Döbeln, Lommatzsch die Dreierbrötchen und Semmeln nennt. Es istnicht ausgeschlossen, daß die Bulldaubcn samt den Bulldeibchen inMittweida nur eine irrige schriftdeutsche Wiedergabe der mundart-lichcn Bulldaum darstellen: die Semmel könnte höhnisch mit einemdicken Daumen verglichen sein(boll— rund, geschwollen, vergleichedie Bolle der Zwiebel usw.). Wenig Ehre macht seinem Erzeugerder treiche Schuster und das Gegenteil davon, der Kluntsch, im Erz-gebirge auch der Donschch, der insbesondere unausgebackene,tlantschige(in Zwickau), schliffige Ware bezeichnet. In Leipzigheißt allerdings klunschcn schlechtweg backen. Auf ein nicht geratenesBackwerk wie ein ungeschicktes, unbeholfenes Menschenkind überträgtder Erzgebirger und Vogtländer den eigentlich aus geriebenen Kar-toffcln hergestellten Talken; in der südlichen Oberlausitz ist dieRedensart„der hat eine Talke gebacken" üblich für einen, dem etwasmißglückt. Wer freilich, um sich solchem Geschicke zu entziehen, umnicht„Schliff zu backen", den Teig„so" essen will, wird berechtigtemTadel nicht entgehen; besser täte er schon, den Augenblick abzuwarten,wo er sagen darf:„Na, da geht der Deegl" Will man aber etwas er-zwingen, so befiehlt man(in Leipzig):„Back mcr oder freß MerschMehl!"(Zuschriften werden erbeten an den Ausschuß zur Samm-lung sächsischer Volkswörter, Dresdcn-A., Breite Straße 7, I.)—— Die einheimischen Negergrsänge beginnen unter dem Einflüsseder eindringenden Weißen zu verschwinden und macheneuropäischen Liedern und Tingeltangelweisen Platz. Das ergibt sichaus einer Mitteilung von Emil Torday über den Gesang der Balubaam Moero-See(Man, Jahrgang 1904). Die Soldaten der ver-schiedenen Völker, die sich jetzt in den Besitz Afrikas geteilt haben,bringen überall hin ihre heimischen Weisen mit und lehrensie den Schwarzen. Ein schlagendes Beispiel dafür ist derGesang„O Lupembe", der an den Stanley Falls zu Ehrendes dort residierenden Major Lothaire entstand und heutedurch das ganze Gebiet des Kongostaates gesungen wird. Esist schwer, die einheimischen Melodien noch zu sammeln,und der Europäer hört sie gewöhnlich nur auf der Reise, wo nurMarschlieder gesungen werden. Sie bestehen stets aus einemRezitativ mit nachfolgendem Chor und werden von dem Mannimprovisiert, welcher die kräftigste Stimme besitzt, keineswegs immerdie beste. Doch gibt es einige durch ihren schlagenden Witz bekannteSänger, denen dann von selbst die führende Rolle unter den Kara-wanensängern zufällt. Der Europäer, welchem die Karawane ge-hört, ist meistens der Gegenstand des Gesanges, und alle möglichenEhren werden auf ihn gehäuft. Ist er auch der friedliebenste Mensch,so erscheint er doch in den Gesängen als fürchterlicher Krieger, derHunderte schon getötet hat; ist er auch spindeldürr, so wird er dochals Koloß geschildert; er hat Löwen, Elefanten erschlagen, er ißt fürzwei und trinkt für drei und hat einen ganzen Hausen Weiber. Auchhat er alle Länder schon durchreist. Uebertreibung ist stets dieHauptsache.Torday hebt hervor, daß die Harmonisation der Chöre stetstadellos ist und wenn einer falsch singt, er gleich von den Kameradenverbessert wird. Die Noten einiger Marschgesänge werden mit-geteilt. Fast nur Tenorstimmen von geringem Umfange findet nianunter den Schwarzen. Baritone sind sehr selten und der Verfasserhat niemals einen echten Baß gefunden, ebensowenig kennt er einNegerweib, das eine schöne Stimme hätte; sie singen alle in derKehle, Brusttöne kennen sie nicht. Die Tage des einheimischenGesanges sind, wie oben bemerkt, gezählt, da die Zivilisation siefortfegt. Der Koch Tordays, welcher bei Missionaren erzogenworden war, sang den ganzen Tag über Gounods„Ave Maria"und Haydns„Tantum ergo", und die Soldaten bringen Gassenhauerund Tingeltangellieder, welche die alten Negergesänge verdrängen.