nicht in Fang und Jagd zu suchen, wie bielfach angenommen wird. Auch nicht die wenigen Vögel, die für die Stubenvogelliebhaberei gefangen werden(meist Männchen, die fast stets im Verhältnis zu den Weibchen in der Ueberzahl vorhanden sind), haben schuld am Rückgange des Vogelbestandes. Die Hauptschuld trägt einzig und ollein die Kulturl Durch die Umwandlung urwüchsigen Natur» lande? in Nutzland für den Menschen werden vielen Vögeln die Lebensbedingungen genommen. Im Walde werden hohle und alte morsche Bäume meistens nicht geduldet, und so den Höhlenbrütern Spechten, Meisen, Staren, Rotschwänzen die Nistgelegenheiten ge- nommen. Das Unterholz wird ausgerodet und hierdurch Drosseln, Grasmücken, Rotkehlchen erstens die Möglichkeit zum Nestbau und zweitens die Nahrung geraubt, denn die auf dem Buschwerk leben- den Insekten, die den Vögeln zur Nahrung dienen, verschwinden natürlich auch. Dazu wird überall übermäßig Holzschlag betrieben. Ein solchdurchforsteter" Kiefernwald, wie der technische Ausdruck hierfür lautet, macht oftmals einen öden Eindruck und ist nichts weiter als ein Platz zum Anbau von Nutz- und Brennholz. Durch die Einförmigkeit des Baumbestandes werden dann vielfach die Baumschadlinge aus dem Jnsektenreiche herbeigelockt(Kiefern- schwärmer, Kiefernspinner) und beginnen ihr vernichtendes Werk. In derartig durchsichtigen Waldbeständen können sich auffällig« Vögel nicht mehr halten. Da verschwindet die Waldschnepfe; die Nester des Fischreihers werden nicht mehr bezogen; der Schwarze Storch, ein Verwandter unseres Hausstorches, ver» chwindet spurlos. Auch die Raubvögel, von denen viele gar nicht so schädlich find, und die den Waldgänger im Frühling durch ihre schönen Flugspiele erfrauen, ziehen sich weiter zurück. Der Kolkrabe, Deutschlands   größte Rabenart, ist schon für die meisten Gegenden unserer Heimat eine Seltenheit. Der Uhu, die größte Eule, fast gar nicht mehr vorhanden. Bon den Adlern sind noch der Fisch, und Schreiadler einigermaßen bei uns verbreitet, ober auch schon recht rar, während Seeadler, Schlangenadler. Stein. adler   nur noch in abgelegenen, ausgedehnten Forsten in einigen Paaren horsten. Den schaurig-schönen Anblick, auf der Havel   einen Seeadler im Kampfe mit einem Schwane zu sehen, was vor fünfzig Jahren dort noch beobachtet wurde, kann heute niemand mehr haben. Unsere Baumgärten und Parks, die ja eigentlich nur modifi. zierte Wälder darstellen, und die infolge ihres verschiedenartigen Baum- und Strauchbestandes eine Heimstätte für die Kleinvogel- weit find, leiden häufig auch schon an auffallender Vogelarmut. Ich will nur von der Nachtigall, der Sangerkönigin, sprechen. Die Nachtigall war nach den Berichten und Aussagen früherer Beobachter in deft Anlagen der Großstädte ungemein häufig. Jetzt mehren sich die Klagen über ihre Abnahme mehr und mehr. Je mehr die Parks den Charakter der Urwüchsigkeit verlieren, je mehr sie stilisiert werden, desto weniger behagen sie Philomelen. Hierzu kommt, daß in den Anlagen das welke Laub peinlich sauber fort- geharkt wird. Die Nachtigall ist aber ein Bodenbrüter und setzt ihr Nest vorzugsweise in das alte Laub. Ich habe sie deshalb auch mehr auf den alten Kirchhöfen Berlins   angetroffen, wo der mit Efeu überwucherte Erdboden günstigere Nistplätze bietet als direkt in den Anlagen der Stadt. Der vordringenden Kultur muß auch die Vogelwelt der Sümpfe und Brüche langsam weichen. Durch ein System von Gräben werden diese feuchten Gebiete langsam entwässert und reguliert, und aus der einstigenErlköniglandschaft" wird Weide- und