William RamsayS berichtet. Durch diese neuesten Ergebnisse wird wohl alles in den Schatten gestellt, was das Radium an Ueberraschungen gebracht hat. Ramsay hat gefunden, daß die Radiumemanation nicht nur H e l i u m bildet, sondern in Gegen- wart von Wasser in Neon   neben Spuren von Helium übergeht. Und weiter wird die Emanation in Berührung gebracht mit wässerigen Lösungen von Silbernitrat oder Kupfersulfat, so wandelt sie sich in Xenon um. Bekanntlich sind Helium, Neon nnd Xenon, denen sich noch Krypton und Argon zugesellen, in geringer Menge Bestandteils unserer Atmosphäre und von William Ramsay   in derselben aufgefunden worden. Diese Gase zeichnen sich vor allen anderen Elementen dadurch aus, daß es bis jetzt noch nicht gelungen ist. Verbindungen dieser Gase mit anderen Elementen herzustellen. Aber damit noch nicht genug. Ramsay fand auch mit sehr grosser Wahrscheinlichkeit, daß aus Kupfersulfat   in wässriger Lösung in Berührung mit der Emanation Lithiumsulfat  gebildet wird, das weiteren Kreise wegen seiner blasensteinlösenden Wirkung bekannt ist. Es ist unzweifelhaft: wir stehen an einer Wende naturwissen- schaftlicher Forschung und Naturerkenntnis I Wir sehen, daß das Gesetz von der Erhaltung der Elemente, das besagt, daß kein Element sich in ein anderes umwandeln kann, umgestoßen wird. Ein Gesetz, das wir als Naturgesetz anzusehen gewohnt waren, wird von der rauhen Hand der Tatsachen zertreten. Staunend und freudig zugleich betrachten wir das Fortschreiten menschlichen Geistes und erkennen, daß das eine Opfer tausendfältig aufgesogen wird, durch den Gewinn neuer Erkenntnis und durch die Freiheit, die der Wissenschaft durch Fallen der Schranke geworden ist. Dem Urelement, das als Baustein zu den anderen Elementen gedient hat, die Wissenschaft ist ihm auf der Spur, und einmal wird das, was als Postulat naturphilosophischen Denkens sich unS mächtig aufdrängte, das Postulat der Einheitlichkeit aller Stoffe, als nackte Tatsache vor uns stehen. V. L. Kleines f euilleton* Mufik. Die überwältigende Bedeutung der Musikdramen Richard Wagners   hat seine unmittelbaren Vorgänger lange Zeit in den Schatten gestellt. Jetzt, bei ruhigerem Uebcrblick, wird es zu einer der wichtigsten Aufgaben unserer Musikpflege, das zu Unrecht Vcr- gcssene nicht nur wieder hervorzuholen, sondern ihm auch die gegen- wartigen Fortschritte der Darstellungskunst zugute kommen zu lassen. Aus jener Zeit biederer Gemütlichkeit und biederknüppeliger Ungemütlichkeit ragt über das damalige Niveau der Komponist Ludwig Spohr   beträchtlich hervor vbschon selber nicht frei von dem biedermeierischen Wesen, in welchem er zum Teile wurzelt. Geboren 1784, als einer der größten Violinmeister aller Zeiten viel in der Welt heruingekonmien, 1859 gestorben, war er seit 1822 Hoflapcllmeister in Kassel   beim hessenkasselischcn Kurfürsten vor- preußischen Andenkens. Zu ärgern hatte er sich genug über die rücksichtslos plaudernde Hofgesellschaft, der er mit seinem Orchester vorspielen mußte, und über die Verbitterung seines Lebensabends durch Serenissimus. Es ist begreiflich, daß neben seinen Welt- berühmten Violinwerken, die immer noch zu den feinsten Speisen der Geiger gehören, seine Opern jetzt mehr nur Sache der Pietät sind. Vor 84 Jahren, 1823, kam in jener Stadt sein berühmtestes Bühnenwerk heraus, dieI e s s o n d a". Der Inhalt baut sich auf die indische Sitte der Witwenverbrennnng auf und gipfelt in der Befreiung Jessondas durch einen sie liebenden Offizier der porbu- giesischen Erobererarmee. Der Text, verfaßt von E. H. Gehe, zeichnet sich wenigstens durch eine würdige