Die Mutter ging mit der Käseschaufel auf ihn los, daßder rauchende weiße Brei ihm um die Ohren spritzte, als erin die Ferme trat, wo der große Kessel über dem Feuer stand,aber der Vater sagte:„Zum Geistlichen ist er verdorben. Die Junt sollen nichtherab von ihrem Berg."Und der Alte hatte reckst gehabt, der Berg hielt die Juntfest und sie ihn.Herrgott, der Alte, der Vater selig! Ein Zucken gingdurch Daniels Leib. Er war auf einmal wieder bei sich undsah, daß er die Korngasse hinunter und die Vaubanstraßehinausgelaufen war, ohne es zu wissen. Ein Umweg. Erwußte doch, wohin er wollte, wohin er mußte. Und erging hin.Daniel schritt weiter, die Hände in den Taschen. Vomstumpfen Münsterturm läuteten die Vesperglocken über derleeren Stadt.In der Judengasse begegneten Daniel Zuerst ein paarblauröckige Dragoner, die mit dem Stampfen ihrer schwerenTritte und mit dem Klirren von Säbel und Sporen einenLärm machten, daß die ganze Gasse davon widerhallte. Dannkam ein Geistlicher lang und schwarz, lautlos, mit der Soutanefast das Pflaster fegend. Und dann niemand mehr. DieHaustüren lagen fest im Schloß, die Fenster waren wie blind,so dickst hingen die Gardinen.Am Haustor Grosjeans funkelte das blanke Messing-schild mit der Aufschrift:„Der Goldadler. Feuerversicherungs-Gesellschaft. General-Vertreter für den Ober-Rhei» I. I. Grosjean."Unheimlich laut klang die Glocke in denr IveitläufigenGebäude, es war, als grinste die Fratze im Schlußstein desTorbogens wehleidig bei dem ungewohnten Geräusch. DanielsSchritte hallten im gewölbten Flur und scheuchten die Sperlingeauf. die im Hofgärtlein zwischen den Buchssträuchern undgelben Krokus geschrien hatten und nun zu den Holzlaubenhinauf flüchteten.Im zweiten Stockwerke lagen Grosjeans Bureau und dieWohnung. Als Daniel hinaufstieg, ging oben die Türe, dievon dem Treppenabsatz auf die Holzgalerie führte, und alser aus dem Halbdunkel des Stiegenhauses ins Helle trat, standeine schlanke, schwarze Gestalt vor ihm, die eben die Glastürezur Wohnung öffnete.„Fräulein Berthe, Verzeihung— Frau." stieß Danielüberrascht hervor und knüllte den Filzhut zusammen.Einen Augenblick hatte Berthe gestutzt, dann lief ein roterSchein über das zarte Gesicht.„Ihr, Herr Daniel, Herr-- Junt!"Auch sie hatte sich verbessert, und als er ihr die Handreichte, stumm, nnt einem heißen Blick, da ließ sie ihm ihrekalten Finger. Aber kaum hatten sie in seiner warmen,kräftigen Faust gelegen, so machte sich Berthe frei, murmelte:„Mein Vater ist da," wies mit einer scheuen, müden Be-wegung auf die Türe des Bureaus und ging hastig denKorridor hinunter.(Fortsetzung folgt.)(Nachdruck verboten.)Zur Sonnenfinsternisam so. Hucfuft.Wie uns die Astronomen versichern, wird am 30. August piinkt-lich um 1 Uhr 10 Minuten eine allmählich fortschreitende Verdunkelungder Sonne eintreten, die einen immer größer und größer werdendenTeil der Sonne verdeckt und um ViS Uhr soweit vorgeschritten ist,daß die Sonne nur noch als eine schmale Sichel erscheint, die wenigmehr als ein Dritteil der ganzen Sonnciischeibe ausmacht.Dann aber wird das Auslöschen des Sonnenlichtes, die Ver-dunkelung der Scheibe nicht weiter fortschreiten, sondern allmählichwieder abnehmen, und bald»ach Uhr. genau um 3 Uhr23 