bahnen zu bilden, die eine stete Verbindung zwischen gewissen Be-Wegungsnerven herstellen. Ist der Anfang der Nervenbewegung ge-geben, so setzt sich die Bewegung mechanisch weiter fort, ohne daß dasZentralorgan einzugreifen brauchte. So tun wir viele Dinge„inGedanken", das heißt, wir wollten eigentlich etwas anderes tun,aber wir ließen uns durch die Gewohnheit verleiten, dieselbenHandlungen wie sonst bei der betreffenden Gelegenheit vorzunehmen.Wahrscheinlich sind auch bei dem Tiere sehr viele HandlungenAutomatismen. Diese Form des Geisteslebens zeigt uns auch, wiedie Instinkte entstehen. Sie waren einst selbständige Handlungen,die zur Gewohnheit wurden. Sie wurden Automatismcn, die sichvererbten. Als vererbte Automatismen nennen wir sie Instinkte.Dem Instinkt gegenüber bedeutet die Intelligenz die höhereStufe geistigen Lebens. Es gibt aber unter den intelligenten Hand-lungen noch einen fundamentalen Gegensatz. Die einen beruhenauf dem Verstand, die anderen auf Vernunft. Und unter letzterenverstehen wir das Verwerten erworbener Erfahrungen zu Schlüssenauf neue Verhältnisse. Man spricht den Tieren gewöhnlich die Vcr-nunft ab und will sie dem Menschen als alleiniges Besitztum reser-vieren. Aber schon Darwin hat gezeigt, daß auch bei Tieren Hand-lungen borkommen, die wir als vernünftige bezeichnen müssen.Selbst gewisse abstrakte Begriffe dürften manche Tiere sich machen.Der menschliche Geist ist auch in dieser Beziehung nicht qualitativvon dem der Tiere unterschieden, nur ist seine Ausbildung eineungleich tiefere. Wie eng verwandt aber der menschliche Geist dem-jenigen mancher Tiere ist, das zeigt eine Mitteilung, die Dr. RobertEbert in der„Naturw. Wochenschr."(Bd. XIX, Nr. 24) über einenfrüher im Dresdener Zoologischen Garten gehaltenen Schimpansenmacht. Als das Tier bei seiner Ueberführung in den Garten inseine neue Wohnstätte gebracht wurde, sah es sich dieselbe stunden-lang genau an. Er nahm auch alle Gegenstände vor, die sich in ihrbefanden, so auch.einen Krug mit Wasser. Dabei bemerkte er einLoch in der Diele. Dieses erregte sein Interesse nun besonders.Vor ihm kauernd, sah er mit einem Auge längere Zeit in dasselbehinein. Da er aber so das, was er wollte, nicht erreichte, so steckteer seinen Zeigefinger, so tief er reichte, in das Loch. Aber zur Ver-wunderung des Tieres konnte er auch so die Tiefe der Oeffnungnicht ergründen. Nach einiger Ueberlegung fing er an, in das Lochzu spucken und den Speichel, der daneben fiel, mit den Fingern indieses zu schieben. Da aber die Diele erhöht über dem Boden lag,so reichte natürlich der Speichel nicht aus, das Loch zu füllen. Nunholte der Schimpanse den Krug mit Wasser und goß dieses in dieOeffnung. Aber das Wasser verlief und der Affe kam nicht zu seinemZiele. In den folgenden Tagen soll er noch öfters versucht haben,die Tiefe des Loches zu ergründen. Das Tier beschäftigte sich alsomit einer Frage, die ganz fern von seinen materiellen Interessenstand, die nur„akademischen Wert" für ihn hatte. Und dabeiwandte er die verschiedensten Methoden an, um zur Befriedigungseiner Wißbegier zu gelangen, Methoden, die seinem Scharfsinn,seiner„Vernunft" alle Ehre machten.