Kandc fahren und taumelte fast auf die Bank zurück, von derer zuvor aufgestanden war. Seine Brust wogte und zweigroße Tränen rollten ihm über die braunen Wangen.Marie trat näher zu ihm heran und sagte leise undbewegt:„Sie sollten es sich nicht so zu Herzen nehmen. Eskann keiner den Menschen wehren, daß sie Schlechtes reden,und nur wer selbst schlecht ist. der glaubt ihnen."„Ach, wenn Sie wüßten, wie's mich iminer gestochenhat," niurmelte Gottlieb tief aufatmend.„Und Sie haben'sder Regine nicht geglaubt?"Marie schüttelte den Kopf.„Und Sie haben's der Regirw gesagt?" fragte er weiter.„5>, sie war so bös damals, und ich könnt' nicht gegensie auskommen," nickte Marie.„Sie ist ja auch die Herr-Vtjost."lFortsehung folgt.)Platin.Bekanntlich bildet die Grundlage der chemischen Industrie dieSchwefelsäure. Sie ist am billigsten von allen Säuren herzustellenund wird zu einem großen Teil dazu verwendet, andere Säurenaus ihren Salzen auszutreiben, so die Salzsäure aus Kochsalz unddie Salpetersäure aus dem Chilisalpetcr. Das ZluSgangsmaterialbilden die Pyrite, Schwefeleiscnerze, die durch Verbrennung—technisch„Rösten" genannt— in Eisenoxyd und schweflige Säureiibergehen. Schwefel selbst wird nur in geringer Menge noch aufSchwefelsäure verarbeitet. Die schweflige Saure ist allgemeinwegcn ihres stechenden Geruches bekannt, der beim Verbrennenvon Schwefel sz. B. an den Schwefclhölzern) sich entwickelt. Dieschweflige Säure entsteht also durch direkte Verbrennung vonSchwefel oder schwefelhaltigen Erzen, wie der oben genannten Py-rite. Verbrennungen sind stets ein chemischer Vorgang, der darinbesteht, daß sich der Luftsauerstoff mit dem„brennenden" Körperverbindet. Verbrennt man z. B. Kohle, so entstehen Verbindungenvon Kohle mit Sauerstoff und zwar bildet sich, wenn genügendLuft vorhanden ist, die ungefährliche Kohlensäure. Bei Gegen-wart von zu wenig Luft hingegen entsteht das so überaus giftigeKohlcnoxyd, das schon so viel Unheil angerichtet hat. Man kannaus diesen Bildungsbedingungen von Kohlensäure und Kohlenoxydahne weiteres schlichen, daß im Falle des Kohlenoxyds sich wenigerSauerstoff mit der Kohle verbunden hat wie bei der Kohlensäure.Und in der Tat hat die Untersuchung ergeben, daß die Kohlensäuregenau doppelt so viel Sauerstoff enthält, wie das Kohlenoxyd. Auchder Schwefel kann sich mit verschiedenen Mengen Sauerstoff ver-binden. Verbrennt man ihn, wie schon gesagt, an der Luft, so bildetsich, ob viel oder wenig Luft� zugegen ist, immer nur schwefligeSäure. Aber die schweflige Säure kann unter bestimmten Vcrbin-düngen weiter verbrannt werden zu Schwefelsäure. Es entsprichtalso in gewisser Hinsicht die schweflige Säure dem Kohlcnoxyd unddie Schwefelsäure der Kohlensäure. Nur ist es schwieriger und sSbedarf einiger Kunstgriffe, um den Schwefel bis zur Schwefelsäurezu verbrennen. Wird die schweflige Säure mit überschüssiger Lustvermischt und mit Wasscrdamvf und etwas Salpetersäure behau-delt bei Einhaltung gewisser Temperaturen, so geht sie völlig inSchwefelsäure über. Die Salpetersäure ist dabei unumgänglichnötig, indem sie gewissermaßen den Sauerstoff der Luft befähigt,sich nunmehr mit der schwefligen Säure zu Schwefelsäure zu ver-binden. Rur ganz geringe Mengen Salpetersäure sind imstande,außerordentlich viel Schwefelsäure zu bilden. Diese Umsetzungzwischen Sauerstoff saus der Luft) und schwefliger Säure lleiGegenwart von Salpetersäure fand und findet auch noch in den so-genannten Bleikammern statt, die darum einen äußerst wichtigenPlatz in den chemischen Fabriken