Wiesenland. Mit der Poesie der Bruchlandschaft schwinden auch ihre gefiederten Bewohner, Rohrdommeln, wilde Schwäne, Gänse, seltene Entenarten, Säger. Rohr» Hühner, Kraniche, dahin, und einige Arten Wiesenvögel, Bachstelzen. Schmätzer, Pieper, treten an die Stell« des einstigen reichen Vogel- lebens. Als direkt schädigend für die Vogelwelt sind von menschlichen Kultureinrichtungen zu nennen die Telegraphendrähte und die Leuchttürme. Die Luftdrähte sind für den Vogel unver- mutete Hindernisse beim Fliegen, und groß ist die Zahl der Vögel. die durch Anfliegen an die Drähte zugrunde gehen. Gegen die Scheiben der Leuchttürme fliegen nachts Tausende von Zugvöge n, geblendet und angezogen vom grellen Licht, und stürzen tot zu Boden oder ins Meer. So ist also die Kultur eine Feindin der meisten Vogelarten. ES gibt aber auch Vögel, denen geradezu durch die menschlichen Einrichtungen günstige Lebensbedingungen geschaffen werden; ferner solche, die sich den veränderten Verhältnissen an» z u p a s s e n suchen. Vor allem Monsieur Sperling. UebSrall findet oieser kosmopolitische Vogel ein Plätzchen zur Unterbringung eine? Nestes. Jeder Mauerspalt ist ihm recht. Von den Star- kästen nimmt er mit genialer Frechheit Besitz. Auf dem Felde nistet er in der Tasche oder in dem Hute der Vogelscheuche. In Indien   im hohlen Bambusrohr. In der Berliner   Anlagen stehen die Sperlingsnester frei auf den Zweigen der Bäume.   Eng an- tescklossen hat sich die Schwarzdrossel dem Menschen. Diese Zrossel war früher ein scheuer Waldvogel, hat aber in neuerer Zeit foviel Gefallen an unseren Gärten und Anlagen gefunden, daß sie letztere dem Waldaufenthalte vorzieht und sich stark ver» mehrt. Wenn aucb der Schwarzdrossel viel Uebles nachgesagt wird sie soll die Jungen anderer Vögel aus dem Neste rauben und töten so muß doch ihr Heimischwerden in den Städten be; rüßt Verantw. Redakteur: Richard Barth  , Berlin.= Druck u. Verlag: i werden, denn der schöne, flötende, getragene Gesang dieser Drossel vermag fast den Gesang der Nachtigall, die ja doch immer mehr verschwindet, zu ersetzen. Einem Vogel belogt das steinerne Häusermeer der Großstadt prächtig, unserem Mauersegler. Früher nistete dieser schnellste unter den Fliegern in Felsenritzen im Gebige. Aber seitdem der Mensch seine Wohnungen aus Stein errichtet, hat sich der Segler ihm angeschlossen. Neuere Forschungen haben gezeigt, daß die Vögel in ihrem Nutzen im allgemeinen als indifferent zu bezeichnen sind, daß also Nutzen und Schaden einander ausgleichen; denn infcktenfressende Vögel verzehren auch nützliche Insekten wie Raupenfliegen, Schlupfwespen, Hanfkäfer, Regenwürmer in Menge. Aber gerade darin, daß die Vögel weder einseitig nützen noch schaden, liegt ihr ausgleichendes Wirken, ihr Nutzen für die Natur, und das Ver- schwinden der Vögel würde sich bald bitter rächen. Darum ist es neben ästhetischen auch aus praktischen Gründen von größter Wich- tigkeit, durch Schaffung von Nistgelegenheiten und Erhaltung von Wildland inmitten des Kulturlandes die Vogelwelt zu erhalten und zu fördern.