unbegreiflich," murmelte sie.„Wer gar nicht, mein Fräulein— sie ist bezaubernd—sie macht Figur— hatte ihren Grafen— noch ehe sie zurBühne kam— flotter Kerl— tonangebender Kavalier— siewird ihren Weg machen,.. Kann Ihnen nur raten, ihr'snachzutun.Tini nahm eine stolze Miene an, sie dachte an die moralischeUnterstützung, die der Vater ihr zugesagt.„Was glauben Sie denn von mir? Mein Vater ist Haus-besitzer und Gemeinderat— der würde es nie erlauben—"„Was?— daß Sie sich einen reichen Verehrer halten?—Wie konnten Sie einen solchen Vater sich aussuchen?... Erwird Ihnen damit keinen Dienst erweisen... oder will erallein ihre Toiletten bezahlen?— Das kriegt er bald satt-<..Diese von Vätern beigestellten Toiletten kennen wir—Schauderhaft!... Nur nicht als Hascherl anfangen—- daist der Tod drauf... Oder wollen Sie's unsrer Mimi nach-machen?... Die dumme Person verplempert sich mit einemarmen Teufel von Oberlieutenant— er quittiert— sieheiratet ihn in einem halben Jahr waren die Leutchenfertig— total ruiniert— steckten bis über die Ohren inSchulden... Sie ist gekündigt."„Aber sie spielt entzückend— sie ist eine Künstlerin."Er zuckte die Achseln.„Haben erst gestern ihretwegen eineSitzung abgehalten.'. Der Antrag ihre Schulden zu über-nehmen war eingebracht... Nicht durchgegangen,,.Können wir auch nicht— das wächst gleich wieder nach.«»Jetzt ist sie noch dazu in der Hoffnung."„Ah." Tini wurde sehr rot.Er fixierte sie absichtlich in cinischer Weise:„Was, abge-fchmackt?— so etwas tut man nicht, wenn man Carriexemachen will... Sie werden klüger sein— ich wette.— Siefchen viel zu pfiffig aus,,, Na Kmdchen, wmn Sie mirfolgen wollen— ich werde Sie protegieren» ich besetze bisStücke, merken Sie sich das."Er ging um sie herum, betrachtete sie von oben bis unten,„Ich wüßte eine kleine nette Rolle für Sie— für einerstes Auftreten sehr nett— wenn ich nur im Klaren wäre.ob—" er neigte sich ihr zu und flüsterte ihr scherzhaft insOhr—„ob Sie auch hübsche Beine haben."Es zu sie ihr in den Fingern, diesen Frechling nach Gebührzu traktieren es wäre ihr eine Wonne gewesen, aber er besetztedie Stücke, hätte sie sich's mit ihm verderben sollen, noch ehe siezum Auftreten kam?Nein, nein, rief es in ihr. Der Wunsch, anzukommen,war so heftig, er besiegte den Zorn.Schon hatte sie mit schauspielerischer Gewandtheit einreizendes Lächeln zustande gebracht und ein wenig verschämt,ein wenig schelmisch sagte sie:„Das geht Sie gar nichts an— 1aber auch gar nichts, mein Herr!"„Gar nichts an," parodierte er.„Gut miaut, wenn Siedas so auf die Bühne bringen, wird es famos wirken. AberSie irren, wenn Sie glauben, daß uns das gar nichts angeht—>geht uns scchr viel an.— Wir haben da z. B. ein Stück, dazubrauchen wir ein Dutzend Radlerinncn— glauben Sie, daß wirda eine hinausstellen, die kein hübsches Gestell hat? nee, tunwir nicht—"(Fortsetzung folgt.)](Nachdruck verboten.)Der neue ßotamfehe Gartenzu Dahlem»Von Gurt Grottewitz.Ms vor etwa acht Jahren der alte Berliner Botanische Gartenwegen drückenden Platzmangels aufgegeben werden mutzte und dieAnlage eines neuen in Aussicht stand, da war es uns Pflanzen-freunden, die wir in ihm