Wie Bei einem anderen Kranken sprangen sofort die Schüler hinzu, um ihn dabei zu stützen. Volter war der erste, der seinen Freund hielt. Lassen Sie dasl" rief ihnen der Stabscvzt barsch zu. »ÜCer kann sich schon allein halten." Lange klopfte er an Weiners Brust und Rücken herum, «nd an vielen Stellen setzte er sein Hörrohr an. Wollen Sie mal probieren?" wandte er sich darauf an den Assistenzarzt. Dieser machte dieselben Versuche. Ich kann nichts entdecken!" sagte er danach achselzuckend zum Stabsarzt. Geben Sie ihm dritte Form blank!" rief der Stabsarzt Sergeant Jacoby zu und ging weiter. Der letzte war Volter, der das Zimmer verließ. Er warf seinem Freund zum Abschied noch einen aufmunternden Blick zu. lFortsetzung folgt.) (Nachdruck verboten.) Oer Spiritismus. Vor kurzem hat wieder mal ein weiblichesMedium" von sich reden machen, insofern es sich wegen Betruges verhasten lieh. Die Polizei, die Räuber und Messerstecher so oft mit Schweißhunden vergeblich sucht, entdeckte mit kühnem Griff einen Schleier im Bermel  der vierdimensionalen Jongleurin und inhibierte die weitere Zauber- Vorstellung, sehr zum Verdruß der Anwesenden, die sich aus den besten Kreisen" rekrutiert haben sollen. Die Fülle der mystischen Tempel und Tempelchcn Berlins  , bis herab zur verschwiegenen Hinterstube der Kartenlegerin und Kaffeesatz-Deuterin, wird aber auch leider von der minder bemittelten Bevölkerung so ausgiebig in Nahrung gesetzt, daß es angebracht scheint, einmal auseinanderzusetzen, was denn die Wissenschaft, so weit sie vorurteilslos ist, von dem ganzen Spektakel hält. Borsichtige Kritik ist hier ebenso am Platze, wie vorgefaßte Meinungen vom Uebel find. Das beweist schon das Schicksal des Hypnotismus, der bei seinem Wiederauftauchen vor nicht allzu langer Zeit fast von der gesamten Wiffenschaft für Taschcnspielerhumbug erklärt wurde. Heut sind die hypnotischen Erscheinungen hinreichend studiert, in. ihren Wurzeln aufgeklärt und daher wissenschaftlich voll- kommen anerkannt. Man darr sich mit Recht wundern, daß derselbe Zeitraum nicht auch eine Aufklärung über die angeblichen spiritisti- schen Phänoniene brachte. Aber da haben wir gleich den grundiätz- lichen Unterschied:. den HypnotismuS kann jeder xbeliebige Mensch an jedem anderen xbeliebigen nachprüfen; auch vor einer bei hellstem Tageslicht versamnielren Gelehrtengesellschaft bleiben die hypnotischen Erscheinungen absolut und immer die gleichen. Die speziell spiritisti- schen Manifestationen haben aber bisher in der ganzen Welt die bedauerliche Eigenschaft gezeigt, daß sie in Gegenwart eines zwcifel- süchtigen Naturwissenschaftlers versagen. Die orthodoxen An- Hänger erklären das damit, daß die Geister nun eilimal eigen- willig und zur Fopperei aufgelegt sind und daß sie überhaupt die Gegenwart eineS ungläubigen Spions nicht mögen. Kurz gesagt, gibt es also noch gar keinen streng wissenschaftlichen, das heißt nach naturwissenschaftlicher Methode uniersuchten Spiritismus m a n g e l s des zu untersuchenden Objekts. Dies ist erstaunlich bei der Menge vonSeancen", die z. B. in Berlin   allein stattfinden. Aber mir, wie allen anderen Untersuchern, die bestrebt waren, die Sache zu prüfen, ging es gleichermaßen so: man wird erst darüber ausgeholt, wie man sich zum Spiritismus stelle und was man bei der Sitzung zu tun gedenke. Dringt man dann endlich auf das Stattfinden der angebotenen Demonstration, so setzt es Ausflüchte, wie sie krauser manchmal kaum gedacht werden können. Dasselbe