nackte Holz gebleicht wie Knochen. Da liefen sie, die weißen Baum-skelette,' und strecken ihre spitzen Aeste, die sich im langsamen Sterbengewunden und gedreht haben, drohend gegen den Himmel. EinigeStämme sind schon halb begraben im Moor und sehen wie langeSärge aus. Das ist der Kirchhof der Tannen, die nicht vonMenschenhand gefallen sind, und die gekämpft haben bis ans Ende.Die silberweißen Fasern sind vom Wetter herausgemeißelt, undihr Holz ist hart, wie das alter, zäher Kämpfer.—tri. Eine merkwürdige Industrie. Den Touristen, die Andalusienund besonders Sevilla besuchen, fallen besonders die jungenAndalusierinnen aus, die große Körbe mit krebsscherenartigen Gc-bilden feilbieten. Riesige Mengen dieser Scheren werden täglichverkauft. Was aber geschieht mit dem Körper und mit dem dochnicht zu verachtenden Schwänze der Tiere, deren Scheren man hierzum Berkauf stellt? Diese Frage beantwortet M. Baudouin in der„Revue Scientifique". Die Tiere, die diese ungezählten Scheren-mengen liefern, werden nämlich nicht geötet; man läßt sie viel-mehr laufen, nachdem man ihnen die Scheren abgenommen hat, ohnesich die Mühe zu nehmen, sie zu löten. Den Tieren aber wachsen dieScheren wieder nach, und das nächste Jahr kann der Fischer vondemselben Tiere wieder eine Schere haben, die zwar ein wenig ver-unstaltet und nicht so schmackhaft ist, wie die erste, aber immerhinnoch einen ganz guten Marktwert besitzt. Der Lieferant der Scherenist das Männchen einer Krabbenart. Gislusiims Tangeri, die häufigan der Küste der Bucht von Cadix vorkommt; sie lebt in Erdlöcher»am Meeresboden, ganz nahe der Küste; dem Männchen dient einegroße Schere als Waffe, die es aus dem seinen Körper bergendenErdloche hervorstehen läßt, um ohne Gefahr vorüberziehende Beuteergreifen zu können. In diesen Erdnestern werden die Krabben vonden Fischern aufgesucht, die Schlamm Herabwersen und dann tvarten,bis die Krabbe ihren Schlupfwinkel verläßt und ans Land kriecht. EinAnfassen der Schere genügt, und sie bleibt in der Hand deSFischers. Das Tier wirst nämlich die Schere fteiwillig ab, gibt siepreis, um sein Leben zu retten. Die Trennstelle zeigt durchausnicht die Gestalt, die sie im Falle des Herausreißens aufweisenmüßte, sie ist glatt, wenig unregelmäßig und rührt offenbar voneinem Bruche her. Der Vorgang ist ähnlich dem, wie er oft beiBlindschleichen und Eidechsen beobachtet lvird, die das Ende ihresSchwanzes bei rauhem Anfassen dem Angreifer in der Hand lasten.Diese Fähigkeit ist wie gewöhnlich auch bei dieser Krabbenart mitdem Vermögen verbunden, das verloren gegangene Glied wieder zuersetzen. Dazu bedarf es nur geringer Zeit; nach Ablauf einiger Monateist an Stelle der alten Scher«, der„Earrasquena", eine neue— die„Zapatera'— hervorgewachsen. Ja, Baudouin nimmt an, daß dieSchüre noch des öfteren sich erneuern kann. Hat er doch Scherengesehen, die so stark verändert waren, daß sie der„Zapatera" nichtmehr ähnlich sahen. Uebrigens können Gliedmaßen bei den Eidechsenauch öfter nachwachse»; ein Gelehrter. Spallanzini, hat festgestellt,daß den Salamandern der Schwanz noch nachwächst, wenn man ihnvier- bis sechsmal hintereinander abgenomnien hat. Dieselbe Eigen-tümlichkeit der Krabben bepten die Andalusier aus.