„Zu welcher Höhe," sagt derBeobachter,„würden derartig geistig begabte Tiere gebracht wordensein, wenn sie seit Tausenden von Generationen systematisch erzogenworden wären I"—KUincd Feuilleton.1. Ein Beitrag zur Dcnkmalfrage. In einer Besprechung desPlanes, Beethoven in Paris ein Denkmal zu errichten, äußert sichdie dortige„Chronique des arts" in folgender, ebenso verständigerwie drastischer Art über die allgemein verbreitete Denkmäler-Epidemie:Die französischen Bewimderer Beethovens haben den Plan, ihmin Paris ein Denkmal zu errichten. Ihre Absicht ist besser als dieserPlan. Handelte es sich nur um eine Bezeugung der Ehrfurchtvor dem großen Künstler, so würde allgemeine Uebereinstimmungherrschen. Der Gedanke eines Denkmals widerstreitet indesdem pietätvollen Empfinden vieler seiner Getreuen, unddas ist recht. Von allen Formen der Bewunderung istdie des Denkmals heutzutage die ani wenigsten beweiskräftige undschöne. Es ist zu einen, bleibenden Schandfleck der öffentlichen Plätzegeworden. Es macht sich überall in Paris, in, Gewirr der Straßen-bahnen und an stilleren Plätzen breit, nicht minder in den schwer-fälligeren sfremden Hauptstädten, überall da, wo es eine Straßen-kreuzung, einen Bildhauer und eine Verwaltung gibt. Es ist nichtmehr der zu feiernde Held, um den man sich sorgt— sie werdenleichthin und gleich zu Dutzenden verherrlicht. Marmor und Bronzeverewigen weit weniger Erinnerungen, als vielmehr die ehr-süchtigen Plattheiten staatlicher Künstler, die Begeisterung vonGemeinderäten oder kaiserliche Launen. Die Denkmäler vereinigendann an ihrem Fuße von Amtswegen die Künstler und die Rednerder Regierung; hier sind es kaiserliche, anderswo demokratische,sie alle aber führen daS disziplinierte Dasein von Beamten.Wir müssen uns vor einer Bloßstellung Beethovens hüten, indemwir ihn auf die Maaße unserer öffentlichen Denkmäler zurückführen.Leonardo de Vinci und Michel Angelo sind einer Aufstellung aufunseren öffentlichen Plätzen entronnen. Wir sollten auch Beethovenhoch genug ehren, um ihn damit zu verschonen; wollen wir einnicht alltägliches Zeugnis für ihn ablegen, das ihn vor anderenMenschen auszeichnet, so mögen wir ihn mit unserer tiefen Ehrfurchtund Liebe und mit unserem Schweigen umgeben.—ld. In der Götzensabrik. New Morl ist der Hauptort für all«Götzenfabrikation: hier werden die meisten der Kultbilder ver.fertigt, die dann in Indien, Japan, China die andächtigen Beter aufdie Knie zwingen. Die bedeutendste Götzenfabrik hat, wie im„Herald" zu lesen ist, ihre Hauptniederiags in der 96. Straße desNew Uorker Ostens, doch gibt es auch noch viele Filialen, die sichauf Verfertigung von Statuen aus einem bestimmten Material be-schränken, so verfertigen sie nur Götter aus Gips, aus Aluminium,aus Papiermache. Jedes dieser Götterbilder ist selbstverständlichgenau nach Vorbildern verfertigt, wie sie die einheimische Kunst deSbetreffenden Landes geschaffen hat. Und diese Kopien gelingen vor.züglich. Wenn man eine solche Aluminiumfigur neben das Originaleines bronzenen mit Juwelen besetzten Buddha stellt, so wird nurein genauer Kenner des Metalls und der Steine den Unterschiedzwischen Original und Kopie erkennen. Auch in Glasgow in Schott-land gibt es einige Fabriken für Götzen, doch können sie gegen dieamerikanische Konkurrenz nicht ankämpfen, da diese viel besser undbilliger arbeitet. Es werden jetzt mehr Götzenbilder nach Indienverschickt als nach irgend einem anderen Lande; denn hier will jedeFamilie ihren Hausgott haben, und wenn der Gott aus Gips ist,dann zerbricht er leicht, und der Handel blüht. Buddhistische undtaoistische Götter gehen aus solchen Fabriken hervor, aber nie wagtman sich an die Darstellung der Dreieinigkeit. Diese Gestaltendürfen nie anders als in Bronze dargestellt werden, und ihre Ver»ehrung ist so groß, daß fremde Kopien verachtet und verabscheutwerden. Doch sonst nicken einem in einem solchen Magazin oder ineiner derartigen Werkstatt drollige und groteske Figuren von allenSeiten zu, glatzköpfige Dickwänste und sonderbar grinsende Fratzen,ehrwürdige Mienen und merkwürdige Stellungen sind da zu sehenund man glaubt eher in einem Wachsfiguren-Kabinett zu sein alsin einer Götzenfabrik. Man sollte es gar nicht für möglich halten,daß solche riesigen