ihrer jungen Schönheit vor sich; er dachte an jene ersten Zart- lichkeiten im Lokal der Mutter Ratzke, und die Erinnerung übermannte ihn so, daß ihm eine Träne an der Wimper hing... Der grüne Heinrich, der viel älter aussah als seine dreißig Jahre, nickte nachdenklich und sagte: Hast se woll lieb jehabt, wah? ja, ja, ooch'n nettes Meechen war se ja! Aba wat hilft det alles! Unsaeena muß weita! Vorwärts, heeßt et! Besonders, wenn man so lange jesessen hat, wie ich!" Georg blickte überrascht auf. Du hast ooch jesessen? wie lange?" Die anderen lachten über die hastige Frage. Und Fliegen- fuß, einer jener Juden, die den Ruf der Feigheit und Körper- schwäche, der seiner Rasse anhaftet, zur Fabel machen, sagte mit überlegener Miene: Du fragst gerade, wie wenn de ebent aus de Schule kommst!... Wer in unfern Klub is un besonders son ollet Ehrenmitjlied, wie unser Freund Heinrich, der hat sein Ding wech! Oder ooch'n paar, wie't jerade kommt! Un det muß eener ooch. wenn er zimftig sein will! Denn wie soll ena'ne Uffassung von sonne Sachen ham, wenn a se nicht selbst durch- gemacht hat! Wir können keene Achelkassen") brauchen, vastehste..(Forts, folgt.) (Nachdruck verdolen.) Der ßarcnjager. Von Björn st jerne B j ö r n s o n. In der ganzen Bygde(Kirchspiel) gab es kaum einen, der so saftig zu lügen verstand, wie der älteste Sohn des Pfarrers; auch lesen tat er recht eifrig; daran fehlte es durchaus nicht, und das, waS er las, wollten die Bauern eben gern erzählt haben, aber wenn er merkte, daß die Bauern Gefallen an etwas fanden, dann log er gern auf eigene Faust noch von derselben Sorte oben drauf, so viel er glaubte daß sie haben wollten; am liebsten etwas von starken Männern und Liebe mit tödtlichem Ausgang. Bald stel es dem Pastor auf, daß das Klopfen der Dresch- siege! oben auf der Tenne immer unregelmäßiger wurde; und als er nachsah, stand Thorvald da und erzählte Geschichten. Ein an- deres Mal wurde so merkwürdig wenig Holz aus dem Walde ein- gefahren; der Pfarrer ging hin, um nachzusehen, und da stand wieder mein Thorvald und erzählte. DaS muß ein Ende haben, dachte der Pastor und brachte den Jungen in eine feste Schule. In diese Schule gingen zwar nur Bauernkinder, aber der Pastor fand, es sei zu teuer, nur um des einen Jungen willen einen Hauslehrer zu halten. Doch Thorvald war noch keine acht Tage auf der Schule, als einer seiner Schulkameraden leichenblaß ereingestürzt kam, er sei eben auf dem Wege einem Gespenst egegnet, ein anderer noch bleicher und behauptete, er habe einen Mann ohne Kopf leibhaftig unten am Landungsplatz zwischen den Boten umherwirtschaften sehen, und was das Schlimmste von allen war: der kleine Knut Pladsen und sein Schwesterchen kamen eines Abends, als sie nach Hau? gehen wollten, halb von Sinnen vor Schreck wieder angestürzt und sagten weinend, sie hätten oben in den Pfarrklippen den Bären gehört, ja. Klein- Marit hatte sogar seine grauen Augen Funken sprühen sehen. Nein, da wurde aber der Herr Schulmeister fuchswild, klopfte mit dem Lineal auf den Tisch und fragte was zum Teufel Gott verzeih mir die Sünde denn eigentlich mit den Rangen loS sei. Der eine ist närrischer im Kopf als der andere." sagte er; in jedem Busch krabbelt eine Huldin, unter jedem Boot nickt eine Wassernix und der Bär geht am Mittwintertag draußen spazieren? Glaubt ihr denn nicht mehr an