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Bunden sein, als es in Deinen Wünschen liegt, fo lange, als es für Dich eine Notwendigkeit ist.... Sobald das aufhört... „ Nie hört das auf," unterbrach er sie. Du weißt, Du bist eine Notwendigkeit für mich, Tu weißt, daß ich ohne Dich nicht sein kann! Du darfst nicht an mir zweifeln. Du tust mir weh damit!"
Seine Stimme bekam auf einmal etwas Angsterfülltes, feine Augen weiteten sich.
,, Grete, ich bin verloren, wenn ich Dich verliere! Das ist für mich eine Gewißheit!"
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Und wenn Verhältnisse kommen, die stärker sind als Du?" Du bist die stärkste Notwendigkeit für mich," beharrte er." Wenn Du wüßtest, was mir alles durch den Kopf gewie viel Sorgen, wie viel quälende Gedanken und wie ich heute erst aufatme, weil die schlimmste Not hinter mir liegt."
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Sie nahm seine Hand und blickte ihn voll Liebe an. Warum kämpfen wir in solcher Unruhe und Haft?" sagte sie schwermütig.„ Es kommt mir manchmal so vor,' fügte sie versonnen hinzu, als ob die meisten Menschen ohne inneren Zwang sich auf das Meer begeben und den Stürmen fich aussetzen."
( Fortsetzung folgt.)
( Nachdrud verboten.)
Riefen und Zwerge.
In den Märchen unserer Kindertage spielen Erzählungen von Riesen und Zwergen eine wichtige Rolle. In einer großen Anzahl von Büchern der Jugendliteratur begegnen wir vielfach jenen großen und fleinen Wesen von unnatürlichem Wuchse und unproportioniertem Rörper in künstlerischer Darstellung und als Objekt so mancher Wunderfage, die die findliche Phantasie mächtig anregt und in ferne Länder und ferne Zeiten bersetzt. Auf den Eindruck jener Lektüre in unserer Jugend ist vielleicht die Vorstellung zurückzuführen, daß einstmals und in anderen Ländern das Menschengeschlecht an Körperwuchs und Größenmaß von dem unserigen ganz berschieden gewesen und daß wir besonders durch Degeneration der Raffe den angeblichen Riesen früherer Zeiten gegenüber gewissermaßen zu Bygmäen herabgesunken seien. Nichts ist falscher als eine solche Annahme.
Welches sind zunächst die Grenzen, zwischen denen der normale Buchs der Menschen variiert? Gewöhnlich teilt man die berschiedenen menschlichen Rassen ein: in fleine Rassen unter 1,60 Meter, in mittlere zivischen 1,60 und 1,70 Meter und in große über 1,70 Meter. Die kleinsten Rassen sind: die Estimos( 1,58), die Lappen( 1,53), die Negritos der Philippinen ( 1,50) und endlich die Akkas des südlichen Afrikas ( 1,42 Meter). Die Bewohner Südschwedens, Polens , Livlands , der Utraine, Sachsens , Preußens, Englands und Nordamerikas jowie die Mandschu- oder chinesischen Tartaren können unter die großen Raffen gezählt werden. Schließlich sind auch die Patagonier durch ihren hohen Wuchs rekannt. Wenn nun Legende und Tradition von Raffen erzählen, deren gigantischer Wuchs alles übertreffen würde, was unsere Phantasie fich vorzustellen vermag, so gehören alle jene Riesen der Fabel und nicht der Geschichte an. Noch im Jahre 1718 versicherte ein Akademiter Henrion ganz ernsthaft, daß Adam mindestens 41,60 Meter, Eva 40, Abraham 6,60, Mofes 4,70 und Goliath 4 Meter gemessen haben. Tausende von menschlichen Skeletten sind aber an den verschiedensten Punkten der Erde ausgegraben worden, und die Anthropologen haben nach ihnen den Beweis geführt, daß in prähistorischen Beiten der Mensch seinen Wuchs nicht übertraf. Wenn man bisweilen aufgefundene Knochen alten Riesen zuschrieb, so hat stets eine genaue Prüfung die Haltlosigkeit dieser Annahme dargetan. glaubte man eines Tages das Grab des Cimberntönigs Teutobochus, der durch Marius eine Niederlage erlitt, gefunden zu haben, und nach dem Knochengerüst wäre jener mindestens 30 Fuß hoch gewesen. Allein bei näherem Zusehen fand sich, daß die Knochen allerdings einem Riesen, aber einem Riesen der Elefantenart, einem Mamuth gehörten.
