fetbigunfl ihre Weibwürde durchzuringen Hut, da? wird am Lebens-lauf der Heldin mit mutiger Offenheit gezeigt. Mag sein,daß der Verfasser im Lodern seines sozialen Gefühls die Altentaletierischer Angriffe auf das hübsche unbewehrte Mädchen zu stark häuft.Aber wo ein Gedanke und ein Ziel verfolgt wird, wo die schläfrigeGesellschaft wachgerüttelt werden soll, wo es gilt, herrschende Schädenin ihren traurigen Verheerungen aufzudecken— da darf man wohldie vielfachen Fälle der roher Sinulichkeil ausgelieferten Mädchenauf ein einziges Opfer summarisch übertragen. Die junge PariserProletarierin, die still und unbehelligt ihrem Broterwerb nachgehenwill, wird auf Tritt und Schritt eine Beute männlicher Gier undüber diesem Ekel vor den Männern verkümmert ihr das heiligsteGefühl, die Liebe. Sie wird im Brunsthauch der brutalen Sinn-lichkeit um die Beglückungen der Liebe, also um ihr Glück betrogenund das ist vielleicht der schwerste Schaden, den sie erleidet.Mit der Weibkleidung, die sie endlich auszieht, um in Männer-kleidung unbehelligt vom ewigen Trieb rieselnder Geilheit zu leben,zieht sie auch ihr bestes Weibgefühl mit aus. Sie lernt als Mannleben und empfinden— leider aber begegnet sie auch in dieserschützenden Verkleidung den Vampyrgclüsten der Perversität. Obnein die Luft der Schlüpfrigkeiten zu geraten, schildert der Verfasserdie Brandung all' der erotischen Sturzwellen, die das bedrohteGroßstadtopfer ins Meer der Gemeinheit zu reißen suchen. Welchein Kräfteverlust, dem standzuhalten! Wer hilft diese» heimlichenMärtyrerinnen und Heldinnen? WaS wissen die sorgsam behütetenTöchter.anständiger" Familien von der Unanständigkeit derer, diedereinst mir ihnen zum Traualtar treten werden? Wo Lemonniersich auf diesem sozialen und sexuellen Gebiete bewegt, zeigt sichseine Meisterschaft lebendigen Gestaltens, wo die reine Psychologieder Frau in den Vordergrund tritt, läßt er die aufspürsame Feinheit,die wir z. B. an Balzacs analytischen Büchern vom Seelenleben der Fraubewundern, vermissen. Man fühlt am Ende doch, daß die Aufzeichnungenein Mann und nicht ein Weib geschrieben hat. Aber das hindertnicht, die Geschichte als eine nachdenkliche zu lesen und die.ge-fallenen Mädchen", die der Männcrpürsch erlagen, in anderem Lichtezu sehen, als dies beim Bourgeois üblich ist. Gegen das Gefühldes Spießbürgers mag es auch wohl gehen, wenn die gehetzte Heldindes Buches, als in ihrem einsamen, freudlosen Leben die Sehnsuchtnach dem Kinde durchbricht, sich nicht in einem LiebeSakt mit demverekelten Manne eint, sondern diesen nur als Werkzeug derZeugung betrachtet, das nach getaner Pflicht wieder im Dunkel alsFremdes zu verschwinden hat.Von dem Moloch Sinneugier und seinen Verwüstungen erzähltein anderes Buch: A. Kuprin: Die G'r u f t, im VerlageGeorg Müller. München, erschienen. Bei Lemonnier Frank-reich, hier Rußland. Das Elend heißt diesmal Prostitution. Eineüble Einrichtung, sagen die„Anständigen". Laster, Sünde nennt?der Moralkodex der heuchlerischen Gesellschaft, jener Gesellschaft, diedie gesunden Sinne junger Menschen vergewaltigt. Wo man derNatur nicht ihr Recht gibt, muß sie entarten. Wo sienicht entarten will, rettet sie sich durch die Prostitution.Nun ist aber auch die Prostitution selbst in ihrem Wesen entartet.Ein grausiges Bild dieser Stätten der Korruption entrollt Kuprin.Die Gruft ist ein russisches Bordell, oder vielmehr die ganze Straßeder Bordelle, und bis zur letzten Seite des Buches spielen die Be-gebenheiten in dieser von Alkohol, Zynismus und Schamlosigkeitgeschwängerten Luft. Wieder sind eS die Männer, die die Institutionins Tierische herabdrücken und