rfn Banksturm, sagten sie ihr. aber das verstand sie nicht, und sie wandte sich von einer Person zur anderen, ohne vor Angst und Schrecken sagen zu können, was sie eigentlich wollte. War etwas nicht in Ordnung mit der Bank? Niemand wußte etwas Genaues, aber möglich war es. Konnte sie ihr Geld nicht bekommen? Niemand konnte ihr das beantworten. Die Leute fürchteten, daß sie es nicht bekommen würden, aber alle versuchten, es zu bekommen. Es war noch zu früh, um etwas zu erfahren. Die Bank öffnete erst in drei Stunden. Mit dem Mut der Verzweiflung erkänwfte sich Marija den Weg zu dem Gebäude, durch eine Menge von Männern, Weibern und Kindern, die alle ebenso aufgeregt waren wie sie. Es war eine Szene wilder Verzweiflung. Frauen schrien und rangen die Hände oder wurden gar ohnmächtig, Männer traten alles nieder, was ihnen den Weg versperrte. Inmitten des Aufruhrs erinnerte sich Marija, daß sie ihr Bankbuch nicht bei sich hatte, ohne das konnte sie ihr Geld ja nicht bekommen. Sie kämpfte sich wieder aus dem Gedränge heraus und stürzte nach Hause. Das traf sich glücklich für sie, denn wenige Minuten später erschien die Polizei. In einer halben Stunde kam Marija zurück, mit ihr Teta Elzbieta, beide atemlos und krank vor Angst. Jeht war die Menge in einer langen Reihe geordnet, und 50 Polizisten hielten auf Ordnung. So blieb den beiden nichts anderes übrig, als sich an das Ende zu stellen. Um 9 Uhr öffnete die Bank und war bereit, die wartende Menge auszubezahlen. Aber was war das für Marija, welche 3000 Menschen vor sich hatte! 3000! genug, um den letzten Pfennig aus einem Dutzend Banken zu nehmen. Um die Sache noch schlimmer zu machen, begann es zu regnen, und sie wurden bis auf die Haut durchnäßt. Doch blieben sie den ganzen Morgen stehen und krochen langsam vorwärts den ganzen Nachmittag standen sie, herzkrank, da und sahen die Stunde des Schließens herannahen, ohne Aussicht, hineinzukommen. Marija>var entschlossen, komme was da wolle, zu bleiben und ihren Platz zu behaupten, aber da alle dasselbe taten, die ganze lange Nacht hindurch so kam sie der Bank nnr wenig näher. Gegen Abend erschien Jurgis. Er hatte die Geschichte Von den Kindern gehört, brachte Nahrung und trockene Tücher, was den Frauen etwas Erleichterung verschaffte. Am nächsten Morgen kam vor Tagesanbruch noch eine größere Menge zusammen und noch mehr Polizisten aus der Stadt. Marija hielt stand, wie der grimme Tod, und gegen Nach- mittag kam sie in die Bank und erhielt ihr Geld alles in dicken silbernen Dollars, ein ganzes Taschentuch voll. Erst als sie ihre Hand darum legte, verschwand ihre Furcht, und nun wünschte sie, es wieder hineinzulegen. Da wurde der Mann ani Fenster aber wild, und sagte, die Bank würde keine Einlagen mehr anncbmen von solchen Menschen, die es bei diesem Ansturm herausgezogen. Marija war genötigt, die Dollars mit nach Hause zu nehmen. Scheu blickte sie nach rechts und links, jeden Augenblick in der Erwartung, daß irgend jemand versuchen würde, sie zu berauben. Als sie zu Hause ankam, war sie nicht besser daran. Bis sie eine neue Bank gefunden hatte, konnte sie weiter nichts trin, als die Dollars in ihre Kleider zu nähen. Marija ging während einer Woche schwer beladen einher und fürchtete sich, die Straße vor dem Haufe zu überschreiten, weil Jurgis ihr prophezeit hatte, sie würde mit ihrer Last versinken. So be- laden ging sie zu den Höfen, dieses Mal mit der Angst, ihre Stelle verloren zu haben. Glücklicherweise aber waren zehn Prozent der Arbeiter Einleger der Bank gewesen, und es ging nickt gut, so viele auf einmal zu entlassen. Die Ursache der Panik hatte der Versuch eines Polizisten abgegeben, einen betrunkenen Mann zu arretieren, wodurch ein Auflauf vor der Bank entstand. Um diese Zeit begannen Jurgis und Ona ebenfalls ein Bankkonto zu belegen. Abgesehen davon, daß sie bei Jonas und Marija ihre Schulden abgetragen, hatten sie auch ihre Möbel bezahlt und konnten sogar eine kleine Summe zurück- legen. Solange sie 9 oder 10 Dollar die Woche heinchrachtcn, kamen sie gut vorwärts. Auch der Wahltag tani wieder heran, und dadurch gewann Jurgis einen halben Wochenlohn, ein ganz hübscher Profit. Die Wahl verlief dieses Jahr sehr stürmisch, und das Echo der Schlacht erreichte selbst Pöcking  - town. Die beiden rivalisierenden Parteien der Aemterjägcr mieteten Hallen, brannten Feuerwerk ab, hielten Reden, um das Volk sür ihre Sache zu interessieren. Obgleich Jurgis nicht alles verstand, so viel wußte er jetzt doch, daß es nicht gerade für recht gehalten wurde, seine Stimme zu verkaufen. Da es jedoch jeder Mann tat und seine Weigerung nicht den geringsten Unterschied für das Resultat gehabt hätte, wäre ihm der Gedanke an eine Weigerung geradezu absurd er- schienen, wenn er ihn überhaupt gehabt hätte. (Fortsetzung