BerSsprache aus. Es ist fürwahr eine gut sachliche Opferwilligkeit, wenn heute ein solches Werk von einer nur auf eigene Kräfte angewiesenen Operngescllschaft wieder hervorgezogen wird. Direktor Mar- witz, dessen allsommerliches Gastspiel im östlichen Schiller-Theater wir so oft mit Freude und Nachsicht begrüßt haben, hat dieses Opfer auf sich genommen und uns Donnerstag den ersten Abend dieser Neueinstudierung geboten. Möge sich das Publikum'durch den Hauch des Fremden und Alten nicht abschrecken lassen, das viele Gute aufzusuchen, das die Komposition und die Aufführung bieten! Auf ein raffiniertes Kolorit der indischen Welt müssen wir aller- dings verzichten. Man hört vielmehr hauptsächlich Kammermrisik und Konzertmusik unserer deutschen Großeltern. Wie man ein Quintett von vier Streichern und einer BlaSstimme damals zu komponieren pflegte, so ungefähr geht es von der Ouvertüre an bis zum Ende der Oper. Die bürgerliche Gemütlichkeit dieser Weise läßt sich auch durch große dramatische Wendungen nicht aus der Fassung bringen; und ui einer breiten Lyrik mit viel Blumen- duft geht es auf den' Wogen einer Musik hin, die sowohl für die Instrumente wie auch für die Singstimmen jedenfalls und ohne Ironie als einegute Musik" bezeichnet werden kann. Wer nicht durchaus starke Wirkungen sucht, kann dankbar sein, wenn er Ge- legenheit findet, sich in diese vornehme Kompositionsweise mehr und mehr zu vertiefen. Dann nimmt er es auch nicht übel, daß das Ganze in einer ziemlich geschlossenen metrischen Einförmigkeit dahingeht und oft eher das Bild einer Kasseler oder Wiener Tanz- Unterhaltung als das einer indischen Romantik erweckt. An bis Aufführung ist selbstverständlich nicht der Maßstak anzulegen, mit welchem wir ein fürstliches Opernhaus beurteilen, das über die reichsten Mittel verfügt; zumal dem hier wirkenden Orchester gegenüber muß man schon recht bescheiden werden. Damit aber kann uns jedenfalls das viele Wertvolle versöhnen, das sonst im Ganzen und in einigem Einzelnen geleistet wird. Vor allem wieder Margarete König in der Titelrolle! Der tiefdringende Ernst und die große schauspielerische wie auch gesangliche Ausdrucks- kunst dieser Sängerin lassen es milder beurteilen, daß ihre Gesangs- technik doch noch sehr einer Vervollkommnung bedarf. Ueberwinder die Sängerin durch fortgesetztes Studium ihre Mängel, so werden wir Wohl eine der allererstenHochdramatischen" vor uns haben. Außer ihr fiel uns noch ein junger Tenor auf, Oskar Groß, in der Rolle eines sanften Brahminenjünglings. Gerade für diese Rolle passen seine jetzigen guten Anfänge ganz wohl; aber es sind doch nur erst Anfänge. Neben dem volltönenden Basse von Albrecht Berg er und dem lyrischen Soprane von Klara Heintze gab es allerdings noch einige minderwertige Leistungen. Nicht zuletzt aber verdient die in anmutender Weise auf Rot und Grün gestimmte Bühnenausstattung ein vielleicht noch größeres Lob, als es den bekannten Finessen unserer»Komischen Oper" zukommt. sz. Aus der Pflanzenwelt. Der P a t f ch u I i- S t r a u ch, der im südlichen Asien   von Vorderindien bis in die Sunda-Jnseln hinein wächst, liefert den bekannten Riechstoff zunächst in Gestalt eines ätherischen Oelcs, das in den Blättern enthalten ist. Das daraus bereitete Parfüm ist die meisten werden wohl sagen: glücklicherweise seit einigen Jahren in Europa   wieder unmodern geworden, während es den Völkern des Orients stellenweise als etwas Unentbehrliches er- scheint. Daher ist die Pflanze, die zu den Lippenblütlern gehört und einen niedrigen Strauch etwa in der Höhe unserer gewöhnlichen Wachholdersträuche bildet, ein