68

-

Kleines feuilleton.

Völkerkunde.

wenn wir bedenken, daß wir um zwei, drei Menschen allerdings sehr rasch durch die Luft zu führen, 100 Pferdestärken gebrauchen, während der Vogel in Anbetracht seines Körpergewichtes unzählige Male wirtschaftlicher arbeitet. Um so mehr verwundert einen diese Kraftverschleuderung, wenn man bedenkt, daß der verstorbene fran­ zösische   Konstrukteur Nieuport mit einem 85- Pferdeſtärken- Motor fation bei den primitiven Böllerschaften nicht notwendig zu deren 8ivilisierte Indianer. Daß der Einzug der Zivili­Surch richtige Gestaltung der Flügel und des Rumpfes Geschwindig Untergang zu führen braucht, zeigt drastisch der kulturelle Aufstieg, feiten von zirka 100 Kilometer pro Stunde erzielte. Da die Flug der bei den Indianern in Kanada   gegenwärtig beobachtet wird. dauer von dem mitgenommenen Benzinquantum und seinem ipar­samen Verbrauch fast ausschließlich abhängt, wäre es sehr wichtig, Insbesondere gilt das von dem Stamme der Massetts, die westlich wenn man in diefer Hinsicht auf Straftersparnis bedacht ſem würde. bon Britisch- Columbia auf den Queen- Charlotte- Inseln im Stillen Hierbei soll nicht unerwähnt bleiben, daß es im vorigen Jahre bar, die an der ganzen Küste des Stillen Ozeans   wegen ihrer her­Sie stellen einen Zweig des Stammes der Haidah Orville Wright   gelang, fich auf einem motorlofen Flugzeuge bon einem Hügel aus in die Luft zu erheben und längere Zeit nach der borragenden Intelligenz sowie wegen der großen Schönheit ihrer alten Sagen und Legenden berühmt sind. Art der großen Bögel segelnd in ihr zu verteilen.

Apparat berhältnismäßig niedrig, denn

Im Jahre 1912 batte das Flugzeug zum ersten Male Gelegen Notiz find gegenwärtig die Wassetts mit gutem Erfolge damit be Nach einer in der Zeitschrift für Sozialwissenschaft" erschienenen heit, die Rolle zu spielen, die man ihm längst zugedacht hatte. Im schäftigt, die Errungenschaften der Kultur der Weißen, soweit fie italienisch- türkischen Kriege fand der Aeroplan sowohl als Kund ihnen zuträglich sind, bei sich einzuführen. Sie haben für sich eine ähn fchafter, wie auch als Angriffs waffe feine erste Verwendung. liche Gemeindeverfassung, wie sie das fanadische Gefek festfest, ge­Am 31. Januar 1912 flog der Kapitän Montu mit Handbomben an Bord vom italienischen Lager aus nach dem 30 Kilometer entfernten schaffen, und, um die Durchführung verschiedener Kulturaufgaben zu feindlichen Lager, bombardierte es und fehrte unter einem Hagel ermöglichen, ein Gemeindeſteuersystem eingeführt. Sie haben dieses von Geschossen wieder ins italienische Lager zurück, wobei der System nach dem Muster des Steuersystems der Stadt Vancouver Apparat   mehrfach getroffen wurde und der begleitende Offizier eine eingerichtet. Die Erhebung der Steuern hat es den Massetts er­Verwundung dabontrug. Anicheinend flog der italienische   möglicht, in ihrem Hauptstädtchen ein neues Rathaus zu erbauen, für Kais und Werften Vorsorge zu treffen, eine Schule und eine in tausend Meter Höhe ist ein Apparat durch Flintenkugeln nicht mehr zu be- Kirche zu errichten und sogar die elektrische Straßenbeleuchtung ein­schädigen. Die abgeworfenen Handbomben richteten zunächst zuführen. eine große Banit an, doch icheint ihre Wirkung im übrigen nicht sehr streben geleitet, sich an den Verkehr der großen Welt möglichst all­Auch in ihren weiteren Plänen sind die Massetts von dem Be­groß gewefen zu sein. Daß das Flugzeug ein Ausfundschaftungsfeitig mittel ersten Grades ist, ist selbstverständlich, da man von der Höhe feitig anzufchließen. Ihre Gemeindevertretung steht in eifriger Ver­aus die feindlichen Stellungen wie auf einer Landkarte im weiten bindung mit der kanadischen Regierung und mit den Schiffahrts­Umfangtreise überfeben kann. Aus diesem Grunde hat man bei den gesellschaften, um eine Verbesserung der Schiffsverbindung mit dem legten Manövern ichon Verfuche gemacht, Artillerie und Maschinen­gewehre gewissermaßen einzugraben und oben einzudecken, so daß fie von der Höhe aus nicht sichtbar find. Das vorige Jabr brachte eine Fülle von Vorschlägen zur Abwehr angreifender Flugzeuge, Lufttorpedos, Geschüße und Flinten, die famt und sonders nur den Zwed haben sollten, herannahende Flugzeuge unschädlich zu

