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und dann find fie, ich könnte auch sagen, darum: die rein sich Gebenden. Sie laffen die Welt in sich schaffen, und gebären aus intensiver Anschauung den Stil. Es freut mich, daß diese unsere Ansichten allmählich bei den vereinigten Prüfungs­ausschüssen Eingang finden, einiges steht schon fast wörtlich in den Thefen der Berliner   Pfingsttagung.

( Schluß folgt.)

Kleines feuilleton.

Literarisches.

Mit 100 Mark nach Amerita.( Von Kurt Aram  . Berlag F. Fontane u. Co., Berlin  . Preis 1 M.) Den löblichen Be strebungen unserer Arbeiterdilettanten leuchtete in der Regel kein guter Stern. Mit viel Eifer und großem Optimismus ziehen sie aus, die ihnen fremde proletarische Welt zu erforschen, und viel früher als sie gewollt und mit düsteren Erinnerungen beladen, fehren sie wieder beint. Sie hatten sich das Arbeiterleben leichter, erträglicher borgestellt.

Dem Regierungsrat Kolb ist der Schriftsteller Kurt Aram   nach Amerita gefolgt, um dort als Arbeiter das Arbeiterleben zu studieren. In der Redaktion der Gartenlaube" war vorigen Sommer das Gespräch darauf gekommen, wie es wohl heute einem mittel­Losen Deutschen   im Dollarland ergehen würde, jezt, wo sich die Verhältnisse gegen früber sehr geändert hätten. Aram erbot sich, die Lösung dieser interessanten Frage zu versuchen. Die Garten­Laube" stellte ihm ein Zwischendeckbillett und die für die Landung nötigen 100 Mark. Ausgerüstet mit diesem Betrag sollte er fein Glück versuchen. Sobald er um weitere Mittel ersuchen würde, sollte das Experiment zu Ende fein.

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Hygienisches.

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Die Gesundheitspflege in der Dampfwäsche= rei. Die Art, wie die Kleidungsstücke, die man täglich trägt, ge reinigt werden, ist für die Gesundheitspflege von größter Wichtig feit. Man muß dabei aber nicht nur daran denken, daß der Be fizer davon abhängig ist, sondern auch die mit der Reinigung bes schäftigten Personen eine gewisse Gefahr laufen, vor der sie ge­schüßt werden sollen. Auf die Möglichkeit, daß Wäscherinnen bei ihrem Beruf eine Ansteckung mit Tuberkulose und anderen Krank heiten erleiden, ist schon mehrfach hingewiesen worden. Ingenieur Otto Neumann hat jest im Gesundheitsingenieur" insbesondere die hygienische Bedeutung der Dampfwäscherei untersucht. Zunächst wird darin an die Forschungen erinnert, die Prof. Dunbar über die Aufnahme der Körperausdünstungen durch die Unterwäsche ausgeführt hat. Ein gesunder erwachsener Mensch scheidet jeden Tag etwa ein Kilogramm an Stoffen durch die Haut aus, die aller­dings zum größten Teil in Wasser bestehen. Der Gehalt an Salzen, unter denen gewöhnliches Kochsalz vorwiegt, erreicht nur bis v. S. Alles übrige ist Wasser neben anderen Flüssig­feiten, die gleichfalls zu verdunsten imstande sind. Diese Ver­dunstung hinterläßt in der Unterwäsche Rückstände, deren Menge durchaus nicht unerheblich ist, denn nach den darüber angestellten Erhebungen belaufen fie fich für 100 Kilogramm fchmußiger Wäsche auf 4 Kilogramm. Daraus geht hervor, daß ein etwas häufigeres Wechseln der Leibwäsche viel allgemeiner beobachtet werden sollte, als es bisher geschieht, da die Gewohnheit täglicher Bäder sich wohl doch nicht so schnell über alle Schichten des Volkes verbreiten wird.

