.Er geht net fort", rief er.«des sag i Dir. so wahr i derTotengräber bin."Weinend schlich sie hinaus. Der Friedl aber warf einen furcht-baren Blick auf den Herrn Meier und spie ihm in die verzerrteFratze.„So weit willst mi bringen?" schrie er.«Du elender Tropf,Du feiger! Paß auf! Jetzt wart i nimmer auf Dich, jetzt machi selber mei Sach, und wir woll'n amal schaun, wer von uns zweider Herr bleibt, i oder Du."Ein Ringkampf mit dem Tode, das freute den Friedl. Dasbrachte ihn wieder ins Gleichgewicht auf die Schrecken der ver-gangenen Nacht. Ha, wenn es den Sllteri hineingerissen hätte inden furchtbaren Strudel I Tann wären ihm solche üble Gedankenschon vergangen, zum Pfarrer zu rennen und das ganze Dorf gegenihn aufzuhetzen. Ach, wenn er ihn sich so dachte, mitten drin inden sausenden Gebirgsbächenl Ein einziger Wellenschlag auf denboshaften Schädel, und weg war er, beim ersten Anprall weg fürimmer. Und erst heutel Wo der Regen unaufhörlich herniederflotz,daß das schäumende Wasser dreimal so stark über die zerstörtenUfer hinausging und die Wege überschwemmte! Da mußte es ihn& hinunterzerren, und mochte er alle Engel zum Schutze bei sichden..Nur alleweil weiter, immer mehr, immer mehr'runter",murmelte der Friedl, als aus der hölzernen Dachrinne ein ganzerWasserfall niederging.Dieses Plätschern, dieses Rauschen unter den tief herabhängen-den Nebeln, das klang ihm wieder so wild und verheißungsvollwie gestern in der Dunkelheit das Tosen der Gewässer. Aber heutesollte es nicht dem Totengräber gelten! Nein! Der knöcherneBursche da drüben sollte ihn nicht wieder zum Narren haben. Halfer ihm nicht, dann half sich der Friedl selber, denn länger trug eres nicht. Schon der Gedanke, daß der Pfaffe ins Haus käme undihn mit salbungsvollen Worten an die Kindesliebe mahnte, wiees immer geschah, wenn im Dorf die Söhne nicht mehr mit denAlten auskommen wollten, konnte ihn verrückt machen. Kindes-liebe! Der Friedl schlug eine bittere Lache auf. Was war ihmdenn der alte Mann noch? Ein überflüssiger Mensch, der zu nichtsmehr zu brauchen war. der ihm das Kind vergiftet hatte und dassauer verdiente Geld verpraßte. Ah, wenn der Pfaffe nur den Fußauf die Schwelle setzte, er wollte ihm einen Denkzettel geben, daßer das Wiederkommen für immer vergessen sollte. Bei solchemKasperltheater spielte er nicht mit, wie die anderen im Dorfe.Die haßten ihre Alten nickt weniger, aber wenn sich der HerrPfarrer ansagte, zum Bersöhnungsfest wie sie es nannten, dannließen sie dampfende Schüsseln auffahren und zeigten demütigeGesichter, bis der Geistliche wieder zur Türe hinausging. TerFriedl tat das nicht. Er wünschte nicktS anderes als den Tod desAlten. Und auch an seinem Grabe wollte er nicht eine widerwärtigeKomödie aufführen, sondern ihn einscharren, fest und sicher. m,tdem frohen Gefühl, daß er von ihm erlöst fei. Ob das Sünde waroder nicht— das kümmerte den Friedl blutwenig. Lang genughatte der Alte vegetiert, nun sollte er sein Bündel schnüren undmochte verkommen im eigenen Sumpf. Das war so der Lauf derWelt, und wenn die Maschine einmal versagte, dann mußte mannachhelfen.sFortsetzung folgt.)!(Nachdruck verdolen.ZMtKematilcKe Spiele und Sdierze.Bon Eberhard Büchner- Berlin.Die mathematischen Spiele nehmen im Rahmen unserer Ge-sclligkeit noch immer nicht die Stellung ein, die ihnen eigentlichgebührt. Sie stehen durchweg im direkten Gegensatz zu den Zufalls-spielen, bei denen allein daL Glück des einen oder anderen Spielersdie Entscheidung und somit das Ende des Spieles herbeiführt.DaS Wesen des mathematischen Spiele? besteht darin, daß es unterfesten Gesetzen steht und zur Erkenntnis dieser Gesetze hinführenwill. Dr. W. Ährens bezeichnet in seinem hübscheil Büchlein überdiese Materie(Mathematische Spiele. Preis 1.25 M.