Zeit mit einem Schorf, der später abgestoßen wird. Dies erfolgtzumeist in der dritten Woche, die für den Krankendie höchste Gefahr bringt. Dadurch nämlich daß größereBlutgefäße von den typhösen Geschwüren angefressen werden.kann es zu Darmblutungen kommen, die eventuell sehrlange dauern können und dann den Tod des schon ohnehin ge-schwächten Patienten herbeizuführen vermögen. Eine andere sehrgroße Gefahr während der Periode der Schorfabstoßung bestehtdarin, daß die Geschwüre bis auf die andere Seite des Darmesdurchbrechen und auf diese Weise ein oder mehrere Löcher im Darmmachen können, durch deren Oeffnung sich Darminhalt indie freie Bauchhöhle ergießt. Dann entsteht eine schwereBauchfellentzündung, der die Betreffenden sehr bald er-liegen. Ist eS zu diesen unheilvollen Komplikationen nichtgekommen, also weder zu profusen Darmblutungen noch zueiner Bauchfellentzündung, so pflegt der weitere Verlauf der Krank-heit ein günstiger zu sein. Meist von der vierten Woche an fälltdas Fieber sehr schnell, der Appetit stellt sich wieder ein und dieübrigen Erkrankungsiymptome verschwinden.Leider ist es bisher nicht möglich gewesen, mit Serum oderArzneimitteln wesentlichen Einfluß auf den Verlauf des Typhuszu gewinnen. Es hängt darum von der Konstitution des Er-krankten, seiner Gesundheit und Widerstandsfähigkeit im allgemeinenund seinem persönlichen Glück ab. ob er die Krankheit, die immer-hin zu den schwersten Infektionen gehört, übersteht. KomplikationenPflegen meist von verderblichem Einfluß zu sein. Bei manchen Per-sonen gestaller sich der Typhus von vornherein schwerer, bei anderenleichter. Bei schwangeren Frauen tritt mit großer RegelmäßigkeitAbort, also unbeabsichtigte Frühgeburt ein; bei Kindern verläufter meist günstig, während die höheren Altersstufen, zumal wenn Fett-leibigkeit oder organische Krankheiten, wie etwa Herzfehler, Asthma usw.vorhanden find, schwerer von der Erkrankung getroffen werden I Da es einspezifiickes Heilmittel für den Typhus, also ein die Typhusbazillenzum Abslerben bringendes Mittel bisher nickt gibt, werden die ein-zelnen Krankhcitssympiomc, Fieber. Benommenheit usw.. behandelt.Die Kost kann natürlich keine feste sein, da die Darnischleim-haut aufs höchste gereizt und überempfindlich geworden ist. DieNahrung besteht deshalb ausschließlich in flüssigen, dünnen Speisen undwird Überhaupt nur in beschränktem Maße gereicht, so daß man von einertypischen Typbushtingerklir spricht. Auch der Ausdruck, jemand leidetam„Hungertyphus", was sagen soll, er ist dem Verhungern nahe,findet seine ursprüngliche Begründung in dieser Behandlungsweisedes Typhus. Von großer sozialer Wichtigkeit ,st die Isolierung desErkrankten, am besten natürlich seine Behandlung in einem Kranken-Hause, zumal der Typhus der Anzeigepflicht uolerliegt. Die genaueBefolgung dieser Vorschrift ist desKalb von Bedeutung, weil durchden Danninhalt des Typhösen außerordentlich leickt eine lieber-tragnng auf andere in der Nähe befindliche Personen stattfindet,zumal wenn sie das gleiche Klosett wie der Erkrankte be-nutzen. Der Eventuaki'tät der Ansteckung wird also ambesten vorgebeugt durch die streng geregelte Behandlungim Kraukenhause. In den meisten Fällen dauert dieKrankheit ö— 6 Wochen, ohne daß eine spezifische Typhnskur ein-geleitet werden könnte. Wenn auch der Erreger der bösartigenInfektionskrankheit, der von E b e r t h gefundene Typhusbazillus,gut bekannt ist. so besitzen wir doch kein Senim, das in ähnlicherWeise wie etwa das Bchringsche Diphlberieserum imstande ist, dieBazillen zum Absterben zu bringen