In einem Hofe der Nachbarschaft krähte der Hahn. Drunten in derSenkung lagen die Wiesen, vom Tan silbern schimmernd.Jörgine stand etwas abseits. Plötzlich sank ihr der Kopf niederwie ein Zugsignal, das fällt. Sie weinte.„Geh' Du man nach Hause, Jörginchen l' sagte Jespcr tröstendMtd drehte sie herum, in der Richtung auf ihr Haus zu.„Geh' Dulieber weg, Du brauchst hier nicht dabei zu sein!"Sie ging, ohne sich noch einmal umzuwenden. Sobald sieaußer Sehweite war, trat Thomas vor und schüttelte unter Schimpf-Worten die Faust vor Paul. Der antwortete nicht, sah sich aberWieder nach Teilnehmern seiner moralischen Empörung um.„Flach wie eine Kröte hämmere ich Dich!" rief Thomas unddrängte sich dicht an Paul, hob sich auf die Zehen empor vor ihm.Paul wich noch, aber fein Gesichtsausdruck wurde hart.Jesper hetzte:„Das darfst Du Dir doch nicht bieten lassen!"Aber Paul konnte sich noch nicht entschließen. Thomas ging rundum ihn herum und drohte und verhöhnte ihn.Erst als Thomas zu guterletzt Paul verächtlich ins Gesicht tippteund einen derben Schimpfnamen dabei sagte, entschloß sich Paul.„Ich bin nicht bange vor Dir!" sagte er scharf.„LoS also!" kommandierte Jesper und trat von beiden weg,indem er zugleich mit ausgebreiteten Armen die vorderen zurück-drängte.Nach altem Brauch begann man mit dem Armgriff. ThomoSund Paul packten sich am Oberarm; jeder suchte den anderen um-Aureitzen und so niederzuzwingen. Zu heftigen Bewegungen führtenrhre Anstrengungen nicht, man kam kaum von der Stelle; dennochstand beiden der Schweiß auf der Stirn.Beide spannten alle Kräfte bis zum äußersten an, spreiztendie Beine, machten die Rücken steif; die Hosen strammten sich überden Knien.Paul unterlag. Ganz plötzlich verlor er den Halt unter denFüßen, ein Fuß glitt aus in die Lust. Thomas schlug ihn zu Boden,daß es wiederhallte.Unter gewöhnlichen Umständen wäre der Kampf jetzt beendetgewesen, Paul hatte ja verloren. Aber Thomas ließ ihn nicht los,er hielt ihn am Boden fest und triumphierte:„Ho. ho I" DaSmachte Paul, der sonst bereit gewesen wäre, klein beizugeben,wütend; er schlug Thomas die Nägel in den Hals. Und so beganndie zweite Tour, die gewöhnlich blutig verläuft.Alles ging unter Schweigen vor sich; Jesper stand wie aufNadeln vor Interesse.Alle Prügel bekam Paul. Thomas trommelte ihm mit denKnöcheln auf dem Schädel herun» und betäubte ihn beinah, er bogihm Kopf und Füße zusammen, er hämmerte ihm auf dem Rücken,Verwimste ihn windelweich nach allen Regeln der Kunst.Aber da Paul keinen besonderen Widerstand leisten konnte undendlich solchen ganz aufgab, bereute Thomas und ließ etwas nach.Diesen Augenblick benutzte Paul, ihm ein paar Fußtritte an denKopf zu versetzen. Als Thomas so bösen Lohn für seinen Edelmutbekam, stieg sein Zorn wieder, er hatte nun neues Unrecht zurächen. Zuletzt lag Paul wie ein Holzklotz da. so verprügelt, daßer sich nicht mehr rühren konnte.Thomas saß rittlings auf ihm und bearbeitete ihn; Paul sahmit kranken Augen auf.„Schlag nur zu!" sagte er gequält, schüttelte den Kopf und ließdie Arme niederfallen.„Schlag mich doch gleich ganz tot, wenn Dueinmal dabei bist!" Und Thomas schlug ihm die Faust ins Gesicht.Schließlich legten sich die Zuschauer inS Mittel:„Hör aus jetzt,Thomas, laß ihn liegen", sagte Jesper.„er hat nun genug I"Ungern erhob sich Thomas, er hätte gern noch weiter geprügelt.lFortsetzung folgt.)