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Berflucht!" brummte der Krämer und fragte fich den Kopf. Ich fange nämlich an Hunger zu bekommen. Und Sie, meine Damen?" Oh ich... nein, wirklich nicht!" erklärte höflich Madame Bicaudet.

Aber ich! Mir tut der Magen schon weh vor Hunger!" rief böse Melanie. Ich gehe keinen Schritt weiter! Effen wir!" Aber wo! Auf dem Trottoir?"

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sut Auf dem Trottoir nein 1 Aber vielleicht können wir dort frühstücken?" schlug Granbidard vor, auf die Anlagen bei der Kirche

deutend.

Ach, das hatte ich mir doch ganz anders geträumt!" rief Madame Picaudet. Wie? Hier? Auf dem Plaz?"

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Warum nicht?" entgegnete Melanie, die unglücklich gewesen wäre, wenn sie einmal eines Sinnes mit der Schnittwarenhändlerin hätte sein müssen.

In der Tat, warum nicht?" echote Granbidard begeistert. Hier sind Bäume, hier ist Gras... beinahe wie auf dem Lande. Und wir haben den Vorteil, hier ift's weniger schmutzig," vollendete er mit einem Bittenden Blick an Madame Picaudet.

Diese ließ sich denn auch wirklich erweichen. Die Ausflügler setzten sich auf eine nasse Bank, die Füße in Regenpfügen und be­gannen ihre Vorräte auszupaden.

Wenn wir den Omnibus nehmen möchten?" schlug Granbidard ein Zongefäß und ein Holzgefäß, alle drei wohlgefüllt mit vor, dessen Arm unter dem Gewicht des Korbes zu erlahmen be- alexandrinischen Bronzemünzen und römischen Kupfermünzen. gann. Wenn man eine Landpartie macht, darf man nicht aufs In einem dieser Häuser nun, bon dem nur noch Drei Geld feben." zufammenhängende Zimmer zu erkennen waren Tagen auf Er näherte sich der Wartehalle. Der Kontrolleur zeigte ihm dem Boden an der Stelle, wo fie von der Wand gefallen waren, die Spöttisch die Nummern 727, 728 und 729. beiden Tafelbilder in zahlreiche Stüde   zerbrochen. Selbst der rohe Solapflod mit dem Hanfftrid, dessen eines Ende noch um den Bilder rahmen geschlungen war, lag noch daneben und zeigte die Art der Befestigung des Bildes an der Wand. Die Zusammensetzung des ersten Bildes gelang leicht, und so hat das Berliner   Museum mun­mehr den Ruhm, die ersten und bisher einzigen Holztafelbilder zu befizen, die in einem antiken Wohnhaus gefunden worden sind. Das Hauptbild besteht aus fünf schmalen länglichen Brettchen, die mit­einander durch Holzdübel verbunden sind. Ueber sie ist ein ge­leimter Kreibegrund gelegt und darauf das Bild mit Tempera­farben gemalt. Man erblickt einen mächtigen Thron mit Rücken­lehne und gedrehten Füßen. Das Polster des Sizes ist eine Decke mit schwarzen Querstreifen. Ein Götterpaar nimmt den Thron ein, links ein Gott mit wallendem Haupt- und Barthaar in langem grünen Chiton und Mantel, die Füße mit Sandalen be fleidet. Mit der Rechten ergreift er ein ägyptisches Götterzepter, auf seiner Linken ruht ein Krokodil. Auch die Göttin rechts trägt Chiton und Mantel, aber von weißer Farbe, ihre Rechte hält einen Blütenzweig, mit der Linken faßt sie ein Büschel Aehren  . Kein Zweifel ist, daß der Waffergott des Fayum Soknebtynis dar­gestellt ist und neben ihm die Jfis. Wohl erhalten ist auch der Holzrahmen, aus vier mir auf der Vorderseite geglätteten, mit dunkelstem Stuck überzogenen Leiften, aus Akazienholz gefertigt. Holznägel verbanden an den Kreuzungsstellen die seitlichen Leisten mit den horizontalen, in die fie durch Falze hineingestedt find. Ob das Bild wie ein anderes aus derfelben Gegend, das in das Museum von Kairo   gelangt ist, vor der Bildtafel eine hölzerne Schutztafel gehabt hat, die weggeschoben werden konnte, scheint fich nicht mehr entscheiden zu lassen. Von größerem Interesse noch ers scheint das zweite Wandbild, das leider arg zerstört ist. Dargestellt ist eine Athena mit der Aegis. An Stelle des Helms trägt sie nach ägyptischem Geschmack einen Nimbus und Strahlenkranz und im Haar, wie es scheint, einen Kranz. An der linken Schulter lehnt die Lanze, um deren Schaft mehrere Metallringe gelegt find. Neben der Göttin erhebt sich eine Pinie mit knorrigem Stamm, um den fich eine Schlange windet. Eine zweite Schlange umschlingt eine andere Lanze, die einer zweiten auf dem Bilde nicht mehr erhaltenen Gottheit gehörte, ettva einem Ares. Wann die Bilder, die nicht erlesene Kunstwerke waren, sondern billige Massenartikel, in jenem dörflichen Hause zum Schmuck der Wände aufgehängt worden find, läßt sich aus den Bruchstücken griechischer und ägyptischer Papyrusse erraten, die in den anstoßenden Zimmern lagen. Sie gehören der Mitte des zweiten Jahrhunderts unserer Zeitrechnung an und bald nach dieser Zeit muß das Haus berlaffen und verschüttet sein, da sonst die Baphrusse sich nicht erhalten haben könnten. Auf dieselbe Zeit weist auch der Stil der Bilder, mit denen man nur die be­rühmten Mumienporträts aus dem Fahum vergleichen kann. Auch diese werden dem zweiten, spätestens dritten Jahrhundert zugewiesen. Interessant aber ist es, durch den neuen, für die Geschichte der Malerei hochbedeutsamen Fund nunmehr festgestellt zu sehen, daß das Tafelbild an der Wand zu derselben Zeit, wo es uns die Wand­malereien von Pompeji   und Rom   als Lieblingsschmuck der vor­nehmen Privathäuser in Italien   zeigen, auch seinen Weg gefunden hat in die entlegensten ägyptischen Bauernhäuser.