Minuten, wird die Sonne wieder in voller Klarheit am Himmelstehen und ihr Licht auf die Erde herabsenden.Wohl memand zweifelt, daß diese Erscheinung, die man einepartielle Sonnenfinsternis nennt, in der uns angekündigten Artund Weise programmäßig vor sich gehen wird, und wenn wir hören,daß in anderen Gegenden der Erde, weiter nach Süden hin, die Ver-dunkelung der Sonne eine größere sein, ja daß im südlichen Europaund im nördlichen Afrika das Sonnenlicht für einige Minuten voll-ständig ausgelöscht werden wird, so fällt eS auch wohl niemandein, irgend eilten Zweifel darein zu setzen. Während in früheren,barbarischen Zeiten das Eintreten einer Sonneltfinsternis vom Volkeals etwas Ungeheuerliches betrachtet wurde, eine Auslöschung dessegenspendenden Lichtes, von dem alles Leben auf der Erde abhängt,Furcht und Grauen erweckte, weiß heutzutage fast jeder, der auchnur einen sehr dürftigen Schulunterricht genossen hat, daßeS sich um ein Ereignis handelt, das in keiner Weise geeignetist. einen nachhaltigen Einfluß auf die Erde auszuüben. Wirwissen, daß die Sonne eine ungeheure Kugel ist, etwa 8/4 Millioneumal so groß als die Erde, und daß die Erde iit einer Entfernungvon 20 Millionen Meilen um diese glühende Gaskugel sich herum-bewegt. Um die Erde aber bewegt sich in nur dem 400. Teile dieserEntfernung ein anderes Gestirn, der Mond, der zwar scheinbar fastebenso groß ist wie die Sonne, dessen Größe aber in Wirklichkeitnoch nicht einmal den SO. Teil der Größe der Erde ausmacht. DieserMond nun ist ein duilkler Körper, der nur im erborgten Sonnenlichtschimmert, und deshalb auch, je nachdem er uns einen größeren oderkleineren Teil seiner beleuchteten Seite zuwendet, bald als Vollmond,bald als Viertelmond, oder auch als schmale Sichel oder gar nicht,als Neumond, erscheint. Zur Zeit deS Neumondes steht der Mondgerade zwischen Erde und Sonne, und wie alle beleuchteten Körperwirst er einen Schatten hinter sich. Die Länge seines Schatten?hängt von seiner Größe und der Entfernung von der Lichtquelle ab.Wenn nun der Mond in seiner Stellung zwischen Sonne und Erdesich befindet, kann sein Schatten die Erde treffen, und in demjenigenTeile, über welchen der Mondschatten hinzieht, wird also für kurzeZeit die Sonne verdunkelt.Würden die Bewegungen der Erde um die Sonne, des Mondesum die Erde in vollkommen regelmäßigen Kreisbahnen in derselbenEbene erfolgen, so müßte bei jedem Neumond eine totale Sonnen-finsternis eintreten. Die Bahnen der Gestirne sind aber nicht ganzkreisförmig, und außerdem ist die Ebene der Mondbahn gegen dieEbene der Erdbahn, die sogenannte Ekliptik, geneigt, so daß derSchatten des Mondes bald über, bald unter der ErbeJ hinzieht, undeine Sonnenfinsternis im Vergleich zur Altzahl der Neumonde eineverhältnismäßig seltene Erscheinung ist.Ueber die allgemeine Ursache der Finsternis, nämlich darüber.daß der Mond zwischen Erde und Sonne tritt und seinen Schattenauf die Erde wirst, die Sonne also den Erdbewohnern verdeckt, istsich heute fast jedermann klar; und in bezug auf die Berechnung derEinzelheiten verläßt man sich auf die Astronomen, deren Voraus-sagen sich ja stets bis auf Bruchteile von Sekunden genau erfüllen.Deshalb stehen wir heute einem solchen Ereignis ruhig, vielfachgeradezu