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Dies unselige Braunschweiger Blut läßt sich auch in den hohen gollerischen Vorfahren der Bayernkönige verfolgen. Prinz August Wilhelm   litt an Gehirnschwäche. Dessen Brüder Friedrich II.   und Prinz Heinrich starben ohne Nachkommen, und beide waren homo­feruell veranlagt. Hier kann man eine ganze Dynastie von Urningen fich entwickeln sehen, von Jakob VI.   von England über die beiden Hohenzollern   und Wilhelm III.   von Oranien bis zu Ludwig II.   und den in die Gegenwart führenden Fäden, die hier aufzudecken( schreibt der Verfasser) die schuldige Achtung vor den Lebenden verbietet."

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Wesen erklärt ber Arzt als arteriofflerotische Hirndegeneration; er bleibt wohl auch für die Zukunft eine beliebte Domäne der Baten starb, blind, in findischer Verblödung. Sein Hang zur Einsiedelei medizin. Daran werden die schärfsten Kurpfuschereigefeße nichts So darf man auch weiteren Kreisen Ausführungs­trägt manche Züge Ludwigs II. Deffen Sohn, Georg IV.  , war ein ändern. Völler und Säufer, der Branntwein literweise vertilgte. Blind war bestimmungen zugänglich machen, die der bekannte Berliner   Internist auch Georg V.  , dessen schrankenloser, romantischer Königswahn an Prof. Dr. Blumenthal in der Medizinischen Klinik" dafür gibt. die letzten Jahre Ludwigs gemabnt. In vielen Fällen ist an dem Versagen der normalen Darmtätigkeit die zu gute Ausnngung der genossenen Nahrung schuld. Es bleiben dann nur spärliche Reste zurück, die infolge ihrer geringen Menge den Darm nicht zur Tätigkeit anzuregen vermögen. Bei anderen spielt eine mangelnde Bewegung, vieles Sigen die Hauptrolle für die Darmträgheit. Abbilfe schafft oft die Aenderung der Ernährung, wenn fleischarme und gemüsereiche Kost eingeführt wird. Die Schlacken der Gemüse, Berealien und Hülsenfrüchte bilden einen mächtigen An­reiz für die Darmschleimhaut. Erst wo die zellulosereiche Diät ver sagt, treten Abführmittel in ihr Recht. Am beliebtesten sind mit Die Gemahlin August Wilhelms bringt wieder die Ergebnisse Recht die Kliſtiere. Schon einfache Wassereinläufe sind wirksam, be Braunschweig- Wolfenbütteler Inzucht in die Ehe und das Geschick sonders kalte unter 18 Grad Celsius. Die Flüssigkeitsmenge soll Als Zusatz dient Soda( einprozentig), ihrer Nachkommen. Da treffen wir auf einen Syphilitiker, der bis 12 Liter betragen. nach einem grausamen Wiz Friedrichs II.- seine Nafe in einer ein Eßlöffel Haushalts oder Schmierseife. Auch ein Eßlöffel Schlacht gegen die Franzosen  ( Lues  ) verloren hatte. Auch der Typ Effig tut die gleichen Dienste." Die Wasserklistiere können des phantastisch abenteuernden Kunstdilletanten begegnet uns in wochen- und jahrelang fortgesezt werden, ohne zu schaden. aber bekanntlich in ihrer Wirkung nach, Ferdinand Albrecht I.   von Braunschweig- Wolfenbüttel  , der mufizierte Häufig lassen sie aber bekanntlich und dichtete, selbst die Gefängnisse mit seinen grotesken deutichen, Dann empfiehlt es sich, fie durch Del- oder Glyzerinklystiere zu er Lateinischen und französischen   Inschriften zierte, Schlösser nach dem feßen. Besonders ausgezeichnet sind diese bei Darmfoliten. Zwed Stil seines verschrobenen Gehirns baute und einrichtete, schließlich mäßig ist es, das Del vorher zu erwärmen. Die Menge soll einen als ein von Verfolgungsideen gepeinigter, melancholischer Paranoifer halben bis einen ganzen Liter betragen, bei Kindern genügen 30 bis endete. Dessen Enkelin ward durch die Heirat mit dem Prinzen 50 Kubitzentimeter. Diese Ratschläge mögen für die gewöhnlichen August Wilhelm von Preußen Vorfahrin Ludwigs II. und Ditos I.; chronischen Fälle genügen. Wo aber irgend welche akuten Ers diese Frau ist doppelt belastet; der väterliche Großvater ist Paranoifer, scheinungen am Darm auftreten, wie heftige Kolifen, umschriebene der mütterliche ein ausschweifender Syphilitiker. Schmerzen usw., versäume man teine Zeit mit mußlosen, aber oft schädlichen Experimenten, sondern wende fich an die sachverständige ärztliche Stelle. Denn sehr viele schwere Krankheiten treten zuerst unter dem Bilde der Verstopfung auf.