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Wuchs ihrer Mitmenschen überragen: haben doch einzelne son ihnen faft 3 Meter Höhe erreicht. Wir erinnern an Maximilian Müller, geboren 1674 in Leipzig , der 2,74 Meter maß, an einen Riesen, den man 1755 in Rouen sah und dessen Wuchs 2,59 Meter Buffon erzählt, daß sie 2,60 Meter groß gewefen feien. Man tann erreichte, einen schwedischen Bauer und einen Finnländer, von denen noch im Museum zu München das Skelett eines Riesen von 2,45 Meter sehen, und in Erinnerung werden noch sein der Chinese Chang, der sich 1878 in Europa fehen ließ und 2,49 Meter hatte, und der Oesterreicher Franz Windler, der 1887 im Alter von 21 Jahren mehr als 2,60 Meter aufwies. Bei den Riesenfrauen ist der Wuchs gewöhnlich kleiner" als bei den Männern. Die größte bekannte Frau scheint eine Deutsche , namens Marianne, gewesen Stüde als Königin der Amazonen auftrat. Sie starb sehr jung. zu sein, die 1885 im Alter von 17 Jahren in London in einem Katharina Brodner, eine andere Riefin, war eine sehr hübsche Schweizerin, die im Alter von 23 Jahren 2,15 Meter Höhe hatte. Endlich besitzt die Sammlung des Museums von Stockholm das Stelett einer Lappin, die 2,03 Meter maß, was um so auffälliger ist, als sie zu einer sehr kleinen Raise gehörte. Die Liste der bekannten Riesen ist lang und bis auf den Riesen alle diese Menschen von sehr hohem Wuchse wirkliche Riesen? Mit Machnow noch durch manches Exemplar zu erweitern. Aber sind anderen Worten: zeigen sie sich so, daß die Harmonie des Baues ihrer verschiedenen Organe offenbar normal ist trotz der außerordentlichen Entwickelung ihres zouchfes? Sind ihre physische Kraft und ihre Widerstandsfähigkeit proportional diefer ungewöhnlichen Entwickelung? Die medizinische Wissenschaft antwortet darauf von Ausnahmen abgesehen mit einem entschiedenen Nein. Erfahrungsgemäß sterben sie meistens jung, oft an der Schwindsucht nach einer Periode frühzeitiger Senilität. Die medizinische Wissenschaft betrachtet den„ Gigantismus" als eine Krankheit, und be= sonders die durch Autopsie gewonnenen Resultate des englischen Arztes Dana laffen es uns nicht bedauern, daß eine Rasse von Riesen nicht aufgekommen ist und nicht aufkommen wird.
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Wenn nun gewisse Individuen sichtlich die mittlere Statur ihrer Mitmenschen übersteigen, so finden sich dagegen andere, die durch ihren außerordentlich fleinen Wuchs sich bemerkbar zu machen wissen: das sind die Zwerge.