folgt.) (Nachdrillt verboten.) Hus den Berliner   Kunftfalond. Der Kunstsalon Keller u. Reiner veranstaltet eine Aus- stellung von Bildern des Malers Wilhelm Kuhn'ert. Dieser Künstler ist bekannt geworden durch seine Jagdbilder sowie durch die afrikanischen Szenerien. Beide Gebiete aber, die Jagd und das Exotische, sind der Kunst nicht hold. Nur dem bedeutenden Talent, das aus dem schlechtesten Stoff schließlich noch Anregungen ent- nimmt, wird es gelingen, die Kunst hier zu betonen. Was sagen uns all diese Jagdbilder aus Afrika  , diese Ticrkämpfe, diese dunklen Männer. Die Photographie leistet hier besiere Dienste. Gegen die Momcntphotographicn der afrikanischen Tierwelt des Afrika  - reisenden Schillings sind diese Naturstudien lahm. Dort war Leben, zuckendes Leben in jeder Bewegung; hier hat der langwierige Pro- zeß des Malens jedes momentane Leben schwinden lassen. Und wo es uoch vorhanden sein will, kommt es uns vor wie Täuschung. Diese brüllenden Löwen  , diese zum Sprung fertigen Tiger was sagen sie uns? Soviel wie nichts. Höchstens können sie das Zimmer eines Afrikareisenden oder eines Nimrods schmücken. Es gab eine Zeit, da hatten gerade diese exotischen Stoffe Aus- ficht auf Erfolg. Jetzt denken wir nicht günstig von diesem Jn-die- Ferne-schweifen. Der Stoff drängt sich allzustark hervor. Der Künstler braucht, um sein Können zu zeigen, nicht nach Afrika   zu gehen; in der umgebenden Welt findet er Motive genug, und sofern es ihm auf Kunst ankommt, genügt ihm der simpelste Stoff. Dennoch ließe sich denken, daß manch feiner Reiz aus diesen exotischen Stoffen zu holen wäre. Die dunklen Körper der Ein- geborenen, die bunten Körper der Tiere, die heiße, helle Luft, das gibt schon Motive her, die farbig besonders behandelt werden können. Hat das Kuhnert getan? Er hat es nicht getan. Er hat diese fremden Dinge, die er also mit Leichtigkeit, da sie ihm fremd waren, ganz auf ihre äußere, künstlerische Erscheinung hin hätte verwerten können, mit einer Temperamentlosigkeit und einer Langeweile. einer öden Sachlichkeit gemalt, als sei er nicht Künstler, sondern Burcaubeamter. Und darum läßt uns diese Exotik kalt; weil sie nur Stoffliches und nichts Künstlerisches bietet. Am besten gefallen daher noch die sachlich getreuen Nachbildungen einzelner Tiere, Bilder in kleinem Format, wie für ein zoologisches Werk angelegt. Bedeutet schon die Serie Kuhnert für den Salon keinen Erfolg, so fäßt man sich bei der Kollektion Otto Richter an den Kopf und fragt sich, wie kommen diese talentlosen Plastiken, Arbeiten, die jeder Persönlichkeit entbehren, hierher. Einmal sehen wir eine Stilnachahmung antiker Friese, dann simple Naturnachahmungen ohne jeden Schwung, unter denen der Bierkutscher mit seiner Tonne auf der Schulter in seiner künstlerisch öden Ausführung den ersten Platz einnimmt, dann Porträtbüsten ohne jeden Stil und ohne jedes Leben. Dagegen ist Käthe Olshausen-Schönberger   ein eigenartiges Talent, auf dessen EntWickelung man gespannt sein darf. Ihre satirischen Zeichnungen, bei denen sie auf menschliche Gestalten Tierköpfe aufsetzt, sind sicher und lebendig gezeichnet. Diese Gebilde machen einen durchaus organischen Eindruck und i*c psychologische Gebalt in den Mienen der Tiere ist vorzüglich oft zwingend komisch zum Ausdruck gebracht. Dabei sota» Künstlerin dem Wesen der Tiere eben so eigen nach wie dem der Menschen, und beides verquickt sie zu einer humorvollen Satire. Rur   manchmal könnte der Strich temperamentvoller sein, nur manchmal klafft ein Riß zwischen Tierkopf und Mcnschenkörper. Bewunderungswürdig aber ist der freie Standpunkt der Künstlerin. die nicht danach strebt, mit witzigen Pointen allzusehr zu der- blüffen. Sie bleibt im Künstlerischen  , sie geht nicht im Stoff unter. In ihren Bildern, die verschieden im Wert sind, liebt sie den dunklen Gesamtton. Grell sticht eine mondbeleuchtete Mauer hervor. Darüber der exotisch blaue Sternenhimmel. Unwillkürlich wird in dieser durchaus künstlerischen Weise(wie es Kuhnert nicht tut!) aus dem fremdartig exotischen Begebnis: Des Kolonisten Bc- gräbnis eine phantastische Schöpfung. Auf anderen Bildern bc- weist die Künstlerin ein feines Formgefühl; Mensch und Tier aus dem Dunklen unsicher und doch als Masse groß hervortretend. Alles in allem, ein eigenes Talent, dessen Kraft und Sicherheit Achtung abnötigt. Wiederherstellungen alter Bauten sind augenblicklich wieder sehr beliebt. Der patriotische Sinn wird damit befriedigt. Trotz- dem die künstlerischen Autoritäten sich dagegen erklären, trotzdem man sich einig ist in dem Grundsatz: erhalten, aber nicht künstlich wiederaufbauen, geht dieses kindische Wiederaufbauungswerk un- entwcgt von statten und verschlingt Unsummen, die besser der modernen Architektur zugute kämen. Diesmal ist es die Höh-