Die Einführung der Dampfwäschereien hat nun die Bedeu­tung, die Hauswäsche zu verdrängen, gegen die sich viele Gründe geltend machen lassen. Bei oberflächlicher Vornahme der Wäsche bleibt die Reinigung ungenügend, und außerdem ist es besonders in den engen Wohnungen der Arbeiter höchst bedenklich, die schon Die Absicht, den Deutschen   daheim durch Selbsterlebtes Bericht sonst meist schlechte Luft noch durch Aufhängen unzulänglich ge= über die Lage der Einwanderer in Amerika   zu geben, war sicherlich waschener Kleidungsstücke weiter zu verderben. Andererseits sind sehr lobenswert. Schade, daß sie schon in der rauhen New- Yorker die Preise der Dampfwäschereien, abgesehen von dem durch die Wirklichkeit, nach furzen Wochen berging. Das war nun gewiß Versendung bedingten Zeitverlust, immer noch zu hoch. Otto Neu­nicht die Schuld des Redakteurs der Gartenlaube". An gutem mann macht daher den Vorschlag, es sollte wenigstens in jeder Willen und Mut hat es ihm für die Erreichung des für ihn zu großen Mietstaserne eine Anlage für Dampfwäscherei eingerichtet hohen Zieles wahrlich nicht gefehlt: Inmitten eines unsauberen werden, die den gesamten Bewohnern für eine mäßige Ent­Geschmeißes von Polen  , Juden und Galiziern trat er in vierter schädigung die Arbeit des Waschens gänzlich abzunehmen bermag. Klaffe seine Reise von Berlin   nach Hamburg   an; in der von allzu Früher fonnte man eine derartige Neuerung kaum denken, weil menschlichen und Knoblauchgerüchen verpesteten Atmosphäre des die Maschinen für Dampfwäscherei zu teuer waren und zuviel Zwischendecks erlitt er die Ueberfahrt; drüben in New York   fam- Platz beanspruchten. Es ist auch fraglich, ob die bisherige Ent­pierte er in armseligen Buden, und in Hafenkneipen fuchte er wickelung der Technik schon völlig dazu genügt, solche Anforde­Gesellschaft, Rat und Arbeit. Er versuchte sich als Wurstverkäufer, rungen zu erfüllen. Man darf aber ihre Befriedigung von einer Kutscher, Hausknecht und was sonst noch. Alle Anstrengung und Maschine mit elektrischem Antrieb erwarten, die freilich nicht nur Dienstwilligkeit vermochten nicht, die schmale Reisefasse zu stärken. das Waschen, sondern auch das Trodnen übernehmen muß. Auf Was er verdient, ging bei der Arbeitssuche wieder drauf. Das diesem Weg wird es vielleicht bald möglich sein, auch der arbeiten­mit willigen Arbeitskräften überfüllte Einwandererzentrum New den Bevölkerung einen häufigen Wechsel der Leibwäsche zu ge­York zu verlassen, dazu langten wohl Mittel oder Lust nicht. Der statten. Bufall führte den mutlos gewordenen, an Körper und Geist ge­schundenen Arbeitsuchenden in die 14. Straße. Hier, in einem deutschen   Restaurant, wurde ihm der Ruf: Sauerbraten mit Kartoffelflöße! zum Verhängnis. Der Gedanke an solch ledere Speise vertrieb den Gedanken an seine Mission. Hastig gab er das selbstgewählte Arbeiterdasein auf. Von der Exkursion in die proletarische Unterwelt hatte er mehr als genug. Diese Erlebnisse lassen ahnen, wieviel Not und Herzeleid ge­wöhnliche Einwanderer zuweilen in New York   zu erwarten haben, fie, die über weit geringere Bildung und nicht über den moralischen Mut verfügen, den das Bewußtsein verleiht, eine für alle Fälle bereitstehende Reservelasse zu haben. Wenigstens wenn sie es an­fangen wie Aram. Allein der moderne Proletarier bringt aus dem Vaterland mehr praktische Lebenserfahrung und im rauhen Kampfe ums Brot hart gewordene Gefühle mit. Er wird weder bei schiffbrüchigen Landsleuten oder amerikanischen   Soldknechten, noch bei den Gaunern, die zu rationellerer Brandschabung der Grünhörner Arbeitsnachweise eingerichtet haben, Rat und Arbeit suchen, sondern direkt in die Fabriken( oder zu seiner Gewerk schaft) gehen. Arams Unerfahrenheit würde auch in Berlin   oder Hamburg   nicht viel größere Erfolge buchen können, obgleich da nicht allwöchentlich Tausende von willigen Arbeitern abgeladen

werden.

