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Die fleine Kirche mit ihren weißgefalften Wänden und Arbeit an Stelle des Adels setzt und die neben den diversen Sports thren hohen Fenstern mit den grünen Scheiben fonnte nicht auch die Goldmacherei als eine Art Sport betreibt. In ihrem alle Gläubigen faffen. Die Türen waren weit aufgeriffen, Amerikaner stellt sie einen solchen Mann der eigenen Kraft auf die und die Gemeinde strömte mit entblößtem Haupte auf den Beine, der die Vorurteile feiner altadeligen verknöcherten Familie von der Sonne verbrannten Play. Das Jesuskind zeigte funde Vernunft in das morsche Stammschloß bringt. Die Geschichte verlacht und als Deklassierter eine starke Brise frische Luft und ges auf dem Altar feine lächelnde Sanftmut und sein leichtes wäre beffer gelungen, wenn Gabriele Neuter selbst mehr aus der Röckchen. Es war der Schutzpatron des Dorfes: Ein Heiligen guten Familie" heraustönnte. Denn fo radikal fte fich auch ge­bild, nicht größer als eine Zwergpalme, das aber troß seiner bärdet, die Kränze, die fie dem von Traditionen losgelöften Kleinheit in stürmischen Nächten die Barken derer, die die Eroberungsgeiste flicht, riechen ein wenig nach Lavendel und Thymian. besten Fischplätze erhielten, mit Aalen   zu füllen wußte und Das sind die Kräutlein, die im geschützten Heckengarten der alten Zeit noch andere, nicht weniger merkwürdige Wunder verrichtete, Propaganda Gabriele Reuters. Auch ihre Schreibweise verirrt fich gepflegt wurden. Davon geht ein Hauch über die demokratische wie sich die Weiber des Dorfes erzählten. immer wieder, wenn sie einen burschifosen Anlauf genommen, ins Damenhafte und landet mit sichtlichem Wohlgefallen bei der liebe vollen Familienfchilderung in der behaglichen Art der fcharmanten Unterhalterin. Ein erstaunlicher Blick für das Kleine, aber ein Ver fagen, wenn Tieferes aus den Begebenheiten herausgeholt werden soll. Der Autorin gelingt es daher besser, zu bildern als zu bilden. Und der Herauffömmling, den sie trog seiner Lebenstüchtigkeit dem Uebergangsmenschen aus aristokratischem Hause als bloßen Geldiac gegenüberstellt, segt die Dbjektivität der Verfasserin und ihre Er fenntnis sehr in Zweifel. Denn auch er ist ein Uebergangsmensch, und was ihm an altem Blut fehlt, wird er durch neue Werte er fezen. Der ästhetischen Kultur wird er seine gefunde Natur entgegent fezzen und das persönliche Verdienst wird sein Wappen zieren.

Von den weißen Wänden der Kirche hoben sich einige fehr alte, aus Klöstern stammende Heiligenbilder ab, Bilder von ungeheurem Umfange mit Scharen frebsroter Ver­dammter, die wie gekocht aussahen, und mit großen Reihen von Engeln mit Papageiflügeln, die mit Feuerschwerten auf sie losschlugen. ( Fortfehung folgt.)

Neue Belletristik.

