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Der Staatsanwalt von Drenkwik." " Ich glaube, Sie sind von Sinnen!" Steinert lächelte demütig. Er schien an Aufrichtigkeiten gewöhnt.

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Ich danke für das Kompliment, Herr Baumeister . Im übrigen war ich noch nie so klar. Es würde einen ausgezeich neten Eindruck machen, wenn unser erster Geldgeber der Staats­anwalt v. Drenkwiß wäre. Ich wiederhole: einen aus­gezeichneten Eindruck! Das würde alle weiteren Operationen wesentlich erleichtern.... Im übrigen habe ich erfahren, daß es Herrn v. Drenkwitz ein Leichtes wäre, die paar tausend Mark abzustoßen."

"

Abzustoßen?"

,, Nun jadas ist so ein technischer Ausdruck!" " Ich erkläre Ihnen also, daß Staatsanwalt v. Drenkwitz in dieser Sache vollständig ausscheidet."

Steinert zog den Rücken frumm.

,, Schade... jammerschade!" sagte er mehr für sich. " Drenkwitz würde mich auch nie in einer Sache unter stützen, die auf so schwachen Füßen steht."

Ja

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- was ist da zu tun?"

Wir werden eben die Kaufverträge nicht abschließen

und unser Projekt fallen lassen müssen."

Herr Baumeister, das kann Ihr Ernst nicht sein." ,, Mein unerschütterlicher Ernst."

Es muß sich doch ein Ausweg finden lassen. Es muß ein Mensch da sein, der uns mit diesem Lumpengeld aus der Patsche

"

Er fam nicht zu Ende. Auf der Schwelle erschien Herr Freitag, der schüchtern stehen blieb, als er den ihm fremden

Steinert bemerkte.

" Ich wollte nur fragen," sagte er zaudernd, wie es mit meiner Sache steht."

"

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,, Bitte, wollen Sie nicht nähertreten!" antwortete Keßler höflich. Herr Steinert Herr Freitag!" stellte er kurz vor. Wenn ich störe," sagte Herr Freitag gemessen, so würde ich ohne weiteres

,, Sie stören nicht im mindesten," erwiderte Keßler ,, nehmen Sie nur Plazz."

Herr Freitag setzte sich steif und würdevoll.

( Fortsetzung folgt.)

( Nachdrud verboten.)

Der Scherenfchleifer.

Slizze von Karl Busse .

Was soll heut werden, Mann? Der Abend ist nahe."

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Der Scherenschleifer trat einen Augenblick nicht, er hob den Blick und sagte:" Loop mal zu din Modder, min smut Deern, und sech ihr, dat ik da bün!"

Das Mädchen lachte verlegen und schüttelte den Kopf. Hast recht," sprach die Frau, man braucht hier erst nicht zu fragen. Wo der Hunger wohnt, das sieht man von außen." Dabei nahm sie seufzend den Drahtring in die Hand, auf den die Scheren, die ihnen anvertraut wurden, zu ziehen pflegte, und wollte die Nachfrage beginnen.

fie

in

Aber der Mann warf plößlich die Klinge in den Kasten zurück. Laß mal fein, Alte. Zu tun hab' ich doch nichts. Geh Du mak die beiden Häuser und ich geh' in das. Gibt's kein Geld, gibt's

ein Stück Brot. Brauchen können wir beides."

Er sah noch einmal das Mädchen an und schritt langsam dem einen Hause zu.

Die Haustür stand offen und die Stubentür auch. Kläffend fuhr ihm ein Köter entgegen.

Ruhig, Menne!" rief eine harte Stimme. Und vom Fenster, das nach dem Hofe hinausging, kam eine Frauensperson, um zu sehen, was es gebe.

den nassen, dampfenden Lappen noch in der Hand. Ihr Haar war Sie hatte die Scheiben abgeseift und das Fensterbrett und hielt verwirrt. Sie ging barfuß, in derben Holzpantoffeln, und hatte

den Rock geschürzt, daß er bauschig um die Hüften lag.

schleifer.

Messer... Scheren... sauber, wie neu," begann der Scherens Aber sie unterbrach ihn rasch: Brauchen wir nicht, Mann. Das geht auch an der Schwelle und es spart einen Groschen." " Frau," wollte er von neuem anfangen.

Doch sie schüttelte ärgerlich den Kopf und sagte: hr seht, daß ich zu tun hab'. Zweimal predigt der Pastor nicht: ich hab' feine Arbeit für Euch!"

sich erinnerte, daß sie beide solchen Hunger hatten.

Stumpf nickte er vor sich hin. Er wollte schon gehen, als er

Wenn's nur ein Stück Brot ist! Für ein gutes Stuck Brot schleif ich Euch, was Ihr wollt, Frau."

"

Macht, daß Ihr fortkommt!"

Achselzuckend drehte der Scherenschleifer sich um. Aber er war noch nicht an der Haustür, als er hinter sich drein rufen horte: " Heda... Mann!"

Und als er zurückkam, trocknete die Frau sich die nassen Hände an der Schürze und sagte: Auf ein Stück Brot soll mir's nicht an­kommen. Wartet mal!"

