darstellung ist von allgemeinstem Interesse. Handelt eS sich doch uni die Darstellung eines fiir die Landwirlschaft aubcr- ordentlich wichtigen Körpers aus den billigsten Rohmaterialien, aus Lust und Kalksteinen, Gelöst wurde dieses Problem bekanntlich mit Hilfe des elektrischen FlammenbogenS, der die Bestand« teile der Atmosphäre Stickstoff und Sauerstoff teilweise zur chemischen Vereinigung zwingt. Die dabei entstehenden Stickstoffoxhde liefern bei der Absorption in Wasser Salpetersäure uud deren Einwirkung auf Kalkstein Kalksalpeter, der als Norgesalpeter in den Handel kommt und dem chilenischen Natronsalpeter als Düngemittel mindestens eben- bärtig ist. Die Einrichtung einer Luftsalpeterfabrik, wie ste z. B. in Notodden sNorwegen) in Tätigkeit ist, wird an der Hand einer an- sehnlichen Modellanlage, die mit zirka 20 Pferdestärken betrieben wird, erlSniert. Der Vortragende bespricht sodann näher die Oefen, die in der Technik zur Salpetersäuredarstellung aus Luft benützt werden. Alle Ofentypen werden durch Modelle in Tätigkeit vor- geführt. Vortragender bespricht dann die elektrischen Verbältnisie einer solchen Anlage und behandelt die neuen Aufgaben, die auf diesem Gebiet entstanden sind, und die Schwierigkeiten ins« besondere für genaue Messungen der elektrischen Energie. Diese Messungen sind von ganz bei anderer Wichtigkeit. Am Schlust be« dauert er, daff manche Naturschönheit durch die Industrie zerstört wird, weist aber darauf hin, dah die Industrie in Norwegen  , so paradox es klingen mag. manche Naturschönheit geschaffen hat. An vielen Stellen, wo jetzt ein imponierender Wasserfall von mächtiger Höhe tosend in die Tiefe stürzt, war früher nicht? als eine Reihe unbeachteter Stromschnellen vorhanden. Es folgte ein Vortrag Wilhelm F i l ch n e r S- Berlin über d i e neue deutsche Süd'polar-Expedition. An dem Weit- kämpf im polaren Gebiet hatte sich Deutschland   anfänglich durch die Entsendung derGaiiii' rühmlich beteiligt, aber dann' schien cS, als ob Deutschland   endgültig sein Interesse an der Polarforschung auf- gegeben hätte. Dann ergriff ich selbst die Initiative und rief auf eigenes Risiko eine deutsche Expedition in? Leben. Mein Grundsatz ist. in die Weddellsee südwärts so weit wie möglich vor- zudringen und eventuell einen Durchstotz durch die Antarktik zu versuchen. Für die letzte Möglichkeit muhte die Mit- nähme eines zweiten Schiffes ins Äuge gefaht werden. Nun ist dort, wo da« erste Schiff hätte angesetzt werden müssen, be- kanntlich der Schauplay der englischen Südpolarexpcdition. und es kam die Erwägung, ob sich nicht ein entsprechendes Zusanmienwirken erzielen liehe. In einem solchen Falle konnte das zweite Schiff wegfallen. Dank dem Entgegenkommen von Scott erfüllte sich diese Hoffnung. Ich gedenke also mit nur einem Schiff in die Wcddellfec zu gehen. Die Kosten der Expedition sind auf 1,2 Millionen Mark veranschlagt. Die Erpedition wird bestinmit im Frübjahr näcbsten Jahres angetreten werden. Das Programm wurde aufgestellt nach tühlungnahme nnt der englilchen uud schottischen Polnrexpedition. cott dringt von der Rohsee, ich von der Weddellsee aus vor. Be­gegnen wir uns dabei, so gehen Leute von Scott mit mir nach der Rohsee und Leute von mir mit Scott nach der Weddelsee. So ent- wickelt sich ein Durcbstoh beider Expeditionen ganz von selbst. Auf diese Weise bleibt jede Expedition in ihrem eigenen Arbeitsgebiet, wo sie allein ihre Proviantdepots usw. anlegt. Der 20. Längengrad West, der Coatsland durchschneidet, soll die Grenze unserer Arbeitsgebiete bilden. Die Weddellsee wurde mir, das Gebiet östlich des 20. Grades den Schotten zugesprochen. Die Vorexpedition nach Spitzbergen   hatte den