'Horner fest. Itttb wahrend die Kuh dalag und kaute, leisebibbernd wie eine Maschine, saß er auf ihrem Kopf und brüllteaus vollem Halse Lieder von unglücklicher Liebe und Massen-enord.Gegen Mittag kam Rud gelaufen und war heißhungrig'idie Mutter jagte ihn von Hause weg, wenn die Essensslundeheranrückten, Pelle teilte immer seinen Vorratskorb mit ihm,verlangte aber, daß er für jedes Stück Butterbrot eine gewisseUnzahl von Malen die Kühe zusammentreiben sollte.Die beiden Knaben konnten keinen Tag ohne einanderfertig werden. Sie tumnielten sich auf der Wiese wie zweijunge Hunde, prügelten sich und vertrugen sich wohl zwanzigMal am Tage, stießen die fürchterlichsten Racheschwüre aus,die in Gestalt dieses oder jenes Erwachsenen in Erfüllunggehen sollten und saßen im nächsten Augenblick engumschlun-gen da.Ein Dünenkranz von einer halben Viertelmeile Breitetrennte die Felder Steengaardens von dem Meer. Innerhalbder Dünen war der Boden steinig und lag als magere Weideba-, aber zu beiden Seiten des Baches trieb sich ein Streifensaftigen Wiesenlandes zwischen die Dünen hinein, die mitZwergtannen und Riedgras bedeckt waren, um den Sand fest-zuhalten. Hier auf der Wiese war die beste Weide, aber eswar beschwerlich, auf beiden Seiten zu hüten, da der Bach da-zwischen lief. Und es war denr Jungen unter herben Drohun-gen eingeschärft, daß keines der Tiere einen Fuß auf die Dünensetzen dürfe, da der kleinste Riß Sandflug veranlassen konnte.Pelle faßte alles ganz buchstäblich auf, den ganzen SommerKellte er sich eine Art Explosion vor, die alles in die Luftfliegen ließ, sobald eine Kuh den gefährlichen Boden betrat.Und diese Möglichkeit hing wie ein drohendes Schicksal hinterallem, wenn er hier hütete. Wenn Rud kani und sie spielenwollten, trieb er das Vieh auf die magere Weide hinauf, woPlatz genug war.Sobald die Sonne schien, liefen sie nackend herum. Andas Meer wagten sie sich nicht hinab aus Angst vor dem Ver-Walter, der ganz sicher oben auf dem Boden des Wohnhausesstand und Pelle beständig mit seinem Fernrohr beobachtete.Wer im Bach badeten sie— aus dein Wasser heraus undwieder ins Wasser hinein, ins Unendliche. Nach einem starkenRegen schwoll er an und war dann ganz niilchtveiß von Kaolin,den er von den Abhängen tiefer ins Land hinein losspülte.Die Knaben glaubten, es sei Milch von einem ungeheurengroßen Gehöft tief drinnen im Lande. Bei Hochwasser floßdas Meer herein und füllte den Bach mit Tang, der verfaulteund das Wasser purpurrot färbte. Das war das Blut vonallen den Ertrunkenen draußen aus der See.Zwischen dem Baden lagen sie unter den Dünen undließen sich von der Sonne trocken lecken.Sie untersuchten eingehend ihre Körper und tauschtenihre Ansicht über den Gebrauch und die Bedeutung der verschiedenen Körperteile aus: in diesem Punkt war Rud der imWissen Ueberlegene und trat belehrend auf. Oft gerieten sieim Streit darüber, wer in bezug auf dieses oder jenes ambesten ausgestattet sei—: das Größte habe. So zum Beispielbeneidete Pelle Rud um seinen uiwerhältnismäßig großenKopf.