Sie nahm einen Laib Schwarzbrot aus dem Schranke und schnitt ein tüchtiges Teil davon ab.

Hier! Und laßt es Euch schmecken. Aber nun schert Euch davon!"

,, Tank auch schön, Frau!"

Dabei sahen sie sich an. Und plötzlich, mit viel weniger harter Stimme, als vorhin, fast unsicher, sprach das Weib:" Wir haben noch Zwetschgenmus. Es taugt nicht mehr viel und ist vom vorigen Jahre. Aber beides zusammen geht besser' runter als das trockene Brot allein."

Der Scherenschleifer sagte nichts. Er blickte die Frau, die den Ein Fluch war die Antwort. Dann hielt der Karren, der Zieh Mustopf herholte, nur an. Die Fiau strich ein paar Stullen. Da­hund streckte sich müde in den Staub der Straße. zwischen schielte sie stets zu ihm hin. Sie schien mit einem Ent schlusse zu ringen.

Wie viel find's?"

Die Frau zählte bedächtig. Mit stumpfem Gesicht sah der Mann zu.

" Fünf Groschen. Für den ganzen Tag. Hast Du einen Schnaps?"

Grimmig lachend holte er die leere Flasche vor.

,, Trink Du und der Teufel, wenn Du noch einen Tropfen ' rausholft. Der Hund läßt auch die Zunge hängen. Er friẞt Gras es wird Regen gegen. Wir können die Nacht nicht draußen

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bleiben."

Die Frau wandte sich nach den Städtchen zurüd, das sie eben verlassen hatten.

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Knauser!" drohte sie und hob den Arm. Heiser kann man sich fragen und es ist nichts. Das Geld reicht zum Nachtquartier." Aber nicht zum Essen. Wenn der Waldwirt uns nicht auf den Heuboden läßt, steck' ich ihm die ganze Bude an."

Prüfend blickte das Weib unter dem breitkrämpigen Strohhut umher. An der Straße, die sie hinabziehen mußten, lagen noch einige dürftige Häuser.

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Versuchen wir's da! Arm hilft arm am liebsten!" Der Mann zuckte die Achseln. Für das, was die zu schneiden haben, sind die Messer scharf genug. ,, Aber vorbei müssen wir immer. Auf, Hektor los, Mann!" Müde bellend erhob sich das Tier. Der Mann legte den Zug­riemen über die Schulter, und langsam ging es so weiter. Die Häuschen kamen näher. Der Karren hielt von neuem. Mes- ser- Sche- ren..." schrie die Frau langgezogen und eintönig... alles sauber, wie neu... Scheren... schleifen ... Messer... schleifen."

˚

"

fennen."

Nehmt es nur," sprach sie. Mir ist immer, ich muß Euch " Und ich Euch!" Die Stullen blieben unberührt. Ist das... Euer Kind da draußen?"

Die Life? Nu natürlich."

Wen hast Du geheiratet, Anne?"

Alle Stumpfheit war aus dem Gesicht des Scherenschleifers ge= wichen. Seine Augen wurden fast glänzend.

Wie ein Schlag und ein Zittern durchlief es das kräftige Weib. " Johann... Klatt... bist Du der... Johann?" Nu ja, ja, das wird wohl so stimmen."

Ihre harten, sorgendurchfurchten Züge wurden weicher. Eine leichte Röte stieg in ihr Gesicht.

" Ist es die Möglichkeit... der Johann... was machst Du Wie geht's denn? Lieber Gott, wie lange ist denn das denn? Wie geht's denn? her... damals, als wir zuletzt...?"

Sie wurde noch röter. Er sah es und schmunzelte. " So an die zwanzig Jahre, Anne. Ach, Du mein da war Und Du warst... ein schmuckes man ein anderer Kerl.

Mädel!" " Ja, ja... und zuerst hatten wir doch noch Konfirmandens Mittwoch und Sonnabend."

unterricht

"

" Bei Pastor Hübner," sagte der Scherenschleifer und nickte. Aber später war es noch... besser. Wenn wir beide getanzt haben, Anne da flogen man die Röcke so! Und nachher Sie stand plößlich auf.

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" Ich will Dir einen Schnaps holen, Johann. Selbstgemachter!

befinnst Du Dich? Den Maurer- Anton!"

Sie wiederholte es mehreremal. Niemand ließ sich blicken. Mein Mann trinkt ihn gern. Ich hab' doch den Maurer geheiratet Der Mann hatte eine alte Slinge hervorgeholt, sette das Tretrad in Bewegung und hielt den Stahl gegen den sich drehenden Stein, daß die Funken stoben. Vielleicht sammelten sich bei dem Geräusch wenigstens die Kinder.

und richtig: bald lugte eine barfüßige Dirne von vielleicht vier­zehn Jahren aus einer Haustür und kam langsam näher.

Rasch war sie verschwunden. Es dauerte ziemlich lange, che sie zurückkam mit Glas und Flasche.

Verwundert sah er sie an.

Sie hatte das Haar geordnet und den Rod heruntergelassen. Auch ein Schleifchen hatte sie vorn angesteckt.