Welch' eine Ueberraschung! Das Brot glich einem Schwamm. Das Fleisch hatte die Drucktypen des umhüllenden Zeitungspapiers ufurpiert. Der gute alte Rotwein hatte fich argliftig über den Fromage de Brie ergoffen, der einen zähen, flebrigen Teig bildete. Ueberflüffig zu sagen, daß das Mahl nichts weniger als heiter verlief. Um das Unglüd voll zu machen, entlud fich über die Speisenden ein neuer Blazregen, so daß fie die letzten Biffen mit der einen Hand in den Mund tun mußten, während die andere den geöffneten Regenschirm hielt.

Die Passanten, welche die drei Leute sahen, die bei strömendem Regen auf dem verlassenen Kirchplatz faßen und speisten, hielten sie für Verrüdte oder für Engländer.

Resultat: eine solide Verdauungsstörung, welche die drei Aus­flügler zwang, im Hinterſtübchen eines benachbarten Schankwirts zu landen, wo fie den Nachmittag über unzählige Tassen Tee

tranken.

4.

Na, wie war's?" fragte der Kohlenhändler in spöttischem Ton, als fie gegen sechs Uhr abends in die Nue Brise Miche einbogen. Sie sind gehörig naß geworden, he?"

Trotz der Wut, welche sie zu erstiden drohte, zwang Madame Granbidard sich zu einem Lächeln.

Wie? In Paris   hat's geregnet?" fragte sie scheinheilig. " In Meudon   nicht einen Tropfen!" bekräftigte Granbidard. Und während ihr Gatte die Ladentür öffnete, und Madame Bicaudet eiligst in ihr Haus flüchtete, um ihr verdorbenes rosa Kleid den Blicken der flatschfüchtigen Nachbarschaft zu entziehen, schloß Madame Granbidard mit dem zufriedenen Ton eines Menschen, der den Tag über Blumen gepflückt und Schmetterlinge gehascht hat:

" Ja, sehen Sie, von Zeit zu Zeit solch' ein Ausflug wie der heutige in die schöne, sonnige Natur... ins Grüne das tut wohl... das erfrischt!" dou 1106

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Kleines feuilleton.