beanspruchten und durch jähr-zehntclange Erfahrungen zu höchster Leistungsfähigkeit ausgebildetwurden. Aber ihre scheinbar unbestrittene Stellung wurde voneinem Konkurrenten untergraben, der sich jetzt an erste Stelle gc-setzt hat, während die Bleikammern in den größten Fabriken schonvöllig verschwunden sind und wohl in Bälde gänzlich der Geschichteangehören werden. Dieser Konkurrent war das Platin. Leitetman Lust und schweflige Säure durch eine Porzcllanröhre hin-durch, die auf etwa 300—400 Gr. C. erhitzt ist, so treten sie alsLust und schweflige Säure wieder aus. Bringt man aber in dieRöhre Platin und leitet nun die Gase hindurch, so bilden sich beimAustritt aus der Röhre dichte weiße Nebel, die von Schwefelsäuresierrühren, während der charakteristische Geruch der schwefligenSäure verschwunden ist. Das Platin, findet sich unverändert inder Röhre wieder vor. Es hat also gewissermaßen nur durch seineBerührung mit den Gasen den Sauerstoff befähigt, sich mit derfchwcsligcn Säure zu Schwefelsäure zu verbinden. Diese Wirkungdes Platins nennt man Kontakt Wirkung s— Bcrührungs-wirlung) und den Körper, der eine Kontaktivirkung hervorbringt,also in unserem Falle das Platin, einen Kontaktkörper, oder mannennt diese Wirkung eine katalytische Wirkung saus demGriechischen— auslösende, im Sinne von„eine Reaktion aus-käsende"� und den Vorgang selbst eine Katalyse. Da hierbei derKontaktkörper selbst ganz unverändert bleibt, so war diese Wir-kung eine fast rätselhafte und erst die allerneueste Zeit hat die Er«klärung dafür gebracht. Wir kommen vielleicht später darauszurück, da es uns hier von unserem eigentlichen Thema zu weitabbringen würde.Diese Wirkung des Platins wurde von dem vor einiger Zeitverstorbenen Professor der Bergakademie in Freiberg in Sachsen,Clemens Winkler, im Jahre 1875 entdeckt, aber es bedurfte langer,intensivster Arbeit, um dieses Verfahren für den Fabrikbetriebbrauchbar zu machen. Inzwischen entdeckte man noch andersKörper, die ein ähnliches Verhalten zeigten, so daß heute derKampf zwischen Bleikammcrn und dem Kontaktverfahrcn, wie srhonerwähnt, zugunsten des letzteren entschieden ist. Das Platin zeigteauch sonst merkwürdige Eigenschaften. Die Gassclbstanzünder ent-halten sämtlich als wesentlichen Bestandteil Platin, das eine Per«brcnnung zwischen dem Leuchtgas und dem Lustsauerstoff ein»leitet, die zur Entflammung führt. Schon im ersten Drittel deSvorigen Jahrhunderts hatte Döbcreiner diese Eigenschaft entdeckt;er fand, daß Wasserstoff sich an der Luft entzündete, wenn er mitPlatinmohr, das ist sehr fein verteiltes Platin, in Berührung kam.Er konstruierte eine Zündmaschine, die aus einem Behälter bestand,in dem Wasserstoff entwickelt wurde. Der Wasserstoff entwich durcheine spitze Röhre, traf auf Platinmohr, das vor der Oeffnung be»festigt war und entzündete sich. So konnte man rasch Feuer an»machen. Noch eine Unzahl anderer Reaktionen ließen sich an»führen, in denen das Platin eine gleichfalls sehr merkwürdigeRolle spielt. Es dürfte deshalb nicht uninteressant sein, sich mitdiesem Körper in folgendem etwas näher zu befassen.Unter Edelmetallen versteht man im gewöhnlichen LebenSilber und Gold. Edel find diese Metalle, weil sie an der Luftsich nicht verändern und auch gegen andere chemischen Einwirkungenziemlich widerstandsfähig sind, jedenfalls viel widerstandsfähiger,als die anderen bekannten und verwendeten Metalle wie Eisen,Kupfer und Nickel. Das Platin und die ihm verwandten Metalle,vor allen Palladium und Iridium können aber den Namen„Edel»mctalle" noch