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Kleines feuilleton.
Aus dem Pflanzenleben.
Baffer enthaltenden Schleimhäuten der Menschen das Waffer zu feuchter zu sein pflegt als in den Morgen- und Mittagstunden. Bek entziehen, und auf diese Weise ruft sie Trockenheit des Mundes, der der Regelmäßigkeit, mit der die Fortschaffung des Regen und Rehle und der übrigen Luftwege im Organismus hervor und führt Schneewassers in den modernen Großstädten zu allen Tageszeiten Reizungszustände, ja Erkrankungen herbei. Darum entstehen bei gleichmäßig vorgenommen zu werden pflegt, wird man die stärkere trodenem Dst oder Nordwind so leicht Krankheiten der Atmungs - abendliche Feuchtigkeit nicht durch Vorhandensein größerer Nieder organe. Schon diese Erfahrung mußte Anlaß geben, die Feuchtig schlagsmassen erklären können, man wird viel mehr annehmen müssen, feitsverhältnisse der Luft bei verschiedenen Bedingungen zu unter daß die Luftbewegungen, die ja in den verschiedenen Tageszeiten suchen. Zu den wichtigsten Bedingungen für die Luftfeuchtigkeit verschiedene Durchschnittsstärke haben, sich auch bei der Luftfeuchtigs gehört die Lufttemperatur: Je wärmer die Luft ist, um so mehr feit in Stadt und Land ganz verschieden bemerklich machen, und Wasserdampf tann sie in sich aufnehmen, um so mehr davon ist diese Einflüsse wird man allerdings noch genauer studieren müssen, fie also auch geneigt zu erhalten. Nun ist schon erklärt um zu sehen, wie sie sich neben denen der Straßenreinigung bemerk worden, daß in großen Städten die Luft wärmer zu sein lich machen. pflegt als in der Umgegend, man sollte also meinen, daß in diesen Städten die Luft feuchter ist, und in dieser Erwartung ging man denn auch an die Untersuchung heran. Es zeigte sich aber auch hier wieder, wie wichtig die eigene Beobachtung ist, wie sie andere Ergebnisse zeitigt, als man erwartet hatte; denn in der Tat ist die Luftfeuchtigkeit in der Stadt geringer, als zur gleichen Zeit außerhalb des Stadtgebietes. Diese Feuchtigkeitsdifferenz ist auch nicht etwa unerheblich. Wenn man ein ganzes Luftschiffahrt im Pfanzenreich. Eine sehr große Jahr hindurch die Luftfeuchtigkeit an einem Drt mißt, so findet man, Bahl von Pflanzen verdankt die riesige Verbreitung, die sie auf daß der Feuchtigkeitsgehalt in diesem Zeitraum start wechselt der Erdoberfläche gewonnen hat, der Anpassung ihres Blütenftaubes schon deswegen, weil ja auch die Lufttemperatur während eines oder ihrer Samen an die bewegte Luft. Bei nicht wenigen Pflanzen Jahres recht verschiedene Beträge annimmt; vergleicht man nun den arten finden wir die Einrichtung, daß der Blütenstaub durch blumens Höchstbetrag der Luftfeuchtigkeit in einem Jahre mit ihrem Mindest- besuchende Insekten von Blüte zu Blüte übertragen wird, viele haben betrag in der gleichen Periode, so ist der Unterschied zwischen beiden stachelige Früchte, die sich mit Widerhaken an allerlei Tiere festsetzen nur etwa doppelt so groß als der Unterschied der Luftfeuchtig und von diesen über Land getragen werden, und auch das Meer feit in Stadt und Land. Zu diesem, wie man sieht, recht ansehn hilft durch den Transport widerstandsfähiger Früchte, z. B. Koloss lichen Unterschied zwischen ländlicher und städtischer Luftfeuchtigkeit nüffen, Pflanzenarten berbreiten. Was will das aber alles befagen ist man aber nicht etwa, wie man vielleicht annehmen möchte, da- gegen die Macht eines Sturmes, der die Sporen der Pilze und burch gelangt, daß man zufällig eine Stadt in Betracht zog, bei der Algen, den Blütenstaub vieler Pflanzen und auch leichte Früchte der Unterschied gerade ganz besonders groß ist, sondern man unterzog viele Meilen zu verbreiten imstande ist! Die Allgewärtigkeit die Zustände in mehreren geographisch und