fa�te mit der Hand nach meinem Gesicht. Es war über und übernaß. Wie war das möglich? Wie konnte mein Gesicht naß gewordensein? War die Hülle um den Tunnel beschädigt, und kam derOzean nun tropfenweise durch die Poren der stählernen Wand nachinnen?Eine unbeschreibliche Angst kam über mich; ich fühlte, wie mir dieSchweißtropfen neben dem Wasser, das schon lange mein Gesicht bc-feuchtete, von der Stirn rannen. Das Gefühl der Kälte wurde immerstärker, die Angst immer entsetzlicher, ich wollte dem Kolonel Piercezurufen, um Hülfe schreien—„Aber Jules, Mann, sitzt Du denn immer noch da? Es regnetjal" rief meine Frau von fern.Ich erwachte und saß ruhig in meinem friedlichen Garten, wäh-rend ein frischer Mairegen herniederströmte, dessen dicke Tropfenmeinen Schlaf und meinen Traum unterbrochen hatten. Vor mirauf dem Tisch lag ein Päckchen amerikanischer Zeitungen; die Nummer mit dein bewußten Artikel, in welchem mit echt amerikanischerGroßsprecherei über eine neue Verbindung mit Europa gesprochenwurde, lag neben mir auf dem Boden. Ter Schlaf hatte mich beimLesen übermannt, und während des Schlafes mein Geist das an-gefangene Thema weitergcsponnen. Ich fürchte aber, daß die Ideedes Kolonel Pierce ebenso wie mein vermeintliches Erlebnis sich alsein Traumbild erweisen werde.—Kleines feuiUeton.th. Tie Ttiftsdainc.„Ja, meine gräßliche Gegend!" seufzteFrau Bcrgcr,„ich wollte auch, ich könnte wieder weg. Dieses ab-scheulichc Volk, was da wohnt! Der ganze Norden ist so! Stunden-lang kann man gehen und begegnet keinem Herrn und keiner Dame,bloß Arbeitern und Arbeiterwcibern und da soll man nun seinLebcnlang aushalten."„Aber so ziehen Sie doch einfach aus!" rief Fräulein Sophie.„Als ob das so„einfach" wäre." Frau Berger lachte kurz auf.„Das kostet Geld," nickte Frau Kalkulator Fischer etwasironisch.„Ach, wenn es nur das wäre!" meinte Frau Bergcr geziert.„Geld würde ich mit Freuden bezahlen."„Na aber... Was?... Warum?..."„Frau Bergcr ist doch im Stift," fiel Sophies Mama ein.„Ach— so— olSie schritten langsam durch den Tiergarten weiter.„Dank meiner lieben Schiviegertochter," sagte Frau Berger.„Sie hielt es ja für das Beste, daß ich dahin ginge: einzelne Damensind im Stift am allerbesten aufgehoben. Ich dachte es auch damals.Na, der Rcinfalll"„lind Sie können nicht wieder heraus?" fragte Frau KalkulatorFischer.„Dann verlieren Sie doch Ihr ganzes Geld," sagte die Mamaetwas spitzig.„Na solche Gemeinheit!" rief Frau Kalkulator.„Ja, das verstehen sich die schon einzurichten," nickte FrauBerger.„Willst Du'rein, kostet's fünfzehnhundert Mark, willst Tu'raus, laß Dein Geld und Deine Sachen da. Nun, das kann ichdoch nicht, wovon soll ich denn leben?"„Es ist einfach empörend!" bestätigte die Frau Kalkulator.„Und es Ivohnt sich nicht hübsch da draußen?" fragte FräuleinSophie neugierig.„Ich Hab mir das immer sehr hübsch gedacht.Man ist nicht allein, man hat im Sommer einen Gartenplatz, hatGesellschaft..."„Gesellschaft!?" rief Frau Berger.„Na d i e Gesellschaft! Ja.wenn noch Damen da wären die bezahlten! Die Zahlstellen sindja aber alle frei, bloß die Freistellen sind besetzt. Und was ist'n da?Olle Stähfrauen und sowas. Die feinste ist'nc Tischlerwitwe, diemir und mich verwechselt."„Scheußlich!" sagten die anderen einstimmig.„Und mit sowas müssen Sie leben, Sie Acrmstc?" bedauerteFräulein Sophie.