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Eine minder schwere Erblast ruht auf den väterlichen Ahnen Ludwigs II., den Wittelsbachern. Immerhin ist auch das Blut dieses Geschlechts nicht gesund genug, um die furchtbaren wir tungen des Muttererbes aufzuheben. Die bayerischen Könige stammen von den Zweibrüden- Birkenfelder Pfalzgrafen  , von denen Friedrich Michael   1746 fatholisch wurde.( Das heute Bayern  regierende Haus ist also ursprünglich protestantisch!) Dieser Konvertit ist der Vater des ersten Königs von Bayern  , Max I., dessen Bruder Herzog Karl von Zweibrüden einer der wüsteſten Menschenschinder der Zeit gewesen ist, grausam bis zur Bestialität, ein sinnloser Ver­schwender für Weiber, Hunde und Pferde.

Aus dem Gebiete der Chemie.

Die törperliche und geistige Entartung Friedrich Wilhelms II.  von Preußen, des Sohnes des Prinzen August Wilhelm, ist allgemein bekannt; auch seine Ehefrau brachte aus dem Hause Hessen- Darmstadt  eine reiche Mitgift menschlicher Veränderlichkeiten mit. In Ludwig IX.  von Hessen- Darmstadt finden wir den hemmungslosen Despoten, Herrisch und ängstlich, gespenstergläubig, der aus Furcht des Nachts Ein Nebenbuhler des Radium. Neben dem Radium wacht und erst bei Tagesanbruch zur Ruhe geht. Auch die schönen in seinen verschiedenen Formen hat namentlich das Thorium als Künste drangsaliert er; biele Tausende von Märschen hat er fom- strahlendes Element die Aufmerksamkeit der Wissenschaften in poniert". Der ganze Stamm ist wurmstichig. Jeder der direkten hohem Grade erregt. Nachdem auch die Medizin diese Stoffe für Vorfahren Ludwigs IX. ist mit einem fleinen Narrenzeichen ver- ihre Zwede zu prüfen begonnen hat, ist man beim Radium nicht fehen"; dies fleine Narrenzeichen besteht mehrfach in grauenhafter stehengeblieben, sondern hat die Untersuchungen auch auf die vor­Geschlechtsfrankheit. handenen Elemente Uranium, Aktinium usw. und auch auf das Thorium ausgedehnt. Man war aber bis jetzt bei dem Urteil ge­blieben, daß fie eine zu geringe Strahlungsfähigkeit besiben, um in dieser Hinsicht wirksam zu sein. Nunmehr scheint die Ent­deckung des Mesothoriums durch Otto Hahn   einen neuen Fort­schritt angebahnt zu haben. Dieser Körper entsteht durch die Zer­sehung des Thoriums und wurde bei dem Versuch gefunden, das sogenannte Radiothorium aus dem Thorium zu gewinnen. Es ist nun festgestellt worden, daß es nicht nur dieselben Strahlen ab gibt wie das Radium, sondern auch noch mit verstärkter Kraft. Außerdem kommt der wichtige Umstand in Betracht, daß viel größere Mengen von Thorium auf der Erde zur Verfügung stehen als vom Radium, so daß der Stoff auch billiger hergestellt werden kann. Andererseits ist die Eigenschaft ungünstig, daß das Thorium eine weit fürzere Lebensdauer besitzt als das Radium, nämlich nur eine solche von etwa sieben Jahren. James Davidson hat mit unter­stüßung von William Ramsay   die medizinischen Einflüsse des Meso­thoriums erforscht, zunächst auf eine von Röntgenstrahlen her­rührende Brandwunde an der Hand, wie sie früher erfolgreich mit Radium behandelt worden ist. Das Mesothorium erwies sich als ebenso wirksam, nur stellte sich der Erfolg etwas später ein. Gegen den sogenannten Frühlingskatarrh soll die Behandlung mit Meso­thorium besser sein als irgendeine andere, und es besteht auch die Hoffnung, daß sich der neue strahlende Körper sogar gegen krebsige Geschwülste bewähren wird.