— Mathematische Unterhaltungen und Spiele, 2 Bände. Beide im Verlag vonB. G. Teudncr) jedes Spiel als mathematisch,„das zu seinemBetrieb eine geistige Tätigkeit erfordert, bei der Methoden' undSchlußweisen nach Art der in der Mathematik üblichen zur An-Wendung gelangen, oder doch bei verständigem Spiel gelangenmüssen". So ist jedes mathematische Spiel eine Art von Mathe-matikunterricht, freilich in die Oblate vergnüglichster Kurzweil ein-gewlckelt.Beginnen wir unseren Ueberblick mit einem kleinen Scherz.der vielleicht dem einen oder anderen Leser schon bekannten schönenGeschichte von Achill und der Schildkröte. Achill soll mit einerSchildkröte um die Wette laufe». Anstandshalber läßt er ihr, imVertrauen au» seine flinken Beine, hundert, Meter Vorsprung.Run ist die Voraussetzung die, daß die Schildkröte sich hundertmallangsamer bewegt als Achill. Während also Achill die hundertMeter, die ihn von seiner Rivalin trennen, zurücklegt, ist diesenur um einen Meter vorgerückt. Achill nimmt nun spielend—wie man sich denken kann—- diesen emen Meter, trotzdem aber istihm noch immer die Schildkröte voraus, und zwar um ein hun-dertstel Meter. Man sieht schon, daß diese Reihe in die Unendlich-keit hineingeht. Die Schildkröte wird Siegerin sein. Natürlichist es leicht, diese Rechnung durch die praktische Erfahrung Lügenzu strafen, und zwar durch den einfachen Hinweis darauf, daß dieBewegung bei Achill immer eine ruckweise ist. und die Distanz voneinem Zentimeter und weniger daher für sie gar nicht in Fragekommen kann. Aber an das eigentliche Wesen der Scherzaufgabegreift diese Feststellung doch nicht heran. Ein ähnlicher Scherz:Denken wir uns eine Pflanze, die am ersten Tage um einen Zollwächst, am zweiten Tage um einen halben Zoll, am dritten umeinen Viertelzoll usw. Immer um die Hälfte des Maßes, dassie tags zuvor gewachsen ist. Die Frage lautet nun: Wann wirddie Pflanze die doppelte Höhe erreicht haben, also 2 Zoll messen?Den Nichtmathematiker wird eS»n Erstaunen setzen, zu finden,daß das nie der Fall sein kann— selbst wenn die Pflanze biSzum Ende der Tage mit ihrem Wachstum fortfahren sollte.Wir hatten es hier mit einer regelmäßig abfallenden unend»lichen Reihe zu tun. Nehmen wir das Gegenstück dazu: eine«gel-mäßig aufsteigende Reihe. Da gibt es eine wundervolle Geschichte,die von dem Erfinder deS Schachspiels erzählt wird. Sie istnatürlich Fiktion, was schon daraus hervorgeht, daß man denErfinder des Schachspiels gar nicht kennt. Aber diese Feststellungtut ihrem Wert und ihrer Wirkung keinerlei Abbruch. Der indischeKönig Shchram soll also den Erfinder zu sich bestellt und ihm alsZeichen seiner Dankbarkeit verheißen haben, ihm jede Bitte, die etan ihn richten wollte, zu erfüllen. Der Erfinder äußerte nach derMeinung Shihrams einen höchst bescheidenen Wunsch. Er batnämlich, daß man auf das erste Feld des Schachbretts ein Weizen-korn lege, aus das zweite zwei, vier auf das dritte, und auf jedesweitere Feld das doppelte wie auf das vorhergehende. DieseWeizenkörner wollte er als Geschenk haben. Der 5iönig nicktehuldvoll Gewährung, aber als er dann an die Erfüllung feinesVersprechens schreiten wollte, merkte er zu