—(„Globits.")Archäologisches.— hl. Neues aus dem Tal der Königsgräber.Theodore M. Davis, der Auffinder der Gräber von Thothmcs VI.und der Königin Hatshepsu zu Theben, hat seine Arbeiten im Talder Gräber eifrig fortgesetzt und hat jetzt eine Entdeckung gemacht,wie sie nach der Meinung der„Times" noch keinem geglückt ist, seit-dem Aegypten den Forschungen der Europäer sich aufgctan hat. Erhat ein Grab aufgefunden, das seit den Zeiten der 18. Dynastieniemals wieder besucht oder geplündert worden ist,und das mit Schätzen aus einer Zeit angefüllt ist, da Aegypten dieHerrin des Oftens war und die Quelle alles Reichtums an Gold.Das Grab selbst ist nicht groß, und seine Wände sind niemals mitDekorationen verziert oder auch nur geglättet gewesen, aber es istin seiner ganzen Ausdehnung von völlig unberührten und kostbarenSchätzen des alten Aegyptens erfüllt. Wundervolle Mumiensärgemit reichen Goldcinlagcn, hohe Alabastcrvasen von apartesten For-mcn, Stühle und Büchsen, die von Gold und Farben leuchten, sogarein Lustwagen mit seinen sechsspeichigen Rädern, die noch von ihrenhölzernen Reifen umschlossen waren, all das liegt hier in wirremDurcheinander, eins über dem anderen, vom Schutt der Jahrhundertevergraben. Es dauerte ein paar Tage, bis die Suchenden die ganzeAusdehnung der Schätze, die das Grab enthielt, nur übersehenkonnten. Die Grabkammer ist etwa 30 Fuß lang und 15 Fuß weit,die Höhe beträgt nicht mehr als 8 Fuß. Auf der linken Seite desEinganges waren die zwei großen hölzernen Sarkophage, in Schwarzund Gold bemalt, in denen sich die Mumienkästen der beiden hierBegrabenen, eines Mannes und einer Frau, befanden. Die Kästenselbst hatten doppelte Wände; die erste dieser beiden Schichten warnach der Außenseite hin ganz von Goldplatten gebildet, ausgenommenan den Stellen, an denen das Gesicht der Mumie realistisch dar-gestellt war, und hatte an der Innenseite eine Wandung ganz ausSilber, während die zweite Schicht nach außen ähnliche wie die erstegoldene Plattierung hatte, nach innen zu aber auS dünnem feinenBlattgold bestand, lieber eine vergoldete Maske, die wohl die Zügedes einen der Verstorbenen nachbilden mochte, war ein Schleier vonschwarzem Musselin oder bielleicht Krepp gelegt. Es ist zum erstenMal, daß man auf derartiges in einem ägyptischen Grabe gestoßenist. Es wird noch einige Zeit in Anspruch nehmen, bevor völligeKlarheit über die mannigfachen Funde dieses Grabes verbreitet seinwird. Indessen ist schon jetzt eine wichtige Tatsache enthüllt: dieprunkhafte, um nicht zu sagen übertriebene Entfaltung von Reich-tum, die die ägyptische Gesellschaft in der Spätzeit der 18. Dynastiebeherrschte. Man hatte schon aus den Täfelchen von Tel-el-Amarnagelernt, daß Aegypten damals das war, was Kalifornien fürunsere Kultur bedeutete, ein Land, in dem nach den stets sich wieder-holenden Berichten der Fremden„Gold in solchen Mengen sich findetwie Sand"; und die verschwenderische Fülle, mit der das kostbareMetall bei allen Gegenständen dieses