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Von den 9 Kindern Mar I. zeigen die Kinder der Prinzessin Ludovica Spuren geistiger Anormalität, so die österreichische Kaiferin Elifabeth, die Luccheni   tötete, und Sophie, die Verlobte Ludwigs II., die zeitweilig an melancholischen Zuständen litt. Mag' ältester Sohn König Ludwig I.   ist nicht unversehrt weder in seiner Leidenschaft zur Lola Montez   noch in seiner Bartizipial- und Stelzen- Dichterei. Seine Gattin steuerte zu dem Familienschatz feelischer Monstrositäten nicht unerheblich aus den sächsischen Herzogtümern bei. In deren Ahnen­reihe hängen Sereniffimusfiguren wie Ernst August I.   von Sachsen­Weimar, berühmt durch seine Verordnungen; so befahl er als un­fehlbares Mittel, Brände zu löschen: in allen Städten und Dörfern Hölzerne Teller mit einem Feuerpfeile, nach beigesetzter Zeichnung bersehen, anzuschaffen, und diese Teller Freitags bei abnehmendem Monde zwischen 11-12 Uhr mit frischer Tinte und neuer Feder mit den Worten beschrieben: An Gottes Allmacht liegts. Consummatum est" bei jeder vorfallenden Feuersbrunst im Namen Gottes ins Feuer zu werfen." Seine Frau war mannstoll.

Ludwigs I. Kinder sind keineswegs intakt. Neben so ristigen Erscheinungen wie dem Prinzregenten Luitpold   findet sich doch auch die geistestranke Prinzessin Alexandra, die sich einbildete, ein Klavier oder Sofa im Kopf zu haben. So schleppte auch der Thronerbe May II., Luitpolds ältester Bruder, schon ein gefahrvolles Erbe mit fich, das dann die Paarung mit der preußischen Prinzessin zur Kata­strope steigerte...

Die Erbmonarchie trägt den Verfall und Untergang im eigenen Blute. Erst die Befreiung vom Monarchismus wird die Familien­tragödie der Fürstengeschlechter vom dunklen Ahnenstuch erlösen.

Kleines feuilleton.

Hygienisches.

Aus dem Tierleben.

Ueber das Gedächtnis der Fische bat der französische  Forscher Druer interessante Forschungen angestellt, deren Ergebnis jetzt der Alademie der Wissenschaften unterbreitet worden ist. Die bisherigen Kenntnisse über das Gedächtnis der Fische enthielten viele Widersprüche, die sich zum großen Teil dadurch erklären lassen, daß es meist Laien waren, die die Beobachtungen vornahmen. Drner hat seine Versuche methodisch durchgeführt. Es zeigte sich dabei, daß ein Fisch, der durch eine Schlinge mit einem Stöder gefangen und dann wieder ins Wasser gesezt wurde, sich immer wieder fangen ließ. Das Tier hat keine äußere Möglichkeit zu erkennen, daß mit dem Köder eine Schlinge verknüpft ist und die Gier nach Nahrung läßt es immer wieder in die Falle geben. Ganz anders aber werden die Resultate, wenn man dem Fische die Möglichkeit gibt, den Zusammenhang zwischen dem Köder und der Schlinge zu erkennen. Dyner befestigte zu diesem Zwecke unmittelbar über dem Köder eine rote Scheibe. Der Fisch, der diese Scheibe wahrnimmt, assoziiert die Erinnerung an die Schlinge alsbald mit der Scheibe. Nach sieben bis acht Versuchen rührt er den Köder nicht mehr an, sobald die rote Scheibe auftaucht; wenn diese Warnung aber entfernt wird, greift er alsbald wieder den Köder auf. Es ist also fein Zweifel, daß der Fisch bis zu einem

Die Bekämpfung der Verdauungsträgheit. Die Verdauungsträgheit und ihre Beseitigung ist von alters her und gewissen Grade Gedächtnis besitzt.

Berantwortl. Redakteur: Albert Wachs, Berlin  . Drud u. Verlag: Vorwärts Buchdruckerei u.Verlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW

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