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Boden

Kunstfagfe," fnurrte Kempen hinter ihm her, wohl- teilen. Während Lorensen die Leda wieder vornahm und teislich nur für sich allein. vorläufig gemächlich an dem Schwan herumfinzelte, weil ihm Grete Schlemmer warf sich in den Lutherstuhl und stram- Grete Schlemmer ausgeblieben war, ging Rempen über pelte bergnügt mit den Beinen, wobei sie sich ausschütten seinen Löwen her, der, unter dem wuchtigen Stoß des wellte vor Lachen. Und als Lorensen wieder zurückgekehrt Kämpferschwertes noch einmal aufbrüllend, am war, spielte sie ihr Theater weiter, das selbst für Kempen   liegend gedacht war, die rechte kraftlose Pranke erhoben zum in diesem Augenblicke etwas Versöhnliches hatte. Under hertulischen, nackten Mann, der siegesbewußt wie ein Gott schämt medferte sie los: Ja eh, der Faun... ja eh, die auf ihn herabblickt, in Ruhe wartend auf das verlöschende Nymphe, eh, eh, eh, eh. Der spricht ja förmlich, eh, eh... Auge.

und die, eh, die hat ja wunderschöne Beine. Ueberhaupt ein Im vergangenen Sommer hatte er von dem Direktor Faun und eine Nymphe, das sind zusammen ein Faun und des Zoologischen Gartens die Erlaubnis erwirkt, auch in eine Nymphe. Und die Nymphe, ja eh, die hat Hunger... Ton seine Studien treiben zu dürfen; und so war er schon und die Herren Künstler gehen zu Borchardt, und die Nymphe, in aller Frühe zur Stelle, wenn das Publikum noch keinen ja eh, die mit zur Kunst gehört, kann Luft schnappen." Zutritt hatte oder doch erst spärlich sich in den Gängen ver­

Unwillkürlich war sie in die Wirklichkeit umgeschlagen, lor. Es waren Junge im großen Käfig, die ihre possier­mit dem Groll des schönen Kindes, das den viel bewunderten lichen Sprünge machten. Und wenn dann der mächtige Körper auf den Kunstmarkt getragen sieht, ohne mehr als Löwenvater im Sande sich streckte, auf dem Rücken lag, oder die Tagesbatzen davon zu haben. Entrüstet stand sie auf manchmal vor Langeweile zu einem letzten Gähnen den und sagte wie beleidigt: Ein Wort von Euch und er hätte Rachen aufriß, die Tagen noch erhoben zum Rosen mit den mich auch eingeladen. Wenn ich dabei bin, wird's immer Sprößlingen, die soeben über ihn hinweggesetzt waren, dann gemütlicher. Ich merkte es schon, er hatte etwas für mich brachte Kempens Fingerfertigkeit reiche Ernte, übrig. Was der für einen teuren Pelz trägt! Diesen Gold­bonzen möchte mancher von Euren Kollegen haben.... Ja, ja - ich halte schon den Mund," maulte sie dann Kempen   an. Ach Sie- Sie können ja kein Wort sprechen. Wenn Herr Lorensen nicht wäre..."

Sie hatte gesehen, wie er ein Rad auf seiner Stirn drehte, während der Blonde immer nur lachte. Na, dann denkt menigstens an mich, wenn Ihr Eure Austern schlürft: Das ist auch' ne Kunst, die nicht jeder kann. Jawohl, Herr Ken.pen! Sonderbare Heilige seid Ihr doch. Ein Atelier, ein Geldbeutel und eine Vernarrtheit in Eure Kunst. Dieselben Stiefel habt Ihr auch schon getragen. Nur dasselbe Weib fehlt noch. Aber vielleicht.. Na, lieber nicht, denn dann kommt's immer anders. Adieu, die Herren Künstler." Und wieder meckernd:" Eh, eh."

Mit einem Kußhändchen auf Lorensen flatterte sie hinaus und hinterließ nur eine große Duftwolfe ihres Reseda Heftig fiel die schwere Tür hinter ihr zu, so daß die alte berrostete Klingel leise erbebte.

( Fortsetzung folgt.)

( Nachdruck verboten.)

Lebende und Sterbende.

Von Leo N. Tolstoi  . Uebertragen von Adolf Heß. ( Schluß.)

Die Soldatenfvau klettert vom Ofen herunter und bittet eben­falls, ich solle mich bemühen, ihren Mann frei zu bekommen. Ich fage, daß ich das nicht fann, und frage, welche Habe ihr Mann zurückgelassen habe. Es ist nichts da. Das Land hat der Mann beim Fortgehen dem Bruder übergeben; dafür sollte er fie und die Kinder ernähren. Drei Schafe waren da, aber zwei sind bei der Abschiedsfeier der Rekruten draufgegangen. Geblieben ist, wie sie sagt, nur etwas Gerümpel, ein Schaf und zwei Hühner. Das ist alles. Die Schwiegermutter bestätigt ihre Worte.

Ich frage die Soldatenfrau, woher fie stammt. Aus Ser­giemstoie. Das ist ein großes, reiches Dorf, 40 Werst von uns.

Ich frage, ob Vater und Mutter noch leben, und wie es ihnen geht?

Sie sagt: gut.

Warum ziehst Du nicht zu ihnen?"