die unseligen Geschöpfe des beruf-lichen Liebesdienstes unbarmherzig in den Seelenschmutz hinein-treiben. Zwar ist in dem Buche ein guter Junge, der sehend ge-macht durch einen Lebensbetrachter, der das Geschlechtliche über-wunden, die Dirne aus dem Sterbehaus dcS Menschlichen herausführt, aber was bedeutet der Eine gegen die Vielen, die auch hierdas Glück töten? Was Kuprius Buch,' das er den Müttern und derJugend widmet, von der Bordell- und Dirnenliteratur unterscheidet,in der mit einem cthisch-sentimentalen Rittertum die Notwendigkeitder Institution und die Zusammenhänge unterschlagen wurden,ist die Objektivität, mit der er den Dingen ausnächster Nähe klar ins Auge sieht, ohne das ungeheuer Ge-fchäftsmäßige der Prostitution dabei mit Gemüt zu übersälschen.Welche« Leben müssen die Dirnen unter den Zoten ihrer betrunkenenUmgebung führen: Kuprin hat sich die Aufgabe gestellt, die leib-und seelenschänderische Scheußlichkeit nicht verhüllt oder moralischentrüstet, wie auf den schlechten Bildern des„Pfefferkuchens derLiteratur" darzustellen, sondern das Leben an sich in seiner er-barmungSwürdigsten Seite aufzuhellen. Und so reißt er die Türauf zu jenen verpönten Orten, wo eine ganze Klaffe von Mädchenwie eine Viehherde vegetiert, bereit, sich mißbrauchen, beschimpfen.krank machen und hinmorden zu lassen eines Triebs wegen, den manin der Oeffentlichkeit verdammt. Jeder darf kommen, Krankheit,Perversitäten, Vernichtung mitbringen, denn er bezahlt! Es ist einErkenntnis- und ein Mahnbuch, ein Buch der Nächstenliebe, vollgroßen sozialen Empfindens.Von diesen Büchern der entstellten Liebe, die mehr als Roman,die Weckruf und Information sind, nun zu den Büchern einer anderenLiebe, der heiniatsberechtigcen in unserer bürgerlichen Welt, dersehnsüchtigen mit ihren Leiden und der erfüllten mit ihren Freuden.Marianne von Max Ludwig fVcrlag A. Laugen, München)erzählt mit keuscher Innigkeit von dem Finden und Verlieren zweierMenschen im grünen Scvwarzwalddorf. Der junge Maler erlebt'Perantw. Redakteur: Richard Barth, Berlin.— Druck u. Verlag:dort im Herzen einer liebegiinstigen Natur mit dem schönenDorfkiud ein stilles Glück. Sonne und Zärtlichkeit liegtüber dem Bunde, zu dem in seliger Heimlichkeit dieBeiden ineinanderschinelzen. Da kommt das Traurige auchhier hinein. Ein tückische Krankheit frißt am Leben des Mädchens;um den Geliebten vor Schmerz und Häßlichkeit zu bewahren, ent«schwindet sie ihm. Uebergroße Liebe diktierte die grausameTrennung. In zarten Farben ist das Bild der Schwindsüchtigen ge-malt, der schone Traum ihrer Liebe und ein sommerlicher Duft wehtaus diesem Buch leidenschaftlicher Herzen zum Leser hinüber. Stillerist Hermann H e s s e s Liebesroman: Gertrud(A. Langen.München). Keine aufregenden Geschehnisse, stark nur die Gefühlezweier Männer für eine Frau. Die Kämpfe werden innerlich aus-gefochten, bis der Tod wiederum hinzutritt. Aber er bringt keineLösung, nur die Kraft, in Resignation das Leben und die Liebe aus-zuhalten. Der eine Glücksenterbte, der die geliebte Frau demFreunde lassen mußte, zehrt am Bilde Gertruds, die seinem DaseinFülle, Schönheit, aber auch den großen Schmerz gab. Doch wasnutzte ein Aufbäumen? Und so führt ihn der Dickter auf den Wegdes sich Bcscheidens, der Ruhe zu, und der Leser geht ihn mit diesenWeg wunschlos gewordenen Glücks, beglückt durch die freie, warmeKunst Hermann Heffes.Emil Strauß' Novellenbuch: Hans und Grete(Fischer,Verlag, Berlin) variiert gleichfalls das Thema von den Lockungender Geschlechter, und überall steht am Ende der Sieg der Reinheit,der Treue, des höheren Menschentums. Wie bei Hesse steckt