unentbehrlich ward. Er konnte sich nicht überwinden, sie zu halten,und da das Ganze ein Geheimnis bleiben sollte, mußte Kjesten sieTag für Tag bei ihm einschie zgetu. Er las sie gründlich undimüier gründlicher, bis lchl'e.>!ch niemand bester mit den öffent-lichcn Angelegenheiten, den V�arktpreiscn und den politischen Ver-Handlungen im Reichstag Bescheid wußte als Anders Krage, wasindessen niemand— die jungen Leute im Hause Krage vielleichtausgenommen— wußte oder ahnte.Dadurch mußte Anders sich schließlich gestehen, daß Jürgennicht so unrecht hatte, wenn er von der großen Gemeinschaft sprach.Und wenn in solchem Augenblick Anders mit gesenktem Haupt amFenster vorbeischritt, schmolz gleichsam etwas in des alten AndersBrust, und es überkam ihn die Lust hinauszuziehen, dem jungenMann die Hand zu reichen und gemeinsame Sache mit ihm zumachen.Trotzdem aber blieb er drinnen sitzen, ohne sich zu rühren, undstarrte hinaus auf die vernachlässigten Felder.—Anders ging da drinnen umher in seinem Abnahmezimmer undverfiel sichtlich. Niemand kam zu ihm, und er kam zu niemand.Kjesten wollte sein Aussehen nicht gefallen, aber sie beruhigtesich dabei, daß er guten Appetit hatte, da würde es wohl nichtsweiter zu bedeuten haben. Und doch machte es einen sonderbarenEindruck, wenn er dort am Fenster saß und seufzte, ohne de» Mundaufzumachen. Und dann auch, daß er niemals hinausging, so langees Ta� war!Eines Tages kam ihr der Gedanke, die kleine Kjesten mithinüber zu nehmen zu ihm.Als Anders das kleine Kind auf seinem Arm spürte, kam Lebenund Bewegung in sein Antlitz. Seine Stirn furchte juch, aber seineAugen lachten, er biß die Zähne zusammen, aber seine Lippenlächelten und seiner Kehle entfuhren etliche schluchzende Läute, diesowohl Lachen als Weinen bedeuten konnten.Seit der Zeit aber saß Klein-Kjestcn stets auf Anders Knie imAbnahmezimmer, wenn die Frauen zu brauen hatten oder sonst eineExtraarbeit vorlag.Dann eines Tages, als der kleine Anders draußen spielte.öffnete er ein wenig die Tür. winkte und lockte. Ter Knalls sah erstetwas scheu zu ihm auf. aber schließlich ging er doch mit ihm hinein.wo dann Anders ihn auf den Tisch setzte, seine beiden kleinen Händeergriff und mit einem breiten Lächeln sagte:.Wir beiden Änderst"Der Enkel plauderte und stellte Fragen, der Großvater ant»wartete, so gut er konnte, aber immer wieder rief er: Wir beidenÄnderst.Der Junge bekam ein Butterbrot, und der Alte bemerkte, mitwelcher Bier er eS verschlang, wobei ihm der Gedanke kam, daß esdenen da drinnen wohl schwer genug werden könne, so viele Mäulerzu stopfen.Da ward der Alte finster und sprach zu sich selber:„Du bist einSchlingel, Anders; denn während Du hier sitzest und Lmnmscklegelund Speck frißt, sitzen die Enkelkinder aus der anderen Seite derWand und kauen trockene Rinden,— ein großer Schlingel bist Dul"Aber das Verhältnis ward trotzalledem nicht anders. Es war.als läge es nickt in seiner Macht, es zu ändern, sondern sei ein Teildes ochiclsals geworden, das aus dein Krageschen Haus« ruhe.Es kamen Boten, die Rechnungen brachten, und der Gerichts-Vollzieher kam, das waren Leute, die man hier ehedem nie gesehenhatte.Aber Anders saß hinter seinen Fensterscheiben und sah zu.Nicht einmal während der dringendsten Erntezeit, wenn der Regenüber dem Kopfe hing, ging er Jürgen zur Hand.Nur in den hellen"Sommernächten, wenn die anderen schliefe«.kam die hohe, gebeugte Gestalt zum Vorschein und ging ringS herumum die Felder. Auf diese Weise vergingen zwei Jahre.