Montenegro hat sich ebenfalls einen Pavillon erbaut, aber in bescheideneren Dimensionen, in dem es ähnliche Produkte wie Serbien  ausstellt: Mineralien und Holzarten, Weine, Tabakfabrikate, Waffen und Trachten. Bulgarien   will anscheinend beide noch übertrumpfen. Es hat sich einen riesigen viereckigen Kasten erbaut. Womit es ihn füllen wird, weiß ich nicht. Man beginnt erst mit dem Einräumen. Kanada   ist glänzend auf der Lütticher   Ausstellung vertreten. Den von ihm errichteten großen, eine Bodenfläche von 17S0 Quadrat» meter bedeckenden Renaissancebau mit mächtigem viereckigen Portal- türm kann ich beim besten Willen, trotzdem ich ihn hier als eineoon- struction grandiose" rühmen hörte, nicht schön finden, jedenfalls paßt er in die zierliche Parkszenerie absolut nicht hinein, um so sehenswerter ist aber die Ausstellung, die er in sich birgt. Sie ist geradezu muster- hast arrangiert. Die Durchgänge sind breit und gestatten steien Ueberblick, die Ausstellungsobjekte sind, nach Fachgruppen geordnet, in großen hellen Seitennischen untergebracht, und jede Gruppe, meist sogar auch die einzelnen wichtigeren Erzeugnisse tragen ihre Be- Zeichnung in englischer und stanzösischer Sprache, gewöhnlich unter Hinzufügung des Namens der ausstellenden Firma, des Produktions- orteS, der erzeugten Menge usw. Jedem ist dadurch die Möglichkest geboten, sich sofort schnell und sicher zu orientteren. Dem Wirtschaft- lichen Charatter des Landes entsprechend, überwiegen bei weitem die Bodenprodukte: Getreide, Hülsen- nnd Oelfrüchte, teils roh, teils gemahlen oder zu Konserven und zum Genuß fertiger Präparate verarbeitet, ferner Holzarten auS den kanadischen Urwäldern. Bergwerksprodukte aus den kana- dischen Minen zc. Das Sehenswerteste ist jedoch die Obstausstellung, die auf der rings um die innere Halle herumlaufenden_ breiten Galerie untergebracht ist. Eine Fülle des schönsten Kernobstes, be- sonders prächtiger Aepfel   jetzt im Juni. Alles sieht so frisch auS, als wäre es eben vom Baum gepflückt; tatsächlich stammt es jedoch aus dem vorigen Jahr und ist in großen Gestierapparaten konser- diert worden. Und gleich neben dem rohen Obst sehen wir seine Verarbeitung zu Dörrobst, eingekochten Früchten, Gelöes, Frucht- konserven ic. Außerdem finden wir in den unteren Räumen noch eine Sammlung von Vierfüßlern, Vögeln und Fischen der kana- dischen Tierwelt, wie sie in gleicher Vollständigkeit kein zoologisches oder naturhistorisches Museum bieten dürfte, und eine Auswahl in Kanada   fabrizierter landwirtschaftlicher Maschinen. Noch vor zwei Jahrzehnten bezog Kanada   seine Maschinen und Geräte für den landwirtschaftlichen Betrieb fast ausschließlich aus den Vereinigten Staaten   und aus England. Seit- dem sind jedoch verschiedene Maschinenbauanstalten in Kanada   ent- standen, die sich speziell mit der Konstruktion landwirtschaftlicher Maschinen beschäftigen und in diesem Industriezweige, wie die in Lüttich   ausgestellten Exemplare beweisen, bereits Vortreffliches leisten. Die Kosten der Kolonialausstellung trägt Frankreich   allein. Der belgische Kongostaat und Niederländisch-Jndien haben eS nicht der Mühe wert erachtet, die Ausstellung zu beschicken. Vertreten sind nur die stanzöfischen Kolonien in Asien   und Afrika  , und zwar durch- weg mit einer reichlichen und sorgfälsigen Auswahl ihrer Produkte. Das prächtigste der Kolonialgebäude ist das geräumige.Palais d'Astique", ein am großen Teich des Jardin d'Acclimatatton gelegener stattlicher Pavillon im maurisch-marokkanischen Stil, wie es heißt, nach dem Modell einiger alten Moscheen der nördlichen Sahara   konstruiert, der in seinen Räumen die Ausstellung der Landeserzeugnisse Madagaskars  und der stanzöfischen Besitz migen am Kongo   aufgenommen hat: Gewürzproben. Wolle, Stroh- und