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verfünden. Vielmehr hieß die Lofung: Befreiung, Losbindung aller Kräfte nicht neue Sajranten. Und an diesem Grundsatz hat Conrad festgehalten troh großer Geldopfer und troß aller maßlosen Angriffe, Berlästerungen und Schmähungen, die unausgesetzt von allen Seiten auf ihn herabfielen. Die Zeitschrift erhielt sich. Sie beherrschte tatsächlich alles, was Kunst und Dichtung hieß. Alle, die heute literarischen Ruf und Namen besitzen, sind in der Gesellschaft" flügge geworden. Und es soll jeht einmal öffentlich ausgesprochen werden: Nicht von Berlin ist die jüngstdeutsche Literaturbewegung ausgegangen, wo ja damals keinerlei künstlerisches Leben vorhanden war, sondern von München . Und nicht erst seit Begründung der Berliner Freien Bühne", datiert die Moderne", sondern seit Bestehen der Conradschen Gesellschaft"( 1885). Das Werdienst, der Heerrufer der neuen Literatur gewesen zu sein, wird Conrad keine noch so eifrige Tatsachenverdrehung zu schmälern vermögen. Hand in Hand mit seiner Wirksamkeit als Reformator ging seine reiche Betätigung als Novellist und Romanzier großen modernen Stils. Mögen diesen Schöpfungen auch mancherlei bedenkliche Künstlerische Mängel anhaften. Eins ist aber gewiß: sie alle sind einer eigenartigen Persönlichkeit entsprungen, der zur vollkommenen Abrundung bloß noch eine fonsequente, in sich gefestigte, politische und soziale Betennerschaft fehlt.
Seines Teils an der Erziehung des Volkes zur Kunst beharrlich mitzuwirken und die Errungenschaften der geistigen Kulturarbeit in die Massen zu tragen, ist Conrad als Redner stets bemüht gewesen. Und so darf er denn auf sich seine eigenen Worte anwenden: Umsonst hat leiner gelebt, der der Liebe zur Kunst und zur Heimat seine Seele geopfert!" Ernst Krcowski.
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Der Schwan.
( Nachdrud verboten.)
Die milderen Frühlingslüfte haben die Seen und Teiche wieder mit Schwänen bevölferf. Nicht nur die Schwäne, die bei uns überwintern, verlassen die Hütten, die man ihnen für die falte Jahres. zeit errichtet, sondern auch aus dem Süden lehren diefe Vögel heim. Im Norden Deutschlands , insbesondere an der Ostsee , ist's dann ein Fest für Alt und Jung, denn die Schwäne bringen den Frühling mit. Der greise Dichter L. Paffarge schildert uns in seinen Erinnerungen„ Ein oftpreußisches Jugendleben" diese Ankunft der Schwäne, die zu vielen Hunderten auf der Wanderung nach Norden dort Nast machen und die Luft mit ihrens weitberühmten Gesange erfüllen. " In Wahrheit", so erzählt er, ist er gellend und weder melodisch noch schön; aber sie haben nun einmal den Ruf des poetischen Tönens für sich, und es wäre verwegen, ihn schmälern zu tvollen." Um diese Zeit wird dann, besonders an der Offsee, auf Schwäne gejagt. Der Jäger fucht, möglichst unbemerkt, fich den Tieren zu nähern, und schließlich, auf dem Bauche Kriechend, wie ein Seehund, ihnen in Schußweite zu fommen. Die Jagd auf Schwäne ist nicht bloß an fich schwierig, da sie angeblich Wachen ausstellen und sehr scheu sind, fie hat auch das Eigentümliche, daß selbst ein von einer Stugel getroffenes Zier oft ruhig auffliegt. Die Schwanenbrust und das ganze Federkleid bilden nämlich einen festen Panzer, von dem die Kugel abprallt. Der Schwan wird bestimmt nur erlegt, wenn die Kugel ihm durch den Hals geht. Der Schüße muß also sehr sicher sein oder Glüd haben. Da die Echivane meist in großer Schar nebeneinander auf den Blänken schwimmen, erblickt der auf dem Bauch liegende Jäger nur ihre hochragenden Hälse; das Zielen wird ihm aber durch seine Lage sehr erschwert, und er schießt zu meist aufs Geratewohl in die Hälse hinein.