Zweck. Eis- erfahrungen zu schaffen, die wiffenschaftlichen Instrumente, Schlitten und Ausrüstungen zu erproben und Nahrungsmittelversuche zu ver- anstalren. Um dem Unternehmen gleich einen bestimmten wissenschaftlichen Zweck zu geben, sollte eine Durchquerung Spitzbergen  ? inS Auge gefaht werde». Die Vorexpedition löste das festgesetzte Programm, die erste Ostwestdurchquerung auf dem Eise wurde vollzogen. Im Frühjahr nächsten Jahre? wird die antarktische Expedition in See stechen. Unser Ziel ist Süd-Georgien  , das infolge seiner Eigenschaft als Walfangstation der geeignetste Ausgangspunkt für ein anrarktischeS Unternehmen ist. Von Süd-Georgien   aus wird da« Schiff nach den Sandwichinseln gehen, um dort in südlicher Richtung in die Weddelsee vorzustohen. Der Plan wurde von Professor P-nck vorgeschlagen. Gerade diese Borstohricktung sowie überhaupt die Weddelliee selbst dürste die gröhte Gewähr für einen Erfolg bieten, da schon im Jahre 1823 Kapitän Weddell   noch bei 74 Grad 15 Minuten südlicher Breite offenes Meer gesichtet hatte. ES ist nun beabsichtigt, südlich von Coaisland zu landen, eine Basisstation zu errichten und von dort aus durch eine Schlittenexpedition das Innere des gewaltigen unbekannten antarktischen Landes zu erforschen. Denn bier liegt eines der ivichtigsteu in der Antarktik zu lösenden Probleme überhaupt. Es gilt, den Zusammenhang zwischen den beiden bekannten Gebieten der Antarktik, dem grohen von Shaklelon betretenen osiantarktischen Kontinent und dem südlich von Amerika  gelegenen Laudgebiete der Westantarklik zu entschleiern. ES handelt sich im wesentlichen um die Frage, ob Antarktika   ein geschlossener Kontinent ist, oder ob ein Archipel vorliegt, oder fchliehlich ob Ost» und Westantarktika   durch einen grohen Arm geschieden sind. Drei Eiskraftwageu mit einer Zugkraft von je 60 Zenwern werden die Expedition begleiten. An Schlitten werden 50 Exemplare ver- schiedener Gröhen mitgcführr. An der Expedition werden sich beteiligen je ein Geograph, Meteorologe, Geologe Verantw. Redakteur: Richard Barth  , Berlin. Druck u. Verlag: und Physiker, Astronom, Ozeanograph und Techniker. Als Eis« meister wurde ein Norweger gewählt. Die Besatzung des Schiffes wird 26 Mann betragen. Mit den wissenschaftlichen Vertretern zu- sammen wird die Expedition 34 Köpfe zählen. Das Polarschiff ist ein Walfänger und im Eise bewährt. Nach dem Ausspruch von Shakleton und Scott ist es das beste existierende Polarschiff über- Haupt. Sein Tonnengehalt brutto beträgt 527. Das Schiff läuft sieben Knoten. Es hat dreifache Haut und hält starken Eis- druck aus. kleines Feuilleton. Musik. Die Musik als Völkerband. Aus München   wird uns geschrieben: Zum erstenmal seit dem Bestehen eine? inter  » nationalen Verkehrs von Gcistesgütern findet ein offizielles, von den beiden Nationen subventioniertes französisches Musikfest auf deutschem Boden stait. Man darf wohl sagen, daS ist ein Er» eigniS, dessen eigentliche und folgenreiche Bedeutung nicht so sehr auf rein künstlerischem Boden liegt, als vielmehr auf dem noch höheren Niveau der internationalen Verbrüderung der Völker. Der idealen uud für die werktätige Menschheit maßgebenden Parole deS Sozialismus:Proletarier aller Länder vereinigt Euch l' antwortet hier zum erstenmal ein vorläufig noch zages Echo der dentsch-fran- zösischen Intellektuellen, die sich dabei des feierlichen Sprachrohrs der tönenden Kunst, der Musik als Weltsprache bedienen. Denn wie keine andere Kunst weih die kosmopolitische Musik, obwohl sie den nationalen Charakter bewahrt, sich über die Grenzen der Völker zu erheben, im Zeichen des Idealen den ewigen Egoismus zu über- winden und als allgemeinverständliche Sprache