Bastgeflechte, Mineralien und Hölzer, Elefantenzähne. Elfenbeinschnitzereien und Töpfergeschirre vom Kongo, Trachten und Waffen der madagassischen Howas und der Kongostämme. Kleiner, aber im Innern fast noch reicher auS« Sestattet ist der von langbärtigen Kabhlen bewachte.Algerische iavillou", ebenfalls im Moscheestil erbaut. AlleS, was Algerien  erzeugt und was von dort durch die stanzöfischen Handelsgesell- schasten nach Europa   ausgeführt wird, ist vertreten: Getreide, Wolle, Datteln und Feigen, Weine und Oele, Kork  , Tabakfabrikate usw. Diesem landwirtschaftlichen Teil schließt sich in einem mit Fächer- Palmen dekorierten Raum eine nicht minder interessante ethno- graphische Sammlung von Waffen, alten Geweben und Teppichen, einheimischen Messingarbeiten und Schmuckgegenständen an. Gegen« über-diesen beiden Ausstellungen tritt die tunesische und die in einer anamitischen Pagode untergebrachte indochinesische Ausstellung zurück, die ebenfalls in Bodenprodukten, vornehmlich schönen Hölzern besteht. Da an dem chinesischen Tempel noch gebaut wird, gehen wir nach dem Fragnöe-Biertel zurück, um den landwirtschaftlichen Teil der Ausstellung in Augenschein zu nehmen. Der Weg führt an dem Palast der schönen Künste und an dem nach dem Modell des alten 1497 zerstörten Lütticher   Rathauses erbauten Palast der alten Künste vorbei. Im erstgenannten Gebäude haben die Gemälde und Skulpturen der modernen Schulen, im zweiten die teils aus öffent- lichen Galerien, teils aus Privatbesitz   zusammengeholten Gemälde alter niederländischer Meister ein Unterkommen gefunden. Ueber sie zu referieren, halte ich mich nicht für befugt, und zudem würde selbst eine nur flüchttge Schilderung weit mehr Raum in Anspruch nehmen, als mir zur Verfügung steht. Besonders sehenswert ist die landwirffchaftliche Avteiluna der Lütticher   Ausstellung beute gerade noch nicht, und eS ist auch kaum anzunehmen, daß sie später Hervorragendes bieten wird. Im Park Von Cointe sollen zwar in den nächsten Monaten eine ganze Reihe von Blumen-, Gemüse-, Obst- und ForstauSstellungen stattfind«»» aber daß sie irgend welche Ueberraschungen bringen werden, ist nach den bisher bemerkbaren primitwen Vorkehrungen kaum zu erwarten. Vorläufig herrscht in der großen Halle, welche die Ausstellung«- leitung für die belgische landwirtschaftliche Ausstellung im Fragnöe- Viertel erbaut hat, noch jener Zustand, den die biblische Schöpfung«- sage mit dem Ausdruckwüst und leer" bezeichnet. Bon Ausstellung«- objekten ist außer einigen Plänen von Gartenanlagen und einigen großen Palmen noch nichts zu sehen. Die Bau- ttschler beherrschen noch völlig das Gebiet, und wer sich mit Reporterkühnheit in diese Region des Werdenden hinein« wagt, setzt sich der Gefahr aus, einige Püffe mit in Kauf nehmen zu müssen. Auch in dem für die landwirtschaftlichen Maschinen er­richteten offenen Seitengebäude sieht es noch recht trübselig au«. Einzelne belgische Firmen haben zwar schon ihre Lokomobilen� Pflüge, Dreschmaschinen hingestellt, doch irgend etwas, das sich übe» eine gute Mttelware erhebt, sucht man vergeben«. Der großen Ackerbauhalle gegenüber liegt der von den Lüttiche» Architetten Haffe und Soubre im Sttl eines alten Block-Forsthause« errichtete Pavillon für die forstwirtschaftliche Ausstellung kein S goßer, aber ein infolge seiner massiven Holzstruktur anheimelnder, ast kann man sagen gemütlicher Bau mit einer schönen Sammlung von Geweihen, Holzarten, ausgestopften Tieren der belgischen Wald« fauna und vier kleineren Dioramen, die einen Fuchs- und Dach«- hau, eine Wildsau mit Frischlingen und eine von Strandvögeln be- lebte Dünenpartie darstellen. Neben dem Pavillon hat man eine Art Forstgarten angelegt, eine Anpflanzung der in den belgischen Forste« heimischen Baumarten. Außer Belgien   hat auch