Andere hervorragende Arbeiten Boltzmanns liegen auf dem Gebiet der Wärmetheorie, speziell hat er die Gesetze der Wärme- strahlung erforscht. Im Zusammenhang mit diesen Arbeiten stehen die über die kinetische Gastheorie. Nach der allgemeinen Anschauung der modernen Physik und Chemie bestehen alle Körper aus kleinsten Teilchen, Molekülen, die durch leere Zwischenräume voneinander getrennt und in beständiger Bewegung sind. Bei den festen Körpern sind diese Moleküle an bestimmte Gleichgewichts- lagen gebunden, um welche sie herumpendeln, bei den Flüssigkeiten ändern sie allmählich ihren Platz, während sie bei den gasförmigen Körpern in fortwährender starker Bewegung sind, wobei sie be- ständig an andere Orte gelangen. Man könnte eine Flüssigkeit etwa mit einem Haufen aufeinander geworfener und durcheinander krabbelnder Maikäfer vergleichen, während der Zustand eines Gases einem Mückenschwarm, dessen einzelne Tiere beständig an andere Stellen kommen, entsprechen würde. Von dieser Anschauung aus- gehend ist man zu einer fast lückenlosen Darstellung der vielen Er- scheinungen gelangt, welche die Gase uns darbieten, und die all- seitigc Durchbildung dieser kinetischen Theorie der Gase gehört mit zu den hervorragendsten Verdiensten Boltzmanns. Man erkennt ohne weiteres, daß diese Gastheorie sich in engem Zusammenhang mit der Anschauung von der atomistischen Zu- sammcnsctzung der ganzen Welt befindet. Nach dieser Anschauung besteht alles, auch noch die Moleküle, aus kleinsten unteilbaren Teilchen, den Atomen, und der Anschein einer zusammenhängenden Masse wird dadurch hervorgebracht, daß die Zwischenräume zwischen den einzelnen Molekülen und Atomen so außerordentlich klein sind, daß wir sie mit unseren Sinnesorganen nicht wahrnehmen können. Diese Anschauung, die fast ein Jahrhundert lang so unbestrittene Geltung hatte, daß sie vielfach für absolute Wahrheit galt, für vollkommen dem wirklichen Zustand der Dinge entsprechend, ist aber auch nur eine Hypothese, eine bestimmte Art der Anschauung zur zusammenfaffenden Erklärung der physikalischen und chemi- schen Erscheinungen. In neuester Zeit sind mehrfach Versuche auf- getaucht, eine solche Zusammenfassung von anderen Gesichtspunkten aus zu unternehmen, die atomistische Anschauung also zu über- winden und überflüssig zu machen. So wenig sich gegen solche Versuche an sich etwas einwenden läßt und so sehr es möglich ist, daß auch die atomistische Hypothese wie jede andere einmal im Verlauf der Entwickelung der Wissenschaft durch neue Anschauungen wird ersetzt werden müssen, so wenig ist doch bisher irgend ein anderes Anschauungsbild, das den Stoff als etwas Zusammen- hängendes auffaßt, bereits imstande, uns über den Zusammen- hang der Naturerscheinungen aufzuklären. Neuere Versuche dieser Art hat Boltzmann   in seinen letzten Lebensjahren kritisch beleuchtet und ihre Unzulänglichkeit gegenüber der atomistischen Anschauung nachgewiesen. Noch muß diese allein und vielleicht auf lange Zeit noch die Naturwissenschaften beherrschen; freilich darf man ihre hypothetische Natur nicht vergessen, man muß sich klar darüber sein, daß auch sie uns nicht unbedingte Wahrt gibt, sondern nur ein uns bequemes Anschauungsbild des Wirtlichen, das vielleicht einmal durch ein anderes ersetzt werden muß, denn«alles Ver- gängliche ist nur ein Gleichnis".,_.t P. Borchardt. Kleines Feuilleton. er. Die Waldpartie.