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Es wäre feiner gewesen, die Kritik nicht vorweg zu nehmen, und des Meeres, nicht die Dunftigkeit der Lufterscheinungen über dem gerade diese schnelle Behauptung macht eher einen ängstlichen, be- Wasser reizte ihn. Er fegte gern ein Schiff in dieses tofende Element, fürchtenden Eindruck, als einen sicheren. Bei zum großen Teil fo auf dem die Menschen wie Puppen durcheinanderpurzeln und mit fimplen Bildern den kgl. Hoheiten usw. schleunigst zu atteftieren, Todesangst starren; mit diesen äußerlichen Effekten operiert er. Es baß fie in wahrhaft großmütiger Weise die Schäße ihrer Schlösser ist keine Natur, die wir sehen, es ist eine Komposition, in alles hergegeben haben, erscheint lächerlich und sieht so aus, als wäre das gut und wirksam zu einander paßt. Vorwort nach einem üblichen Schema gearbeitet. Denn derlei ver- Wir sehen an diefen beiden Malern, wie lange es dauerte, bis züdten Dant stammelnde Worte left man leider häufig in unseren die Malerei endlich fähig wurde, unvoreingenommen zu sehen und, offiziellen Katalogen. Es erscheint auch als eine Kompromittierung der abfehend vom Effekt, den Kern ins Auge zu fassen. Auf das zünftigen Kunstwissenschaftler, wenn zugegeben wird, daß manche Künstler Malerische, auf Licht und Luft, auf die Farbe fommt es an. Die älteren Schlages durch diese schnell zusammengetragene Ausstellung schlechte, alte Tradition hielt die Geister noch lange in Banu, und in ein günstigeres Licht gerückt würden, die bis dahin von der Kunst- wir brauchen nur unsere Kunstausstellungen zu besuchen, um zu sehen, geschichte nur so obenhin behandelt wären. Man fragt sich, wozu wie sehr sie sie noch im Bann hält. Es ist darum ein schlechter bie Kunsthistoriker eigentlich da sind, wenn sie nicht einmal ihr Dienst, der der Kunst hier erwiesen wird. Zugunsten der rück­Material gründlich kennen. Es ließe sich noch manches über den ständigen Elemente wird hier ein Kampf geführt, der einer Agitation Ton des Vorworts fagen, z. B. über die verwischende Art, mit der den Ausländern" die heimischen Meister" entgegengestellt werden. Wir haben ganz andere" heimische Meister"! Kein Mensch hat auch die wirklich bedeutenden Meister" der Vergangenheit über die Achfel" angesehen, höchstens die, die immer gern ihr Mäntelchen nach dem Modewind drehen; ernsthafte Leute erkennen deren Kunst und ihre Bedeutung wohl an. Es schleichen fich aber unter diefer lokal­patriotischen Marke manche unfähigen Gesellen mit ein.

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ähnlich sieht. Die Vergangenheit wird nicht historisch begriffen, sondern den Lebenden noch als maßgebend hingestellt. So sollen die fortschrittlichen Elemente gefnebelt werden. Das patriotische Ge­fühl wird angeftachelt. Dennoch bleibt es ein Kampf mit uns zureichenden Waffen, und darum erscheint der ganze Aufwand nicht am Blaze.