„Na. ich kann Ihnen sagen!..." Frau Berger seufzte wieder.„Was ich so aushalten muß! Nun halte ich mich natürlich für michund kümmere mich um die Sorte nicht; jetzt bin ich verschrien durch'sganze Stift."„Läßt sich denken!" sagte Fräulein Sophie.«Solch ordinäres Volt nimmt ja nichts so übel, als wenn manes fühlen läßt, daß es einem zu ordinär ist," stimmte die Mama bei.„Natürlich!" sagte Frau Berger.„Und ich lasse sie es jagründlich fühlen. Was meinen Sie, was ich nun für Redensartenzu höre» kriege? Neulich bin ich im Garten. Da unterhalten sichzwei in der Laube. Ich tat ja natürlich, als hörte ich's nicht, aberich habe es doch gehört. Was von dummen eingebildeten Gänsenwar's, die dächten, sie wären was. weil sie die Lippen spitzen, undwäre» auch nicht mehr und wohnten mang die arme Leute."„Mang die arme Leute!" schrie Fräulein Sophie und schlugin die Hände vor Vergnügen:„Mang die arme Leute, ist das schöngesagt!"„Als ob man darum dasselbe wäre," entrüstete sich FrauKalkulator Fischer.„Und da sind Sie still zu geblieben?"„Da hätte ich mich beim Hausvater beschwert," rief die Mama.»Die Weiber müssen doch zurechtgewiesen werden; die dürfen dochkeine Dame beleidigen! Sagen Sie doch das dem Hausvater."„Jawohl, dem Hausvater!" lachte Frau Berger..Als ob de»nicht ganz dasselbe wäre! Denken Sie der ist anders? Ter ist crstzrecht wütend, daß ich ihn nicht ästimiere! Das ist doch auch nuosolch Pöbel!'n gewesner Schneider oder sowas, der den Posten bc»kommen hat, weil er Kriegsinvalide ist. Gestern« geht er durch dieWohnungen und liest das Frühjahrsrcglement vor:„Vom erstenApril ab sind bei gutem Wetter alle Fenster aufzuhalten.." IchHab ihm natürlich sehr von oben runter gesagt, das brauchen Sie mirnicht erst zu sagen, das tue ich als Dame sowieso. Lesen Sic dasIhren alten Weibern vor, aber mir nicht."„Das war recht!" rief Fräulein Sophie und klatschte vonneuem in die Hände:„Na, solch ein frecher Kerl!"„Ja, und was antwortet mir der Kerl? Das müssen Sie oochhören wenn Se mal hier sind; hier jibt's keene Damen, vor's Regle-ment jibt's bloß Insassen."Die Damen stießen eine» Ruf der Entrüstung aus.„Das istzja skandalös!" rief Frau Kalkulator Fischer.„Ist das nicht skandalös?" fragte Frau Berger.„Ich Hab jagar nichts dagegen, lvenn er die alten Weiber so behandelt, denei,kommt nichts anderes zu nach ihrem Stand, aber mich grade, mich?Ich bin doch andres gewöhnt!... Uebrigens kommt da mein«Straßenbahn, jetzt muß ich zurück."„Zu deir Insassen," rief Fräulein Sophie.„Jawohl, zu den Insassen!" Sie lachten alle und lachten noch,als der Wagen schon im Entschwinden war.Frau Kalkulator Fischer sah ihm nach:„Aber schrecklich ist dasdoch, ich glaube, ich ließe da lieber mein Geld fahren und ginge ab.'"„Ach Geld!" Sophies Mama lachte.„Im Vertrauen gesagt.sie hat ja gar keins eingezahlt. Ihr Sohn hat ihr'ne. Freistelleverschafft. Das soll bloß so was heißen vor den Leuten, aberempörend ist es trotzdem; man sollte doch auch eine Dame, die nichtshat, anders behandeln als solche ordinäre Arbeiterfrau."