und ihren schädlichen Einflußaus die Kvrperkonstitulion zu vernichten. Erst wenn das FieberVollständig geschwunden ist, darf man von einer Genesung sprechenund dem Rekonvaleszenten alsdann wieder leichte Speisen infester Fonn geben. Vorsichtig muß man in deren Dar-bielung immerhin sein, weil der meist an vielen Stellengeschädigte Darm noch sehr empfindlich zu sein pflegt.Die eigentliche Heilung der Krankheit besorgt also die Natur,deren Wege in diesem Falle kaum von der Hand des Menichenwesentlich bestimmt werden können. Darum der geringe Einfluß.den unsere Medikamente und die ärztliche Kunst auf den Verlaufder Krankheit auszuüben vermögen. Hoffentlich wird es derForschung künftiger Zeiten gelingen, auch für diese boshafteInfektionskrankheit wirksame Bekämpfungsmittel zu finden, die unsinstand setzen, mit mehr Optimismus einer TyphuSerkrankung ent-gcgeuzusehen, als es heute geschieht. Freilich die Mehrheit derFälle endet auch heute durch Naturheilung glücklich, wenn nichtbesondere Komplikationen hinzutreten. W.Kleines f euilleton*Kunst.Alfred Rethel. Am 1. Dezember 1859 erlöste der Todeinen großen Künstler vom Leben, dem er seit sieben Jahren schoneigentlich nicht mehr angehört hatte: Alfred Rethel. Rechts wie einTröster imd Freund trat der Knochenmann, dessen weltbefiegcndeS,welterlöfendes Wirken er so tiefempfunden geschildert, zu deingeisteskranken Manne. Der Verlust, den die deutsche Kiinst mirRethels frühem Zusammenbreche» erlitt, war noch weit größer, alsseine Zeitgenossen ahnten. Mit ihm ist nicht nur der größteMeister der Historienmalerei im 19. Jahrhundert dahingesunken,sondern wohl überhaupt die genialste monumentale Begabung, dieseit der Zeit Dürers und Grünwalds in deutschen Landen erstandenist. Seinen bedeutendsten Werken, den grandiosen Fresken desAachener Rathauses, der düster dämonischen Vision seines Toten-tanzcs. der Shakespearischen Lebenskraft seines Hannibalszuges habenwir in der neueren Kunst nichts an die Seite zu setzen. Ueberraschendschnell entfaltete sich sein Talent, aber dem reifen Meister war esschwer, sich durchzuringen; seinerzeit erschien, was er schuf, unheimlichin seiner riesigen übermenichlichen Starrheit. Alfred Rethel wurdeam� 15. Mai 1816 in Aachen geboren; die Vaterstadt hat ihremgrößten Sohne das Leben durch unverständigen Widerspruch argverleidet; heute sind seine Fresken ihr höchster Schmuck. Mit siebenJabren schon zeigte er eine fabelhafte Geschicklichkeit im Zeichnen.wußte einmal geschaute Szenen in kräftiger Bleistiftskizze festzuhalten; als ILjähriger Junge schilderte er zwei durchgegangeneOchien in einer Lebendigkeit, die uns in Staunen versetzt. Mit13 Jahren kam er auf die Düsseldorfer Akademie und galt hier alsWunderknabe, so rasch und mühelos wußte er sich ein große?technisches Können anzueignen. Da die Familie durch ein großesBrandunglück in ärmliche Verhältnisse gekommen war, war derzarte, schwächliche Jüngling früh gezwungen, für die Seinenzu sorgen. Eine Schule hatte er nie besucht, denn alsKind war er von einem Wagen überfahren und schwer verletzt worden.Der Sechzehnjährige stellte einen Bonifazius aus, dessen ernsthaftgewallige Kraft alle anderen historischen Bilder des DüsseldorferKreiies überragte. Auch in den Illustrationen, die er alsBroterwerb für Sagen- und Geschichtsbücher entwarf, verleugnetsich dieie Großheit und Festigkeit der Anschauung nirgends.Die Bedeutung dieser Arbeiten lag haupliächlich in ihrerzeichnerischen Eigenart, das eigentliche malerische Könnensprach man Reihel lange Zeit ab. Doch sind von ihmFarbenskizzen