Vorräte an Göttern wirklich verkauft werden, dochbeträgt die Zahl der in einer Fabrik verkauften Figuren in denverschiedenen Ländern monatlich 360 bis 906 Stück. Zunächst istfür die Herstellung einer Kopie die vollständige Form eines Original-modells vonnöten. Solche Modelle sind stets in der Fabrik vor-Händen, von ihnen wird ein Abguß genommen und dann die Gips-figur hergestellt. Da die Originale meistens aus Bronze oder sogaraus Kupfer sind, so gibt man dem Gips eine dunkelrote Tönungdurch Bestreichen mit Oel, läßt ihn trocknen und bestreut dann dieFigur noch mit einem grünlichen Puder, der dem Ganzen einetäuschend ähnliche Bronzefärbung gibt. So ist in ein paar Stundenund Tagen das Werk vollendet, auf das die fleißigen Hände derEingeborenen viele Monate der Mühe und Arbeit verwandt haben,und ist zum Versand fertig. Unter diesen Gipsfiguren steht aucheine ganze Reihe grotesker Figuren, die den phantastischen Tierenan gotischen Dachrinnen, den hockenden Hunden und zum Sprungbereiten Wölfen der Notre-Danie-Kirche zu Paris nachgebildet sind.Diese bizarren Gestaltungen mittelalterlicher Steinmetze werden jetztin Afrika als göttliche Wesen verehrt. Bronzestatuen werden inAmerika nicht hergestellt. Sie sind zu schwer und zu kostspielig, manverwendet statt dessen Aluminium, das eine höchst zierliche und feineAusführung der Statuen gestattet. Diese Figuren, die mitprächtigen Hals- und Armbändern verziert sind, erstrahlen heller inder Sonne und glänzen stärker auf den heiligen Plätzen, als diealten Bronzebilder der ehrwürdigen Vergangenheit. Die Her»stellung einer Bronzestatue würde in den Vereinigten Staaten3666 bis 6666 Mark kosten; für diese Summe aber kann die Götter-fabrik etwa 866 Statuen von verschiedener Größe herstellen, denn einacht Fuß hohes Bildwerk mit feinster Filigranarbeit und eniaillierte»Verzierung kostet höchstens 266 Mark. Alle diese Idole sind hohl,denn der buddhistische Priester muß die Möglichkeit haben, sichmanchmal in seinem Gott zu verstecken, um an seine Gemeinde An»sprachen zu halten und sie in Furcht und Gehorsam des Gottes zuerhalten. Ein besonders großes Verlangen nach Weisheit scheintin Indien zu herrschen, denn die größte Nachfrage ist nach Ganesha,dem Gott der Weisheit. Ganesha, eine Mischgestalt, halb Mann,halb Elefant, wird in Gips, Aluminium und Papiermache her-gestellt. Alle diese Figuren, die bunt gefärbten Papierniachä-Figuren wie die dunkler getönten Aluminium- und Gipsgestalten,stehen nun in indischen Tempeln als Merkmale amerikanischen Ge»schäftssinnes. Die tollsten Ausgeburten der Phantasie, die aller-schrecklichsten Gestalten werden in den amerikanischen Fabriken fürdie afrikanischen Völker reserviert, und besonders die Kaffern könnengar nicht grotesk genug gestaltete Götter bekommen. Gegenwärtigsind mehr als 56 Mann in der New Uorker Götzenfabrik beschäftigt.Wenn man berücksichtigt, daß solche Statuen nach Polynesien, Neu-Guinea, China, Indien, Birma, Siam, Tibet, Korea, Japan und Afrikaversandt werden, so ist der große Absatz erklärlich. Nach vielenLändern gehen die verschiedenartigsten Götter, je nach den Neli-gionen, die da herrschen. Sehr wenige Figuren werden nach Japangeschickt, weil hier der Kunstgeschmack zu sehr entwickelt ist, um nichtsogleich die schlechte Fabrikware von den feinen Erzeugnissen deseigenen Landes zu scheiden. Der Japaner wendet sich von diesenschnell gefertigten schlechten Werken ab, die nicht nur sein Auge be»leidigen, sondern auch seinen frommen Sinn, sein PietätLgesühlverletzen.—Medizinisches.ss. Nene Blutforschungen. Daß die Erforschung daSBluteS und seiner gesunden und krankhasten Eigenschaften eines de*vornehmsten Nittel zur Förderung des medizinischen Wissens ist,