Wie die Holländer über die Spanier  , so schritten die Engländer über die Holländer hinaus. Hatten diese sich begnügt, aufnahme­fähige Ueberseemärlte mit Waffengewalt zu monopolisieren, so be- gönnen jene mit der eigentlichen, aus dem Ackerbau fußenden Kolonisation. Es waren die polittsch radikalsten Elemente, die vor und nach dem Siege der englischen Bourgeoisie über da» Königtum dei« Staub des Mutterlandes von den Füßen schüttelten und in den Urwäldern Amerikas   eine neue Heimat suchten. Proletariat und Kleinbürgertum der Städte sowie die Bauernschaft hatten wohl mit ihrem Blute für die bürgerliche Emanzipation gekämpft', Et waren es eigentlich, die die Revolution zum vollen ruch mit dem Kömgtunr und zur Hinrichtung Karls I.   trieben. Das hinderte jedoch nicht, daß die Folgen der Umwälzung am schlversten gerade auf ihre Schultern fielen. Die englische Kolonialpolitik lief darauf hinaus, die Entwickelung der Kolonien zwar zu begünstigen, aber ohne sie über den Punkt hinausgelangen zu lassen, wo sie der Erzeugnisse der. englischen Manufaktur durch Eigenproduktion hätten entraten können: ein Versuch, der den Wider- spruch in sich selber trug. Kaum hatte denn auch das Mutterland den amerikanischen   Ansiedlern geholfen, sich aus der drohenden Um- llammerung von den französischen   Nachbargebieten her zu befreien, als jene daran gingen, sich die Unabhängigkeit auch vom Mutter- lande zu erkäinpfen, die gleichbedeutend war mit der industriellen und handelspolitischen Selbständigkeit. Damit begann zugleich die letzte Phase der bürgerlichen Entivickelung, die sich kennzeichnet durch das Entstehen und den Aufschwung der maschinellen Groß- industrie. Der Begriff der persönlichen Arbeit als des wichtigsten, die gesellschaftliche Wirtschaft bestimmenden Gutes, von dem die bürger- liche Entwickelung ausging, war dem Feudalismus fremd gewesen. Er hatte sich aus die Ansammlung von Naturalvcrmögen beschränkt, das er. dem Charakter seiner ProduftionSweise entsprechend, in Land- besitz aufhäufte. Zumal die Kirche hatte es hierin zur Meisterschaft gebracht. Unzählige Institute, Klöster, Stifter, Konvente, mit der alten Gesellschaft aufs innigste verwachsen, hatte sie auf den Land- besitz gegründet. Als nun im 13. Jahrhundert die Grundrente sank, gerieten diese in Verfall und vielfach in völligen Ruin. Zu ihrer Sanierung boten Ablaß   und Reliquienschwindel den einen, Pfründen- kauf und Pfriindenwucher den anderen Weg. Die Mitglieder der reichen Geschlechter schlugen Pfründe zu Pftünde, während notleidende Vikare in den Gemeinden an ihrer Stelle das Evan- gelium versahen. Ein Kanonikus zu St. Thomas in Straßburg  , "Jakob Abel, besaß z, B. nicht weniger als hundert Pfründen und trieb damit einträgliche» Handel,Gots Jankhern" hieß in Deutsch­ land   der Volksmund dieseGeistliche". Nicht besser lagen die Ver- Hältnisse in den anderen Ländern, zumal in Frankreich  , wo das Feudalsystem viel ausgeprägter zur Durchführung gekommen war als in Deutschland  . Ludwig der Heilige   schon hatte hier in der zweiten Hälfte des 13, Jahrhunderts den Mißbräuchen in der Besetzung geist- licher Stellen zu steuern gesucht, zumal alle Gelderhebungen seitens Roms verboten, zu denen der König nicht seine Einwilligung gc- geben. Eine von der seinigen grundverschiedene und an sich recht sonderbare Metbode, die Geistlichkeit unter seine Botmäßigkeit zu beugen, wandte Philipp IV.   an. Er verfälschte systematisch die Münze und setzte die ausgegebene schlechte Münze im Wert herab; dadurch richtete er nicht nur die Münzstätten der Barone und Kommunen, sondern in erster Linie die der Bischöfe zugrunde. kam so weit, daß ihm 1303 die Bischöfe 10 Proz. ihrer gesamten Einnahmen anboten, wenn er nur von ferneren Ver- schlcchterungeii der Münze Abstand nehmen wolle. Selbst als er