Will man malerische Landschaften sehen, so gehe man unter den Melteren zu Karl Friedrich Lessing  . Dann Dreber, der Bödlin Preller und Achenbach stehen im Mittelpunkt der Ausstellung. bis ins Kleinste intim ist. Bei ihm beruht alles auf eigenstem beeinflußte, der in seinen großen Kompofitionen dennoch frei und Friedrich Preller   der Weltere hat mit seinen homerischen Land- Sehen, darum wirken seine Kompofitionen nicht arrangiert, nicht chaften genug Ruhm geerntet. Er starb im Jahre 1878. In effetthaschend, sondern natürlich. Von Amberg   ist ein feines jeder Kunstgeschichte wird sein Lob gesungen, obgleich wir, ohne Bildchen mit Rotokostimmung da, eine Gesellschaft im Grünen. Die etwas von dem historischen Nuhm aberkennen zu wollen, ruhig ein­gestehen können, daß uns diese Malerei nichts mehr sagt, weil sie Farbe ist abgefragt, dadurch erscheint das Laubwerk leicht und ver­eben zu wenig Malerei und zu sehr Erzählung ist. Der Katalog uns damals nicht alltägliche graziöse Weichheit der Töne aus. Im schwommen. Ueberhaupt zeichnet sich das Bildchen durch eine bei sucht auch hier eine Suggestion auszuüben und stempelt diese uns fremd gewordenen Bilder zu dem beharrenden Erbgut der deutschen guten Sinn deutsch   erscheint Thoma mit einem Abend im Tal", Nation", hält es für nötig, in überflüssiger Sentimentalität mitzu- Dann besonders Sperl, der Freund Leibls, deffen blühende Bäume in dem besonders die blühende Wiese im Grunde intim belebt ist. teilen, daß ihr Befizer fich nur schweren Herzens auf einige Monate so frisch und natürlich wirken, so leicht und fein erscheinen. Von davon trennte. Mittlerweile starb der Befizer, und der Katalog ruft Steinhausen, dem alten Frankfurter   Maler, fällt eine warme, ihm nun noch einen warmen Dant ins Grab" nach! Diefer intime Studie Nosenbusch" auf, die in leicht verschwimmenden familiär- sentimentale Betrieb der Kunstgeschichte, mit dem das Publikum Tönen sehr zart gemalt ist. Schönleber legt eine volle Probe durch Aeußerlichkeiten für Fernstehendes gewonnen werden soll, erscheint feines Könnens ab mit dem großen Bilde Enzwehr" von 1899, das unwürdig. Eine Büste Prellers schmückt den Saal; darüber befindet sich mit seinen großen, farbigen Gegensägen, feinem tiefwarmem Gea eine Inschrift Goethes, worin dieser ihm den Lorbeer zudiftiert, ein famtton von dauernder Wirkung ist. hatte. Wir sehen außer den homerischen Bildern Landschaften, bei stellung hätte arrangiert werden müssen. Die Linien der Entwicke Beweis, daß Preller nicht unter Mangel an Anerkennung zu leiden samtton von dauernder Wirkung ist. Die Aufzählung dieser Namen gibt an, wie eine solche Ausa denen wir konstatieren, daß Feuerbach und Böcklin   durch sie bestellung einflußt wurden. Die tanzenden Faune erinnern an Bödlin. Der lung sind damit angedeutet, und diese geht gerade dahin, die Großen oft graue, gleichmäßige Farbton des Ganzen läßt an Feuerbach kann dieses tendenziöse Arrangement nicht befriedigen. Es hätten Gerade den ehrlichen Historiker dieser Ausstellung zu negieren. denken. Preller ließ sich zuweilen von den Holländern, von Ruisdael   sich selbst aus der vergangenen Zeit beffere Bilder beibringen lassen, namentlich, beeinflussen. Er arbeitet viel mit Staffage. Seine die durch ihre Haltung gegen die Bose und Effekthascherei der noch Bäume( recht unnatürliche Bäume, mit dramatischem Atzent, mit immer offiziell über Gebühr verehrten Alten zu ihrer Zeit schont Zacken und Knorren und wüsten Westen) neben einem Sumpf, in Front machten. Ernst Schur. dem regelmäßig ein Vogel auf hohen Beinen ruhig steht, ergeben feine Landschaft, sondern stellen eine aus gegebenen Requisiten ge­ordnete Komposition dar. Wie natürlich, groß und farbig erscheinen dagegen die alten Holländer in ihren Landschaften! Man vergleiche die Bilder im Museum damit. Bei Preller erhält alles einen dramatischen Atzent. Selbst die Wolfen sind dramatisch wild geballt. Die Zeit war eben noch nicht reif zur großen Betrachtung der Natur. Sie erschien als dramatisch zu verwertendes Mittel. Noch mußte eine äußerliche Komposition mit dem inhaltslosen Reiz der einfachen" Natürlichkeit versöhnen. Durch den braumen Atelierton wird diese Künstlichkeit noch gesteigert. Jeder Mensch, der mit eigenen Augen sieht, fagt dem Maler, daß nie ein Baum so aussah, solche Farbe hatte. Nur in Einzelheiten merkt man intimeres Sehen. So auf dem wie ein altes, deutsches Bild anmutenden Landgraf Friedrich", das als Landschaft natürlich ist und sogar in seiner leichten Gestaltung Junge Mädchen in hellen, luftigen Kleidern, behäbige Herren der Baumgruppen mit den grauen Tönen im Grünen wie ein guter in weißen Westen mit baumelnden goldenen Uhrketten, jubelnde Kinder Thoma erscheint. Hier wird Preller wirklich Maler, bleibt nicht er- und stattliche Damen, die würdevoll auf und nieder schritten, die zählender Jllustrator. Immerhin wirft er noch groß gegenüber seinem Schleppen lässig in der Hand. Es war ein Gesumme in der weiten Sohn Friedrich Preller   d. J. Dieser wirkt direkt farblos( der Bahnhofshalle, ein Geschwirr von Stimmen, einige hundert Augen Katalog behauptet, er ginge mehr aufs Koloristische aus!) und hohl paare sahen ungeduldig nach der Stadt hin: Kommt er denn noch in der Komposition. Wohl weil er diesen Mangel spürte, spekulierte immer nicht, der Zug?" er auf Nebenwirkungen, malte z. B. auf hohem Felsen ein großes Kreuz mit einem betenden Hirten daneben, ein Bild, das so un­tünstlerisch ist, daß man nicht wagen sollte, es an die Deffentlichkeit zu bringen.d