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Carrh Brachvogel: Der Abtrünnige.( Bita. Deutsches Verlagshaus. Berlin.- Ch.) Etwas markiger in der Gestaltung ist dieses Buch weiblicher Autorschaft. Süddeutschland  als fatholisches Land wird dem Roman mehr Beachtung schenken und auch mehr Verständnis entgegenbringen, als Norddeutschland, das den Spaltungen innerhalb der katholischen Kirche   fremder gegen übersteht. Nicht diese Kirchenfragen mit dem Grundthema: Los von Rom interessieren uns, aber der anschaulich und packend heraus gearbeitete Ginzelfall dürfte auch für dogmenfreie Leier in seiner unaufdringlicher Schilderung anregend sein. Es ist die Geschichte eines Priesters, der sich aus der Luft des Weihrauchs, der fleisch lichen Kasteiung und der fanatischen Intoleranz aus dem religiösen Delirium in die Helle protestierender Bernunft rettet. Cr lehnt sich gegen den Wahnwiz päpstlicher Enzyklifen, gegen das Herrschaft Roms von sich ab. Die Verfasserin schildert nicht, wie in den zahlreichen Schmerzensbüchern priesterlicher Nöte, einen roman haften Seelenaufruhr, in dem, wie üblich, das Weib die Hauptrolle spielt. Ihr Abtrünniger macht vielmehr ganz logisch und naturnot­wendig einen Vernunftprozeß durch. Ueberzeugend ergeben leber zeugungen den Konflilt. Freilich, daß dieser innerlich freigewordene gebirglerische Priester- die Handlung spielt in einem ober­bayerischen Gebirgsort nunmehr Journalist werden will und noch dazu Berliner   Journalist, scheint mir wiederum höchst unvernünftig. Diese schablonenhafte Löfung gehört zu dem Papiernen, das dem Buch zum Teil anhaftet. Die ernste Anlage des Romans wird über­haupt stredenweise durch einen leeren fonventionellen Stil unter­brochen. Demgegenüber stehen aber wieder Stellen von über­raichender Kraft, wie z. B. das Kapitel vom sterbenden Angermeier, der mit seinem alten, ehrlichen, abgearbeiteten Mensch" in freier Gemeinschaft lebte und nun vom zelotischen Pfarrer nicht absolviert werden soll. Oder die Kernizene des Buches, in der dem Abe trünnigen das förperliche Heil des Kranken über das feelische Heil geht.... Hier ist den Dingen plastische Gestalt gegeben und das digterisch Gelungene hält dem Auftlärerischen die Wage.

Nobert Sauded: Dämon Berlin  ".( Deutsche  Berlagsanstalt, Berlin  .) Elektrische Lichter ftrahlen blendend einen Namen in die Nacht. Scheinwerfer laffen jäh ein Wort auf dem Straßenpflafter aufflammen Großftadtreklame! Büchertitel, die das ahnenmachende Wort Berlin   ebenso blendend ausstrahlen was find sie anders, als Reklame dieser Art? Durch die ver­heißungsvolle Etikettierung: Marke Berlin   Hoffen alle diefe problematischen Großstadtbücher ein gangbarerer Artikel zu werden. Aus diesem Grunde verzichtete auch Robert Saudeck nicht auf den verlockenden Titel" Dämon Berlin  ", obwohl sein Roman außer einigen Straßen- und Lokalnamen nichts spezifisch Berlinisches vorbringt. Nun, die Spekulation ift gelungen. Der Verlag zeigt bereits die 15. Auflage an. Bei Lichte besehen entpuppt sich unfehlbarkeitsdogma auf und schüttelt mit dem Amtskleid auch die diefes fingerfertige Buch als verwegene, manchmal ins Gedankliche gesteigerte, sozial verbrämte Kolportage. Der verbrauchte Titel Dämon Gold" hätte den Inhalt beffer getroffen. Der amerikanische Schriftsteller Lawson hat für das von diesem Dämon Gold" in Be­wegung gefeßte und ausgefüllte Seelenleben der Multimillionäre das Schlagwort: Rafende Finanz geprägt. Diefer rafenden Finanz, die natürlich in der Großstadt am stärksten grassiert, geht Sauded nach. Dabei kommt ein Stück nicht immer stimmende Großstadt Psychologie und ein an Saudeckschen Drähten bewegter Romanheld Heraus, dessen Wirkungsstätte das Warenhaus ist. Mit dieser Idee, das Getriebe des Großstadt- Warenhauses bloßzulegen und gewissermaßen eine wirtschaftliche Erscheinung zu fezieren, hält der Berfasser sein Publikum in Atem. Befagter Romanheld, in dem die rafende Finanz wütet, braucht nur anzuklopfen und alle Türen der Bank- und Warenhäuser öffnen sich ihm; er braucht nur den Mund aufzutun und die stilisierten Weisheiten perlen ihm heraus; er braucht nur den Finger zu rühren und er beherrscht Menschen und Dinge. Dieser fabelhafte Glückspilz ist aber nicht nur ein Gedanken­held, er ist auch ein Gedankenleser. Alles, was hinter den Stirnen der Hochfinanz vorgeht errät er und gibt dann abermals fnatternde Pointen von sich. Kurz diese Ausgeburt von Hintertreppe und literarischer Barmum- Routine hat im Handumdrehen das ganze, fo folid regierte Warenhaus des notabene christlichen Herrn Brügge­mann, der im Nebenamt ein Heiliger und Romantifer ist, auf den Kopf gestellt. Er diftiert dem Pöbel feinen Geschmack, spielt mit feinen Instinkten, versezt die Massen in Taumel. Vor diesem Tier­Bändiger und Reklamechef eines Warenhauses biegen fich die Börsen­fönige und die Stügen der Gesellschaft. So will es Herr Sauded. Doch auch auf diesen Erfolgsjäger wie tönnt es in einem mora­lischen Roman auch anders sein? lauert das Verderben. Der Geist des Finanzgenics wird zur Rechenmaschine, der Kaffenrapport ist ihm alles und die Zahlen stellen sich sogar zwischen ihn und die Schöne, deren höchste Gunst er eben genießen will. Also reif für Dalldorf. Wohl ihm- und uns. Bis auf dieses familien blattwürdige Ende, sieht der Saudediche Patentkert dem Stilgebauer­schen Musterknaben Göz verzweifelt ähnlich. Das Geftaltungs­vermögen des Autors ist wie bei Stilgebauer jeder Feinheit bar und auch die Zolasche Bose ist nur angeschminkt. Hierzu fehlt ihm vor allem die große Wahrhaftigkeit. Er braucht grobe Romaneffette und fagen wir höflich, die Leichtgläubigkeit" der Maffe. Derfelben Maffe, deren höhnende Porträtierung ihm im Buche am besten gelungen ist. Die Phraseologie stellt sich vor die Charakterisierung. In Saudeds Buch lebt ein großes Stück vom modernen Amerikanismus.