Gott und Christentum." sagte er.glaubt ihr denn allerlei Teufelsspuk und der Finsternis Schauermächte und den Bären draußen am Mittwintertag?" Dann aber, nachdem er sich ausgetobt hatte, milderte sich sein Zorn, und er fragte Klein-Marit, ob sie sich denn wirklich nicht allein heim- zugehen getraute. Das kleine Ding schluchzte und weinte und sagte, es sei einfach menschenunmöglich; da sagte der Schulmeister zu Thorvald, er solle als der älteste der Anwesenden sie durch den Wald nach Hause begleiten.Ach nein, der hat ja grad' den Bären gesehen," schluchzte Klein-Marit,er hat es ja selbst erzählt." Thorvald wurde auf seinem Platz ganz klein, besonders als der Schulmeister ihn nun ansah und das Lineal liebkosend durch seine Hand gleiten ließ.So. also Du hast den Bären gesehen?" fragte er ruhig.Ja, aber es ist doch wirklich und wahrhaftig wahr, daß der Großknecht oben in den Psarrklippen, als er auf der Rypenjagd war. eine Bärenhöhle gefunden hat," sagte Thorvald. Hast Du den Bären gesehen, mein Junge?"Es war nicht etwa bloß einer, nein, es waren zwei große, und ich glaube, auch noch zwei kleinere, denn die alten Bären haben doch immer ihr vorjähriges und diesjähriges Junges bei sich."Hast Du die *) Leute, die so tun, als könnten sie waS, die aber im Grunde »kink" sind. Bären gesehen, mein Junge?" wiederholte der Schulmeister«och sanfter und ließ in einem fort das Lineal durch die Hand gleiten. Thorvald zögerte ein wenig:Ich Hab' aber doch den Bären gesehen, den der Schützen-Lars voriges Jahr totgeschossen hat, ganz sicher." Nun ging der Schulmeister einen Schritt vor und fragte so sanft« daß dem Knaben angst und bange wurde:Hast Du die Bären oben in den Pfarrklippen gesehen, frage ich?" Jetzt sagte Thor- vald nichts mehr.Vielleicht hat Dich diesmal Dein Gedächtnis sozusagen ein wenig getäuscht, nicht wahr?" fragte der Schul- meister, packte ihn am Rockkragen und schlug sich mit dem Lineal auf die Seite. Thorvald sagte keinen Muck, und keiner der anderen wagte hinzusehen. Dann sagte der Schulmeister ernst- Haft:Wie häßlich von einem Pfarrersfohn, zu lügen; und noch häßlicher, es armen Bauernkindern beizubringen." Und damit kam er für diesmal davon. Am nächsten Tag aber in der Schule(der Lehrer war zum Pastor gerufen worden, und die Kinder waren sich selbst über- lassen) war Klein-Marit die erste, die Thorvald bat. doch wieder etwas vom Bären zu erzählen.Ach, Du bist ja so ein Hasen- fuß," sagte er.Nein, diesmal will ich mich zusammennehmen." sagte sie und rückte dichter an ihren Bruder heran.Na, jeht wird er aber mausetot geschossen." sagte Thorvald und nickte mit dem Kopf.Jetzt ist nämlich endlich der rechte Kerl dafür ge- kommen, der Schützen-LarsI Sowie der von der Bärenhohle da oben gehört hat, ist er über sieben Kirchspiele angesetzt gekommen mit einer Büchse, so schwer wie der oberste Mühlstein, und so lang, wie von hier bis zum Haus Volden dahinten."Herrjeh," schrieen alle Kinder.So lang?" wiederholte Thorvald,was sage ich denn sie ist sicher so lang wie von hier bis zum Stuhl." Hast Du sie gesehen?" fragte Ole Böen.Na, und ob! Ich habe ja selbst mitgeholfen, sie zu putzen, denn Ihr könnt Euch denken, dazu kann er nicht jeden xbeliebigen gebrauchen. Ich konnte sie natürlich nicht heben, das versteht sich; aber daS war ja auch einerlei ich habe doch das Schloß geputzt, und das war nicht