später wieder bessere Münze schlug, inachte er ein Mittel der Bc- ttügerci daraus, indem er selber in schlechtem Gelde zahlte, dagegen alle Abgaben in gutem Gelde verlangte. Das französische   Königtum kam in Anlehnung an die unteren Klassen und die vorwärtsdrängenden Elemente der Städte empor, Wie es die Lage der Leibeigenen aus seinen Domänen vielfach er- leichterte und so die Barone und Bischöfe gleicherweise zu Zu- geständnissen gegenüber ihren Hintersassen zwang, so suchte eS in seinen Zentralrsattonsbestrebungcn sich auch auf die emporstrebende Bevölkerungsschicht der Kommunen, die Bourgeoisie, zu stützen, Charakteristisch nach dieser Richtung find die mannigfachen Erlasse über die Regelung der Armenpflege.«Sie ist zunächst ein Vorstoß gegen die finanzielle SDkacht des Adels und des sich aus ihm rekrutierenden und mit ihm verbündeten höheren Klerus, welche die reichen Geldmittel zu ihren Zwecken benutzten. Zugleich aber ivar sie von der Rücksicht auf die Bourgeoisie der großen Städte dittiert, DaS Zusammenfließen des bettelnden. der Unterstützung der Stiftungen beraubten Proletariats des flachen Landes in jene steigerte die Steuerlast stir das Armenwesen rapide und erweckte den Un- willen der besitzenden Klasse," So rügt ein Edikt vom Jahre 1545, daß die Armenhospitäler nicht nur von Tag zu Tag schlechter ver- waltet würden, sondern daß die Prälaten des Königreiches sich be- mühten, die Einkünfte derselben völlig an sich zu ziehen und zu ihrem Eigentum zu machen, wodurch die Bewohner der Städte ge- zwangen worden wären, sich zum Unterhalt der armen Bettler zu besteuern. Noch klarer verfügt eine Ordonnanz Heinrichs III. vom Jahre 1579, daß in Zukunft zu Leitern und Ver- waltern der Einkünfte der Hospitäler und Krankenhäuser nur noch einfache Bürger, Kaufleute und Arbeiter und nicht mehr Geistliche, Edclleute, öffentliche Beamte, ihre Untergebene oder von ihnen vor- geschobene Personen bestellt werden sollten.(Schluß folgt.) kleines Feuilleton. w. Humbug. Mumpitz, Sum». Man kann jeden Tag in den Zeitungen lesen, daß mit dieser oder jener Sache ein schamlos� Humbug getrieben werde oder daß diese oder jene Sache selbst ein noch nie dagewesener Humbug sei. Man hat dann die Vorstellung, daß der Sache eine Bedeutung gegeben wird, die ihr ihrer Natur nach fremd ist, daß sie zu dem Zwecke aufgebauscht wird, auf die große Masse aller Denkfaulen, Gleichgültigen oder Unmündigen einen be­nebelnden Einfluß auszuüben. Der Kundige weiß, daß jeder Hum- bug von denen in Gang gesetzt wird, die sich auf betrügerische Weise Vorteile verschaffen wollen, da sie nicht imstande sind, die erstrebten Vorteile durch eine ehrliche, das Wohl der Allgemeinheit fördernde Arbeit zu erreichen. Es gibt einen geschäftlichen Humbug und einen politischen, jedenfalls sind das die beiden Hauptarten, Den ersteren kann man jeden Tag in jeder Zeitung finden, die ihren Anzeigenteil den Anpreisungen der Geschäftsleute öffnet. Ein Geschäftsmann, namentlich der von heute, kann ohne den Humbug nicht leben. Wir wollen� damit nicht sagen, daß er deshalb beim Lesen dieser Zeilen gleich über und über rot werden solle, aber-so ein Ilrm wenig kann er sich schon schämen, wenigstens dem kleinen Humbug entsprechend, den er tagtäglich treiben muß, um sich über Wasser zu halten. Allerdings wird den geriebensten Gaunern von den Redaktionen der sozialdemokratischen Blätter scharf auf die Finger gesehen, aber nicht so scharf, daß man hier nicht doch hin und wieder dem Humbug be- gegnet. Bedeutend gefährlicher als der geschäftliche ist der politische Humbug, wie er einem in Geschichtsbüchern und bürgerlichen Zeitungen tagaus tagein frech und unverfroren vor die Augen tritt. Der Zweck ist bei beiden der gleiche: es sollen den Unmündigen und Unkundigen, überhaupt den Gutgläubigen, Vorteile