die Bauern auch de» gebratene» Martinsgänsen zu schenken.Nach diesem Glauben gibt es Kälte' vor Weihnachten,sofern das vordere Oberteil am Vrustknochen braun ist.Zeigt der Knochen dagegen weiße Farbe, so deutet es Schneeoder Regen an. Das eine oder andere dieser Anzeichen auf de»,„Hinterteil' de? Knochens soll die Witterung nach Weihnachten an-zeigen. Bemerkenswert im Bauen, kalender find dam, noch derAndreastag s9. Novbr.), der 22. November und der Katharincntag(25. Novbr.). Wie sich der Tag vor Katharinen verhält, eines solche»Jahres soll man künftig gewärtig sein. Wie sich dieser Tag beieinem Gewitter zeigt,„also soll sich der Christmonat und Januarverspüren" lassen. Und wie der 26. November ist, so soll auch derHornung(Februar) sein. Donner am 22. November, Ivenn die Sonneim Zeichen des Schützen steht, bedeutet ein fruchtbares Jahr.Desgleichen wird sein, wem, ein am Andreasabend mit frischemBrunnenwasser gefülltes Glas, das auf den Tisch gesetzt wurde undda über Nacht stehen bleibt, am folgenden Morgen übergelaufen ist.Geschah dies nicht, so läßt sich das Gegenteil vermuten. Donnerts— das gilt vom Dezember, wenn die Sonne im Skorpion steht—so kommt im folgenden Jahr viel Wind, Kälte— und auch wohlKrieg. Mitunter aber— kommt's auch anders.—a. Die Bahrprobe. Aus der großen Zahl der altgermanischenBeweismittel, die unter dem Namen Gottesurteile oder Ordalicnzusammengefaßt werden, wurden nur zwei mit in das nnttel-alterliche Recht hinllbergenommen, der Zweikanipf und dieGahrprobe. Bei der Bahrprobe gehen dabei„och lange zwei An»schauungen nebeneinander her, der Glaube an den Eingriff des über-irdischen, de» göttlichen Richters und der Nachklang an den UraltenSeelenknlt, der Glaube an die Macht deS Blutes selbst. Nach alt-griechischer wie altgermanischer Anschauung war das Blut der Trägerder Seele und nach dem Abscheiden der Seele hatte diesenoch immer die Macht, durch das verlassene Blut Zeichenund Wunder zu tun. Daher erzählt Brunner von einer holländischenRechtsgewohnheit, die bis in das 15. Jahrhundert andauerte, nachwelcher derjenige, der mit einem unbekannten Ermordeten oder Er-trunkenen verwandt zu sein behauptete, sich Blut des Unbekanntenauf die Hand träufeln lassen mußte. Sei er in Wahrheit mit demUnbekannten verwandt gewesen, so hafte das Blut so fest, daß esnicht abzuwaschen sei. Der gleiche Glaube an die Wunderkraft desBlutes selbst veranlaßt auch Kriemhild, die Burgunder an die LeicheSiegfrieds treten zu lassen. Beim Erscheinen Hagens blutet bekannt-lich die Wunde.Als gesetzliches Beweismittel, als Gottesurteil, diente die Bahr-Probe bis weit hinein in das 17. Jahrhundert. Nicht nur inDeutschland, sondern auch in Frankreich, England. Schweiz usw.Läßt doch für England noch Shakespeare in seinen, Richard III. diePrinzessin Anna sagen, als Gloucester an die Bahre Heinrichs VXKitt:„Ihr Herren seht, seht l— Des toten Heinrichs WundenOeffnen den starren Mund und bluten frisch,Denn deine Gegenwart zieht dieses BlutAus Adern kalt und leer, wo kein Blut wohnt."In Deutschland finden sich daher in allen LandeSteilen Bei-spiele ihrer Anwendung. So mußten z. B. in Sagau in, Jahre 157Ssich alle Handwerksknechte derselben wegen eines erstochene» Studentenunterziehen. 