—Physiologisches.u. Die Borratskammer im Körper. Unser Orga«niSmus ist ein außerordentlich gut eingerichtetes Laboratorium, odereigentlich müßte man von einer ganzen Anzahl von Laboratoriensprechen. Denn das Auge umfaßt eine ganze Menge von optischenApparaten, daS Ohr ist als ein Laboratorium für die Akustik anzu-sehen; aber Von ganz besonderer Bedeutung ist daS chemischeLaboratorium, das sich in unseren Verdauungsorganen darstellt.Hier werden die verschiedenen Stoffe, die wir als Nahrung zu unsnehmen, in der zweckmäßigsten Weise in solche Substanzen um-gewandelt, die unser Körper braucht, um sich stets von neuem auf-zubauen und um seine nottvendigen körperlichen und geistigenArbeiten zu leisten; und zwar werden hier Stoffumsetzungen voll-zogen, die die hervorragendsten Chemiker in ihren Laboratoriennoch nicht auf künstlichem Wege zustande gebracht haben.So wird im Körper stets Eiweiß produziert, das die Chemiker nichtherstellen können. Zu jedem chemischen Laboratorium gehört aberauch ein Vorratsraum, in dem die jvorhandenen Substanzen, dieman im Augenblick nicht braucht, aufbewahrt werden, bis man sieverwenden will. Auch der Organismus der Menschen und der Tieredesitzt eine solche Vorratskammer; als solche dient die Leber. Eswar schon lange bekannt, daß. wenn man mehr Zucker genießt alsder Körper braucht, der Ueberfchuß in der Leber aufgespeichert wird,um später, wenn Mangel an Zuckeruahrung eintritt, verwendet zuwerden. Vor kurzem hat man nun festgestellt, daß auch, wenn wirmehr Eiweiß zu uns nehmen als gerade nötig ist, das überflüssigein der Leber angesammelt wird; von dort wird es entnommen,wenn wir weniger Eiweißnahrung erhalten als wir brauchen.—Humoristisches.� Der Scharfsinn. Wir sind in der Lage—Ja, vorher müsse» wir aber mitteilen, um was es sich eigent-lich handelt. Es werden nämlich seil einiger Zeit in der Armee„Jntelligenzprüfungen" veranstaltet, die nach einem bestimmtenSchema Wissensfragen und Urteilsfragen umfassen. Z. B.: WievielBeine hat ein Maikäfer? Rennen Sie ein Beispiel von Dankbarkeitund von Neid l— Und leider waren bisher die Resultate bei derüberwiegenden Menge der Jntelligenzprüfungen ganz trostlos. Un-gefähr die Hälfte der älteren Mannschaften und Rekruten versagtebei Fragen, die ein halbwegs gewecktes Kind spielend beantwortethätte.Wir find also in der Lage, interessante Einzelheiten aus einerder letzten Prüfungen bei eniem Infanterieregiment im Osten derMonarchie zu erzählen:Bei der Frage nach der Zahl der Maikäferbeme schwankte dieAngabe zwischen S und 24. Der Soldat mit der niedrigsten Zifferberief sich auf ein von ihm persönlich beobachtetes Exemplar mitdrei Beinen. Wahrscheinlich hätten ihm unnütze Buben die übrigenausgerissen, so daß die ursprüngliche Zahl der Beine nicht mehr zuermitteln wäre. Rur ein einziger Rekrut unter 100 erklärte promptund richtig: ein Maikäfer hat zwei Beine. Diesem einzigen war eSbekannt, daß die Soldaten des Garde-Füfilier-RegimeMs im Volks-munde„Maikeber" genannt werden.Die Ausgabe, ein Beispiel von Neid anzuführen, blieb so gutwie ungelöst. Ein naseweiser Soldat äußerte:„Ein Beispiel vonNeid kommt bei Tippelskirch vor, der