laut für den Völker- frieden zu zeugen. Der weltgewandte Präsident der großen und machtvollen französischen   Vereinigung der Musikfreunde. Graf Chandon de Brixilles szugleich Besitzer einer bekannten Champagnerniarke, von der er in München   reichlich den Offiziösen, aber auch den wackeren Musikanten spendete), gab bei seiner An- spräche im München  « Rathause dem.Kulturgedanken' der Musik beredten Ausdruck. Das Franzöfche Musikfest, eingeleitet und umrahmt von Banketts undEmpfängen" und Soupers aller Art. bestand in seinem künstlerischen Teil aus drei grohen Orchesterkonzerten und zwei Kammermusik-Matineen in der städtischen Musikfesthalle und im Künstlcrtheater der Ausstellung, in denen ein interessanter Ueberblick über die neufranzösische Tonkunst sinfonischen, dramatischen und lyrischen Stils von Csfar F r a n ck und S t. S a e n S bis zu den Pionieren des modernsten Impressionismus, den radikalen Vertretern deratmosphärischen Schwingungs- und Sckwebungsmusik' den deutschen   Hörern geboten wurde. Einige Häupter gallischer Ton- kunst waren persönlich zugegen; s» der greise, sympathische Camille St. Saöns, G a b r i e l F a n r ö, der Direktor des Pariser Kon- servatoriumS und Charles M. W i d o r, Francks Nachfolger an der Orgel von St. Sulpice. In dem Kapellmeister Rhensj-Baton hatten die Toten und die Abwesenden einen feurigen und hingebenden Diri» gemen, in demMünchener Tonkünstlerorchester", das 1909 unter La­valle deutsche Meister in Paris   gespielt bat, einen Jnstrumcntalkörper, der sein Bestes bot, um dem oft so rhythmisch heiklen, mit seinen eleganten Fonnen, seiner weniger pathetiswen wie sinnfälligen In- strumentation sich einschmeichelnden Charakter deS gallischen Kom» Positionsstils gerecht zu werden. Seien wir offen: der Verstand, die intellektuelle Klarheit der Struktur, die Eleganz der Mache, der rhythmische Schmitz neben einer oft in bizarre Träumereien ver- sinkenden gefühlsseligen Phantasie mutz oft das ersetzen, was der deutschen   Musik das Gefühl, die Empfindung, die Sprache de« Herzen? ist. Freilich, eigentlichphilosophische Musik" haben die Franzosen nicht auf dem Programm. Sieht man von dem alten, feinen, idealistisch gesinnten Cvsar Franck, demftanzösischen Bach" ab, 1390, so findet man weder bei den Werken seiner Schüler, zu denen in erster Linie Meister Vincent d'Jndy gehört, noch bei denen der St. SaönS-Schule mit Fauvü und Dukas   an der Spitze, jene Tiefe des Gemüts, die der deutschen  Musik eigen ist. Die verschiedenen Gefühlswelten moderner deutscker und neuer französischer   Musik verbindet höchsten» die Brücke der artistischen Technik im Satz, die Technik der Farbe, die in der Tat in der herrschenden Generation der Pariser  Tonsetzer den Vorbildern Berlioz  ' gleichkommt, ja bin- sichtlich der Koloristik von den Debusiyanern noch über- troffen wird. Es ist seltsam zu sehen, wie die Franzosen nach dem Formalismus ihres bedeutenden St. SasnS auch Richard Wagner   überwunden haben, dem sie mit doch einigen Meisterwerken wie d'JndySFervael", ChabriersGwendoline", Bruneaus Messidor" ausschweifend gehuldigt haben. Was haben die an Stelle des Wagnerismus gesetzt?Le Debnssysme". Die Schule Claude Dcbussys tPelleaS und Melisande, NokturneS, Tristan), die ihrem zweifellos geniale» Haupt darin nachäfft, datz sie alle Form, alle Kraft, alle Klarheit durch einen leuchtenden Nebel von ver- schwoinmenen Farbflecken ersetzt. Wann wird nun den Deutschen  Gelegenheit geboten, im friedlichen Wettlampf der künstlerischen Ideen auch ihre neue musikalische Kultur offiziell in Paris   zeigen zu können? Wir hoffen 1911._ m. Vorwärts Buchsruckerei u. Verlag sansrertl Paul Singer   SrCo.. Berlin   6 As.