teilnahnilos gegenüber. Wir betrachten es alseine zwar nicht alltägliche Erscheinung, aber doch alseine Erscheinung, die in ihrem Verlaufe erkannt und der Rechnungunterworfen ist und uns nicht mit Furcht und Sorgen zu erfüllenbraucht. In diesem Unterschiede den heimlichen Erscheinungen gegen-über zeigt sich ein gut Teil der erreichten Kulturhöhc. FrüherFurcht und Angst und Grausen, heute gleichsam ein Achselzucken unddie Bemerkung:„Der Mond zieht zwischen der Sonne und derErde vorbei". Wahrlich eine treffliche Illustration, wie die in derNatur wirkenden Kräfte vom Menschen erkannt und beherrscht werden,und dadurch alles Furchterregende verlieren.Auch an wissenschaftlichem Interesse, sollte man meinen, habendie Sonnenfinsternisse verloren, nachdem ihre Ursache vollständig erkanntist, ihr Verlauf bis auf Bruchteile von Sekunden vorher bestimmt undberechnet wird. Dem ist aber nicht ganz so, sondern in wissen-schaftlichen Kreisen wird dem Ereignis einer totalen Verfinsterungder Sonne noch immer ein derartig starkes Interesse entgegen-gebracht, daß von fast allen zivilisierten Staaten mit großen Geld-Mitteln Expeditionen»ach denjenigen Gegenden ausgerüstet werden,wo die Verfinsterung eine totale rst. Die Linie der Totalität ziehtsich diesmal vom nördlichen Spanien über die Insel Mallorka nachAlgier, Aegypten und Arabien hin, und nicht nur spanische, sondernauch italienische, französische, englische, deutsche und amerikanischeForscher weilen seit einigen Wochen in jenen Gegenden, um alle Bor-bereitungen zur Beobachtung des Ereignisses, dessen Dauer nur wenigeMinuten beträgt, zu tteffen. Es müssen also doch wohl während derwenigen Minuten der totalen Verdunkelung der Sonne merkwürdigeDinge an ihr zu sehen seilt, deren genauere Erforschung geeignet er-scheint, uns weiteren Aufschluß über die Natur der Sonne selbst zugeben.In der Geschichte der Sonnenfinsternisse ist bedeutsam dieFinsternis vom 8. Juli 1842. Dainals bemerkten zuerst mehrereBeobachter an verschiedenen Orten, daß während- der Totalität(Dauer der vollen Verdunkelui.g) scheinbar am Rande der dunkelenMondscheibe zwei oder drei rötlich gefärbte Hervorragungen sichtbarwurden; ein Beobachter verglich sie mit zackigen Bergen, ein andrermit geröteten Eismassen, wieder andere mit gezahnten roten Flam-mcn. Spätere Beobachtungen von Sonnenfinsternissen ergaben.daß diese sogenannten Protuberanzen nicht dem Monde,sondern ganz unzweifelhaft der Sonne angehören. IhreBeobachtung und nähere Erforschung wurde in der Folge eine derHauptaufgaben der Astronomen bei Sonnenfinsternissen. Zufolge' derSpektralanalyse— dieselbe wurde 1860 von Kirchhoff und Bimsenerfunden— nahmen die Anschauungen über die Natur der Sonnefeste Gestalt an; die Sonne erschien als eine glühende, feurig«flüssige Masse, über deren Oberfläche, der leuchtenden Photo-s p h ä r e, sich eine an Dichte und Helligkeit beständig abnehmende,gasige Atmosphäre aus verschiedenen Dämpfen erhebt. Die untersteSchicht dieser gasigen Atmosphäre bildet die sogenannte Chjromo-s p h ä r e, aus welcher die Protuberanzen, die mit Hülfe der Spektral-aualyse im wesentlichen als glühender Wasserstoff erkannt wurden,hervorzubrechen scheinen. Die Geschwindigkeiten, mit welcher diese