— 448—baß ein Eisenbetonpfeiler auch dann noch tragfahig bleibt, wennneben ihm Walz- oder Gußeisen schon längst in glühendteigigemZustande zusammengesunken ist und alles, was auf ihm lastet, mitin den gliibenden Schlund gerissen bat.Das künstliche Baumaterial mutz aber auch noch unter einemanderen, nämlich unter künstlerischem Gesichtspunkt betrachtet wer-den. Unsere historische Stilbaukunst ist auch auf historische Bau-Materialien zugeschnitten imd jedes neue Material nimmt sich zu-nächst wie ein Fremdling aus, so daß es z. B. unter den Heimat-schützcrn auch solche Richtungen gibt, die sedes nicht traditionelleBaumaterial von vornherein verwerfen möchten. Natürlich gehtdas nicht an, denn die Entwickelung läßt sich nicht aufhalten, und.es muß also doch wohl ein Kompromiß entstehen, selbst da, wo dieheimatliche Bauweise eigentlich auch auf heimatliche Baustoffe be-schränkt sein will. Der W e r d a n di b u n d, der sich eine Organisation der Werdenden nennt, will nun in einem eigenen Pavillonzeigen, wie sich die künstlichen Baumaterialien äithetisieren lasten,d. h. wie sie sich aller industriellen Kitschigkeit entkleiden und denForm- und Farbenansprüchen guter moderner Architektur anpassenlassen. Der ganze Pavillon ist geflissentlich aus solchen künstlichenBaustoffen, die Kunststeine, di« Vcrblender. die Dachpappe, dasWellblech soll in künstlerischer Verwendung gezeigt werden. Leiderhat der Werdandibund das Prinzip des Werdenden so ausgedehnt,daß wohl bis in den Sommer hinein das„Werden" dieses Pavillonszu beobachten sein'wird, so unfertig ist er noch. Allerdings darfnicht verschwiegen werden, daß die ganze Ausstellung eigentlich nochim Werden ist.Zu den künstlichen Baustoffen gehört neuerdings auch dieKeramik und es ist fast schon Patriotenpflicht, die Kadiner Töpfereiin Nahrung zu setzen. Aber recht geheuer ist der Bezug von Töpferwaren von dorther doch nicht. Der eiskalte Ehrfurchtschauer de?Untertanen überriefelt jeden Kunden von Kabinen, und dies« patrio-tisch-untertänige Gansehaut überläuft schließlich einen selber, wennman folgende Bemerkung im Katalog der Ausstellung liest:„SeineMajestät der Kaiser und König hat(recte: haben) zu genehmigengeruht, daß auf der Internationalen Baufachausstellung der Ver-bindungsraum zwischen der Repräsentationshalle und den Raum-kunstsälen mit Majolika von der Königlichen Herrschaft Cadinengeschmückt und dann in dem Räume auch Sein Bildnis angebrachtwerde.' H. H.kleines Feuilleton.Literarische».Max Dauthendey: Der Gel st meine» Bater»,Aufzeichnungen au» einem begrabenen Jahrhundert. sAlbert Langen,München.) Ein gänzlich unliterarisches Buch, in keinerlei„ismus"einzureihen, also«in gutes Buch, das der zu klarem Schauen undklarer Form gereifte, einstmal so ultraviolette Dauthendey zur Er«innerung an seinen Bater hier niederschrieb. Es könnte ein bißchenwie Anmaßung aussehen, die Geschichte der Familie Dauthendey derWelt zu übergeben, wenn es eben nur eine Vierwändegeschichte wäre.Aber da liegt nicht nur das reiche und bewegte Leben eines Mannesvor uns. der al« erster in Deutschland und Rußland dievon Frankreich gekommene junge schüchterne Kunst de» Lichtbilds,die Daguerreotypie unter Opfer und Mühfalen aller Art, zuletzt mitsiegreichem Erfolg einführte, da rundet sich auch dies Menschenlebenzum Kunstwerk sowohl in seiner Bedeutung, wie in der Betrachtung.Solch ein Kunstwerk, von Liebe und Pietät de» Sohne», Erfahrungund Weltblick de» Dichter» gestaltet, sind die