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und in der Rässtube überm Sof drüben der Melfer. Die 1 Tür, die auf den Flur führte, war nur angelehnt.

Er horchte, aber nichts regte sich, kein Geräusch, nichts war zu spüren; auch kein Qualm. Jenseits der Treppe lief das Gelaß zwischen den Wänden bis zu den hinteren Kammern. Nichts. Er stemmte die Ellbogen auf die Kniee und legte den Kopf zwischen die gespreizten Hände. Auf seiner Stirn stand ein feuchter Schweiß, der ihm an den Fingern kleben blieb.

Er hatte Feuer gelegt an das alte Haus. Ein dumpfer, heißer Schwall stieg ihm aus der Brust in die Kehle. Wie Blut. Trocken quoll ihm die Zunge hinter den Zähnen. Keine zehntausend Franken war die Barade wert mit ihrer einzigen Stube und der Küche im Erdgeschoß, den paar Schlaffammern und dem großen Saal im Oberstock. Und die Ferme, die Käserei, die war ein leeres Dach über einem Backsteinboden, der Stall ein Bretterverschlag, an dem er gezimmert hatte seit Jahr und Tag. Morsch alles, schlecht im Gemäuer und faul im Holz. Und irgendwo saß nun der Brand darin. Ein paar Kommoden, ein paar Kästen voll Wäsche, ein Dutzend Betten, und das war nußtrocken von der Mutter her er stöhnte leise. Aber wenn's ihn die rechte Hand dazu gekostet hätte, er hätt' es getan. Die da unten in La Motte, die hatten ihm die Gedanken angeblasen, bis Rauch kam und aus dem Rauch die roten Funken sprangen. Er atmete schwer, hastig zog die gepreßte Brust den Atem ein, und da, er fuhr empor, er hielt die Bettkissen gepackt, wie etwas Lebendiges, da roch er den Brand.

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Das Herz schlug ihm dumpf gegen die Rippen. Er tappte vom Bett weg mitten in die Kammer. Immer noch fein Knistern, nichts, gar nichts, nur ein schleichender, den Wänden nachkriechender Geruch. Er schmeckte ihn auf der Zunge. Unter dem Bett standen ein Paar Schaftstiefel. Er bückte sich danach, da schwoll der Brandgeruch stärker zu ihm empor. Wenn er jezt Fürio rief, war es noch Zeit. Fast ohne es zu wissen, war er tastend in die Schuhe gefahren und horch jetzt war draußen ein Trippeln, ein Scharren zwischen den Wänden, unter den Dielen, ein leises Pfeifen, ein Huschen und Hasten - die Mäuse fuhren durchs Haus. Und dann auf einmal unten ein Poltern und danach ein Knistern und Knacken, ein Schnarchen und Schlürfen, ein Säuseln, das aus den Wänden tam und dazwischen ein lautes Schmatzen und Schnalzen, jetzt ein Feuerschein, und nun wälzte es sich braun herein, Qualm und Rauch, es brannte.

Er stürzte zur Türe. Da rief's in der Kammer nebenan. Das war das Kind.

Batterle!"

Das Kind, das zuerst. In diesem Augenblick wußte er gar nicht mehr, daß er den Brand selbst gestiftet hatte. Er riß die Tür auf und lief über den verqualmten Gang.

die

,, Catherine, Catherine, Fürio, es brennt!" schrie er Bodentreppe hinauf und stürzte zu Floflos Tür. Der Mond lag in der Kammer, und das Kind stand auf recht in seinem Bett im weißen Hemd.

Er warf die Decke um das Kind und riß es auf den Arm. Und da kreischte auch schon oben die Magd. Ein zuckender Feuer­schein, ein Schlag, wie wenn das Pulver die Felsen sprengt, laut brüllte plötzlich die durchgebrochene Brunst.

Batterle, Batterle, die Erdwibele tanzen, die Schrazen tommen!"

Die fühlen, mageren Arme lagen um seinen Hals, er stürzte zur Treppe. Da rannte ihm die Catherine blind in den Weg.

,, Daniel, Herr Daniel!"

Sie klammerte sich an ihn. Mach zu!"

Ein Stoß mit dem Knie warf sie köpflings die verqualmte Stiege hinab. Und nun heulte im Hof der Hund, ununter­brochen, grauſenerweckende Töne quollen aus seinem Rachen. An der Flurwand blätterte das Getäfel, die Stiege fing Feuer. Daniel riß die Magd mit der einen Hand empor, als er unten anfam und zerrte dann an den Riegeln. Schon feuchte die erstickende Lunge, das Kind wimmerte, da sprang des Schloß, sie taumelten ins Freie.

" Da, Catherine, das Kind. Fort mit ihm in die nächste Ferme.

Er reichte ihr Floflo und rannte zum Stall. Der Sepple fam schlaftrunken vom Heuboden herab. Im Dunkel prallten fie aneinander. Aber jetzt zuckte es rot über sie hin. Und ba schrie auch drüben der Melker Fürio"," Fürio" gellte die Catherine in die Nacht hinaus.

Das Roß aus dem Stall!"

" 1

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Daniel pacte den Joli an der Mähne, aber an der Türe warf sich der Gaul schnaubend zurück. In seinen entsetzten Augen spiegelte sich die Glut, er wieherte und drängte zurüc in den dunklen Stall. Der Knecht griff zu, sie rissen, sie stießen ihn, der Daniel schlug ihm die Hände über die Augen, jetzt war er über der Schwelle. Aber da donnerte hinter ihnen der Grund von stampfenden Hufen.