(Fortsetzung folgt.»lNeadnnk»«rOoleu.)8piet2ei!g.(Zur Düsstellung im Warenhaus Tietz.)Es gab einmal eine Pädagogik, die glaubte, daß es ei« Idealfei, aus dem Schäker»in Spiegcllnld des Lehrers zu mache«. DiesaMethode litt an einer llebecschätzung der Magisterwürde und derRegeln; sie mißachtete das Reckt der Persönlichkeit, das mit jedemRettgeborenen immer wieder seine,, Anspruch erhebt. Obgleich nundie engbrüstige und kurzsichtige Schablone auch heute noch, w,e einftnsterer Moloch die Kinder frißt, so hat sich doch in den bestenKöpfen eine neue Erkenirtnis befestigt. Tie Erkenntnis nämlich,daß ein Lehrer(auch der Vater und die Mutter) nichts anderesfcu» soll als eine Art Geburtshelfer, der aufhorcht, hmeinhoecht, obda in dem jungen Menschlcin vielleicht etwas keime, sich vielleichtetwas reg«, was an den Tag will, Ivas wert ist, an den Tag zukonimen. Des Lehrers höchst« Pflicht ist es, den angeborenen An»lagen der Schüler die Wege zu ebnen. Damit die Jugend unge-brachen und gesund zu sich selbst komme. Lehren heißt: organi»sieren: lehren heißt: entwickeln, heißt das Kind(erst recht denJüngling) mit der nötigen Lust zu erfüllen, daß es sich selber undvon innen heraus aufbaue»Das ist das Geheimnis deS kindlichen«Spielzeuges, daß einNichts die ganze Welt in sich trägt, sich bald in ein Tier, bald ineinen Menschen, bald in einen Riesen zu wandeln vermag. DasKind ist der größte Zauberer; im Spiet slhasft es Welte». Diemeisten unserer Spielsachen mißachten den schöpferischen Trieb devkindlichen Psyche; sie sind zu deutlich, zu vollständig. Sie sind ir»plumper Wirklichkeit berei s das, was sie erst durch das Kind in»einer wahrhaftigeren, phantastischen Form werden sollten. Sowirken sie auf den Bautrieb, den Weltenbautrieb der Kinderseelsnicht anreizend, sondern lähmend. Das meiste Spielzeug isttdidaktisch, es belehrt; es verlangt nach einer Erklärung, löst abernicht die Sinne und Instinkte zum heiteren, zwecklosen und dochnach einem höheren Maß? nützlichen Spiel. Das Spielzeug brauchtnicht mehr zu sein als ein Weckruf, als ein Druck auf de» Kontakt»die gespeicherten Assoziationen in Fluß und zur Kristallisation z«bringeir. Das Kind bedarf nicht der Teufel und Drachen; ein«simpler Esel, ein Kutscher, ein Bauklotz, ein gedrehtes Handtuchseine Kartoffel reichen für viele Stunden produktiven Glückes. Dasist der Entwickelungswert des kindlichen Spiels: eine in de»Däminerung beharrende Borbereitung aus das Leben de3 heller»Tages. Der physiologische und pädagogische Zweck des Spieles ruhtin der zwanglosen Gymnastik des Hirnes und der Muskeln. DasSpielzeug soll auch nicht satt, sondern hungrig machen, nicht faul«sondern mutig und schasfensfroh.Solche Einsicht.leitete zu der Konsequenz, daß es das�Ver«nünftigste wäre, dem Kind so wenig wie möglich fertiges Spiel»zeug anzubieten, ihn» desto mehr Gelegenheit und Notwendigkeitzu geben, sich aus alltäglichem Rohmaterial die seltsamsten undgeivaltigsten Dinge selber zu produzieren. Man erinnere sich nur«was einem mehr Vergnügen bereitet: die Eisenbahn, die man ge»schenkt bekam, aus Blech, lackiert— oder die Bastelei, die ausZigarrenkisten mit Garnrollen(die man aus der Mutter Nähtischtstähl) ganz primitiv und doch unübertrefflich eine leibhaftig«Lokomotive zimmerte. Es war kein kindliches Bedürfnis, dieseUeberhäufung des Marktes mit differenziertem Spielzeug.