sagt Albert Moll   in derZeitschrift für Religionspsychologie": Sie versprechen die Sitzungen, und wenn sie unter wissen- schaftlichen Bedingungen stattfinden sollen, kommt bald eine Migräne, bald ist eine Verwandte gestorben, so daß nicht die nötige Stimmung da ist, bald ist das Medium verreist; immer Aus­reden." Betrachten wir also, was die Spiritisten behaupten und be- richten oder was sich an kleineren Erscheinungen auch ohne mit- wirkende Seance der Gläubigen jederzeit hervorrufen läßt. Der höhere Wesenskern des ganzen Getriebes ist die Lehre, die mensch- licho Seele sei unsterblich und könne mit der Nachwelt vermöge bisher unbekannter Kräfte in Verbindung treten. Die Aeußerungen der Geister sind sozusagen unartikuliert und werden am besten durch eine besonders veranlagte oder dressierte Mittelsperson, eben das ,, M e d i u m", unserem Verständnis erschlossen. Man sieht schon, diese Lehre ist eigentlich sehr wenig originell und hat verzweifelte Aehnlichkeit mit dem Gespenster  - glauben, von dem sich die Kulturwelt erst eben mühsam befreit glaubte. Es gibt noch viele Iveit zurückgebliebene Naturvölker, bei denen dies System in voller Blüte steht. Das Medium heißt dort Schamane" und ist eir e Art Prophet, der eines Tages seinen wahren Beruf entdeckt und, angeblich durchgöttliche" Inspiration getrieben, in Zuckungen verfällt spiritistischTrance" geheißen), bis ihm der Schaum vom Munde laust und er irre redet wie mir je eine Pythia von Delphi oder Groß-Berlin. Eine neue Er« findung ist dies Nervenstadium also keineswegs und ich bezweifle sogar, daß die hiesigen Künstlerinnen des Fachs eine so großartige und eindrucksvolleTrance" fertig kriegen, wie ihre Kollegen im tiefften Sibirien   oder im dunkelsten Sudan  . Eins ist indes ohne weiteres klar: daß dies Gcbahren und diese Lehre sozial schädlich sind, weil sie, in Afrika   wie in Berlin  , den Künstlern der hysterischen Grimasse ein Uebergewicht über die verblüfften Zuschauer gewähren; ein Uebergewicht. das die besonnene Erkenntnis verwirrt, zu planlosem Handeln aufs Geratewohl verleitet und vor allem den Gläubigen die Gelder aus der Tasche lotst. Sozial bedenklich ist noch nicht das Vorhanden» sein von nervös reizbaren und zuMedien" geeigneten Personen, so lange sie nur Studienobjekte abgeben würden. Aber die Massenhaftigkeit des Geschäftsbetriebes bildet einen fühlbaren Wider- stand gegen die Aufklärung. Es muß allerdings gesagt werden, daß viele Medien erst im Laufe der Zeit der Versuchung erliegen und in die Karriere des Humbugs abschwenken; denn die Nachfrage nach Taschenspielerschwindel ist immer noch größer als das vorhandene Angebot und in die Wartezimmer mancher Orakeldamen muß der Be« sucher außer der wohlgefüllten Geldkatze eine längliche Geduld mit- bringen. So bringt es die Konjunktur mit sich, daß bis jetzt fast alle bekannten undangesehenen" Medienentlarvt" wurden, weil sie zum mindesten den guten Absichten der Geisternach- halfen". Wissenschaftlich steht der Betrug in diesen Fällen fest; ob auch juristisch, ist eine Doktorfrage. Die Unentwegten fühlen sich seltengeschädigt", und es erscheint ihnen belanglos, ob ein Schleier iin Bermel   oder eine Apfelsine im Unterrock nach« gewiesen wird. Aus der Geschichte des Spiritismus wäre zuerst der listenreiche Odysieus zu erwähnen. Homer   schildert ausführlrch seinen Verkehr mit den Seelen der Verstorbenen. Medium Odysieus bedient sich noch nicht eines klopfenden Tisches, um die Verbindung mit der Geister» Welt