die leichteste Arbeit, sage ich Euch."Ich habe aber ge- hört, die Büchse soll in letzter Zeit nicht mehr so gut treffen." sagte Hans Volden. indem er sich hintenüber legte und beide Beine gegen das Pult stemmte.Nein, feit der Lars damals oben in Osmarken auf den schlafenden Bären geschossen hat. versagt sie zweimal und schießt das drittemal fehl."Na ja," sagten die Mädchen,wie ran» man auch auf einen schlafenden Bären schießen."So'n Schafskopf," fügten die Jungens hinzu. Es gibt nur ein Mittel, dem abzuhelfen," sagte Ole Böen, man muß nämlich eine lebendige Schlange in den Lauf hinein- treiben."Ach. das wissen wir schon lange," sagten die Mäd- chen; sie wollten etwas neues hören.Jetzt ist doch Winter, und da gibt's keine Schlangen, drum wird sich der Lars auch wohl nicht so ganz sicher auf seine Büchse verlassen," sagte Hans Volden bedenklich.Er will ja den Niels Böen mitnehmen," fragte Thorvald.Ja." sagte der Junge von Böen, der darüber wohl am besten Bescheid wissen mußte,aber der Niels darf nicht, Seine Mutter und seine Schwester erlauben's ihm nicht. Sein Zater ist ganz sicher an dem Kampf mit dem Bären voriges Jahr auf der Alm gestorben; und jetzt.haben sie keinen weiter als den Niels."Ist es denn wirklich so gefährlich?" fragte ein kleiner Junge.Gefährlich?" sagte Thorvald;der Bär hat Ver- stand für zehne und Kraft für zwölfe.Ach. das wrssen wir schon," sagten die Mädchen wieder; sie wollten doch zu gern etwaS neues hören."Aber der Niels ist gerad wie sein Vater; der geht doch mit."Ja. freilich geht er mit." sagte Ole Böen; heute ganz früh, ehe noch jemand auf dem Hof wach war, Hab ich den Niels Böen und den Schützen-Lars und noch einen hinauf- ziehen sehen, jeden mit einer Büchse; ich möchte wetten, daß eS in die Pfarrklippen hinaufging." War es früh?" fragten die Kinder im Chor. Heiden­mäßig früh! Ich war schon auf, ehe die Mutter Feuer anmachte." Hatte denn der Lars seine lange Büchse?" fragte HanS. Ja. das weiß ich nicht; aber die; die er hatte, war so lang wie von hier bis zum Stuhl."Au, wie Du lügen kannst," sagte Thorvald.Du hast eS doch selbst erst gesagt." wandte der an- dere ein.Nein, die lange Büchse, die ich gesehen habe, gebraucht der Lars kaum noch."Na ja. jedenfalls war die hier so lang. so lang, wie wie von hier bis beinahe zum Stuhl."So? dann hatte er sie vielleicht doch mit." Denkt mal." sagte Marit,jetzt sind sie oben bei den Bären." Grade jetzt geht vielleicht der Kampf los." sagte Thorvald. Es trat eine tiefe Stille ein; eS war fast feierlich. Wißt Ihr was? ich gehe." sagte Thorvald und nahm seine Mütze.Ach, ja, geh. dann kriegst Du was zu hören," schrien alle, und es kam wieder Leben in die Bude.Aber der Schul- meister," sagte er und blieb stehen.Bah, Du bist doch dem Pastor sein Bub'," sagte Ole Böen.Ja, wagt er's, Hand an mich zu legen dann sagte Thorvald und nickte in fürchter- lichem Schweigen mit dem Kopf. Haust Du wieder?" fragten sie erwartungsvoll.Wer weiß," sagte er, nickte und ging. Tie Kinder hielten es für das beste zu lesen, während er fort war; aber keines war dazu imstande, sie mußten immer vom Bären sprechen. Sie rieten hin und her, wie es wohl gegangen sein mochte; Hans wettete mit Ole , daß Lars' Büchse versagt habe, und der Bär ihm auf den Leib gerückt sei. Der kleine Knut Pladsen meinte, es sei sicher mit allem schief gegangen, und die