Achenbach ist der zweite Kämpe. Andreas Achenbach  , der einst mit seiner Kunst die Zeit beherrschte, so daß es sprichwörtlich geworden ist, von einer Achenbachperiode zu sprechen. Achenbach ist also kein Verkannter, und es ist eine Leichtigkeit, einer Ausstellung diesen Mittelpimtt zu geben. Kritisches Urteil ist dazu gar nicht nötig. Eine Beitlang galt Achenbach als Realist. Der Katalog kolportiert diese Meinung weiter. Wenn man das hört, so sagt man sich nur, wie gräßlich müssen die Werke der Vorgänger gewesen sein, daß ein Achenbach als reinigendes Gewitter" erscheinen fonnte. Der Katalog unterschlägt die gegenwärtige Bewertung, die zugeben muß, daß diese Art Kunst so ist, daß uns wiederum ein reinigendes Gewitter notzutun scheint.( Dieses kam durch die modernen deutschen Landschafter.) Achenbach malte gern Waffer im Aufruhr, mit dramatischem Atzent. Aber sein Wasser ist gar kein Wasser. Es fehlt vollkommen die wässerige Atmosphäre. Er sah nur das Aeußerlich- Verwendbare. Ganz unfarbig wirken diefe Massen der durcheinanderstürzenden Wellen. Nicht die farbige Stimmung

Kleines feuilleton.

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er. Auf dem Perron. Grell und blendend lag das Sonnenlicht auf den Straßen, weiß vor Hige brannte der Himmel über den hohen Dächern. Eine dumpfe Schwüle lagerte über der Stadt, eine heiße, stickige Luft, die den Atem nahm und fast nur einen Wunsch auslösen tonnte:" Hinaus aus den engen Mauern, hinaus!" Wer es irgend vermochte, eilte, ins Freie.

Die große weitbogige Bahnhofshalle wimmelte von Menschen. Kopf an Kopf standen sie, trotzdem es ein Wochentag war, alles mit einander Leute, die es haben konnten".

Aber er fam noch nicht.

Noch fünfzehn Minuten," sagte irgend jemand.

" Ja, noch fünfzehn Minuten," wiederholte ein anderer resigniert, Dauert das lange!"

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,, Und hier ist es so heiß!"

" Ganz entsetzlich ist es hier!"

" Die Sonne prallt ja auch auf das Glasdach

erträglich."

,, Aber hier unten ist wenigstens Schatten."

"

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das ist ja un

Na, sonst wäre es auch faum zum aushalten. Sollte man hier etwa fünfzehn Minuten in der Sonne stehen?" Ach undenkbar!"

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" Die Sonne ist überhaupt entfeßlich!"

"

Wir haben sie ja auch bald hinter uns, noch eine halbe Stunde, dann sind wir im Wald und am Wasser."

" Dem Himmel sei Dank! Ich lege mich gleich in den aller tiefsten Schatten. Unter den Eichen am See ist es wundervoll tühi!" Und im Waldschlößchen sißt es sich herrlich; da kommt solch ein frischer würziger Duft aus dem Buchenschlag." " Ja, wenn wir bloß erst draußen wären, der Zug bleibt ja au lange!"