in weit größerem Maße für sich in Anspruch nehmen.da sie noch weit widerstandsfähiger sind wie Gold und Silber;auch bezüglich der Haltbarkeit übertreffen sie diese Metalle. DieWiderstandsfähigkeit des Platins hat es zu einem unentbehrlichenHülfsmittel für den Chemiker gemacht, der aus ihm Platinticgclund Platinschalen herstellt, in denen er dann seine Analysen undVersuche macht, wenn andere Materialien, wie Porzellan, zu sehrangegriffen werden. Besonders wichtig ist auch die Eigenschaft desPlatins, erst bei sehr hohen Temperaturen zu schmelzen, so daßman die aus ihm gefertigten Gegenstände sehr starker Hitze aus»setzen kann, ohne daß sie schmelzen. Der Schmelzpunkt des Platinsliegt bei L000 Gr.. also einer Temperatur, bei der Eisesi, Nickel undKupfer schon längst in den dünnflüssigen Zustand übergegangenund zum Teil verdampft sind. Silber und Gold erleiden das gleicheSchicksal. Iridium schmilzt gar erst bei 2500 Gr., tvährcnd Palla»dium etwas niedriger, aber immer noch höher als die aiideren Me»talle schmilzt. Der hohe Schmelzpunkt wäre für die Verarbeitungdes Platins ein großes Hemmnis, wenn es nicht schon in der hellenRotglut weich, schweißbar und walzbar würde, sich also leicht ver»arbeiten läßt.Die erste Nachricht über daß Platin war im Jahr 1736 vonSüdamerika durch den Spanier Antonio de Ulloa nach Europa gc»bracht worden. Er nannte das silberweiße Metall Platina, einWort, das die Verkleinerungsform von Plata(spanisch— Silber)ist. Wollaston fand im Jahre 1803 in den Platinerzen noch zwe;dem Platin verwandte Metalle, Palladium und Rhodium, vondenen das letztere seinen Namen von der rosenroten Färbung seinerSalzlösung hat. Tennant entdeckte 1804 das Iridium und Osmiumund endlich Claus im Jahre 1845 das letzte der Platinmetalle, da<Ruthenium. Die wichtigsten dieser Metalle sind die schon oben-er»wähnten Platin, Palladium und Iridium. Neuerdings ist auchOsmium in erheblicher Weise zu gewerblicher Verwertung gelangt,da aus ihm die Glühfäden der elektrischen Osmiumlampe herge-stellt werden. Alle diese Mctalle zeichnen sich auch durch ihr hohe»spezifisches Gewicht aus. So wiegt ein Würfel aus Platin 1.1malsoviel wie ein gleich großer Würfel aus Gold, etwa 2mal soviel wieein Würfel aus Blei oder Silber, gmal soviel wie ein Stahl»Würfel, 8mal soviel wie ein Würfel aus Aluminium, 12�wal so»viel wie ein solcher aus Magnesium und endlich 21�mal soviel wieein Würfel aus Waffer. Osmium ist noch schwerer als Platin. Jn-kolge ihres hohen Schmelzpunktes dehnen sich diese Metalle bei dengeringen Temperaturschwankungen unserer Atmosphäre nur wenigaus und ziehen sich nur wenig zusammen. Bekanntlich dehnen sichalle Körper beim Erwärmen aus, um sich beim Erkalten wiederzusammenzuziehen. Darauf beruht ja die Verwendung des Queck»silbers oder des Alkohols im Thermometer. Als darum die fran»zösische Regierung das Urmaß für unser Längsmaßsystem�festlegenwollte, da schlug der mit der Aufsuchung eines geeigneten Mate»rials beauftragte Deville, ein sehr berühmter Chemiker, der sich inhervorragender Weise mit dem Plafin und den verwandten Mc-tallen beschäftigt hatte, eine Legierung aus 90 Teilen Platin und10 Teilen Iridium vor, aus der dann auch der in Paris noch heuteals Urmaß aufbewahrte Meterstab hergestellt wurde.Ein Blick auf die Gewinnung des Platins und seine Geschicht»ist nicht minder interessant.Wie schon erwähnt, wurde eS von einem Spanier Antonio deUlloa zuerst in Amerika entdeckt und bis ums Jahr 1810 wurdealle? Platin in Peu-Granada gewonnen. Bald stellte eS sich heraus,