- Griechische Holztafelbilder. Wir lesen in der Kölnischen Beitung": Unter den merkwürdigen Funden, die Otto Rubensohn  bei Papyrusausgrabungen in der ägyptischen Landschaft Fayum   ge­macht hat, verdienen besondere Beachtung mehrere antite Gemälde, die er foeben im archäologischen Jahrbuch veröffentlicht hat. Zwei stammen aus den sehr bescheidenen Häusern des Dorfes Tebtynis  , deren Reste mit ihren Kellerräumen, Treppenanlagen, Hofräumen und Wohnzimmern vom Wüstensand befreit wurden und der Wissenschaft neben zahlreichen wertvollen Papyrusresten und anderen Ueber raschungen auch einen anschaulichen Begriff davon gebracht haben, wie man im alten Aegypten  , und zwar auf dem Dorfe wohnte. Wer die elenden Fellachenhütten kennt, in denen heute die Bevölkerung des Landes haust, wird erstaunt sein, zu sehen, wie wohnlich der in Theadelphia oder Tebthnis angesiedelte griechische Söldner oder seine Nachkommen ihr Heim eingerichtet hatten. Zwar find die Häuser nur aus Luftziegeln erbaut, deren Festigkeit in gewissen Abständen durch eingelegte Balmstämme erhöht wird, aber im Innern machen fie mit ihren Fenstern, die durch Holzläden geschlossen wurden, mit ihren Wandnischen, Flügeltüren, ja mit Stud verkleideten Wänden, auf denen Wandgemälde nicht fehlen, einen recht netten Eindruck. Auch geben einige Münzfunde von dem Wohlstand ihrer Bewohner einen vorteilhaften Begriff. Fanden sich doch in einem und dem felben dörflichen Haus zu Batu- Harit( Theadelphia) ein Bronzefrug,

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Das Weiße im Schnee und in der Milch ist kein Farbstoff, sondern eine optische Wirkung, ebenso wie das Weiße im Schaum, im Zucker, in der Kreide. Fällt das Sonnenlicht auf eine Schnee­fläche, so werden die Lichtstrahlen von den zahlreichen Krystall­gebilden der einzelnen Schneeflocken reflektiert. Da in dem zurüd geworfenen Lichte teine Lichtart fehlt, so erscheint es in der gleichen Farbe wie das einfallende Licht, also weiß, und dieses weiße Licht giebt dem Schnee seine sogenannte weiße Farbe". Derselbe Bor­gang läßt auch die anderen Stoffe weiß erscheinen. Unter dem Mitroftop sehen wir in einem Tropfen Milch ein voll­ständig durchsichtiges, farbloses, flüssiges Fett in staubförmiger Verteilung in einer lichtdurchläffigen, wässerigen Flüssigkeit. Die weiße Färbung der Milch kommt erst in breiteren Schichten zustande, und zwar dadurch, daß die Lichtstrahlen infolge der ver­schiedenen Brechbarkeit des Fettes und der wässerigen Flüssigkeit in verschiedenen Richtungen abgelenkt und teilweise in den fugelförmigen Fetttröpfchen reflektiert werden. Bedingung für das Zustandekommen der Färbung" ist sonach eine haltbare, staubförmige Verteilung des Fettes in der wässerigen Flüssigkeit, d. h. ein Zustand, der als Emulsion bezeichnet wird. Für das Zustandekommen einer Emulsion ist neben den eigentlichen zu mischenden Medien noch ein Körper mit großem Quellungsvermögen, also ein Colloid, note wendig. In der Milch vermitteln die Eiweißtörper, vor allem das Casein, die Emulgierung des Fettes. In jedem Fett­tröpfchen entsteht nun durch das einfallende Licht gewisser­maßen ein Spiegelbild der Lichtquelle, und die unzähligen Spiegel­bilder oder Lichtpunkte geben der Milch die weiße Farbe". Bei dem Verdünnen der Milch mit Wasser wird die Emulsion durch die Vergrößerung des Abstandes der Fetttröpfchen zu einander stärker lichtdurchlässig, proportional mit dem Wasserzusaz; darauf läßt sich eine optische Methode zur Bestimmung des Fettgehaltes der Milch gründen ( Lactoskop, Piostop). Die Milch erscheint also um so weniger weiß