—-k. Uebcr„Magie und ihr Fortleben im modernen Recht" hieltdieser Tage in der„Soziologischen Gesellschaft" zu London der be-kannte Ethnologe Dr. Westermarck, einen bemerkenswerten Vortrag.Er führte aus, daß der Glaube an Magie und Zauberei noch heut«überall, wenn auch vielfach in versteckten Formen herrsche. De»Glaube an Magie habe die Stellung der Frau sehr stark beeinflußt.In vielen Religionen wird den Frauen die Kraft zugeschrieben, überdie Hülfe von Zauberei und Hexenkunst gebieten zu können; manverehrte sie deshalb, doch wurden sie auch vielfach gefürchtet, da manzugleich vermutete, sie würden durch solche höllischen Künste unreinund verdammt.„Aber der wichsigste noch bestehende Ilcberrestmagischer Anschauungen", erklärte Westermarck,„ist die Ablegungdes Eides, wie er heute vor Gericht üblich ist. Diezauberhafte Wirksamkeit dieser Form der Selbftverwünschungwird verdoppelt dadurch, daß man einen heiligen Gegen-stand berührt. Der Hindu hält beim Schwur etwas von den, heiligenWasser des Ganges in der Hand; der Mnhammedaner eine Rolle derheiligen Schriften; der Engländer küßt die Bibel. Der Eid selbstentnimmt seine Form dem weit verbreiteten Glauben an die Selbst-Verfluchung." Der Glaube an den„bösen Blick" ist eigentlich auf derAnnahme basiert, daß der Wunsch einer gierigen Person stark genugist, den, der ihm unterworfen ist, zu zwingen, daß er ihm allesherausgebe, worauf er seinen Blick richtet. Unter einigen Völkern,die in der Kultur etwas weiter vorgeschritten find, hat der böseBlick bereits eine andere Form angenommen. Man überschüttetjemand mit Lobpreisungen und Schmeicheleien über die Schönheiteines Gegenstandes, und wo dies geschieht, da kann man ganz sichersein, daß der also gelobte Gegenstand von dem Bewunderer für sichbegehrt wird, der seinen» Besitzer aus diese Weise mit den»„bösen»Blick" droht.—Gc. Tie marokkanische Küche hat, ungeachtet der Unmasse der-schiedencr Gerichte, wenig Verlockendes für den Europäer. Schondie Anwendung von Honig, der entsetzlichen Butter, der vielenPfesscrsortc» und Gewürze, der Rosen- und Jasminessenzen machtdie Speise,» fast ungenießbar. Das Haupt- und Leibgericht allerStämme deS nördlichen Afrikas ist der KuScusn(AlluzkuS); er bildetdie Grundlage einer jeden Mahlzeit. Die Bereitung deö KußkuS.wie er in Abkürzung genannt wird, ist sehr eigentümlich,»nd eSgehört langjährige Praxis dazu, un, sie zu erlernen. Auch ist die»das einzige Gericht, das buchstäblich nur durch Dampf gargekocht wird. Von weitem sieht es wie grobkönnge Griitz«ans, doch enthält es sowohl Geflügel wie Hammel-fleisch. Die Frau, die K»lSkus machen will, feuchtet sichdas Innere der Hände an und fährt dann leise über das ineiner flachen Mulde bereitgehaltene Weizen- oder Maismehl. Diesich ansetzenden Mehlteile werden mittels eigenartiger Finger»bewegungeil in eine Art von feinen Körnchen verwandelt»nd, so«bald sie die verlangte Fessigkeit haben, auf die Seite getan. Istdas gewünschte Quantum vorhanden, so wird diese halbttockeneMasse von Kügelche», durch ein in ein Sieb verwandeltes, mitfteinen Löchern versehenes, steinhartes Schaffell gesiebt, durch da»nur die kleinsten Körner passieren können. Ehe man sie bcn»ltzt.trocknet man sie an der Sonne. Diese Masse, in Bnbindungmit Gemüsen, Gewürzen und dem erwähnten Fleisch erleideteine längere Dampfabkochung und wird sodann in FormeineS Kegels, meistens mit gelber Saftanfarbe getränkßaufgetragen. Auf allen Reisen im Innern, bei denen man aus di»einheimische Kost unbedingt angewiesen ist, und vorzüglich an»