(Fortsetzung folgt.))Qm die Kaircrprohlamatioru(18. Januar.)Im Hauptquartier vor Paris wimmelt es von müßig lungern-den regierenden und auch nichl regierenden deutschen Fürsten. EinRegierender hat sich sogar zur Hebung seiner privaten nationalenGefühle ein« lustige junge Schauspielerin mitgebracht. Die an-der», die nicht einen so mutigen Einfall gehabt hatten, zischelnund tuscheln über den Skandal. Die beschäftigungslosen Fürst-lichkeiten nehmen den im Kriegsdienst strapazierten Militärs Raumund Essen fort. Aber Deutschland ist ein monarchisches Land. DieHerren von jetzt und weiland Gottes Gnaden gehen allen voran.Bismarck ist krank und bis zur Besinnungslosigkeit erregt. Erruiniert sich mit Wutansällen Magen und Galle. Napoleon ist be-seitigt, aber nun steht das französische Bolt in Waffen auf. AmV. November hat es bei CoulmicrS die deutschen Truppen zumRückzug gezwungen. Im Hauptquartier werden ständig erbitterteMeinungsverschiedenheiten ausgefochten. Bismarck flucht über„eng-lisch« Intrigen", die von den Damen des Berliner Hofes gesponnenwerden. Alan will ihn in lächerlicher Humanitätsduselei davonzurückhalten, Paris in Grund und Bode» bombardieren zu lassen?Der preußische Kronprinz stolziert feierlich umher und träumt fürsich und seine Nachkommen romantische Kaiserideen, ein neues kibe-rales Mittelalter, so eine Mischung von Freimaurerei und Papst-tum. Bismarcks alter Herr aber will von den Phantasten seinesSohnes gar nichts wissen. Hört er vom deutschen Kaisertum, sodenkt er an 1848/49. Er will ein Preuße und ein König bleiben,er ist halsstarrig und gänzlich unlenksam. Er fürchtet in der deut-scheu Einheit die Vernichtung Preußens.Die Lage ist nicht ungefährlich. Bismarck bedarf zur Durch-führung seiner Politik eines schnellen Friedensschlusses. Aber zudem Frieden braucht er wieder ein„einiges Deutschland". Dochdieses Deutschland will nicht einig werden— trotz der glorreichenSiege. Die Potentaten zittern für ihre Dhrönchen und die deut-sehen Stämme mißtrauen den preußischen Plänen. Wenn Wilhelmnicht deutsch werden will, so möchten die Deutschen noch wenigerpreußisch werden. Die Verhandlungen find endlos, unter welchenBedingungen und Zugeständnissen die Reichsgründung vonstattengehen dürfe.Die Ziele und die Mittel der Bismarckschen Politik werden feitJahren mit einer ebenso ficheren wie undurchsichtigen Konsequenzfestgehalten. Die Berpreußung Deutschlands muß erreicht werden,aber es soll wie ein einige? Deutschland wirken. Der preußischeKonservatismus soll über alle radikalen Wünsche und Bewegungenobsiegen, aber die deutsche Gründung soll liberal schimmern. Bis-marck spielt die Rolle des tühlcn Mannes weiter, der durchaus nichtdrängen mag, dem die Angliederung Süddeutschlands Wurscht ist.Er hat überall seine Agenten, sein schreibendes Gefinde wird ausjeden losgelassen, der sich seinen Plänen widersetzt. Man arbeitetebenso mit nationalen Redensarten, wie mit einschüchternden fal-scheu Nachrichten, wie mit verdächtigenden Steckbriefen gegen dieStörenfriede. Die Südstaaten werden einzeln vorgerwmuien, undniemand weiß vom andern. Baden ist durch seinen Großhcrzog eingefügiges Werkzeug. Das kleine Hessen hat sich ohne Zugeständnisseergeben. Nun ist Württemberg daran. Das verlangt Begünstigungen. Noch schlimmer stehts um Bayern, die schwarze Sippschaftist gefährlicher als die schwäbischen Demokraten, und Ludwig II..bat näht minder phantastische Machtgefühle als der preußischeKronprinz; schließlich waren die Wittelsbacher doch schon vonGottes Gnaden, als die Hohenzollern irgendwo im Dunkel hausten?Aber mit Württemberg wird man fertig werden; seine leitendenMänner find für Preußen reif.