(Nachdruck verboten.)I�epal, das Land der GebelmmlTe.Von Dr. I. Wies e.Kürzlich ist in London der Premier von Nepal, der MaharadjahSir Tschandra Shan Sbere Dung, eingetroffen und als Gast derenglischen Nation mit königlichen Ehren empfangen worden. DerMaharadjah, der Beherrscher des klemen Staates Nepal, der mitder britischen Regierung Unterhandlungen wegen Tibet pflegenwill, wird während seines gegenwärtigen Aufenthaltes in Europaauch anderen Hauptstädten, wahrscheinlich auch Berlin, einen Bc-juch abstatten. Er ist mit reichen Schätzen beladen und unter Eni-faltung eines echt orientalischen Pompes in die britische Haupt-stadt eingezogen. Vier, Söhne, die bereits Generale waren, als siedas Licht der Welt erblickten, mehrere Verwandte, Köche, Aerzte,Ossiziere und eine ganze Anzahl Diener bildeten seine Begleitung.In vier Kisten, die einem isarg ähneln und aus denen bewaffneteWächter hockten, sind die Diamanten, Rubinen, Türkisen, Saphireund sonstigen Schmucksachen untergebracht, in 40 Kisten die Uni-formen, dazu kommen 12 Zelte, zwei mit Wasser aus dem Gangesgefüllte Krüge, 60 Koffer, ein Spind, ein Geldschrank, zwei Blumen-stöckc samt einem Hund ans Tibet und zwei Vögel in Käfigen. Mansieht, daß die Reise des Maharadjah aus dem Reinen Bcrglandin Ostasien nach dem fernen London gewaltige Vorbereitungen cr-sordert hat. Nur ivenige sind über den kleinen, in einer Art losenLehiisverhältnisses zu China stehenden Staat unterrichtet; selbst inden weitesten Kreisen sind Land und Leute unbekannt, so daß esschon aus diesem Grunde interessant sein dürfte, nähere Einzel-heiten darüber zu erfahren.Wie man weiß, ist Indien von dem übrigen Asien durch diegigantische Bergwand des Himalaja getrennt, die von« Brahma-putra bis zum Indus eine ununterbrochene Kette bildet. Zwischenden Gebirgen, die diese Schranken bilden, befinden sich von ver-schiedenen kriegerischen Stämmen bewohnte Täler oder kleine Reiche.Das bekannteste und berühmteste dieser Reiche ist Kaschmir; dasinteressanteste, mächtigste und zugleich das bei weitem unbekanntesteist Nepal. Die Länge des letzteren beträgt ungefähr 700 Kilometer,seine Breite geht nicht über 150 Kilometer hinaus. Man hat.natürlich in sehr unbestimmter Weise, seine Oberfläche auf 147 000Quadratkilometer geschätzt. Nepal ist das einzige Königreich, dassich die Unabhängigkeit bewahrt hat und niemals durch einenfremden Eroberer unterdrückt worden ist; es ist das einzige, dasden muselmännischcn Invasionen entgangen ist. Vergebens habendie Chinesen von der einen, die Engländer von der anderen Seitesich dieses Landes zu bemächtigen gesucht. Die Natur hat Nepalmächtigere, natürlichere Vcrtcidignugsmittel gegeben, als Menschen-Hände sie errichten können. Am Fuße des Gebirges selbst, das manüberschreiten mutz, bevor man in das Land dringt, befindet sich einbreiter Streifen� sumpfiger Wälder, das Tarai, dessen Miasmenwährend des größten Teiles des Jahres für den Menschen geradezuden Tod bedeuten. Hat man diese furchtbare Gegend hinter sich,so hat man vor sich das Massiv des Himalaja, das an bestimmtenPunkten geradezu eine steile Mauer bildet, die man nur aufPfaden von einigen Zentimetern Breite überschreiten kann; nachder tibetanischen Seite sind die Schranken nicht weniger furchtbar.Alle großen Städte Nepals und besonders Khatmandu findensich m einem Tale vereint, das man mit dem Boden eines Beckensvergleichen könnte, dessen Wände von den Bergen des Himalajagebildet sind. Seine Länge beträgt 30, seine Breite 20 Kilometer.Dieser Gegend legen die Einwohner die Bezeichnung Ncpaltal bei.Es ist der einzige zivilisierte Teil der Gegend; die Gcbirgshöhen.dw