«Da hätten wir ja den Wald!" rief Herr Heinzelmann.Ich Hab' es ja gleich gesagt, zwanzig Mnuten höchstens, dann find wir dal" Die hat aber der Fuchs gemessen." Frau Heinzelmann warf ihrem Gatten einen bösen Blick zu.«Und immer durch die Felder bei die Hitze." Ach, Frau Heinzelmann, lassen Se doch, nu is't auch jrade schön, seh'n Se mal, wie de Eichen da zwischen de Nadelbäume stehen, und solche frische, reine Lust, wie hier is, des is doch mal was anders." Franz Lehmann, der etwas hinter den andern hergekommen, warf einen ganz begeisterten Blick auf die grüne Einsamkeit, die sonnendurchleuchtet vor ihnen lag. Dann drehte er sich um zu seiner Braut, die langsam hinterher- trottete:Was, Miezekin, hier is et doch schön?" Miezekin" schien nicht derselben Ansicht; sie machte fast ein ebenso übellauniges Gesicht wie ihre dicke Mutter:.Ja, ick weeß nich, wat wollen wir denn nu eijentlich hier?" Det weeß Vater und Franz wahrscheinlich selber nich," sagte Frau Heinzelmann wütend;schwitzen woll'n wir." Ach Jott, nu laßt doch dis Jequassel." Herr Heinzelmann drehte sich zw g um:Jn'n Wald woll'n wir sehn. Ihr habt ja selber immer in'n Wald jewollt." «Ja, un BlumeckenS pflücken un de Vögel singen hören, was Miezekin?" Franz Lehmann zog den Arm seiner Braut in den seinen. Miezekin fuhr aber fort zu schmollen:»Ja, in'n Wald aber doch nich m sonen" .Erlaub' mal, so'n Wald? Des is'n sehr schöner Wald hier, des is der schönste Teil von'n Jrunewald, den wir haben." Franz wurde ärgerlich. «Hier komm'« wir an de Havel, verstehste?" schrie Herr Heinzelmann. Frau Heinzelmann sagte:Wir hätten ruhig nach de Zellen fahren sollen, da hatten wir ooch jrüne Bäume." Und nicht so'ne schlechten Wege." maulte Miezekin,sieh mal bloß der olle Sand, wie der einen staubig macht I" Wat rennste denn ooch da unten in all den Dreck? Komm .doch hier'rüber ins Jras." Herr Heinzelmann stieß mit seinem Knotenstock ärgerlich auf den Boden. Damit se sich de weißen Stiebeln jrün macht, was?" schrie Frau Heinzelnmnn.So'ne Wege führt Ihr einen, wo man nich weeß, wo man treten soll. Det wird doch ooch jleich regnen." Da kann ich doch nich davor!" sagte Herr Heinzelmann. Nee, Du kannst nie für was I" Die Frau lachte höhnisch. «Na ja, regnen ooch noch I" grollte Mieze,denn is mein jutes Kleid hin und mein Hut ooch I" Siehste, hättste lieber das dunkle anjezogen," sagte Franz, oder wenigstens'n Rejenschirm mitjenommen." Damit soll ich mir ooch noch schleppen? Denkste vielleicht wenn ich Sonntags ausjeh, will ich rumloofen wie'ne olle Suse?" Mieze war empött. Denken Se vielleicht, wir sind Pöbel?" kam Frau Heinzelmann ihrer Tochter kampfbereit zur Hülfe:So ville Jeld verdienen wir noch lange bei unsre Schlächterei, det wir uns Sonntags ordentlich anputzen können." Wenn mir der Hut verregnet, koof' ick mir'n neuen," sagte Mieze hochmütig. Na, denn schrei doch nich schon, bevor's rejnet." Franz wurde auch ärgerlich:Laßt doch überhaupt's Zanken sein. Hier is et doch so wunderschön I Horch mal, wie die Vögel singen, det haste nich in de Zelten." Nee, aber da haben wir Militärkonzert," sagte Frau Heinzel­mann,und überhaupt kriegt man da wat zu sehen. Ihr mit Eure dumme Waldpartte