klimatologisch von einander der Bazillen ist der bewegten Luft zuzuschreiben. Seßt man recht verschiedenen Großstädten in der Weise der Betrachtung, näm- eine angefeuchtete Papierfläche dem Winde aus, so ist sie schon lich von Berlin , Breslau , Wien und Paris , wenn überall das gleiche nach wenigen Stunden sehr reichlich mit angeflogenen Sporen, Verhältnis obwaltet, tann es sich nicht um besonders lokale Eigen- Bollenkörnchen und dergleichen besezt. Es ist nun feine Frage, daß tümlichkeiten handeln, sondern es muß der Charakter der Großstadt die Luftschiffahrt im Pflanzenreiche durchaus passiver Natur ist. Wir als solcher zum Ausdruck kommen. Unter diesen Umständen ergibt finden fein bewußtes Lenken des Fluges, wie bei fliegenden In fich ganz von selbst die Frage: Wieso ist in Großstädten die feften, Vögeln, Fledermäusen usw., sondern nur eine völlig willen Luftfeuchtigkeit geringer als auf dem Lande, trotzdem die lose Hingabe an die bewegte Luft. Dieses Fehlen jeder bewußten höhere Lufttemperatur der Städte dort sogar einen größeren Flugtätigkeit hat natürlich die Wirkung, daß zahllose Pollenförner, Feuchtigkeitsgehalt der Luft erwarten ließe? Um diese Frage Sporen und Samen die für sie günstigen Pläge nicht erreichen und zu beantworten, fönnte man zunächst daran denken, daß die Luft zu Grunde gehen. Dies wird dadurch wieder ausgeglichen, daß die in der Großstadt sich auch in einer anderen Beziehung sehr wesent Natur alles, was zur Verbreitung durch den Wind bestimmt ist, in lich von der auf dem Lande unterscheidet, nämlich durch ihre Reinheit. unglaublich großen Mengen erzeugt. Aljährlich im Mai gibt uns In der Großstadt gibt es Fabriken, Bahnhöfe, in den vielen Wohn- das Blühen der Kiefer ein Beispiel davon, wenn sie ganze Wolken räumen sind auch viele Kochherde und Defen in Tätigkeit; alles gelben Blütenstaubes ausschüttet, die ja auch zu der Sage vom dieses entsendet in die Luft viel Rauch und Ruß und andere chemische Schwefelregen Veranlassung gegeben haben. Die Pollenförnchen der Substanzen, die in der Begleitung von Kohlen aufzutreten pflegen, Stiefer erweden noch ein besonderes Interesse. Sie sind nämlich besonders Schwefelverbindungen. Diese chemischen Körper, die wir rechts und links mit je einer blafigen hohlen Auftreibung versehen, als Verunreinigungen der Luft bezeichnen, haben zum großen Teil die das Pollenforn wie mit zwei Miniaturballons umgeben. ebenfalls ein starkes Bestreben, die Feuchtigkeit anzusaugen, ja manche Durch diese Ballons wird die Schwebefähigkeit der Pollenvon ihnen übertreffen darin fogar die Luft. Man könnte also förner ganz erheblich vermehrt; sie sind im Verhältnis zu meinen, indem sie den Wasserdampf an sich reißen, wirken sie ge- ihrem Umfange so leicht, daß sie ungewöhnlich lange in der wissermaßen austrocknend auf die Luft, und als Resultat müßte die Luft bleiben, ehe sie zu Boden sinken; die Wahrscheinlichkeit, daß sie geringere Luftfeuchtigkeit in der Stadt fich zeigen. Aber diese Be eine weibliche Blüte erreichen können, ist also sehr groß. Mit dieser trachtung, so schön fie an sich erscheint, wird durch einen Umstand Flug- oder richtiger Schwebe- Einrichtung, die außer der Kiefer auch widerlegt. Der Unterschied der Luftfeuchtigkeit in Stadt und Land ihre nächsten Verwandten besigen, steht die weite Verbreitung dieser ist nämlich nicht im ganzen Jahre gleich groß, sondern in den ein- Nadelhölzer in Zusammenhang. zelnen Jahreszeiten sehr verschieden, im Sommer ist er größer als im Winter, das heißt, im Winter nähert sich die städtische Lufts feuchtigkeit der ländlichen mehr als im Sommer, im Winter ist die Stadtluft feuchter als im Sommer. Nun werden aber im Winter die Stubenöfen geheizt, im Sommer nicht, im Winter ist also die in die Luft