machen.

0

Festlande zu erzielen. Und ihr jüngster Plan ist auf die Gründung Regierung ist verständig genug, diese Kulturbestrebungen der Maffetts einer landwirtschaftlichen Verfuchsstation gerichtet. Die fanadische eifrig zu fördern. Und es ist nicht zu zweifeln, daß fie auf diese Weise mit ihren roten Staatsangehörigen beffere Erfahrungen machen stämmen und Kamerunnegern. wird als das mächtige Deutsche Reich mit seinen unterjochten Herero­

Physikalisches.

Ganz Hervorragendes wurde hinsichtlich der Ueberland. flüge geleistet, und man braucht nur den Namen Hirth zu nennen, der mit den Höchstleistungen Deutschlands   auf dem Flug Das Dhr als falscher Zeuge. Seit der großen Volls­zeuggebiet für immer verknüpft ist. Bekannt ist Hirths glänzender tümlichkeit des Kinematographen ist es den meisten Menschen ver­Flug von Berlin   nach Wien   in der Gesamtzeit von 7 Stunden ständlich geworden, wenn auch nicht immer ins Bewußtsein getreten, 20 Minuten( der D- Bug Berlin   Wien   braucht 12 Stunden). Aber daß unser Auge fein verläßlicher Beuge der Vorgänge ist. Es nicht allein der Schnellzug ist im vorigen Jahre vom Flug- täuscht auf der Leinwand des Kinotheaters Bewegungen hervor, die zeug überboten worden. Der Franzoie Salmet flog bon in der Wirklichkeit nicht stattfinden. Getrennte Lichtreize verschmilzt London   nach Paris   in 8 Stunden 12 Minuten und fam früher es in einen Eindruck und die Lücken entgehen ihm vollkommen, wenn an, als das bei feinem Abflug von London   nach Baris gesandte sie nur raich genug vorüberziehen. Telegramm, das den Abflug seinen Freunden mitteilen sollte! Der Böllig gedankenlos aber nimmt man ganz entsprechende Erschei französische Flieger Bedrine, der inzwischen das Mittelmeer  überflogen hat, gehört auch zu den erfolgreichen Rekordbrechern des bergangenen Jahres und wenn man seine Leistungen und die Hirths Betrachtet, so muß man ehrlich sagen, daß das Flugzeug weit mehr gehalten hat, als was man sich vor Jahren von ihm zu versprechen wagte.