__ Max Galling. Kleines f eullleton. Technisches. Wissenschaftliches von der Wäscherei. Die chemische Reinigung hat sich eine wichtige und berechtigte Stellung unter den Gewerben errungen, dagegen sieht eS keine Hausfrau gern, wenn eine chemische Behandlung auch aus die gewöhnliche Wäsche übergreift. Die Klagen über Löcher im Leinenzeug und anderen Geweben, die durch eine bequeme oder rücksichtslose Behandlung in der Wäscherei entstanden sein sollen, sind an der Tagesordnung. ES darf aber nicht übersehen werden, daß gewisse Bleichmittel ohne Schaden angewandt werden können, wenn nur die nötige Vorsicht beobachtet wird. Wenn trotz- dem Gewebe beim Waschen zu Schaden kommen, so liegt das in vielen Fällen an deren minderweniger Beschaffenheit. Um billige Gewebe von ansehnlichem Aeußern herzustellen, wird leider häufig eine Belastung mit mineralischen oder anderen nicht hineingehörigen Stoffen vorgenommen, die gleichsam das Skelett für ein schwaches Material abgeben. Wenn nun diesSkelett" durch eine bloße Behandlung mit Wasser und Seife angegriffen wird, so verliert da» Gewebe gleichsam seine Knochen", und die Folge ist eine schnell« Zersetzung des Ganzen. Als ein neues Mittel, das ohne Schaden auf Grund wissen» schaftlicher Untersuchungen die Wäscherei iu wirksamer Weise unter» stützen kann, wird jetzt imLancet" eine sogenannte Malzdia st ase empfohlen. Sie lost die Stärke in unsauberem gestärkten Leinen» zeug auf, bevor es gewaschen wird. Da« ist von großem Vorteil, und daS Mittel hat keine der bedenklichen Eigenschaften, die an Soda. Chlorkalk oder Borax zu fürchten find. Die Diastase ist ein Körper, der zu den weit verbreiteten und für den Haus- halt der Natur äußerst wichtigen Enzynien gehört und hauptsächlich auS Gerstenmalz durch Behandlung mit Alkohol gewonnen wird. Eine der wesentlichsten Eigenschaften der Diastase besteht nun eben in der Fähigkeit, die Stärke aus einem unlöslichen Zustand in einen löslichen zu verwandeln, indem zunächst Dextrin und dann Malzzucker entsteht. Diese Wirkung der Diastase ist so stark, daß sie die fünfzig- tausendfache Menge von Stärkemehl zu verwandeln vermag, und zwar mit großer Schnelligkeit. Man kann sich leicht vorstellen, wie günstig die Benutzung dieses Stoffe» bei der Wäscherei sein muß. Wegen der schnellen Verwandlung der w der Wäsche enthaltenen Stärke in eine lösliche Form kann dies» leicht auS dem Gewebe aus- gewaschen werden und damit wird da« Leinen einer wirksamen Be- Handlung mit Wasser und Seife zugänglich. Der Tonograph. DerTonograph"(Tonschreiber) nicht zu verwechseln mitPhonograph  "(Stimmenschreiber) ist ein von dem amerikanischen Arzte H o l b r o o k erfundener Apparat zur sichtbaren Veranschaulichung von Tönen und Lauten: Eine Art Trompete von stattlichem Durchmesser geht unten in einer Biegung schalltrichterartig aufwärts. In diesen Trichter ist eine Gummi. Membran so montiert, daß sie beim Ansetzen des Mundes an das Instrument wagrecht liegt. Um nun die Ver- schiedenheit der Töne, Stimmen usw. zu veranschaulichen, bepulvert man die Membran mit einem feinen Gemisch aus Kochsalz und Schmirgel. Beim Hineinfingen,-sprechen usw. in den Apparat gerät da? Pulver in Schwingungen, und eS werden(wie bei den bekannten Chladnifchen Klangfiguren. wo der G'e igenbogen an eine Metall- oder Glasplatte streicht und die Schwingungen auslöst) Figuren erzeugt, und zwar je nach Höhe oder Tiefe des sie hervorrufenden Tones verschieden und einem bestimmten Tone je eine bestimmte Tonfigur auf der Membran entsprechend! ES ist leicht einzusehen, daß der Tonograph für Gesangslehrer und-schüler von außerordent- licher Bedeutung ist, da man ja mit Hilfe de» Apparats beut» l i ch sichtbar veranschaulichen kann, ob noch Schwankungen, Unreinheiten. Schwächen zu verzeichnen sind; denn erst bei ganz tadellosem Stimmansatz zeigen sich auf der Membran klare, saubere und regelmäßige Klangfiguren von teilweis geradezu prächtiger Liniatur und wundervoll harmonischer Bildung.__ Borwnrl» Buchtruckerei u.)UeiUti*aniiaU)siaul Singet&<ie.,iOeiUnäViL