herzustellen, fondern er nimmt seltsame Opferzeremonien vor. So ein antiker Bronzetisch wäre auch schwerlich ins Wackeln geraten, selbst unter den vereinten Kräften einer ganzen Tafelrunde; die Geister lieben auch heute die schweren eichenen Eßtische nicht. Odysieus erfährt bei der Gelegenheit vom verstorbenen Kollegen Achill  , eS sei bedeutend angenehmer, auf Erden Hausknecht zu iein, als bei den Schatten König zu spielen und Zehnender zu pürschen. Die? ist immer noch die einleuchtendste Mitteilung, die der Spiri- tismus bis jetzt aus dem Jenseits erhalten hat. Der hervorragendste Seher der neueren Zeit ist dann der Schwede Swedenborg  (16881772). Er war ein bedeutender Naturwisienschaftlcr, bis er im 57. Jahre seines Lebens einen Raptus bekam, der anscheinend mit maßloser Onanie zusammenhing. Er hatte Visionen, hauptsächlich von Frauengestalten, wurde hellseherisch und schrieb einen Haufen mystischer Bücher, die bei den Okkultisten hoch im Kurs stehen. Seine Prophezeiungen lasten sich begreiflicher- weise jetzt schlecht nachprüfen. Uebrigens hat sich sein Zeitgenosie Kant   mit ihnen beschäfttgt und sie als Phantasien abgetan. Dann hat 1363 Jung-Stilling versucht, dieGeister- künde" theoretisch zu begründen. Er zog zuerst den HypnotiSmuS (damals MesmeriSmus oder Magnetismus genannt) in den Kreis der Betrachtung. Man fand nun plötzlich, der alte Volks- aberglaube sei eminent wertvoll und auffchlußreich und fing an, alles hierauf bezügliche Material zu sammeln. DaS größte dieser Werke ist dieZauberbibliothck" des Predigers Horst, eine Reihe von Bänden, noch heut das beste Oucllenwerk über Aber- glauben. Wir kommen nun zu dem berühmten Nniversalmedium Friederike Hauffe   geb. Wanner aus Prevorst in Württemberg  . Leute aus ge- birgigen Gegenden sind meist gesund und kräftig und erreichen ein hohes Alter, leiden aber an nervöser Belastung. So auch die Seherin von Prevorst Sie heiratete in eine Talgegend und einen Mann, der ihr nicht zusagte. Bald entwickelte sich ein schweres Gemütsleiden, an dem fürchterlich herumgedoktert wurde, bis sie im Alter von 25 Jahren als hochgradige hysterische Som- iiambulc zu dem auch als Dichter bekannten Arzt Kerner nach Weinsberg   in Behandlung kam. Kerner beobachtete sie zwei Jahre lang und schrieb getteulich alles, waS die Kranke an Sonderbar« leiten von sich gab, in ein dickes Buch zusammen. Es ist bei Reclam  billig zu haben, und wer taktfeste Nerven hat, mag den Versuch wogen, in diesem Wust von Irrsinn und Genie den Ariadnefaden ausfindig zu machen. Es steht schon alles darin, was dem modernen Spiritismus teuer ist: Schlafwandeln, Hellseherei, Gedankenüber- tragung, physikalische Manifestationen und die Beschreibung über- irdischer Sphären. Im Jahre 1843 kam Davis aus dem Staate New Dork mit außerordentlichen Offenbarungen" wieder und begründete damit die amerikanische Schule des Spiritismus. Auch Davis war hysterisch. Die Offenbarungen wurden ihm zu teil von einer göttlichen Stimme und mit dem Befehl, sie zum gegenwärtigen und zukünftigen Wohle der Menschheit bekannt zu machen. Das geschah auch ausgiebig in vielbändigen Werken. Davis ging aus Vortragsreisen, machte blendende Geschäfte und wurde gar Ehrendoktor. Sein Potpourri aus sozial klingenden Phrasen, pastoraler Gesalbtheit und naturwissen- schastlicher Unkenntnis fand drüben im Lande der Sensation, unter- stützt durch ein paar berüchtigte Spukaffären, begeisterte Aufnahme. 1867 hatte sich in London   ein Verein unter dem Namen