Außer an der Ostsee wird den Schwänen wohl bei uns in Deutschland nur wenig nachgestellt, mehr in den nordischen Gegenden. Auf den dänischen Inseln jagt man sie insbesondere während der Mauser; von Jakobi bis Bartholomäi( 25. Juli bis 24. August), wenn sie nicht fliegen können, sucht man sie in den Brutteiden auf und erschlägt sie mit Stöden oder sucht sie auch lebendig zu fangen, um sie zu schlachten.
Erstaunlich erscheint die Größe einer solchen Schwanenleiche. An den Füßen aufgehängt meffen manche Schwäne bis zum Stopf unten zwei Meter und darüber, doch ist der Schwanenbraten an sich faum so groß, als der unserer Gans. Auch schon bei den alten Stulturbölfern war Schwanenfleisch beliebt, und in der Zeit der römischen Kaiser, wo die Kochlünstler auf die ungewöhnlichsten Gerichte verfielen, gehörte es vielfach zu den gesuchtesten Delikatessen der römischen Feinschmeder.
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die in ihren durch Stroh verdichteten Schwanenhäuschen ganz gut den deutschen Winter zu ertragen pflegen.
Von den merkwürdigen Wadersprüchen im Wesen des Schwans fündet uns schon ein altes Kinderrätsel, das lautet: es schwimmt im Waffer und ist doch kein Fisch, es trägt im heißesten Sommer einen weißen Bela, es ist ein Vogel und fliegt doch nicht davon, und es singt, wenn es traurig ist.
Kein Wunder, daß dieser merkwürdige Vogel, der uns noch dazu durch seine Schönheit auffällt, von den Dichtern nicht un beachtet blieb. In den ältesten poetischen Denkmalen, den Sagen der alten Völker, spielte der Schwan bereits eine Rolle. Bei den alten Griechen galt der Schwan als der heilige Vogel des Apollo, von dem er selbst die Gabe der Weissagung empfangen haben sollte. Kyknos, der König der Lydier, wurde der Sage nach infolge des Kummers über den Fall seines Verwandten Phaeton in einen Schivan verwandelt und sang noch im Tode Klagelieber. Ebenfo sollen im mythischen Hesperien am Eridanus die Schwäne ihren Tod durch schönen lagenden Gesang voraus verkündigt haben, das her denn Homer und Aeschylos vom Schwanengesang sprechen, der als Roblied des Apollo galt.
In der Tat vermag der sogenannte Singfchwan, der freilich in unseren Gegenden nicht vorkommt, sondern nur in Nordeuropa , Nordasien und Nordamerika lebt, im Winter bis Nordafrika geht, und nur im November und im Februar und März Deutschland durchfliegt, mit seiner ganz eigentümlich gebauten Luftröhre sonore, volle und weiche Töne hervorzubringen, die aus der Ferne wie Posaunen und Gloden flingen, und selbst sein Todesröcheln soll nocy Ilang voll sein.
Dies mag nun zu der Sage Veranlassung gegeben haben, daß der sterbende Schwan ein Lied ertönen läßt, weshalb man denn den letzten Sang eines Dichters sprichwörtlich seinen Schwanen gefang nennt. Schon im Altertum galt auch der Schwan als ein glückvers heißender Bogel, in dessen Anblick insbesondere die Fischer ein günstiges Omen gewahrten.
Eine vielfache Bedeutung wird dem Schwan in der germanischen Whihologie zugesprochen, wo der Schwan in engster Beziehung zu den in Luft und Wasser waltenden Lichtgottheiten stand, und wo ihm die Straft der Weissagung beigemessen wurde. Dann wieder gilt in manchen Gegenden Deutschlands , wie zum Beispiel auf Rügen , der Schwan als Bringer des Kindersegens. In anderen Gegenden aber ist er wie die Gans, Ente, Eisvogel der Bote des Endes der regnerischen winterlichen Jahreszeit. Stirbt der Schwan, so lehrt die Sonne, der Frühling, der junge Held zurüd. Stommt der Held von dem Schwan gezogen zu dem schönen Mädchen, so darf ihn niemand fragen, woher er fommt, der Schwan würde ihn senst in das Reich des Todes zurückführen.