abgerungen werden, die sie, ohne benebelt worden zu sein, nicht gutwillig her- geben, Gibt es denn aber diesen Humbug schon lange auf dieser ver» gnügten Erde? Woher stammt er denn eigentlich? Er ist so un- gefähr ein paar Hundert Jahre alt und stammt aus dem Lande jenseits des Ozeans, wenigstens wurde für Vorgänge der bezeichneten Art schon in den Jahren 1735 1740 von der feinen und maß- gebenden Welt diese Benennung gebraucht. Ob der Ausdruck selbst daher stammt, ist wohl fraglich, jedenfalls aber ist er englisch  . In dieser Sprache gibt es zwei Tätigkeitswörter, die beide gleich, nämlich to dum geschrieben werden. Das eine bedeutet: summen, brummen, das andere: betrügen, täuschen. Von diesem letzteren wird der erste Bestandteil des in Rede stehenden Wortes gewöhnlich abgeleitet. Der zweite'soll das jetzt veraltete, aber hier und da noch landschaftlich bezeugte Wort bug, Kobold oder Gespenst, sein. Danach wäre also die Bedeutung: täuschender Kobold, betrüglichcs Gespenst, was der Sache nach ungefähr stimmen könnte. Hierzu habe ich zu bemerken, daß ich diese Ettlärung für falsch halte, da man gar nicht erst an- zunehmen braucht, daß die beiden Tätigkeitswörter to bum über­haupt verschiedene Wörter sind. Es ist nämlich im Englischen außer dem erwähnten bug noch das Wort bugbear vorhanden, das auf deutsch   soviel heißt wie: Popanz, schwarzer Mann. Die Neigung zu Abkürzungen ist aber nirgends so ausgebildet wie in England, so daß man für bugbesr einfach kurz bug sagte, bum davorsetzte und eine Bildung bekam, die genau dasselbe bedeutete, was im deutschen der Mummelbutz, der Mumbutz, der Mumpitz besagt. Der Mummelbutz ist in Deutschland   eine Schreckgestalt, die mummum sagt, durch ihr Brummen ängstliche Kindergcmüter in Schrecken setzt, in Wirklichkeit aber nichts weniger als schrecklich ist, sondern sich nur künstlich durch die Gebärde bei gutgläubigen Kindern eine furchtgebietendc Achtung verschafft. Jeder von uns weiß aus seiner eigenen Kindheit,, wie oft gleichaltrige oder größere Kinder oder scbst Erwachsene versucht haben, ihm durch Ueberwerfcn von bauschigen Kleidungsstücken und durch an- haltendes Brummen bei gesckflossenem Munde bange zu machen. In Wirklichkeit aber ist, wie schon gesagt, eine solche Gestalt eben«in Mumpitz, Später hat man die Bezeichnung auch auf Sachen und Vorgänge ausgedehnt, so daß man heute fast nur ausschließlich diese darunter versteht, Dinge von angeblich großer Wichtigkeit, die aber in Wirklichkeit bedeutungslos und ohne Wert sind. In Hessen   geht freilich der Mummelbutz auch heute noch als Schreckgestalt umher. Vor allen Dingen wissen wir jetzt, nachdem wir erfahren haben, was ein Humbug oder ein Mumpitz ursprünglich ist, wie wir uns ihm gegenüber zu verhalten haben. Bange machen gilt eben nicht, die Augen offen und-die Taschen zu l Es gibt im Deutschen   noch ein Wort, das sich nahe mit Humbug und' Mumpitz berührt: der Sums, Was Sums bedeutet, ist nicht schwer zu sehen, er ist weiter nichts als das Gesumse, das durch Sumsen künstlich bedeutungsvoll gemachte Gerede. Lassen wir uns also auch keinen Sums vormachen I Belgisch-römisches Kunstgewerbe. Der Vorsitzende des archäologischen Vereins von Namur  , Alfred Bequet, hat, wie die Kölnische Zeitung  " berichtet, neuerdings urkundliche Beweise gc- fanden, daß vor 1800 Jahren in der Gemeinde Anthee, 2 Kilo­meter von Namur, Betriebe bestanden, die den Unternehmungen der heutigen Großindustrie nahekamen. Die Umgebung von Anthee ist überaus reich an Eisenerzen, und der römische Staat, der sich nach der Einverleibung Belgiens   das Eigentumsrecht an den Erz- gruben vorbehielt und diese verpachtete, hatte einen höheren Beamten namens Antein nach der Gegend des heutigen Anthee entsandt, den vermutlich die Ausbeutung der Gruben zu überwachen und bis