seinem Schrecken, daßer trotz all seines Reichtums doch völlig außerstande war. dieseMenge von Weizenkürnern zur Stelle zu bringe». Es würde sichnämlich für die 64 Felder des Brettes die stattliche Gesamtsummevon 18 446 744 673 769 551 615 Körnern ergeben. Das heißt, eineMenge, die ausreichen würde, das ganze feste Land der Erde biszu einer Höhe von fast einem Zentimeter zu bedecken. Man siehtdemnach, daß es mit der Bescheidenheit Tissa Jbn Dahirs, deSSchachspielersinders, nicht allzu weit her gewesen ist.Ein anderes vielleicht noch drastischeres Beispiel für das fabel-hast rasche Anwachsen der Potenzen von 2 bietet der folgende Fall:Um Mitternacht geschieht ein Mord. Es gibt einen Augenzeugenund der teilt das Faktum im Laufe der nächsten Viertelstundezwei Nachbarn mit. Jeder von diesen macht in der nächsten Viertel«stunde wieder zwei weitere Freunde zu Mitwissern und so gehtes fort bis 7� Uhr morgens. Um diese Zeit würde» bereits 2000Millionen Menschen über das Ereignis verständigt worden fein,das heißt also beträchtlich mehr, als die gesamte Menschheit aus«macht.Die mathematische Wahrheit, die den Kern dieser Geschichtenbildet, läßt sich natürlich noch in mannigfaltige andere Einkleidungen stecken. Man rechne sich zum Beispiel einmal aus, wieviele Ahnen jeder von uns hat. 2 Eltern hat ma». 4 Großeltern,8 Urgroßeltern Man sieht, es ist die gleiche Reihe, die wir soebenkonstatierten, die Potenzreih« von 2. Nun mag das Jahrhundert(was wohl gering angesetzt ist) auf drei Generationen eingeschätztwerden. Rechnet man unter dieser Voraussetzung die Zahl seinerAhnen bis aus den Anfang der römischen Epoche zurück, so erhältman eine Zahl von Meiischen. die der Zahl der Weizenkörner aufdem Schachbrett noch erheblich überlegen ist. Es ist vollständig un«möglich, daß diese Menschen jemals in Wirklichkeit zu gleicher Zeitgelebt haben; die Erde hätte ihnen auch nicht genügend Raumbieten können. Man sieht, wir sind hier zu einem Widerspruchgekommen; wir haben nämlich vergessen zu berücksichtigen, daßunter unseren Ahnen mannigfache verwandtschaftliche Beziehungenbestanden haben können, die die Ahnenzahl wesentlich hcrabdrückenwürden. Acht Urgroßeltern haben die meisten von uns wohl nochbesessen. Ob sie aber über tatsächlich sechszehn Urgroßeltern per»fügen, ist schon einigermaßen zweifelhaft.Schließlich sei hier auch noch an eine praktische Verwendung deSrapiden Anwachsens der Potenzzahlcn von zwei erinnert, an daSsogenannte Hydra-, Schneeball- oder Lawinensystcm, daS im Ge«schästSleben von Zeit zu Zeit immer einmal wieder auftauchte. EinKaufmann gibt eine Ware, sagen wir eine Zeitschrift, ein Fahrrad,eine Nähmaschine zu einem lächerlich billigen Preis ab, falls ihm derKäufer zwei weitere Käufer zur Stelle schafft, die ihrerseits unterden gleichen Bedingungen die gleichen Verpflichtungen zu übev,nehmen haben. Das System wird meistens durch die Einführungvon Anteilscheinen noch weiter ausgebaut. Setzen wir den Fall, eShandelt sich um ein Fahrrad. Der erste Käufer hat fünfzig Markzu zahlen und erhält dagegen zwei Anteilscheine, die er in seinemBekanntenkreis abzusetzen hat. Sobald ihm dies gelungen ist unddie Empfänger dieser Anteilscheine dem Kaufmann wiederum jefünfzig Mark entrichten, erhält Käufer Nr. 1 das Fahrrad. Denanderen beiden werden nun ebenfalls solche Auteilscheine ausgr-händigt und das Spiel beginnt von neuem. Man erinnert sichvielleicht noch daran, daß diese Geschäftspraxis bei utiS sogar die