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Der Paragraphenlehrling. Von Walter Bloem  . ( Vita, Deutsches Verlagshaus. Berlin  - Ch.)

Schon im ersten Buche Walter Bloems:" Der fraffe Fuchs" stand hinter der Geschichte das Erleben. Dieser frische Hauch geht auch durch den vorliegenden Roman. Dort wurde die alte Burschen herrlichkeit aus der bengalischen Beleuchtung der Alt- Heidelberg­Romantik weggerückt und in das helle Licht der Wirklichkeit gesezt. Hier zerpflückt eine bitter- wehmütige Objektivität die Referendar­herrlichkeit. Der frasse Fuchs ist inzwischen Referendar in einem rheinischen Industriegebiete geworden, und während um ihn herum das Hämmern, Stampfen und Brausen der Arbeit er flingt, muß er als Baragraphenlehrling Lebenstatbestände in juristische Formeln umdenken. Der Verfaffer ist selbst Rechtsanwalt und, wie es scheint, einer, dem Menschenrecht über geschriebenes Necht geht. Darum mußte es ihm gelingen, das tote Baragraphen wefen in seiner ganzen mumifizierten Klaufelwirtschaft und Ber­ftaubtheit zu zeigen. Doch das wäre am Ende nicht mehr als ein trodener Tendenzroman geworden, wenn der Autor nicht auch das neben Dichter wäre. Dem trockenen Schematismus der Aften und der Aftenmenschen gegenüber läßt er das warm pulfterende Leben und die dem Leben dienende Arbeit bewegt und farbig auf fteigen. Er offenbart die Armseligkeit der öden Juristerei Gabriele Reuters neuer Roman Der Amerikaner" nidjt an doktrinären Amtsfällen, sondern am Reichtums ( Verlag S. Fischer, Berlin  ) sucht auch einen gewissen Anschluß an der Welt und und ihrer bleichenden Herrlichkeit. Die Natur den modernen Amerikanismus. Nicht wie Sauded hauptsächlich an blüht, das Wuppertal   liegt da als ein liebliches Bild, es die Mache, sondern an den Geist, an jene Denkungsart, die die lachen die Fluren und lachen die Mädchen. Und für die Menscheit