Aufzeichnungen ge-worden. Wir sollten mehr solcher Lebensbilder haben, aus denen«ine Zeit, eine Kultur, aber auch jene Menschlichkeit spricht, die ab-seit? vom Heroischen und der Oesfentlichkeit, im kleinen Kreise, inder Familie heldische Züge trägt.So verfolgt man interessiert, befruchtet mit Anregungen, beschenktmit vielerlei Kenntnis einer vergangenen Zeit den Weg,den ein tüchtiger, technisch genialer kosmopolitischer Mann vom An-sang bis Ende de« IS. Jahrhunderts gegangen, von der Daguerrco«typie bis zur farbenempfindkichen Photographie, und sehen nebendem persönlichen Erinnerungsdenkmal in ruhiger, ungeschminkter, fastGoethescher Prosa, nebenbei ein Dokument deS WandelnS undManderns. Ringen« und Bezwingen» einer Generation durch dieandere. Die Denkart, da« Empfinden, die Tatkraft, die Sehnlich-testen und die Gegensätze einer abgelebten Zeit mitder heutigen Zeit. Ein Dokument für den alten ewigenund Söhne. Denn der junge Dauthendey,Grübler und Dichter von Natur aus be-gegen den Vater, der vor allem Praktiker war,schwere Kämpfe ausfechten, um sein Lebensziel durchsetzen zu können.Aber im Unterschied von vielen rebellisch-modernen Junggeistern, dieim Durchsetzen ihrer Persönlichkeit'mit dem Prinzip von der Selbst«Herrlichkeit de» eigenen Ichs brutal über Kopf und Herz der Alt-geister schreiten und Pietät und.Familie über Bord werfen, ehrteDauthendey den Geist seines gegensätzlichen Baters und dankte seinerkernig-arbeitSsamen, lebenstüchtigen Art durch diese» warmeGedächlniSbuch. Eine leise Wehmut über vergangene Jugend, wiesie reife, von der Höhe ausblickende Männer oft faßt, gibt den Auf-zeichnungen einen stillen, besonderen Reiz.Kampf: Bäter?um Denker.timmt, mußte� Naturwissenschaftliches.Wie Bakterien gezählt werden. Die Zählung vonBakterien, die selbstverständlich überhaupt nur unter dem Mikroskopbei sehr starker Vergrößerung vorgenommen werden kann, ist einerecht schwierige Aufgabe und man kann ihre Erfüllung nicht in derWeise fordern, daß tatsächlich jede? einzelne Individuum gezähltwird, wie man es bei einer Volkszählung der Einwohner in einemgut verwalteten Staate verlangt. Immerhin ist es wünschenswert,das abgekürzte Verfahren, das für solche Fälle gebraucht werdenmuß, zu einer möglichsten Genauigkeit zu bringen. Zu diesemZweck hat Professor Donald der Royal Sotiety einen neuen Apparatvorgelegt, der zunächst eine zuverlässige Messung von Flüssig-leiten nach Tropfen gestattet und dies Mittel dann für dieZählung von Bakterien in Wasser verwertet. Dabei sind merk«würdige Ergebnisse zutage getreten. So hat sich herausgestellt, daßein im Laboratorium destilliertes Wasser je nach der Herkunft auseiner Zisterne oder aus einer bereits reineren Quelle zwischen einerhalben und einer ganzen Million Bakterien enthalten kann. DieMessung geschieht in der Weise, daß mit dem neuen Apparat kleineWasserttopfeu von einer ganz bestimmten Größe entnommen, nebeneinander auf eine polierte Platte gebracht, dann getrocknet undfixiert werden. Die Bakterien werden dann stark gefärbt underscheinen deutlich ohne die Gegenwart störender Körnchenvon getrockneter Farbe. Für die Zählung wird dann einequadratische Oeffnung benutzt, die durch parallele Haarlinienin Felder geteilt ist. So werden die Bakterien innerhalb einesFeldes gezählt, die Zahl der Felder, über die sich ein Tropfen er-streckt, festgestellt und dann aus den bekannten Volumen jedesTropfen» der Gehalt der Flüssigkeit an Bakterien insgesamt be-rechnet. ES wurde weiter