neu aufgefundenen Grabes ver-wandt ist, gibt solchen Worten recht. Auch nicht das geringste oderunwichtigste Ding ward angefertigt, ohne es mit Gold zu plattieren,das so reichlich aus den Minen der Wüste genommen wurde. EineReliquie aus einer toten Welt ist eine Matte von Palmfasern, aufwelcher die Gestalt des Osiris in weicher Erde aufgezeichnet war.Samen wurde dann in die Erde gesäet, und in dem grünen Gras,das hervorsproß, nachdem das Grab längst verschlossen und versiegeltwar, sahen die Aegypter ein tröstendes Symbol und eine Bürgschaftder Auferstehung. Ein ähnliches„Bett des Osiris" ist schon in demGrabe Amon-Hotcps II. aufgefunden worden. Wenngleich auch dieeinzelnen Stücke des von Davis gemachten Fundes Gegenstücke inanderen Gräberfunden haben mögen, so steht diese Entdeckung einzigda durch die kunstvolle und kostbare Ausführung der Särge und Ge-räte, durch den Wert, den allein die teuren Metalle repräsentieren.Ein solches Wunderwerk an Ebenmäßigkeit und Schönheit der Bil-dung wie der Wagen steht bis jetzt einzig da in der Geschichte derägyptischen Kunstfertigkeit.—Humoristisches.— Beleidigt. Reisender(zum protzigen Bauern):„Habe ich die Ehre, den Herrn Grotzhofbauer zu sprechen?"Bauer:„Na, wer soll i ch denn s o n st sein?"—— Während der Rauferei. Fremder:„Warumschreiten Sie denn nicht ein und verhasten den Hauptkrakehler?"Dorfpolizist:„Ich muß'n erst noch austoben lassen.sonst schlägt er uns wieder im Wachlokal alles kaput."—— Ein Hartgesottener.„Nicht wahr, Onkel,„ehe"heißt soviel wie„früher einmal"?"„Ganz richtig I Daher das Wort ,.E h e m a n n" I"C„Meggendorfer-Vlätter.")Notizen.— HanS Ost Wald erklärt im„Liter. Echo' herzhaft:„Ichbin es jetzt ehrlich satt, immer wieder als ein Nachahmer Gorkisbezeichnet zu werden."——„Narrenfang", ein modernes dreiaktiges Lustspiel vonErnst von Wolzogen und Paul Stark, gelangt noch indieser Spielzeit im Wiener Raimund-Theater zur Auf-führung.——„Wallen st eins Lager" wird zum Schillertage inTeplitz-Schönau im Freien aufgeführt.— Das wäreetwas ftir Die von E g e r gewesen. Zu was haben die dem:ihre alte Burg, ihre Wallenstein- Reliquien und das Schiller-Haus?—— Im Theater des Westens kommt am Donnerstag„Die L i e b e S f e st u n g Operette von Hans Brennert undErich Urban. Musik von Bogumil Zepler, zur Uraufführung.— Richard Strauß' neuestes Werk, die einaktige Oper„Salome", ist von der Dresdener Hofoper erworbenworden. �— Gegen fünfzig Zentner Bern st ein sind nach der„Täglichen Rundschau" seit Mitte Februar in der Danziger Buchtgefunden worden. Das größte Stück war über ein Pfundschwer.—c. Zum Heidentum zurückgekehrt ist, wie aus NewAork berichtet wird, ein Neger namens Daniel Flickinger Wilberforce,der 25 Jahre lang als Missionar in Aftika gearbeitet hat. AlsKind wurde er von Missionaren von Afrika nach New Uork gebracht,wo er erzogen wurde und sich auch verheiratete. Seine beidenSöhne besuchen gegenwärtig das College. Er gehörte der Missionsfgesellschaft der Vereinigten Brüder Chnsti in Huntingdon, Indiana,an. Diese Gesellschaft hat jetzt aus Afrika die Mitteilung erhalten,daß er wieder in das Heidentum zurückgefallen ist; er ist der Häupt-ling seines Stammes geworden und hat mehrere eingeborene Frauengeheiratet.—Verantwortl. Redakteur: Paul Büttner, Berlin. Druck und Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u. VerlagianstaltPaul Singer LcCo., Berlin LVk.