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fahren. Du bist doch erft legten Samstag bei ihr gewesen!" I morgen zu uns zu kommen und uns beim Kartoffellefen zu helfen, Die zum Erschrecken beleibte, schwer leidende Frau, welche Christian?" fich nur noch mit Mühe von einem Zimmer ins andere be­wegen konnte, sah ihre Tochter mißtrauisch fragend an.

Das eigenwillige Fräulein warf zuerst einen furchtsamen Blick auf den Vater, der jedoch, vollkommen abwesend, auf irgendeinem Streifzug der Zeitungspolitik begriffen war. Er hatte vor die Brille noch einen Zwicker auf die Nase gepflanzt und las nun über die erstere hinweg, indem er dazu lautlos die Lippen bewegte und mit dem Kopfe nidte. Das gab Elsbeth den Mut zu einem wahren Gewaltstreich. Sie er widerte den mütterlich- mißtrauischen mit einem geheuchelt empörten Blid, wobei ihr sogar die Schamröte über das weiterzuspinnende Lügengewebe trefflich zustatten fam. Warum wundert's Dich denn so? Du weißt doch auch, daß fie allein ist und froh, wenn einmal eines von uns er scheint. Und da hab' ich ihr halt versprochen, von jekt an jede Woche( beinah ließ sie da der Mut im Stich)- zweimal au kommen!"

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Die Mutter fiel vor Staunen in ihren Rollstuhl zurück, ließ die Hände in den breiten Schoß sinken und wiegte das schwere Haupt bedrohlich hin und her. Die blutlosen, hängen­den Baden schütterten, das schwarze Häubchen sah aus wie ein Sturmfignal. Aber Elsbeth war entschlossen, gegen alle Blänkeleien zu beharren. Mochte die Mutter immer die Augen rollen, wenn nur der Vater nicht fragte: warum und wieso? Mit einem noch nie dagewesenen Heißhunger beugte fie sich über den Teller und fing die bösen Blicke sozusagen mit ihrem Haarkamm als Schild auf, was die ahnungsvolle, neugierige Mutterseele zu den schlimmsten Vermutungen trieb. ( Fortsetzung folgt.)

( Nachdruck verboten.)

Der erfte Arbeitstag.

Von Hans Aanrud  .

Christian richtete sich auf den Ellbogen in die Höhe, troch nach bem Kopfende und guate aus dem Fenster dicht daneben. Es war noch beinahe dunkel in der geräumigen Häuslerstube. Draußen war Dämmerung, gerade am Uebergang zum Tag, nur einzelne von den größten Sternen waren sichtbar an dem blauen flaren Herbst­morgen. Wieviel Uhr es wohl war? Ja, zu spät durfte er nicht kommen, die Schande sollten sie ihm nicht antun, und dann tonnte das auch einen Abzug vom Tagelohn bedeuten. Ein ganzer Kerl mußte den ganzen Tagelohn haben. Es war übrigens felt­fam, er hatte vergessen zu fragen und Ola Nordlien hatte auch nichts vom Tagelohn gejagi!

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Er drehte sich, so daß er im Bett saß und blidte hinüber nach dem anderen Bett am anderen Fenster, wo die Mutter lag. ,, Mutter! Mut- t- ter!"

Die Mutter drehte sich ein paarmal um, ehe fie aufwachte, dann schlug sie die Augen auf: Ja. Was willst Du, Christian?" Du hörtest nicht, ob Ola Nordlien etwas davon sagte, wieviel Tagelohn er geben wollte?"

lind darum wedit Du mich, Du unartiger Junge!" " Ich dachte auch, es wäre vielleicht Zeit, daß Du den Kaffee

aufsetztest. Denn wer auf Arbeit soll, braucht Zeit, um richtig

munter zu werden."

fchlafen."

So leg Dich jeht wieder hin. Ich werde es schon nicht ver­Aber Christian schlief nicht wieder ein, und was das anbe­trifft, er hatte auch die ganze Nacht nicht viel geschlafen. Denn gestern abend, als er sich eben hinlegen wollte und schon mit den Hosen in der Hand dastand, war etwas geschehen.

Ola Nordlien war selbst hereingekommen, hatte guten Abend gewünscht und gesagt:

Jezt bin ich im ganzen oberen Dorf herumgezogen und habe Leute zum Kartoffellefen gedungen, und da wollte idy' mal vore sprechen, ob vielleicht auch hier ein Knecht zu haben wäre."

Nein, ich habe jetzt keinen Knecht hier, hatte die Mutter ge­fagt; der Per hat jetzt mit dem Kuhstall auf Opsal zu tun, und ich erwarte ihn vor den Feiertagen nicht zurüd."

Hast Du niemanden? Ich finde, da steht ein großer Bursche brüben am Bett. Nach ihm dort hatte ich fragen wollen."

Da kann einer glauben, daß Christian sich aufrichtete. " Du willst also mit zum Kartoffellesen?" fuhr die Mutter fort. " Ja, und darum habe ich ein ganzes Heer von solchen Kerlen zum Auflefen gemietet, die Kulsvejungen und Sagbatjungen und Jens Perhus."

slappe au, so gut es sich in der Eile machen ließ. Dann jepte er Christian zog die Hosen wieder in die Höhe und knöpfte die fich auf die Bank, schlug die Knie übereinander, spudte weit aus und sagte: " Ja, eigentlich habe ich nicht viel Zeit, aber da Du Mangel an Beuten hast, so muß ich wohl kommen."