einefeine, ruhige und beruhigende Erzählerkunst in dem Buche, es istreich an schönen, satten Vergleichen und Bildern, die Novellen„Vorspiel" und„Mara",(die von irdischer Schwere befreite Geliebtedes Seminarlehrers, die ihm trotz ihrer Wesenlosigkeit sein H:rzraubt und ihn zu Mordgelüsten treibt) gehören unzweifelhaft zu denKabinettstücken der neuen Erzählerliteratur. Der verirrteVogel von Karl B i t l e r m a n n(S. Fischer, Verlag)handelt von den Liebesnöten einer Frau, die ihrer Leidenschaftfolgte, Ehebruch und Schwangerschaft auf sich lud, die ihr den Todbringen sollte. Sie wartet in ihrer trüben Kleinbürgerehe auf dnSWunderbare, als ein verirrter Vogel unklarer Sehnsucht flattert siedem ästhetisierenden, Aphorismen dichtenden Zimmerherrn insNetz, der sie nach einigen Glücksmonaten verläßt, weiler nur Schönheit, nicht das schwangere Weib um sichsehen kann, das in Qual und Angst vor dem Kinde sich windet.Die Hingabe der Frau ist nicht genügend durch eine fühlbare großeLiebe motiviert, sie ist mehr sinnlich gezeichnet, und so mangelt demBuche die Kunst des Ergreifens, die den beiden vorgenannten eigen.Doch entschädigt für die letzte Echtheit eine frische Sprache, Knapp-heit des Dialogs und vor allem die Lebendigkeit der Nebenfiguren.j. y.Kleined f ciäUcton*Der Eismonat als Wonnemond. In Deutschland kommen imJanuar gewöhnlich keine Blumen in Gärten vor— ausgenommender schwarzen Nieswurz(Weihnachtsrose), dem Winterheliotropund dem Seidelbast—, während schon anfangs Januar in PortugalRosen und Veilchen im Freien blühen, in Nizza Muskari-Hyazinthen,Jonquillen, Tazetten und Szilla blühen, auch in Torguav dieRosen in Blüte find. Bei Aleppo blühen in diesem MonatHyazinthen und Veilchen in Menge und in Palästina ist derJanuar oft der schönste Frühlingsmonat. Aber auch in Deutsch-land sind blütenreiche„Wintermonate" nicht? allzu Seltenes.Milde Winter lost ohne Frost und Schnee) in Deutschland waren:1289, 1535, 1607, 1609, 1617, 1662(man soll dieses Jahr auch imnördlichen Deutschland den ganzen Winter nicht eingeheizt haben).1807, 1846'47. Folgende Jahre find wegen ihres warmen Januarfür Deutschland merkwürdig. 582 waren schwere Gewitter undblühten die Bäume(womit gewöhnlich die Obstbäume gemeint sind),584 blühten Rosen, 1172 trieben die Bäume Ende des MonatsBlätter, 1186 blühten im Dezember und Januar viele Bäume. Da»mals und im Januar 1290 brüteten Krähen und Raben, nachdem umWeihnachten Bäume und Wiesen geblüht hallen 1 1329 blühten die Bäumeim Januar, man erntete im letzten Drittel des Mai und Traubengabs im April. 1387 blühten die Bäume in der Pfalz vor Neujahr.Im Januar 1497 sah man Kirschbäume in Blüte. Zu Trier blühten1506 die Bäume und 1520 die Veilchen im Januar, 1572 und 1749schlugen die Bäume aus. Der Januar 1752 war auch ganz gelind,doch brachte der 13. Februar noch harten Frost. 1842 blühte dasStiefmütterchen in Schweden und der Flieder schlug aus, währendAlgier unter Schnee lag. 1834 und 1853 hatte Brüssel im Januarkeinen Frost und am 31. blühten Schneeglöckchen und Krokus.1846 waren diese Blumen noch früher entwickelt. Da-mals blühten im Januar auch viele Kräuter(Löwenzahn, Maß-liebchen, Reseda, Erdbeeren, Aurikel, Lichtnclken. Veilchen, Schnee-glöckchen). Bei einer Mitteltemperalur dieses Jahres von 5 GradReaumur hatte zu Aachen der Teufelszwirn bedeutende Schößlingegetrieben und Pappel, Erle, Haselnußstrauch, Ulme, schwarzerHolunder standen in Blüte. Die Fledermaus kam hervor; vonInsekten waren der kleine Fuchs, verschiedene Fliegenarten und auchdas Johanniswürmchen zu sehen.__ Sch.VorwärrZBuchdruckerei u.VerlagsanstaltPaulSiugcr>KCo.,BerlinLVV.