«EStoar nur eine der barocken Nebenerscheinungen des kapitalistischenDrängens: daß auch das Spielzeug der Mode unterworfen wurde.Den Umsatz zu mehren erfanden die Fabrikanten immer neueTrick?, bewegliches, sprechendes und fliegendes Spielzeug. Altdiese Komplikationen waren aber letzten Sinnes überflüssig, selbstschädlich. So darf man denn zufrieden sein, wenn heute sich klugePädagogen gegen das Zuviel an Spielzeug kehren und sich dafüreinsetzen, daß man den Kindern nur noch solche Dinge gebe, di«nicht unmittelbar sättigen und schließlich langweilen, vielmehrgleich einem«Sprungbrett der kindlich«» Seele Helsen, in Schwungzu kommen. Und was noch besser ist: daß man die Kinder an»leite, sich aus möglichst primitiven Stoffen kompliziertere Gebilde»nach der Architektonik des eigenen Ich zu bauen. Aus Streich»hölzern, aus den entleerten Hülsen von Glühkörpern, au» Papp»deckeln und ähnlichem Kram des Hausrates läßt sich alles machen.was die Kindesseele füllt und lockt. Aus Kastanien, aus Eichelnund Bohnen werden, wenn man ein wenig Draht,«in wenigBlastelin oder einige Federbüschel hinzunimmt, Schweins oderHühner angefertigt. Aus Plastelin oder Ton läßt sich überhaupteine Welt schaffen; und wenn man nun noch gar Farbe dazutut,so kann man mit den Gemüsefrauen lvetteifern, selbst mit deinSchlächter, selbst mit dem Konditor. Es gehört nun zu den feinstenKünsten der modernen Pädagogik, solche Selbständigkeit denSpiele zu leiten und zu beeinflussen, anzuregen und auf ein Zieleinzustellen, ohne daß die Kinder von der Belehrung und dem Er»ziehungsvorgang irgend etwas merken. Gewiß, man kann denKindern allerlet Hinweise und Winke geben, daß sie fich Dkatsrm!suchen und dem Gefundenen immer wieder neue Figuren ab»zagen; aber: die Kinder sollen'S nicht spüren. Damit sie fich-ASBaumeister fühlen und Herren einer ganz tollen und furchtbarlustigen Welt.Diese Hinweise werden hinreichen, um Eltern und Lehrernanzuzeigen. waS«S in der Ausstellung- bei Tietz(neben mancherlei'Torheit) Nützliches und«Schönes zu sehen gibt. Die Selbst»'anfertigung des Spielzeuges gehört heute mit hinein in den Kreis-der modernen Erziehungsmittel, die dem ewigen Einerlei des'Wortes die Anschauung und der einseitigen Dressur de» Gehirnes■die Heining der Hand gesellen wollen.Robert Breuer.Liemes Feuilleton.Aus dem Pflanzenleben.Die Pflanze als Hebekran. Daß der Pflanzen-körper in seinem Ausbau sich als ein Kunstwerk erweist, gegen dasunsere gegenwärtige Jrigenieurkunst oft weit zurückbleibt, ist»venigallgemein bekannt. Was der Mensch erst durch zahllose Versucheund endlose Berechnungen entdeckte, das kftit die Pflanze sich zumAufbau ihres Körpers schon längst zunutze gemacht. Wie derTechniker hohle Säulen verwendet, um eine Druck» oder� Biegungs»festigkeit zu erzielen, so hat die Pflanze für analoge Fälle ihremKörper langgestreckte Hohlräume eingefügt. Während andererseitsfeste, womöglich gar gedrehte Körper dem Pflanzcnlcib genau sowie bei den Werken der Technik dazu dienen, Zugfestigkeit herbei-zusühreiu Ein besonders intereßantes Beispiel dieser Art benutzt