auf diesem Wege ermittelt, daß sich indestilliertem Wasser, das drei Wochen gestanden hat, 15 MillionenBakterien im Kubikzentimeter entwickeln können. Dr. Fildes hatübrigens im„Lance!" darauf aufmerksam gemacht, daß auf diesemunerwarteten Bakterienwachswm die Fiebererscheinungen beruhenkönnten, die nach der Einspritzung der sogenannten physiologischenSalzlösung unter die Haut oder in die Adern einzutreten pflegen.Luftfahrt.Böget und Flugmaschinen. Daß ein genaue» Studiumde» Vogelfluge» wichtige Aufschlüsse für die Konstruktion der Flug-Maschine geben kann, ist eine Ueberzeugung, die alle Bahnbrecherauf diesem Gebiete gehabt haben, die ihre Arbeit stet» mit einereingehenden Beobachtung der fliegenden Vögel begannen. Auch dieWissenschaft hat- sich dieses Problems bemächtigt, und neuerdingshat besonder« der französische Forscher Magnan eine Reihe vonUntersuchungen an Vögeln durchgeführt. Er hat festgestellt, daß beiallen fliegenden Vögeln die Verhältnisse ihrer Körpermaße gleichbleiben und in einer regelmäßigen Beziehung zu dem Gewicht, da»sie zu befördern haben, stehen. Die Natur würde danach einenwertvollen Fingerzeig für die Flugkunst liefern, da mandie Maßberechnung der Vögel auf den Bau der Flug-Maschine übertragen könnte. Magnan hat 200 Vögel,die zu 76 Arten gehörten, untersucht, und zwar imNaturzustande: alle wurden mit der Büchse aus der Luft heruntergeholt und sofort nach dem Tode genau gewogen und ausgemessen.Die Oberfläche ihrer Flügel wurde genau in Ouadratzentimeternbestimmt, die Länge und Breite de» Flügels und des Schwanz«» inZentimetern aufgezeichnet und auch die Einzelgewichte genau inGrammen festgestellt. Dabei zeigte sich, daß die charakteristischenMerkmale des Vogels variieren, je nachdem er den Gleitflug, denSegelflug oder den Rudererflug ausübt, daß aber diese Merkmalebei den Individuen derselben Gruppe so gleichmäßig wiederkehren.daß man sie für die Praxis als konstant annehmen kann.Magnan klassifiziert dabei die Vögel folgendermaßen: Raubvögel, dievor allem den Gleitflug ausführen, Schwimmvögel, die den Segel«flug ausüben, und Ruderervögel, wie Sperlinge und Hühnerarten. ESfind nun die Vögel der ersten Gruppe, deren Flug sich am meistendem der Flugmaschinen, und zwar der Eindecker, nähert. Da nunin dieser Gruppe ein Bogel von 600 Gramm dieselben Verhältnissein seinen Körpermaßen aufweist, wie ein Vogel von 10 Kilogramm,so muß man annehmen, daß auch ein Vogel diese« Typ» der Gleit-flieger, der 500 Kilo wiegen würde, dieselben Verhältnisse zeigenwürde. Auf Grund dieser Annahme hat Magnan berechnet, welcheMaße ein solcher Riesenvogel von 600 Kilo, der alsoetwa da» Gewicht eine» Eindecker» hätte, haben müßte,und er ist zu folgenden Zahlen gelangt: Flügeloberfläche14,970 Quadratmeter, Gewicht der Flügel 98,5 Kilogramm, Spann«weite 10.5 Meter. Breite de» Flügel» 1,87 Meter, Länge de»Schwanzes 2,06 Meter, Länge de» Apparats 4,6? Meter. Abgesehenvon der Länge, die erheblick geringer ist al» die unserer beutigenKlugmaschinen, sind diese Maße in der Tat nicht sehr verschiedenvon denen der üblichen Typen. Da« Gewicht ist freilich sehr ver-schieden, je nach den Baustoffen, und man sucht natürlich zu einerimmer größeren Leichtigkeit der Maschinen, bei gleichbleibenderWiderstandskraft, zu gelangen, da ein Ueberschuß an Kraft eine Ver-mehrung der Sicherhett Hedeuten würde.Berantw. Redakteur:«lfr«ch Wielepp, Reukölln.— Druck u. Verlag:«orwärrS«uchdcuckereru.Berlag«anstaltPaul Singer«cEo..«erlinS>V.