bekannt geworden, die auch ein erstaunlicheskoloristisches Können anzeigen, dem nur die rechte Pflege und Ans«bildung fehlte. Ebenso ist auch die malerische Haltung seinerAachener Fresken imponierend und farbig wirkungsvoll, insbesonderewenn man sie neben den süßlich bunten Fortsetzungen seines SchülersKehren fleht. In diesem Auftrag, den Krönungssaal des AachenerRathauses mit Fresken aus der Geschichle Karls des Großen aus-zurnalen, sah Relhel mit Recht die große Aufgabe, deren er be-durfte. Aber erst nach sechs Jahren, in denen er in Ungewißheitblieb und sich mit widrigen Verhältnissen herumschlagenmußte, konnte er die Ausführung beginnen. Der frohe.heitere Jüngling wurde dadurch mit einer Uesen Ver-bilterung gegen Kunstkritik und Publikum erfüllt; dieinbrünstige Verehrung, mit der er an der Kunst hing, steigerte sichzur Ekstase, und als auch noch Herzensirrungen, eine zunächst unglückliche Liebe bmzuttaten, vergrub er sich ganz in seine Kunst.Aber gerade diese übermenschliche Anstrengung zerstörte seine Körper-und Geisteskräfte. Ihm war noch das Glück beichieden, die Geliebteglücklich heimzuführen; aber auf der Hochzeitsreise brach der Wahn-finn aus und vernichtete jäh sein Hoffen, als er selbst die glück-lichsten Erwartungen für künftige Werke und künftigen Frieden hegte.Naturwissenschaftliches.Eine neue nieereskun bliche Forschungsreise.die wichtige Ergebnisse verspricht und außerdem ein erfreulichesBeispiel kür ei» internationales Zusammenwirken zu Wissenschaft-lichen Zwecken darstellt, wird im nächsten Jahre im östlichen Teildes Nordatlantischen Ozeans vor sich gehen. AIS Fahrzeug hat derKönig von Norwegen den Regierungsdampfer„Michael SarS" zukostenloser Verfügung gestellt. Der Plan zu der Reise aber undebenso die Bewilligung aller weiteren Kosten geht von dem englischenGelehnen John Murray aus. dem berühmten Naturforscher dergroßen Challenger-Expedition. Es ist erst unlängst von feiten derWissenschaft darüber Klage geführt worden, daß der Atlantische Ozeanauch in seiner nördlichen Hälfte, obgleich er weitaus der meist befahreneTeil des offenen Weltmeeres ist, in einer gründlichen Durchforschungnach den Anforderungen, wie sie die Meereskunde erst in neuer Zeitentwickelt hat, weit zurückgeblieben ist. Dieser Umstand dürfte zu-nächst für den neuen Plan maßgebend gewesen sein. Außerdem be-steht der Hauptzweck der Expedition darin, neue Apparate undMethoden der Meercsforschnng, die erst während der letzten Jahreerdacht und entwickelt worden sind, auf Meeresteile größerer Tiefeanzuwenden. Es wird nameuttich angenommen, daß in tiefem Wafferder Gebrauch weit größerer Netze als fie bisher verwandt wurden,zu vorteilhaften Ergebnissen führen werden und man erwartet daherschon von diesem ersten Versuch zoologische Entdeckungen vongroßer Bedeutung. Ferner komnit die Benutzung neuer Verfahrenvon höchster Genauigkeit für die Messung der Temperatur und desSalzgehaltes des SeewasserS in Betracht. Dadurch sollen dieMessungen früherer Expeditionen, denen man nach den Erfahrungenmit den neuefteu Apparaten einiges Mißtrauen entgegenbringt, nach-geprüft werden. Man will also nicht nur ganz neue Beobachtungengewinnen, sondern auch die ftüheren auf ihre Vertrauenswürdigkeitprüfen. Endlich soll ein neuer von Elmau erfundener Apparat zurMessung von Meeresströmungen erprobt merden. der zum erstenmaldie Möglichkeit geben wird, unmittelbare Meffnngen an tiefenStrömungen vorzunehmen.Berantlv. Redakteur: Richard Barth, Berlin.— Druck u. Verlag: Vorwärts Buchtruckerei u.Berlagsanstal: Paul Singer SrEo..BerftnLAt.