*»Es ist im Mai 1888. In Berlin unterhält sich der Chef destmirttembergischen Generalstabs, Suckow, mit Moltke über die Mög-lichkeiten eines Krieges mit Frankreich. Was soll Württembergbei einem Einbruch der Franzosen tun? fragt Suckow. Moltkeerwidert abweisend, da müsse er erst fragen, was Württemberg zuleisten imstande sei, er halte seine Leistung nicht nur für schwach,sondern auch für unzuverlässig. Mottle, schreibt dann Suckow insein Tagebuch, weist bei einem Kriege gegen Frankreich die Ver-teidigung Süddeutschlands von sich und behandelt es als VorglaciSund Kriegsschauplatz, da auf falsche Bundesgenossen keine Rechnungzu stellen ist. Noch schroffer äußert sich Bismarck in jenen Tagenzu Suckow:„Militärisch ist die Verbindung mit dem Süden keineVerstärkung für uns, strategisch genommen, und politisch habenwir kein Bedürfnis, uns mit den heterogenen Elementen im Südenzu verschmelzen, wo man nicht weiß, ob die Partilularisten oder dieDemokraten die ärgeren Feinde sind."Jetzt ist Württemberg mürbe. Am 11. November 1879 wollender württembergische Minister Mittnacht und Suckow die Verträgemit dem Norddeutschen Bund unterzeichnen. Unmittelbar vorhererhalten sie ein Telegramm aus Stuttgart,„Seine Majestät be-fehlen, daß, ehe ohne die Bayern abgeschloffen tvird, Bericht erstattetund ausdrücklich Erlaubnis eingeholt werden muß, keinesfalls darfanders verfahren werden."Bismarck rast. Der württembergische Hof hat ihm in letzterStunde seinen Plan durchkreuzt. Er wollte durch schnellen Ver-tragsschlutz mit Württemberg das besonders schwierige und begehr-liche Bayern völlig isolieren und so gefügig machen. Der Wider-spruch des Königs von Württemberg heischt Veränderung der Taktik.Nun muß, um Württemberg zu isolteren, mit Bayern unter allenUmständen ab�escblosscn werden. Diese Zwangslage rettet Batzerneine gewisse Selbständigkeit.**«Es scheint, als ob man schon beim Ausbruch des Krieges Bayer,,Versprechungen wegen territorialer Vergrößerung gegeben hat,Jetzt bei den Einheitsverhandlungen verlangt Ludwig II. Besitz-crwerb als Belohnung für geleistete Kriegsdienste. Ludwig bcan-sprucht für Bayern die badische Pfalz und Erweiterung der Rhein-Pfalz. Bayern ist für Bismarck der stärkste und anspruchsvollsteGegner, aber die schon damals wunderliche Gemütsart seinesKönigs bietet doch auch die Gelegenheit, durch geschickte persönlicheEinwirkung mehr zn erreichen, als durch Verhandlungen mit denMinistem. Hatte doch Ludwig über den Kopf seines Ministcrpräfi-deuten, des preußenfeindlichen Grafen Bray, schon die Mobil-machung verfügt, nicht ohne zugleich ängstlich nach Berlin an Wil-Helm zu schreiben, er hoffe nicht, beim Friedensschluß mcdiatisiertzu werden. Seine Stimmung bleibt aber argwöhnisch. Nach Sedonhatte er verfügt,„daß nur bayerische, oder wenn es besser ist, garkeine Fahnen auf de» RegieruugSaebäuden ausgestcckt würden";ein gnädiges Regenwetter Mib der Regierung die Möglichkeit, mitder Nässe die Unterlassung zu entschuldigen. Jetzt ködert man den