163S hält die hessische Landesordnung an der Rechts-gültigkeit der Bahrprobe fest und 1664 kommt sie in der Schweiznoch in Basel in Anwendung. In den alten schweizer Rechts-satzungen finden sich ausführliche Bestimmungen über ihre An-Wendung. So bestimmt Schwyz 1342:„Wer den. anderen zu todtschlat oder ersticht, oder welichen weg er in ertödt, da soll der,so darum beklagt und geschuldiget wird, über den totten gan uffgottes erbarmde. Wirt der totte blutende, so soll man den schuldigenouch tötten und soll in darvor nieman schirmen."— In Luzernsollte nach den Vorschriften von 1542 die Bahrprobe folgendermaßen vor sich gehen. Man sollte die Bahre mit dem Toten außer-halb des geweihten Bodens(denn man kein verlumdeten Gefangenen in das gewicht führen soll) unter freien Himmel aufeinen freien Platz setzen, so daß von nirgends her irgend jemandauf die Bahre sehen könne(dann wann ein Dhäter die Bar sieht,so zeichnet sy). Der Beschuldigte sollte hierauf auallen Orten beschoren, Wo der Mensch Haare hat, nackendbis auf ein neues Untergewand, ein geweihtes Licht in derHand, von den sieben richterlichen Beigeordneten an die rechte Seiteder Bahre geführt werden. Hier sollte er niederknien, beten, damitGott zum Beistand der Wahrheit ein Zeichen tun möge, dann aufdie Brust des Leichnams, der um Wunde, Herz und Mund entblößtsein mußte, die rechte Hand legen und schwören, daß er an demTodschlag oder Morde unschuldig sei. Bekundeten die sieben Bei-geordnete» unter ihrem Eide, daß kein Zeichen geschehen, so tvurdeer entlassen„er soll von dem Todschlag seyn und soll darummünniglichen seyn Freund seyn".Wer das Grausige des Vorganges bei der Bahrprobe—(ofthatte der Leichnam schon Wochen und Monate in der Erde gelegen)— und dessen Einfluß auf das Seeleben eines Schuldigen in Be-Kacht zieht, den kann es nicht Wunder nehmen, daß die Bahrprobeals Ueberführungsniittel vielfach Erfolg haben mußte. Und so be-kennt den 1556 in Montpellier der Mörder eines Kanonikus vor demausgegrabenen Leichnam seine Schuld, ohne daß irgend ein Zeiche»erfolgt wäre. Einen gleichen Fall berichtet der Berner ChronistAnshelm, wo der Mörder des Bürgermeister von Zurzach 1417 ander Bahre seine Schuld bekannte. Andererseits wird ganzernsthaft von den, Eintritt des erwarteten Wunder?, desWundenblutenS gesprochen. So blutete 1417 in Konstanz der Leichnamdes Propstes Niclaus von Luzern, als sein Mörder an die Bahregeführt wurde. 1577 wurde im Winter in Baden(Schweiz) eineDienstmagd des Kindesmordes durch das Bluten deS Leichnamsüberftihrt. Daß ein ans dem Wasser gezogener, gefrorener Leichnan,in einer warmen Gerichtsstnbe auftaut und blutet, dazu braucht esallerdings kein Wunder. Die gleiche natürliche Ursache hatte vielleicht1663 die Ueberfiihrung deS Wirtes Buggerli in Zürich. Nach derChronik soll das Messer mit dem der Mord geschah, sofort Blut ge-schwitzt haben, als der Mörder es in die Hand nahm.Natürlich sind auch die Fälle deS Versagen-? der Bahrproberecht häufig. So waren 1534 in Hochdorf(Luzern) ein Vaterund dessen Sohn erstochen worden. Die mutmaßlichen Täter wurdenunter der Linde zu Hochdorf über die Leichen geführt, ohne daßirgend ein Zeichen, auf Grund dessen man sie hängen konnte, erfolgtwäre. Im gleichen Jahre kan, ein gleich ergebnisloser Fall in Luzernselbst vor. In der kurzen, knappen Sprache des Chronisten lautetdie Stelle:„.Anno 1534 circa trium regum schlug Toni Späni usEotenburger ampt sin wib; darüber lag's übernacht drauss,gieng morgens gen Meggen har(da si dienete); ward krank undin derselben nacht starb si. Ward er gefangen, lag in türm.Der ward übergefuert uf Agnese, was mitwuchen und mechtigkalt, hie im Hof(St. Leodegard, Luzern), z witschend pfaffHubers und der Chorherren hus, schwur er, aber es kam keinZeichen."