gesandte Menge verbrannter, die Luft verunreinigender Stoffe größer; fie müßten also in der fälteren Jahreszeit die Luft noch mehr austrocknen als in der warmen, und demzufolge müßte die Luft im Winter trockener fein als im Sommer, während doch Die Lebensfähigkeit dieses Prinzips zeigt sich auch durch feine die Beobachtung das Gegenteil lehrt. Die in der Luft enthaltenen weite Anwendung bei der Verbreitung von Früchten, obwohl diese Berunreinigungen fönnen also nicht die Ursache sein. Es bleibt erheblich schwerer find als Pollenförner. Eine sehr häufig anzu dann die Möglichkeit, daß die Luft in der Stadt weniger treffende Schwebevorrichtung sind federige Anhängsel an fleine Wasservorräte findet, aus denen sie Dampf entnehmen kann, Samenförner, wie sie zum Beispiel die Weiden und die im Reife so daß sie, trog größerer Neigung, wegen höherer Tempe- zustande als Buftblume" bekannte Butterblume zeigen. Diese ratur mehr Wasser Bu berdunsten, dieſem Bedürfnisse federigen„ Aeroplane" sind auch bei den Disteln und vielen anderen nicht genügen fann. Und bei dieser Erklärung muß man sich zurzeit bekannten Körbchenblütlern anzutreffen, also gerade bei einer sehr in der Tat bescheiden. In der Großstadt werden nach jedem Regen- hoch organisierten Pflanzenklasse. guß sofort die heruntergefallenen Wassermengen zum großen Teil Eine zwar immer noch völlig unbewußte, aber in gewissem Sinne durch die Straßenreinigungsanstalten beseitigt, sie haben also teine doch beeinflußte Regelung des Fluges ist bei den Samen der Eschen, Gelegenheit, in die Luft zu verdunsten, während das Regenwasser Ahorne, Ulmen, Linden usw. zu bemerken. Jedermann kennt die auf dem Lande liegen bleibt und in die obersten Schichten der Erde flügelartigen Ansätze bei den Samen dieser Pflanzen. Sie sind bei einsidert; sowohl das oberflächlich liegende Wasser verdunstet, als alledem zu groß, als daß der Wind sie weit transportieren könnte. auch das in die lockere Erde nur oberflächlich eingedrungene. Diese Aber da es fich hier vorwiegend um Bäume handelt, so genügt es, Erklärung wird auch dadurch bestätigt, daß der im Winter häufig wenn die Samen nur eine Kleine Strecke weit fortsegeln, um einen fallende Schnee nicht so leicht beseitigt werden kann, als das sommer- Blag zu erreichen, der vom Baume nicht mehr beschattet ist. Sehr liche Regenwasser, im Winter hat also die Luft vielmehr Gelegenheit, schön ausgeprägt ist dieses Segelprinzip bei einer erotischen Pflanze. fich mit Wasser, nämlich mit Schneewasser, zu sättigen, und darum Der Same ist von einem feidenglänzenden Flügel so umgeben, daß ist im Winter die Stadtluft feuchter als im Sommer. Die er fast wie ein Falter aussieht. Der Schwerpunkt des Ganzen liegt Frage wird aber noch komplizierter, wenn man die durchschnittliche so, daß der fallende Same nicht senkrecht herabfallen kann, sondern Luftfeuchtigkeit zu den verschiedenen Tageszeiten in Betracht zieht. in schaukelnden Bewegungen auch bei ruhiger Luft einem Schmetter Dann ergibt sich nämlich, daß die Luft am Abend in den Städten linge gleich längere Zeit dahingleitet, ehe er zu Boden gelangt. Berantw. Redakteur: Emil Unger, Grunewald.- Druck u. Verlag: Vorwärts Bucheruderei u.Berlagsanstalt Baul Singer& Co..Berlin SW
Bu jener früheren Periode unseres Erdkörpers, als die Nadel hölzer entstanden, gab es die heutigen Fluginjeften noch nicht. Als diese Tierklaffe erschien, erfolgte eine neue Anpassung. Es bildeten fich Blüten zur Anlockung von Insekten, die mit weniger Material verschwendung die Befruchtung bewirkten. Das Prinzip der Ver breitung durch den Wind kann aber nicht als überlebt gelten, denn sonst fönnten nicht Ulmen, Hafeln, Nadelhölzer jeder Art und andere Windblüber" noch immer eine so große Verbreitung befizen.