I" Na, Ihr habt ja selber eine machen wollen." schrie Herr Heinzelmann,ich Hab' ja jleich jesagt, det is nischt für Euch, det mach ick nich mit Damens." Damit De alleene in de Kneipen jehn und Dir vollsaugen kannst, nich wahr?" D u willst ja in de Kneipen jehn und hast Sehnsucht nach de Zelten!" «Seht mal den See," fiel Franz mit einem Versuch abzulenken ein.Sieh mal. Miezeken, wie Ichön er zwischen die Bäume durch» scheint, is das nich janz wundervoll?" «Is ne Bootsverleihe drauf?" fragte Miezekin...Nee, nich mal rudern kann man hier, na, ick sage!" In sone Jejend führt Ihr einen I" fing Frau Heinzelmann von neuem an:Und jetzt kommt wohl auch noch ne Wiese. Soll'n wir da etwa rüber?" «Ja, dis wer'n wir woll müssen." sagte Franz. Nee, dis wer'n wir nich müssen," erwidette schnippisch Frau Heinz,.nann,«da macht man sich de Röcke naß." Zum Donnerwetter, denn nehmt de Röcke hoch, schlagt se Euch meinetwegen über'n Kopp." Heinzelmann war erbost:Erst habt Ihr gequakt nach'ne Waldpartie, und nu Ihr da seid quängelt Ihr dran'rum!" .Heinzelmann, hör' auf I Du bist und bleibst'n Kaschube l" Frau Heinzelmann sagte es mit dem ganzen Bewußtsein beleidigter Würde.Erstens mal haben wir nicht gequakt, und wenn wir gequakt haben, war's nach ganz was anderes. Wir wollten in'n feines Restaurant sehen, wo man was sieht, und'n bisken Wald druni'rum is. Warum müßt Jhr'n hierher loofen, wo nischt los is? Laß sich doch in den Wald, wo nischt los is, de arme Leute amüsieren, det brauchen wir doch aber nich; wir können uns woll wat Besi'res leisten I" Iii. Dreimal um die Welt gewandert ist ein Porzellanmaler namens Laurent Revel, der jetzt in Paris   eingetroffen ist. Im Laufe der zehn Jahre, in denen er sich auf feiner großen Wander» fahrt befindet, hat er manches Abenteuer erlebt. Einmal kreuzte er mit einem Gefährten de Cruard die Nubische Wüste, als er plötzlich von einer Schar Araber angegriffen wurde, die sie ver- Mündeten, aber schließlich mit Hülfe zweier mächtiger Bulldoggen, die seine treuen Reisebegleiter waren, in die Flucht gejagt wurden. Auch in China   wäre es Revel beinahe schlecht gegangen. Er sah sich die seltsame Zeremonie der Totea-Hochzeit an und mußte darüber lachen; sofort nahm die aufgeregte Menge eine drohende Haltung an, und beide Wanderer wurden verhaftet. Sein Freund konnte entfliehen und den nächsten französischen   Konsul um Hülfe angehen, dem es schließlich gelang, Revel nach viermonatlicher Haft zu befreien. Sein Begleiter wurde im November 1899 von Briganten in Cardin, 199 englische Meilen nördlich von Sacramento  (Kalifornien  ) ermordet, und er mußte seine Reise allein fortsetzen. In Caracas   wurde er in einer wilden Felsencinöde von einem Führer, der ihn nach Venezuela   bringen sollte, verlassen und seines gesamten Gepäcks beraubt; er irrte vier Tage im Uvwalde umher, bis er wieder zu einer menschlichen Niederlassung gelangen konnte. Während seiner langen Wanderschaft hat Revel alle fünf Erdteile durchkreuzt und über 69 999 englische Meilen zurückgelegt. Cr hat 55 999 Briefe und Dokumente gesammelt, in denen ihm von Be- Hörden der Orffchaften, durch die er gekommen ist, seine Anwesen- hcit bestätigt ist. Er will nur etwa einen Monat in Paris   bleiben« Hann Will er wieder hinaus in die weite Welt; denn es ist ihM