Mein der Schwager Krach in laute Protestrufe aus. Welche Ungeheuerlichkeit! Aber so seid Ihr Weiber «inmall Ihr setzt Euch erwas in dm Kopf, und das muh sein. Glaubst Du. es gäbe keine Behörden, keine Gesetze, keine Stierkampsvorschriften? Glaubst Du, es genüge, daß eine Frau ihren Mann zu umarmen wünscht und Angst hat, um ein Stiergefecht abzusagm und das Publikum dastehen zu lassen? Du kannst zu Juan sagen, was Du willst, aber erst nach der Vorstellung. Die Behörde läßt nicht mit sich spähen; sie würde uns alle verhaften." Der Sattler sah schon in seiner Einbildungskraft die traurigsten Folgen voraus, wenn Carmen auf ihrem wider- sinnigen Vorsatz, ihren Mann aufzusuchen und ihn am Kampfe zu verhindern, beharren sollte. Man würde sie alle verhaften. Er sah sich schon im Geiste im Gefängnis sitzen als Mithelfer bei diesem Beginnen, das ihm in seiner Einfalt einem Ver- brechm gleichkam. Bei ihrer Ankunft in Madrid   muhte er neue Anstren- gungen machen, um zu verhüten, daß seine Gefährtin nach dem Hotel eilte, wo ihr Mann ahgestiegen war. Was hätte sie dabei erreicht? Du wirst ihn nur durch Deine Gegenwart verwirren, und er wird in schlechter Stimmung nach dem Zirkus gehen, und wmn ihm etwas zustößt, wird es Deine Schuld sein." (Fortsetzung solgU lSiachdru« ittlottXJ 81'Crcbanc.#) Bon Branislav N u s ch i t ch. Aus dem Serbischen übersetzt von Martha Borojevitch. Wenn er auch diesmal sich nicht entschließen konnte,«ine andere Frau zu nehmen, von welcher er mit Allahs   Wille Kinder erhalten könnte, dachte er dennoch oft über die Sache nach. Und so legte er es sich zurccht: Wohl könnte er noch eine Frau nehmen, aber ohne achtern mit Hatuscha   zu machen, so, datz auch diese seine Frau bleiben dürft«. Aber dies würde er nur dann unternehmen, wenn er eine häßliche andere finden könnte, die ihn nicht von Hatuscha  trennte und auf welche Hatusch-Hanuma nicht eifersüchtig werden könnte. So würde Hatuscha   auch fernerhin seine Liebste und Teuerste bleiben, die andere wäre eben nur da, um ihm Kinder zu schenken. Und eines Tages geschah etwas sehr Günstiges. Ein Muchabet- schia(der oberste Finanzbeamte des Bezirkes) wurde nach Ana»- tolien versetzt, er avanzierte zum Deftcrdaren(der oberste Finanz- beamte des Vilajets). Dieser rief Halil-Efendi zu sich und fragte ihn, den Aelteren, der im ganzen Orte bekannt war. um Rat, auf welche Weise er am besten seine Habe los werden könnte, da es (ehr kostspielig und umständlich war, den ganzen Hausrat aus eine olch weite Reise mitzunehmen. Er verkaufte Sofas und Sessel, Kohlenbecken und Spiegel und noch vieles andere, was auf einer Reise hinderlich wird. Selbst Halil-Efendi kaufte für sich einige Kleinigkeiten. Mehrere Tage lang dauerte der Verkauf, und jeden Abend überbrachte Halil-Estndi dem Defterdar-Bey den Gewinst und die Rechnungen. Eines Abends meinte der Defterdar zu ihm:Alles dies ist nicht einmal hinreichend, mir meine Schulden auszuzahlen, und weit ist die Reise. Könntest Du mir, Halil-Efendi, noch für etwas «inen Kunden finden?" Efend'm?" Ich habe eine Tscharie, sie ist jung, nicht eben schön, aber noch jung. Ich will sie nicht mit mir nehmen, sondern sie verkaufen.." Efend'm, hast Du den Paschalar schon gefragt?" Ich habe ihn gefragt, er will sie nicht." Wir werden sehen, vielleicht läßt sich jemand finden." jSuche, suche, Halil-Efendi." Für wieviel würdest Du sie geben, Bey-Efendi?" Verlange vierzig, schließlich kannst Du sie aber auch für dreißig goldene Lira(1 Lira 19 Mk.) lassen. Sie kann arbeiten, meinem Harem leistete sie Mägdedienste." Ich werde sehen." Als Halil-Efendi sich entfernte, rief ihm der Bey noch nach: Weißt Du was, gib sie meinetwegen für fünfundzwanzig Lira, soviel kostete sie mich selbst." Halil-Efendi lief straks nach Hause, und als sie beim Abend- «ssen saßen und er und Hatusch-Hanuma von diesem und jenem sprachen, erzählte er ihr auch, wie der Defterdar seine Tscharie verkaufe. Kaum hatte er ausgeredet, rief Hatusch-Hanuma ihm zu: Weißt Du was, Efend'm, kaufe Du sie, Du und niemand anderes." Halil-Efendi lachte. Was sprichst Du für närrisches Zeug?'Was soll sie mir?" Was sie Dir soll? Nimm sie, nimm, ich sage Dir. nimm sie." Gut, sagen wir, ich nehme sie, aber woher nehme ich das «eld dazu?" »Wir werden welches finden, Efend'm." Und dann, was werden die Leute dazu sagen? Halil-Eftndi hat vierhundert Piaster Gage monatlich und kaust eine Tscharie.