Das war der Grund, warum Christian nicht wieder einschlief, denn zu spät kommen wollte er nun einmal nicht und dann gab auch viel anderes zu überlegen, einmal, wie er sich ausrüften sollte, und dann auch, wie er sich benehmen sollte.

es

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Der Morgen schlich langsam weiter, es fam ihm vor, als ob die Ihr gar nicht von der Stelle rüdte vielleicht war sie auch stehen geblieben; ein paarmal versuchte er, fich laut zu räuspern oder zu husten, um zu sehen, ob die Mutter nicht aufwachen wollte. Und als die Mutter endlich aufgestanden war und faum den Kaffeekessel mit Wasser gefüllt hatte, da stand auch Chriſtian mitten im Bimmer.

Er hatte noch viel zu tun. Erst untersuchte er, ob alle Knöpfe an der Hose richtig fest saßen. Nein, einer hing bloß an einem Faden; der mußte befestigt werden; ein Knecht mußte Hosen haben, die es vertrugen, daß er ordentlich zufaßte. Dann kam der Gürtel an die Reihe, er mußte ein neues Loch machen, um ihn enger zu bekommen, er war nämlich zu weit, und sollte es zu einer richtigen Straftanstrengung fommen, so war es am besten, daß er ordentlich eng war. Und den neuen Schal wollte er lose drüber hängen lassen; das würde sich gut machen, wenn er fam, und später, wenn er den Rock auszog, und ihn dann schön zusammengefaltet darauf legte. Lange ehe der Kaffee fertig war, war Christian angezogen und gerüstet, bis auf das Heu in den Stiefeln und die Zipfelmüße auf dem Kopf, und er ging aus und ein und sah aus, als hätte er sehr biel zu tun. Und als der Kaffee endlich fertig war, nahm es nicht lange Zeit ihn herunterzukriegen, obgleich er gewaltig viel effen mußte, um seinen Mann zu stellen und bald stand die Mutter und blickte ihm nach und bat ihn, gehorsam zu sein und sein Bestes zu tun, während er, die Zipfelmüße bis über die Ohren, mit langen, wiegenden Schritten wie ein Erwachsener den Abhang nach Nord­lien hinuntertrabte.

Als er nach Nordlien hinunterfam, war es ganz still draußen im Hof, er sah nichts anderes, was sich bewegte, als den Rauch, der langsam in gerader Linie aus der Esse emporstieg, und hörte nichts anderes als das gleichmäßige Kauen der Pferde im Stall,- fie bekamen ihr Morgenfutter drinnen vor einem so strengen Tag.

Es dauerte indessen nicht lange, bis er hörte, daß Ola Nord­lien auf den Beinen war und im Hause herumfuhr und weďte, und als er herauskam und Chriftian erblickte, fagte er: Das ist meiner Treu ein richtiger Junge, der zuerst auf dem Blaß ist," und da sette Christian den einen Fuß vor und sagte: bis zum Abend etwas ausrichten wollen. " Ja, ich finde, wir hätten schon anfangen müssen, wenn wir

selber waren aufgestanden und kamen heraus, gähnten und dehnten Allmählich wurde es lebhaft auf dem Hof. Die Leute des Hofe sich, und von dem oberen Dorf kam der eine nach dem anderen, Erwachsene und Kinder, Häusler und Häuslerinnen, und Ola Nordlien ging herum und fand Haden und Eimer und lieferte sie aus, und Trampelpeter, der Knecht, ließ die Pferde heraus, um sie zu tränken. Christian war der lleinste von ihnen allen, und er hielt sich auch so weit im Vordergrund, daß er ihnen auffiel. Trampelpeter, der ein loses Mundwerk hatte, sagte auch gleich:

"

Nein, was ist das für eine Kartoffel, die ist ja mächtig groß." Christian wurde sehr wütend auf den Lümmel, aber sein Zorn

legte sich, als Ola Nordlien gleich sagte:

bißchen ein Auge auf Trampelpeter und die anderen haben." " Das ist mein Großknecht. Du, Christian, Du mußt ein

Christian sah ihn ein wenig unsicher an, und seine Mund­winkel fingen an zu zittern; denn er wußte zwar, daß er ein tüch­tiger Junge war, aber eine solche Auszeichnung hatte er trotzdem nicht erwartet. " Ist das Dein Ernst, Ola Nordlien?" Ja, natürlich, ist es mein Ernst."

( Schluß folgt.)

( Nachdruck verboten.

Die Tierwelt im Winter.

Bon C. Schen! ling.

Der Winter ist für die Tierwelt eine Zeit der Entbehrungen und des Leidens, denn er entzieht ihnen außer der Luftwärme auch die Gelegenheit, leicht und reichlich Nahrungsmittel zu gewinnen, die die innere organische Temperate unterhalten. Niemand friert und erfriert leichter als der Hungrige. Im Winter würden darum verschiedene Tiergeschlechter aussterben, wenn die Natur nicht An­Die Tiere verhalten sich dem Winter gegenüber verschieden: die einen verschlafen ihn, die anderen fliehen ihn, die dritten treten ihm ftandhaft entgegen und finden sich mit ihm ab, so gut oder schlecht es gehen mag.

Die Mutter lächelte und sah zu Christian hinüber. " Ja, ich weiß nicht, was Chriftian dazu sagt, Du mußt mit stalten getroffen hätte, ihnen über die Zeit der Rot hinwegzuhelfen. ihm selbst reden."

Da verstand Christian, daß er durfte.

Ola Nordlien wandte fich dann zu ihm und sagte fo ernst, als spräche er zu einem erwachsenen Knecht: Ja, hast Du wohl Luft,