ist auf Frau Podbielskineidisch, weil diese 40 Prozent bezieht und er bloß 5 Prozent."Dieser vorlaute MarSjünger flog sofort in den Kasten und durste ander weiteren Jntelligenzprüfung überhaupt nicht mehr teilnehmen.Roch trübseligere Resultate lieferten die nach der„MasfelonschenMethode" Beftagten. Danach soll der Untersuchte aus drei ihm ge-nannten Wörtern emen Satz bilden. Im vorliegenden Fall wurdezuerst aufgegeben:„Jäger— Hase— Feld."Die spärlichen Antworten lauteten:„Der Feldherr ißt in der Jägerstraße falschen Hasen."„Ein Jäger namens Hase wohnte in Bitterfeld."„Wenn der Jäger den tausendsten Hasen erlegt hat, wird aufdem Felde ein Gedenkstein errichtet."„Der Jäger kauft den Hasen in der Wildbrethandlung vonBlumenfeld."Das zweite UebungSbeispiel umfaßte die Worte:„Preußen—Schwarz— Weiß."Auch hier wurden die beftagten Mannschaften von ihrer In-telligenz vollkommen im Stich gelaflen. Nicht ein einziger wußteden verlangten, ganz einfachen und naheliegenden Satz zu formu-lieren:„In Preußen endet alle? mit dem Schwarzen Adler-orden, das weiß jedes Kind!'Traurig, aber wahr!—(„Lustige Blätter.")Notizen.—„Moloch", Max Schilling« neue Oper, soll ihreUraufführung am Schweriner Hostheater erleben.—— Der Verein Berliner Künstler will sich kor-porativ an der nächstjährigen Kunstausstellung inDüsseldorf beteiligen.—— Die nächste Weltausstellung soll im Jahre 1S12in Tokio stattfinden.—— Ein neuer Hammurabi. Bei den von dem Orient«forscher de Morgan geleiteten Ausgrabungen auf der Stätte deralten perfischen Königstadt Susa wurden die Reste einer zweitenInschrift entdeckt, die die Gesetze deS Hammurabi enthielt.—t. Die Kautschukproduktion. Brenier und Claverieschätzen im„Kosmos" die Kautschukproduktion der ganzen Erde zur«zeit auf ö7 300 Tonnen, von denen ein Drittel auf Amerika undein weiteres Fünftel auf Afrika entfällt. Im Jahre 1904 fandenvon diesen 57 300 Tonnen 26 470 in den Vereinigten Staaten,12 800 in Deutschland, 10 030 in England, 4130 in Frankreich. 1320in Oesterreich-Ungarn, 1218 in Holland, 743 in Belgien und 583 inItalien Verwendung. Der Wert des Kautschuks wird auf ungefähr500 Millionen Mark veranschlagt.—— Mit den Unterseeglocken sind erfolgreiche Versuchenun auch in Cherbourg angestellt worden. Eine der Glocken waran Bord des„Willkommen" der deutschen überseeischen Gesellschaftenangebracht und ihr Läuten wurde von den drei bis vier Seemeilenvon dem Deiche entfernt verankerten Mikrophonen sehr leicht auf-genommen und den auf dem festen Lande aufgestellten Posten über«mittelt.—— Einer, der weiß, was er will. Der Dirigent cineSKoschat-Onintetts erläßt in der„Miisiker-Zeiwng" folgendes Inserat:„2 zweite Bässe und 2 Tenöre, nur Oesterreicher oder Bayern, un-verheiratet, möglichst solche, welche ein Instrument spielen und inden Koschatliedern bewandert sind. Schuhplattler bevorzugt. Offertenmit Bild an Jakob Damhofer, Kaiserslautern, Bayerische Pfalz,postlagen, d. S?B. Säufer und unsolide charakterlose Kräfte, welcheAufwiegler sind, wünsche ich nicht, so auch keine unreinen Schuster-bässe und knödelnde Krawatten-Tenöre."—Vcrantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.VerlagSanstaltPaul Singer L-Co., Berlin L V/,