Dies führt uns zu der ursprünglich niederrheinischen Sage von dem Schivanenritter, der auf einem von einem Schwan ge= 30genen Kahn aus unbekanntem. Lande kommt, eine Fürstentochter bon einem ihr verhaßten Bewerber errettet und sich mit ihr vermählt, dann fie aber berlassen muß, weil sie ungeachtet seines Ver. bots sich nach seiner Abstammung erfundigt hat. Die Sage hat vielfache Verwendung in der Poesie gefunden und tritt in mannigfacher Wandlung auf.
Die nordische Mythologie erzählt uns auch endlich noch von Schwanenjungfrauen, jenen Waltüren, welche die Fähigkeit befigen, Schivanengestalt anzunehmen. Aber nicht nur die Walküren , aud andere göttliche Wesen pflegen in der nordischen Mythologie Schwanengestalt anzunehmen, und der Mythos des Schwanes ist so werden hier so, dort so erzählt, hier auf diesen Helden, dort auf bielseitig, die einzelnen Cagen laufen immer wieder ineinander, jenen bezogen, daß man, um alle diese Sagen völlig zu erschöpfen, Bücher füllen könnte.
Es ist keine Frage, daß das stille, mar möchte sagen geheimnis volle Wesen dieses Vogels, die vornehme Ruhe mit der er, am liebsten über stille Wasser, dahingleitet, das flüsternde Schweigen der baumumrauschten Gewässer, die ihm zum Aufenthalt dienen, dieser reichen Mythenbildung Vorschub leisteten.
Aber auch ohne diesen reichen Sagenschatz des Schwanes ist dieser Vogel eigenartig genug, seine Lebensweise in mancherlei Beziehung lehrreich und schön.
Der Schwan gehört zunächst zu den genügsamsten Tieren. Die Schwäne fuchen sich ihre Nahrung, indem sie den langen Hals in die Tiefen des Waffers hinabsenken, was" gründeln", auf den Grund gehen, genannt wird. So pflücken sie sich Wasserpflanzen, holen sich aus dem Schlamme Kerbtiere, Würmer und Larven. Die Fischchen dagegen sind vor ihnen sicher, ja die Schwäne können sogar gewissermaßen als deren Beschüber betrachtet werden, denn sie halter Reiher und andere Fischräuber fern, und in Fischteichen werden Schwananfiedelungen auch aus dem Grunde schon gern gesehen und begünstigt, weil sie das leberwuchern der zahlreichen schlingartigen
Aber auch in Deutschland zählten die Schwäne, bevor man sie gezähmt als Haustiere hielt, zu den Delikatessen. Allein schon zu den Zeiten Karls des Großen hielten sich die Vornehmen gezähmte Bierschwäne auf den Zeichen, nicht nur weil die schönen weißen Vögel eine wirkliche Zierde der Teiche und Seen bilden, sondern auch weil ihre Federn, die man ihnen ausrupfte, von Wasserpflanzen verhindern. Rittern und Rittersfrauen als Helm- und Hutschmuck geschäßt Rührend ist das Verhältnis eines Schwanenpaares. Wenn wurden. Auch heute wird von vielen den Schwänen weniger wegen im Frühling die sonst geselligen Schwäne nach Paaren sich getrennt des Fleisches nachgestellt, als wegen der mit den Federn gegerbten haben, und jedes Pärchen einen bestimmten Bezirk des WasserHäute, die ein fostbares Belzivert geben, den Schwanpelz oder gebietes sich gesucht hat, dessen Grenzen fie eifersüchtig bewachen, Schwan , der freilich auch vielfach imitiert wird. dann ist das Schwanenpaar unzertrennlich. Kommt es durch irgend einen Zufall einmal vor, daß eines von den beiden Tieren sich außerhalb der Gesichtsweite des anderen aufhält, so sind beide in höchster Unruhe. Während der Brütezeit, die 36 Tage währt, trägt der Schwan der Schwanin ihre Nahrung zu und ist von einer Ge