Gegenstand von nicht unbedeutendem Interesse für die Bewohner Ostasiens  , weil sie aus feiner An- Pflanzung und Aberntung einen beträchtlichen Gewinn zu ziehen vermögen. Der Patschuli-Strauch ist von einem Gelehrten des Botanischen Gartens von Buitenzorg   in Java, Dr. de Jong. im Journal d'Agrieulture tropicale" auf Grund neuer Untersuchungen botanisch und chemisch erforscht worden. Der ätherische Stoff kommt danach nur in den Blättern vor, während die Zweige und Wurzeln ganz unbenutzbar sind. Die Blätter sollen merkwürdiger. weise dann den höchsten Ertrag geben, wenn der betreffende Stiel 5 Blätter trägt. Frische Blätter gelten für die Patschuli- Fabrikanten, die ihren Hauptsitz in Singelpur haben, als minder- wcrtig für die Destillation, die vielmehr erst erfolgt, nachdem die Blätter getrocknet und dann gegoren sind. Von der Gattung Pogostemon gibt es etwa 39 Arten, die sämtlich einen starken Riech- stoff von ähnlicher Beschaffenheit, aber in sehr verschiedenen Mengen liefern. Die Benutzung im Orient geschieht übrigens weniger des vermeintlichen Wohlgcruchs wegen, sondern weil man glaubt, daß der starke Geruch Motten und Würmer, z. B. aus den kostbaren indischen Schals fernhält. Die Araber schätzen ihn außerdem als ein Schutzmittel gegen ansteckende Krankheiten. Die Essenz selbst enthält eine alkoholische Verbindung, die als Paffchulikampser br- zeichnet wird und deren künstliche Herstellung noch nicht gelungen ist, trotzdem die Zusammensetzung genau bekannt ist. Sie bildet ein Oel von mehr oder weniger tiefgrüner Farbe. Technisches. Die Dampfturbine und ihre EntWickelung. Unter den Erfindungen und Vervollkommnungen, die der Technik der Gegenwart, besonders aber der modernsten Schiffbautechnik, ihr Gepräge geben, ja, vielleicht unter allen wichtigen Erfindungen hat wohl keine eine so merkwürdige Geschichte aufzuweisen, wie die neuerdings so bedeutungsvoll gewordene Dampfturbine. Die Erfindung, den ausströmenden Dampf zur Umdrehung eines Rades zu benutzen, geht bekanntlich auf Hero von Alexandrien zurück, der um das Jahr 290 vor Christus lebte, und es muß daher im Grunds der Turbine ein recht stattliches Alter zugesprochen werden. In- dessen war die Erfindung Heros praktisch nichts anderes als ein Spielzeug, dessen sich niemand zu technischen Leistungen bediente; und so blieb denn die Turbine seit jener Zeit ziemlich lange, nämlich über 2999 Jahre, außer Verwendung, genau gesprochen, bis zum Jahre 1884 nach Christus, in welchem Jahre der bekannte Engländer Parsons die erste Dampfturbine, eine Maschine von 19 Pferdekräften, erbaute und zum Betrieb einer elektrischen Dynamomaschine verwandte. Diese Turbine erfreut sich jetzt im Londoner   South-Kensington-Museum   gebührender Verehrung. Heute, wenig über zwanzig Jahre nach diesem ersten Versuch, werden, so entnehmen wir einer Abhandlung desNautieal Magazine" über diesen Gegenstand, die beiden größten Passagier, dampfer der Welt, dieMauritania  " undLusitania" mit vier Turbinen von je 29 999 Pferdekräften getrieben. Das ist sicherlich eine der wunderbarsten technischen EntWickelungen, von denen die Geschichte der Wissenschaft zu berichten weiß, und sie wird noch erstaunlicher, wenn wir bedenken, daß das erste mit Turbinen be, wegte Schiff nicht früher als im Jahre 1894 vom Stapel gelassen wurde. Dies Schiff war dieTurbinia". ein kleiner Dampfer von nur 44 Tonnen Wasserverdrängung, den dank der unermüd, lichen Zähigkeit Parsons eine von ihm begründete Gesellschaft zu Versuchszwecken hatte erbauen lassen. Die Leistung der Turbine waren 1599 Pferdekräfte, und es wurde damit eine Geschwindigkeit