" Jesus Maria, das Vieh kommt," schrie die Catherine, die noch kein Bein zur Flucht gefunden hatte und mit dem Kind am Hag hockte.

Die Leitfuh voran, kamen die geängstigten Tiere mit dumpfem Brüllen und schlagenden Flanken über die Weide. Die Schellenbänder tönten, die Augen glänzten im Feuerschein. Sie kamen, prallten an der Stalltür zurück und raften wieder davon, die Stangen krachten, hinter ihnen splitterte der Hag. und der Joli stieß ein Wiehern aus, das klang wie ein Todes­schrei, riß sich los und jagte hinterdrein.

Hart vorüber an der Magd ging ihr Weg, und die stürzende Querstange traf fie auf den Kopf, daß sie mit einem Seufzer das Kind aus den Armen ließ und auf den Boden schlug. Daniel rief dem Melfer zu, die Melkeimer aus der Ferme zu holen, und der Sepple half ihm, den kleineren Kupferkessel ins Freie schleppen. Bengel drauf los, was Du magst," schrie er ihm zu und drückte ihm den Feuerhaken in die Hand.

Und der Sepple schlug auf das Erz, daß ein dröhnender Hall wie Glockengetön über die aufgeschreckte Weide fuhr. In den Fermen wurde es lebendig, Lichter gaufelten, weiter und weiter Klang von einer Melferei zur anderen der Notruf der Melker, das volle donnernde Echo der Kupfernen Kessel. ( Fortsetzung folgt.)

Die Winterquartiere

( Nachdrud verboten.)

unferer Zugvögel.

Schon in der letzten Hälfte des Juli, wenn der Wind noch durch reifende Aehren rauscht, regt sich bei vielen Arten unserer heimischen Vögel der Wandertrieb, obwohl der Tisch noch reich­lich für sie gedeckt ist, und die herbstlich rauhen Tage noch in ziemlich weiter Ferne sind. Anfang August beginnt im allgemeinen der Herbstwanderflug aus den nördlichen Breiten. Die Turm­schwalben eröffnen den Reigen, ihnen folgen in mehr oder minder größerem Abstand die Uferschilffänger, die Kudude, die Pirole, die Störche, die Blaukehlchen, Nachtigallen, Grasmüden, Fliegenfänger u. a. Jm September und Ottober erreicht der Flug nach dem Süden seinen Höhepunkt. Wohin geht die Reise? Bisher hat man auf diese Frage ebenso wenig eine bestimmte Antwort geben fönnen, wie auf die bielumstrittene der Höhe und Schnelligkeit der Wanderschaft durch die Luft. Unzweifelhaft überwintern nicht wenige von unseren ge­fiederten Frühjahrs- und Sommergästen in den Tälern der Schweiz  , in Italien  , Südfrankreich   und Spanien  , aber die weit überwiegende Mehrzahl sucht doch ihre Winterquartiere in Afrika  . Es darf als ziemlich sicher gelten, daß im Herbste über das Mittelmeer   mehr Bugflögel fliegen, als über irgend eine andere große Wasserfläche

der Welt.

Brehm nennt in seinem Buche Das Leben der Vögel" Aegypten eine der wichtigsten Herbergen für den vom Norden einwandernden Bugvogel. Hier finde er einen Platz, wie er sich ihn nur wünschen fönne: schroffe, steile und öde Gebirge, welche sich an blühenden, be­bauten und bewaldeten Ebenen dahinziehen, lachende von sandigen brennenden Ebenen begrenzte Fluren, den mächtigen Nil mit seinen unzähligen Kanälen und die Küste des Mittelmeeres mit ihren Seen und Sümpfen, die vom Meere aus überflutet und vom Nil mit füßem Wasser versehen werden. Es habe den Anschein, fügt Brehm aus eigener Beobachtung hinzu, als ob alle Vögel der Erde sich hier ein Stelldichein gegeben hätten; die Menge zu schäzen halte er für unmöglich. Leider läßt jedoch dieser Zufluchtsort für unsere fleinen Afrikareisenden an Sicherheit schon viel zu wünschen übrig, seitdem alljährlich erholungsbedürftige Fremde zu Tausenden den Winter in Aegypten   verbringen, denn unter ihnen gibt es nur zu viele, die sich mit der Büchse in der Hand die Zeit vertreiben. Vor wenigen Jahren veröffentlichte Dr. Quinet in der Beitschrift Ornis", dem Organe des internationalen ornithologischen Ausschusses, einen Auf satz über die Vögel Aegyptens  , worin es unter anderem heißt, durch die fremden Jäger sei das Niltal für die Vögel ebenso gefährlich ge= worden, wie Italien  , wo bekanntlich Jahr für Jahr zur Beit des Herbstwanderfluges ungezählte Tausende der südländischen Vernich tungswut zum Opfer fallen. Von der Mündung bis zu den Kata­ratten gäbe es kaum noch einen Fled, der nicht von den Schüssen der Nimrode aus aller Herren Länder widerhalle.

Quinet hielt sich im Winter 1902 in Unter- Aegypten nur zu dem Zweck auf, das dortige Vogelleben zu studieren und lernte aus eigener