Aber Aram wollte ja teine vergleichende Darstellung der Lage der Arbeiter in Amerika   und Europa   geben, sondern nur durch Sie Schilderung feiner eigenen Erlebnisse ausmalen, wie es heute einem mittellojen Einwanderer in Amerika   geht. Der Versuch war Tobenswert, das Ergebnis ist mager. Seine Schilderungen dürfen nur als das genommen werden, was sie sind: als Erlebnisse eines in den Dingen des proletarischen Broterwerbes unerfahrenen Bürgerlichen, aber nicht als die Darstellung der Verhältnisse der einwandernden Arbeiterschaft Ameritas. Er sammelte sein Ma­terial bloß an den schmutzigen Rändern der gewaltigen Hafen­stadt, wo sich die große Republik   in der häßlichsten Karikatur zeigt. Zur Lösung der Frage, die in der Redaktion der Gartenlaube" auftauchte, ist die New Yorker Süd- oder Westseite ein sehr un­geeigneter Play. Die Hudsonmetropole ist eine Vorstadt von Europa  ". Außerhalb ihr sind die Verhältnisse schon etwas

anders.

k.

Archäologisches.

Im Haupte der Sphing. Professor G. A. Reisner  , der Aegyptologe der Harvard- Universität  , hat den Vorständen der Bostoner  Museen Bericht über die Ergebnisse der Forschungen erstattet, die er dem als Sphing bekannten geheimnisvollen ägyptischen Monumental­werf gewidmet hat. Er hat bereits mehrere bemerkenswerte Ent­dedingen gemacht, die die Hoffnung erweden, uns der Aufklärung eines Problems näher zu bringen, über das sich die Jahrhunderte vergeblich den Kopf zerbrochen haben. Professor Reisner fand im Innern der Sphing einen Tempel, der der Sonne gewidmet war. Er ist älteren Ursprungs als irgendeine der Pyramiden; seine Ent etwa um 6000 bor stehungszeit ist nach Ansicht Reisners Christus anzusehen. älteste Herrscher,

Menes oder Mena ist bekanntlich der bon dem aus die moderne Wissenschaft die Geschichte Aegyptens   datiert. Das Grab dieses Königs, der sich selbst zum Gott machte und der Sphing ihre Ge­ftalt gab, findet sich ebenfalls im Leibe des Jdols. Es enthält Gänge, die in Höhlen führen, zu denen man noch nicht vor­Die Sphing ist aus dem Naturfelden herausgehauen gedrungen ist. worden, unter ihr aber eriftieren Höhlen und Gebäude einer " goldenen Stadt", die vielleicht einmal frei lag. Zurzeit beschränken fich die Ansgrabungen auf die Freilegung des im Haupte des Bau­werks befindlichen Stammer, ein Ausmaß von 18,3 Meter Länge Sie steht durch Gänge mit dem und 4,3 Meter Breite. in Verbindung, der unter den Lazzen der Sonnentempel Das die Sonne symbolisierende ber­Sphing belegen ist. Kreuz findet sich dort hundertfach wieder. schlungene Verschiedene Kreuze sind aus Gold und haben Drähte für fleine Glöckchen, die von den Priestern zur Beschwörung der Geister zum Erklingen gebracht werden. Innerhalb der Sphing findet man schon winzige Pyramiden, obwohl die Sphing selbst lange vor den großen Pyramiden errichtet wurde. Eine Pyramide war Sonnenuhr, und die nach Professor Reisner in jener Zeit eine Sphing war eine Sonnengottheit. Auch die Cheopspyramide ist ein zuverlässiger Zeitmesser. Professor Reisner hat die Hoffnung, bei der Untersuchung der Reste der Sphing auch den Geheimnissen der ägyptischen Priestertaste auf die Spur zu kommen.

Berantw. Redakteur: Alfred Wielepp, Neukölln.- Drud u. Verlag: BorwärtsBuchdruderei u.Verlagsanstelt Paul Singer& Co., Berlin   SW