dieses Tal umgeben und ihm gleichsam eine Krone ewigenSchnees aufsetzen, bilden die höchsten Massive des Himalaja. Unterihnen erhebt sich der Gaurisankar oder der Mount Evcrest, dessenHöhe 8340 Meter beträgt, d. h. fast mehr als das Doppelte desMoni Blanc. Von allen Punkten des Tales bemerkt man seinefurchtbaren Massen, die kein Menschcnfuß bis jetzt überschreitenkonnte.Das Nepaltal ist übrigens die einzige Gegend dieses Lande?.die bekannt ist. Kein Europäer, mit Einschluß des englischen, inKhatmandu residierenden Ministers, hat das Recht, über seineGrenze hinauszugehen. Als der englische Gcneralstab die KarteIndiens durch die Nepals ergänzen wollte, war er gezwungen,Hindus nach dort zu schicken, die unter den verschiedensten Ver-kleidungen reisten. Aber die Auskünfte, die sie von dort mit-brachten, sind sehr oberflächlich, und die nach diesen Auskünften an-gefertigte Karte ist sehr unvollständig.Das Tal erfreut sich eines gemäßigten Klimas und besitzt einesehr schöne Vegetation. Die Milde der Temperatur, die Schön-heit der Landschaften, das pittoreske Aussehen der Städte machenNepal zu einem der herrlichsten Länder Indiens. Im Januarkann man dort die verschiedcnstcu Arten Rosen blühen sehen. Allent-halben ergötzt sich das Auge an Orchideen, Begonien und Rhododen-dren. Die Kmiiferen-Wäldcr bedecken den mittleren Teil der Ge-birge. Die Bewohner bauen hier Getreide, Gerste, Reis, Senf,Knoblauch, Safran, Ananas, Zimmct, Kartoffeln, Zuckerrohr usw.Fruchtbäumc, besonders Zitronen, Orangen, Aprikosen sind zahl-reich vorhanden und bilden Dickichte, die die Dörfer in Grünkleiden und mit Duft erfüllen. Reich wie seine Flora ist auch dieFauna Nepals, doch ist sie hauptsächlich an Raubtieren reich. KeineGegend Indiens befitzt eine solche Anzahl von wilden Tieren. DieLeoparden, Tiger, Schlangen, Rhinozerosse sind sehr zahlreich. Dieerstcrcn durchstreifen die Dschungeln aller Gebirge und tragen keineBedenken, auch den Menschen anzugreifen. Am meisten richtet sichder Angriff gegen das Acker- und Herdenvieh. Aber die Nepalesenfürchten sie nicht; stoßen sie bei Tage auf diese wilden Tiere, sogreifen sie sie furchtlos mit einem einsacken Jagdmesser an. WildeElefanten leben in Menge am Fuße des Himalaja im Tarai. Geradeaus dieser Gegend kommen die heute im übrigen Indien ver-ivendeten Elefanten. Das Kleinvieh ist selten in Nepal infolgeMangels an Weiden, die man nur am Fuße des Gebirges trifft.Büffel, Schafe, Ziegen usw. werden aus Tibet importiert. Da-gegen ist das Geflügel zahlreich vorhanden, man läßt Hühnerund Tauben des Tags über in den Reisfeldern umherlaufen undschließt sie gegen Abend ein.Khatmandu, die gegenwärtige Hauptstadt Nepals, ist eineStadt von etwa 00 000 Einwohnern. Nach der Tradition ist sieim Jahre 7W unserer Zeitrechnung gegründet worden; sie stehtsowohl in bczug auf Reinlichkeit wie Architektur den andereirgroßen Städten Patau und Bhatgaon nach; besonders der Palastdes Kaisers beansprucht nur geringes Interesse; Dang Bhahadurhat ihn in einem etwas italienischen St,l erbauen lassen, die ver-schiedcnstcn Teile dieses Bauwerkes aus Steinen, Ziegel oder Holzmachen den sonderbarsten Eindruck. Indessen bemerkt man in derStadt einige alte Paläste reicher Würdenträger, deren Fassadenprächtige Skulpturen aufweisen. Einige Räume der Reichen sindin europäischer Manier möbliert: aber die mit großen Kosteii ausEnglisch-Judicn herbeigeholten Möbel sind in der eigentümlichstenUnordnung aufgestellt. Meist erkannten die Besitzer ihre wirk«