—Notizen.— Di» Literarische Gesellschaft wird im Laufe diesesWinters„Frau Marrens Gewerbe". Drama von BernardShaw, durch das Ensemble des Nürnberger Intimen Theatersund„Der Andere", tragische Komödie von Julius B a b,durch Berliner Künstler unter Leitung von Dr. Martin Zickel zurDarstellung bringen.—— Unter dem Namen Tiergar ten-Theater soll einneuer Musente mpel im Westen errichtet werden. AlsTerrain hat man einige Grundstücke im Blumeshof in Aussicht ge-nomine,,.—— I. Wi e g an d S Schauspiel„Frühling" ist vom Hof-theater in Stuttgart, sein Drama„Krieg" vom WienerVolkstheater, das Schauspiel„Macht" vom Stadt-theater in Krefeld und vom Hau, burger Schiller-theater zur Aufführung angenommen worden.—— Humperdincks„Hochzeit wider Willen" er-zielte bei der Erstaufführung im Stadttheater in Leipzigtrotz guter Darstellung nur einen Achtungserfolg.——„Die Schönen von Fogaras", Alfred Grün-felds komische Oper, Text von Viktor Löon, soll amDresdener Opern Hans aufgeführt werden.——„Die Teufelsschönheit", eine phantastische Operetten-Burleske in 3 Akten von JameS Harry und Carl Berger,Musik von Jonny Bell, ist der Erfolg der Saison amböhmischen Theater zu Prag-Smichow.—— Eine Georginen-Binderei-Aus st ellung wurdegestern nachmittag in der Westhalle des Landes-AuSstellungSparkeSim Anschluß an die neunte Dahlien-Ausstellung eröffnet und wirdbis zum Sonntag dauern.—— Eine Ausstellung für Grabmall nn st ist inFrankfurt eröffnet worden. Sie will auf die Friedhofkunstfördernd einwirken, iude», sie den Gegensatz zwischen künstlerischemund fabrikmäßigem Grabschmuck zur Darstellung bringt.—— Zwei Kolossalbilder des Apollo sind aufSunion, der Südspitze Attilas, aus der künstlichen Terrasse desPoseidontempels ausgegraben worden. Nach den Verletzungen zuurteilen, sind sie 486 v. Chr. von den Persern von ihren Unter-bauten herabgestürzt und beim späteren Poseidontempel durch Ein-bau in die Terrasse auf die Nachwelt gerettet worden.—� In G e l n h a n s e„ bei Kassel wurde ein 13 Meter imDurchmesser haltendes Hügelgrab freigelegt. ES soll aus dem viertenJahrhundert vor Christi Geburt stammen.—— Eine neuerliche belgische Forschungsfahrt nachde», Südpolargebiet wird in Brüssel geplant.—— Jüdische Kosaken. Es dürfte nur wenigen bekanntsein, daß es auch jüdische Kosaken gibt. In der„Jewish Eneyelopedia"wird berichtet, daß sie bereits zu Beginn des Mittelalters existierten.Auf der jüngst in London erfolgten Internationalen Territorial-organisation konstatierte ein russischer Delegierter, daß die jüdischenKosaken noch existieren, was man nicht gewußt hatte. Die jüdischeKosakenkolonie besteht aus etwa 666 Familien. Sie sind äußerstfromme Juden, unterscheiden sich aber im übrigen gar nicht vonihrer wilden Umgebung. Sie sind vorzügliche Schützen, sehr ge-schickte Reiter, aber auch tüchtige Landwirte. Auch sonst haben siealle Gewohnheiten und Sitten ihrer Landsleute adoptiert. Sie sindaber bereit, in ein jüdisches„Neuland" überzusiedeln.—(„Soft. Ztg.")Kerantwortl. Redakteur: Hans Weber, Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.BerlagSanstalt Paul Singer LrCo..Berlin LW.