-

nungen in der Welt der Töne hin. Schon längst ist der Kinematograph des Ohres verwirklicht und wird in jedem Augenblick hergestellt, in dem wir Musik hören. Die langgezogenen fanften Geigen- oder Flötentöne berühren unser Empfinden als ununterbrochener, wenn auch verschieden modulierter Ton, an unser Dhr aber gelangen sie stets als eine Reihe von Luftstößen, die ihren Ausgangspunkt bei den Mufif­Die schreckliche Zahl der Todesstürze, deren eigentliche Ursachen instrumenten immer an schwingenden Zeilen( Saiten, Bunge, der im Grunde niemals enträtselt werden, haben allerdings auch im Orgel usw.) nehmen. Die einzelnen dieser Luftstöße ermöglicht uns Jahre 1912 die Gemüter beunruhigt, und man kann der Flugzeug die Schwerfälligkeit unferes Empfindungssystems denn diefe iſt industrie den Vorwurf nicht ersparen, daß fie mehr auf reford- offenbar hierfür verantwortlich nicht wahrzunehmen; so wie die brecherische Schnelligkeit und Steigfähigkeit der Maschinen bedacht einzelnen Aufnahmen des Kinos ineinander schwinden, wenn war wie auf die Sicherheit. Diese liegt in der Erhaltung des der Film in rascher Drehung projiziert wird, so ber Gleichgewichtes des fliegenden Flugzeuges gegenüber störenden schmelzen auch die sehr rasch aufeinander folgenden Schall­äußeren Einflüssen, zu denen insbesondere die in der Luft vor- wellen in einen Ton. Erst wenn die Geschwindigkeit ihrer Reihen­tommenden senkrecht aufsteigenden Windstöße gehören. In dieser folge unter 40 Ginzeltöne in der Sekunde sinkt, werden sie uns als Hinsicht muß man die Erich- Rumpler- Taube als Muster eines Rette hämmernder Laute einzeln wahrnehmbar. Jeder gewandte ftabilen Apparates betrachten. Als Kontrast dazu fei der Bleriot  - Klavierspieler verbringt hierfür mit seinen Läufen einen Beleg, denn Eindecker genannt, dessen mangelhafte Flächenverspannung die Ur- er strebt ja mit seinem oft nerbenzerreißenden Eifer nichts anderes fache von Statastrophen war und den französischen   Kriegsminister an, als möglichst viele Anschläge in der Sefunde zu erzielen, um veranlagte, den französischen   Fliegeroffizieren die Benutzung der seine Läufe" perlend" in einen auf- oder absteigenden Ton ver Bleriot  - Eindecker zu untersagen. schwimmend auszuführen.

Bum Schlusse fei zweier Bioniere der Fliegefunft gedacht, die im Jahre 1912 den Tod fanden, jedoch nicht in der Ausübung ihrer Kunst, die sie so oft in Todesgefahr führte. Wilbur Wright  , der als erster Mensch am 17. Dezember 1903 mit einem durch Maschinenfraft getriebenen Flugzeuge geflogen war, starb am 30. Mai 1912 nach furzem Strantenlager am Typhus  . Wilbur Wright   wurde zu Anfang in bedauerlichster Weise verkannt, denn man fonnte nicht glauben, daß ein einfacher Mechaniker, der in einem weltbergeffenen Winkel Nordameritas eine fleine Fahrradwerkstatt besaß, den uralten Traum der Menschheit verwirklichen sollte.

Der zweite der Toten ist Hubert Latham  , der in Afrika   auf der Büffeljagd auf schreckliche Weise sein junges Leben einbüßte. Der sonst so sichere Schüße verfehlte einen Büffel und wurde von dem wütenden Tiere zerstampft. Geine herrlichen, durch ihre Eleganz auffallenden Flüge, sowie fein Ueberlandflug vom Tempelhofer Feld nach Johannisthal   werden den Berlinern noch gut in der Erinnerung sein. Dieser lleberlandflug Lathams war historisch der erste auf deutschem Boden. Jng. H. J. G.

Ein sehr einfaches Mittel, sich von der Wahrheit des Gesagten zu überzeugen, bietet das Schwungrad der Maschinen. Im Augen­blick des Antreibens erkennt das Ohr noch die getrennten Schläge, die es der Luft versetzt, aber in dem Augenblick, wo es die Frequenz bon 40 Schlägen in der Sekunde überschreitet, entsteht ein einheit licher tiefer Brummton, der mit zunehmender Geschwindigkeit der Umdrehungen noch ansteigt. Bis 4000 folcher Luftstöße empfindet unser Ohr als musikalischen, freilich schon längst in der dreimal gestrichenen Region schwebenden musikalischen Ton; was darüber hinausgeht, wird als mark und beinerschütterndes unerträgliches Pfeifen empfunden.

Die ganze Zauberwelt des Musikalischen tanzt ihren Reigen in den engen Grenzen zwischen 40 und 4000 Schwingungen in der Sekunde, und das Ohr leiht ihr als liebenswürdiger Lügner er borgte Schöhnheiten und eine Reinheit, die in Wirklichkeit gar nicht existiert.

Berantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.-Drud u. Verlag: VorwärtsBuchdruderer u.Berlagsanstalt Paul Singer& Co., Berlin   SW.