" Das habe ich auch gedacht. Aber ich fürchte, sie nehmen uns zu viert nicht auf."

Vielleicht doch. Schreib ihnen. Wenn Du willst, schreibe ich." Sie ist damit einverstanden; ich notiere mir die Namen ihrer Eltern.

Kempen   und Lorensen konnten zufrieden sein: sie be­wegten sich jetzt in aufsteigender Linie, denn ihre Zukunft war borläufig gesichert. Wenn es ihnen Herr von Rensdahl nicht schon versichert hätte, so würden sie es auf alle Fälle durch den alten Lorensen erfahren haben, der in einem langen Schreibebrief sein drangvolles Herz freudig darüber aus­schüttete und dabei nicht vergaß, je einen Ausschnitt des Während ich mit den Frauen spreche, tritt das älteste Kind der " Holsteinischen Kurier" und der Kieler Zeitung  " beizulegen, Soldatenfrau, ein dicbäuchiges, fleines Mädchen, an sie heran, in denen gehörig die Posaune über das neuentdeckte, bildne- zupft fie am Aermel und bittet um etwas wahrscheinlich will rische Talent geblasen wurde; über den jungen blonden Lands- das Kind essen. Die Frau spricht mit mir, achtet nicht darauf. Das mann, der in dem überall angesehenen Herrn von Rensdahl Kleine Mädchen zupft noch einmal und murmelt etwas. einen wohlmeinenden Gönner gefunden habe und hoffentlich und schlägt das Kind an den Kopf. Seid ihr denn gar nicht satt zu kriegen?!" schreit die Frau feiner Heimtsstadt dereinst große Ehre bereiten werde. Man freue sich bereits allgemein darauf, sein erstes selbständiges Werk, eine Faungruppe, recht bald in Kiel   bewundern zu tönnen.

Es war ein bißchen viel Tamtam dabei, so daß Loren­sen den Alten im Verdacht hatte, er habe sich selbst dahinter gesteckt, um den Klöpfel in Bewegung zu setzen; vielleicht aus besonderer Dankbarkeit für den hohen Herrn. Fast ver­stimmte es ihn ein wenig, daß man nur von dem Faun sprach, aber er ließ sich zu Kempen   nichts davon merken, was ihm auch um so leichter wurde, als dieser gleichgültig mit den Worten: Das ist unter Kameraden ganz egal!" darüber hinweggegangen war. Nur immer vorwärts, über die Füllsel­schmiere hinaus zu großen, unsterblichen Werfen! Zu der Kunstzyflopie", wie Walzmann das Höchste, das Ueber­menschliche bewortet hatte. So ein bißchen Fraßengesicht - du lieber Himmel, das müsse man eigentlich nach Feier­abend mache, oder am Sonntagvormittag, wenn die Kirchen­gößen beteten und nicht daran dächten, daß man auch im stillen Kämmerlein seinem Gott durch ein feusches Bildwerk Ehrfurcht vor der ewigen Allmacht beweisen könne!

Das Mädchen fängt laut an zu brüllen. Als ich hier fertig bin, gehe ich zur Witte mit dem Kalbe.

Sie erwartet mich schon vor dem Hause und bittet mich wieder, nach dem Kalbe zu sehen. Ich trete ein. Auf der Diele steht wirk lich das Kalb. Sie bittet mich, es anzusehen. Ich sehe es an und merke, daß das Leben der Witwe so sehr an dem Kalbe hängt, daß sie sich gar nicht vorstellen kann, daß es mich nicht interessiert. Als ich es betrachtet habe, gehe ich ins Haus und frage:" Wo ist die Alte?"

" Die Alte?" fragt die Witwe zurück. Sie ist offenbar erstaunt, daß mich nach dem Kalbe noch die Alte interessieren kann. Auf dem Ofen. Wo soll sie sonst sein?"

Ich trete zum Ofen und begrüße die Alte.

A ach!" antwortet mir eine schwache, heisere Stimme. Wer ist da?"

Ich nenne meinen Namen und frage, wie es ihr geht. Wie kann es mir gehen!"

" Tut etwas weh?"

Ach, alles! A- ach!"

" Bei mir ist ein Doktor; soll ich den holen?"

" Dochtur? Ach, was soll mir Dein Dochtur? Bleibe mir mit Deinem A

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ach!"

" Sie ist schon so alt," meint die Witwe. ,, Doch nicht älter als ich?" sage ich. " Wieso? Viel älter. Die Leute sagen: neunzig. Ihr fällt ſchon alles Haar aus. Neulich habe ich sie geschoren. Warum denn geschoren?"

Kempen   opferte denn jetzt auch täglich in diesem Sinne und knappste sich jede Stunde vom Scharwerf ab, um seine erste große Schöpfung aus dem Keim zum Wachsen zu " Es fällt ja alles aus; da habe ich es abgeschnitten." bringen. Man hatte mit Rensdahl abgemacht, die beiden ..A ach!" stöhnt die Alte wieder. Ach, Gott hat mich ver­Grupen zusammen abzuliefern, und so hatten die Freunde lassen. Nimmt meine Seele nicht zu sich. Er nimmt sie nicht, gehörig Bewegungsfreiheit und konnten ihre Zeit hübsch ein- und von selbst geht sie nicht. Aach  ! Sicher wegen meiner

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