Frankreich   eine geräumige Halle« seine Landwirtschast errichtet, die aber fast ausschließlich landwirt- schastliche Maschinen- und Gerätschaften enthält. Besonders reich» haltig sind die Meiereimaschinen vertteten, die man in allen Größen und Formen vorfindet, darunter die vorzüglichen Fabrikate der Firma A. Ganlin-PariS  , ferner Pflüge verschiedener Systeme, Um-- schaufler, Garbenbindemaschinen, Dreich- und Mahlmaschinen. Loko­mobile und Pettoleummotore für landwirffchaftliche Bettiebe, Frucht pressen, Gartengeräte usw. Die Erzeugniffe landwirtschaftlicher flroduktion hat man in die am Ourtheuser errichteteHalle» ebensmittel" verwiesen. Ihren vorderen Teil hat der französisch« Weinbau in Beschlag genommen. Zu hohen Pyramiden und hübschen Pavillons ausgetürmt, findet man hier ein große» Flaschenlager der auserlesensten Weinsorten, über deren Qualität« ich allerdings zu meinem Bedauern nichts zu bekunden vermag, d« sie nicht zum Ausschank gelangen und meine Mittel überdies nicht zu dergleichen lukullischen Genüssen ausreichen. Einige französisch« Weinfirmen haben zwar in geschäftlicher Spekulatton auf den durch das Anschauen der vielen gefüllten Flaschen gereizten Durst de» Besucher kleine Trinkhallen undfeuchte Ecken" eingerichtet, die recht flott aufgesucht werden; aber die dort zum Ausschank gelangend« Weine sind nur ordinäre Sorten für gewöhnliche Sterbliche, pro Glas 20-30 Centtmes. nichts für Hypothekenbankdirettoren od« kommerzienrätliche Banttotteure. An die Weinausstellung schließt sich eine reichhaltige Ausstellung von französischen   Liköre» Weinpreffen, Destillationsapparaten und sonfttgen für di« Likör- und Weinzubereitung benutzten Maschinen. ferner ein« Anzahl Modelle und Abbildung« großer Weinlager, unter ander« das große Modell der Lagerräume des Weinhandlersyndikats d« Champagne. Im mittleren Teil der Halle finde» wir als weiter« Proben der französischen   LebmSmittelproduktiou Getteide und Mühlenprodukte aller Art, Nudeln, Zucker, CakeS und Gebäck«, Schokoladen, Konfitüren, eingemachte Früchte usw., während d« hintere Teil zur Aufnahme der ftanzösischen Fischerei-Ausstellung besttmmt ist. Borläufig habe ich dort jedoch nicht« gefunden al« einige Taucheranzüge und Fischergeräte; das ander« soll erst noch kommen. Der Rundgang ist beendet, zur recht« Zeit; denn die Hall« werden geschloffen. Aus ihnen ergießt sich ein M«schensttom nach den zahlreichen Restaurants, während zugleich auS Lüttich   ein neuer Zufluß von Abonnenten erfolgt. Die Geschäfte find geschloffen worden, und die darin so lange festgehaltene junge Welt beiderlei Geschlechts gedentt den schönen Sommerabend zu bmutzen, um sich noch einige Stunden zu amüsieren. In d« Häusern am gegen- überliegenden Maasufer tauchen bereits einzelne Lichter auf. Auch in der Ausstellung entzünden sich die großen Bogenlampen, und jetzt ersttahlt der hohe Bohrturm der International« Bohrgesellschast im Glanz der an ihm angebrachten Glühlichter. Im Parkteil der Ausstellung wird es sttller, nur vor den Restaurants sitzt vergnü« schwatzend die Menge und trintt zu den klagenden Geigentonen und dem Gejauchzer der Tiroler ein GlasMumch" nach dem anderen. Um so heiteres Treiben entwickelt sich«n Wurstelprater. Aus allen Restaurants und Wemschanken er« klingt Musik und Gesang deuffche, ftanzöfische, italienische, spanische Lieder, alles bunt durcheinander, dazwischen daS Geklapper der Kastagnetten und die sehnsüchtigen Geigenklange der Zigeunerkapelle, immer wieder übertönt von dem ausHochbayern herüberbringenden tollen Gejodle. Auf der Maas   und Ourthe   lassm sich in den mit Lampions geschmückten Gondeln alte und lunge Liebespärchen umherfahrcu und fingen senttmenwle und patriolyche Lieder dazu. Ueberall Gesang und Lach«. Jung-Lütttch amüsiert i�' Heinrich Eunow,