* Wenn sie Dir aber Kinder schenkt?" Halil-Efendi fuhr bei diesen Worten förmlich zusammen, schaute nachdenklich seine Hanuma an und verfiel darauf in ein langes Nachdenken. Und als sie schlafen gingen, dachten sie jedes für sich noch lange, lange an ein und dasselbe. Halil-Efendi erhob sich sogar einmal während der Nacht und zündete eine Zigarette an, was er bis dahin niemals getan hatte. Als er am Morgen aufwachte, sich gewaschen und das Gebet verrichtet, setzte er sich wie gewöhnlich unter jenen Nußbaum, fing an, seine Zigaretten zu rollen, und sie sorgfältig in die Schachtel reihend, erwartete er den Kaffee; doch kaum waren drei Zigaretten fertig, kam Hatusch-Hanuma schon den Hausgang herunter und trug auf einem Präsentierteller ein großes GlaS eiskalten Wassers, ein Stück Loukoum(eine klebrige Süßigkeit) und zwei Schalen Kaffee. Was aber heute ungewöhnlich war auf diesem Prä­sentierteller lagen noch zwei Reihen goldener Dukaten, zwei dünne Perlschnüre und eine mit Diamanten geschmückte Busennadel. Was ist das?" stägt verwundert Halil-Efendi. Das?" meinte Hatusch-Hanuma noch verwunderteilDu weiht doch..." Ich weih? Nichts weiß ichll* Ich mag mich nicht schmücken... da... nimm da»... verkaufe es, oder lasse eS bei jemandem in Versatz und nimm das Geld." Ja, was soll ich denn damit?" Nun..." ergänzte Hatusch-Hanuma,kaufe die Tscharie vom Testerda r-Bep." Halil-Efendi konnte nicht anders; er umarmte Hatusch-Hanuma und küßte ihr den Mund, den Hals, die Stirne, die Haare.,, 2. Jenen Abend befanden sich nicht zwei, sondern drei in Halil- EfendiS Hause. Nun war auch Seliha da, die der Defterdar-Bey dem Freunde zuliebe noch Um fünf Lira billiger gelassen hatte. ©enha' ist ein junges, schwächliches Mädchen, kaum fünfzehn Jahre alt; klein, mit niedriger Stirn, wunderschönen, feurigen Augen und schwarzem Haar. Ihr Vater war ein Tscherkesse, ihre Mutter eine Türkin. Der Defterdar-Bey hatte sie vor mehreren Jahren gekauft, als sie ein ganz kleines Ding war, eigentlich mehr, um seiner Hanuma eine Dienerin zu geben. Wie sie nun älter wurde, schenkte er ihr schon mehr Aufmerksamkeit; sie verrichtete auch keine groben Arbeiten mehr, aber dennoch konnte man nicht sagen, daß sie ihm sehr ans Herz gewachsen war. Weshalb er sich auch so leicht entschlossen, sie zu verkaufen. Und er hatte dabei nichts verloren, für zwanzig Lira hatte er sie gekauft und um ebensoviel sie an Halil-Efendi abgegeben. Hatusch-Hanuma hat sie liebenswürdig empfangen, etwa wie eine Schwester. Sie steute sich sogar, obwohl ihr das Mädchen nur als Dienerin in das HauS kam. Den ersten Tag war Seliha schüchtern und einsilbig, den zweiten, den dritten und die darauffolgenden Tage schloß sie sich aber schon zutraulich an Hatusch-Hanuma an. So vergingen einige Monate, und die Tage verflossen schön und ruhig wie bis dahin. Nur saßen jetzt Halil-Efendi und Hatusch. Hanuma zusammen, dort, unter dem Nutzbaum, und Seliha servierte ihnen den Kaffee. Seliha hatte jetzt alle? auf sich ge» nommcn; sie goß ihnen das Wasser auf, wenn sie sich wuschen; sie deckte den Tisch und richtete die Betten. Nach wie zuvor liebt Halil-Efendi einzig und allein nur Hatusck>Hanuma und läßt kein Auge von ihr. Seliha scheint er kaum zu bemerken und würde selten seine Augen ihr zugewendet haben, wenn nicht manchmal selbst Hatusch-Hanuma ihn auf sie aufmerksam gemacht hätte. '.' Eines Abends bor   Sonnenuntergang, als Halil-Efendi vom Dienste zurückzuerwarten war, stand Hatusch-Hanuma schon eine halbe Stunde vorher hinter der Hoftüre und lauschte ungeduldig auf seine ihr bekannten Schritte. Und so fröhlich war ihr Geficht, lustig zwinkerten ihre Augen; sie konnte kaum ruhig stehenbleiben. In einem fort zog sie den einen Fuß aus dem Holzpantöffelchen. um sofort wieder hineinzuschlüpfen. Dabei guckte sie unablässig durch das Loch in der Hoftüre. Endlich kommt auch Halil-Efendi; sie kennt seinen Schritt von weitem schon. Sie wartet nicht einmal, daß er ordentlich die Türe öffne schon faßt sie ihn ungeduldig bei der Hand. Efend'm, was wirst Du mir für Bakschisch(Trinkgeld)) geben?" Aber für was denn?" frägt neugierig Halil-Efendi. Nein, ich lasse Dich nicht mit leeren Händen in das Haus eintreten. Gehe in die Tscharschia(Geschäftsviertel) und kaufe mir ein Kopstuch." Ein Kopftuch?" frägt Halil-Efendi, und seine Augen beginnen zu leuchten in ahnender Freude. Eines aus Stambul  , mit Seidenfranzen. Gehe schnell, ich werde Dich hier bei der Türe erwarten." Halil-Efendi wiegt zufrieden den Kopf, und lächelnd meint er: Gut, gut!" kehrt um und läuft in die Tscharschia. (Fortsetzung folgt.)