Die Geschichte hat uns die Erinnerung an zahlreiche Zwerge. überliefert. So fand man solche häufig in der Umgebung römischer Kaiser. Augustus und Tiberius hatten ihre Zwerge, die sie sehr verzogen, und Domitian ließ sie in Birtustämpfen auftreten und amüsierte sich, sie mit Frauen von großer plastischer Schönheit fämpfen zu sehen, die eigentümlich mit der Häßlichkeit ihrer Gegner kontrastierte. Die Orientalen hat die Griechen und Römer die Kunst" gelehrt, das Wachstum aufzuhalten, und man" schuf" Zwerge. Bald hatte jede römische Dame ihr kleines Ungeheuer". Es wurde dies zu einer wirklichen Mode, allerdings einer bizarren und unmenschlichen, da sie die Umbildung in elende Wesen bei Jndividuen begünstigte, die normal hätten sein können. Bis ins Mittelalter findet sich in Italien diese Mode. Karl V. hatte an feinem Hofe einen berühmt gewordenen Zwerg, Kornelius von Lithauen, der bei einem großen Turnier in Brüssel im Jahre 1545 einen Preis wegen seiner Anmut und Geschicklichkeit errang. Auch in Frankreich gab es lange Zeit hindurch Hofzwerge, Franz I. hatte außer seinem überaus häßlichen Narren Triboule mehrere Zwerge, die ihn zersteuen mußten. Die größte Vereinigung von Zwergen scheint in Moskau von der Prinzessin Nathalie, der Schwester des Zaren Peter I. , veranlaßt zu sein. Ein großes Fest wurde zu deren Ehre gegeben. Etwa 60 Zwerge tamen aus den verschiedensten Gegenden des russischen Reiches zusammen, man führte sie in 15 fleinen Wagen umher, die von je 6 winzigen Pferden gezogen wurden. In der ersten Kutsche waren ein Zwergbrautpaar mit Ehrenherren und Ehrendamen, in einer anderen befanden sich Zwergmusiker. Dieser eigentümliche Bug wurde durch ein Regiment Dragoner von hohem Wuchse eskortiert, die einen seltsamen Nontrast bildeten und die Helden" des Festes noch kleiner erscheinen ließen.
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Der Kleine Wuchs der Zwerge wie die hohe Statur ter Riesen wird gewöhnlich einem bestimmten pathologischen Zustande zuges schrieben und im allgemeinen durch den Rachitismus oder die Mikros fephalie verursacht. Indessen hat man auch sehr wohl proportionierte Zwerge gesehen, aber auch diese fallen im Gegensatz zu gewiffen fleinen Rassen( Lappen, Negritos oder Aftas) aus dem Rahmen des Normalen heraus: die Wissenschaft betrachtet sie als Mizgeburten.
Auf der anderen Seite könnte man nach den in den Museen aufbewahrten Rüstungen zu der Annahme kommen, daß unsere Vorfahren, ohne Riesen zu sein, doch viel größer gewesen sind als Als vollendetes Beispiel eines 8Zwerges ohne nachzuweisende wir. Gewiß haben in jener Zeit viele Menschen von hoher Ge- Disproportion ist Jeffery Hudson zu nennen, der am Hofe Karls I. stalt gelebt, aber die Rasse in ihrer Gesamtheit war nicht größer von England war, und dem Walter Scott in einem seiner Romane als heute. Auch dafür liegen massenhafte Beweise in den Aus- ein Denkmal gesezt hat. Mit 30 Jahren maß er nur 47 Benti grabungen von Sfeletten vor. Wir können also in dieser Be- meter, das ist beinahe der Durchschnittswuchs eines wohlgebildeten ziehung beruhigt sein, wir würde: unseren Vorfahren nicht Neugeborenen. Nach vielen Jahren Stillstand im Wachstum schoß ein Geschlecht von Zwergen sein.„ Nein, fagt der Franzose er in die Höhe", und als er 1692 im Alter von 73 Jahren starb, Ifidor Geoffroy Saint- Hilaire, nein, der Mensch ist nicht fleiner maß er 1,16 Meter. Die Geschichte des Zwerges des Königs Stanis geworden unter der Wirkung der Zivilisation; er ist nicht schwächer geworden, indem er flüger wurde; er hat nichts von seiner wirklichen Kraft und seiner ersten Größe verloren, indem er sie durch Geschicklichkeit und die Industrie vervielfältigte."
Wenn also wirkliche Rassen von Riesen nicht existiert haben, So finden sich doch im Laufe der Zeiten Menschen, die sichtlich den
laus, Herzogs von Lothringen , ist zu bekannt, als daß wir sie hier wiederzugeben brauchen. Nur daran sei erinnert, daß er nach Angabe seiner Eltern bei der Geburt 1½ Pfund wog und am Tage seiner Taufe auf einem Teller präsentiert wurde. Er schlief lange Beit in einem Schuh, und sein Mund war so klein, daß er bei seiner Mutter nicht die Nahrung finden konnte, man gab ihm eine Biege