sozusagen jeden Baum und Strauch undjeden Winkel kannten, zu Mute, als ob uns das Haus über demKopfe angezündet worden wäre. Nun hörte man damals autzerdem,datz das ganze Terrain des Gartens der Bauspekulation verfallensolle. Wir trauten, offen gestanden, dem preußischen Staateden Vandalismus zu, ein Jahrhunderte altes, weltberühmtes Kultur»institut zu vernichten, in dem viele große Naturforscher gewirkt, indem ein Chamisso thätig gewesen, in dem sich unersetzliche, alt-ehrwürdige Bäume und viele seltene Pflanzenschätze befinden. Nun,die Baumanlagen des alten Gartens werden ja geschont, aber rechtverwahrlost sieht der arme Garten jetzt doch aus. Es war jajedem klar, daß er viel zu klein war und den Bedürfiriffen derheutigen Wissenschast längst nicht mehr genügen konnte. Die Not-lvendigkeit einer Neuanlage war also unbestreitbar, aber sie war auchsehr bedauerlich. Irgend welche andre wissenschaftliche Anlage kannhier abgebrochen und an einer neuen Stelle aufgebaut werden,ohne daß dadurch irgend ein Nachteil entstände. Allein die zahl-reichen schönen großen oder altehrwürdigcn Bäume eines BotanischenGartens können nicht verpflanzt werden. Ein neuer Gatten istetwas Unfertiges, nicht nur Jahre, Jahrzehnte, wohl gar Jahr-hundette müssen vergehen, ehe er wirklich ein Gatten mit Bäumenwird, die den Namen Bäume ganz verdienen. Wer also nach derneuen Anlage, nach dem Botanischen Gatten in Dahlen: hinausfährt,der»mtz sich bewußt sein, daß er eine junge Anlage vorfindet, inder alles noch niedrig und schmächtig und klein aussieht wie inden zahlreichen jungen Gätten, die sich um die neugebautenVillen der Vorotte hinziehen. Auf etwas Fertiges muß er ver-zichten.Allein das ist der einzige Verzicht. Wer zum erstenmale denneuen Gatten sieht, der wird überwältigt sein von der Größe undSchönheit des Geländes, das sich vor ihm ausdehnt. Ist das derebene märkische Boden, der sich exercierplatzmäßig um Berlin aus-breitet in öder Flachheit oder ist es ein Stück Hügelland aus demschönen Thüringen? Gewiß, die Hügel sind nicht hoch, aber dasGanze bewegt sich doch in so schöner Bodenarchitestonik, daß dasGelände sofott ein hohes Interesse stir den Beschauer erhält.Menschenhand vervollkommnete allerdings das, was die Natur dar-bot; aber nur weil die wellige Gliederung von Natirr vorhandenwar, konnte sie durch Kunst erhöht und ihre Wirkung gesteigertwerden. Aber auch die Größe wird jeden sofort gefangen nehmen.Hier ist endlich einmal eine Anlage, die nicht den Fehler hat, gleichvon vornherein zu klein gemacht worden zn sein. Wie beängstigendwar im alten Garten alles zusammengedrängt, eine Pflanze hockteförmlich auf der ander::, Gruppen, die zusammengehörten, waren anverschiedenen Stellen, weil der ursprüngliche Platz für sie viel zuklein geworden war, unter hohen Bäumen, in dichtem Schatten ver-kümmerten viele schöne Pflanzen, vieles war unvollständig, weil ebender Raum zur Vollständigkeit fehlte. Da wirkt hier denn nun dieGröße und Weiträumigke:t des neuen Gattens äußerst wohlthuend.Es ist ein moderner Geist, der hier herrscht, der Größe undBedeutung der Wisse» schast gemäß, wie sie heute gepflegt wird, ge-