«rtige Judenireiben. Sie HSn�en unverkennbar mit der Person des Verräter Judas Jschariot zusammen. Deshalb heitU auch� heule der Gründomierstag da und dort noch Judastag. Auch das Judas - verbrennen, daS in verschiedenen Gegenden noch zu beobachten ist, erinnert daran. ES besteht darin, dag eine Puppe auS Stroh oder Lumpen im Dorfe hin- und hergetragen wird, die überall mit Schelten, Püffen. Schlägen und Sleinwiirfen empfangen und schlief- lich aus freiem Felde verbrannt wird. In manchen Gegenden wird die JudaSpuppe auch gesteinigt. Da» Steinwerfen auf die an einen Pfahl oder Baum gehängte Plippe dauert so lange, bis der letzte Fetzen herunter ist. Vereinzelt kommt es auch vor, daß sich Männer als Judas Jschariot heraus- putzen und so am Gründonnerstag von HauS zu HauS gehen. Auf die Nachricht, das; der Judas im Dorfe umgehe, stürzen Männer, Frauen und Kinder auS den Gehöften und nun beginnt daS JudaStreiben. Dabei fallen viele Schellworte und noch mehr Püffe und Schlüge ab. Das macht freilich nicht viel aus: denn der JudaS hat sich vorgeseheil und ist mit einer sehr dicken Umhüllung erschienen. In Böhmen und Tirol werden am Gründonnerstag JudaSfcuer angesteckt, die dazu nötigen FeuenmgSinaterialien— JudaSholz und Judaskohlen— sind vorher von den Knaben bei den Bauersfrauen eingesammelt worden. Sicherlich soll durch diese Judasfeuer das Verbrennen des JudaS Jschariot shmbolisiert »verden. Eine bewegte dramatische Handlung enthielt die Rümpel - oder Polterposse: ein vermummter Pfaff oder Mönch in Gestalt Christi sprang aus einem finsteren Orte hervor und schlug. Einlast heischend, mit seinem Kreuze gegen eine verschlossene Tür; dahinter erhob sich ein jämmerliches Geschrei und Geheule der verworfenen Engel, bis der Pfaffe in einem Anlaufe die Tür sprengte und nun die bösen Engel mit Ketten beladen herausquollen und im Triumphe vor- geführt wurden. Auf sie folgten dann die au» der Hölle erlösten Seelen in weisten Hemden mit SiegeSgesang und Frohlocken. Zweifler in der Kinderwelt glauben nicht, dast die Hasen zur Osterzeit Eier legen. Dieser Unglaube must weichen vor einer amt- lichen Urkunde über eierlegende Osterhasen: der Schultheist von Ans- Vach nahm im Jahre 1758 ein Protokoll auf, dast im Hause des Förster» Fuhrmann zu Solenhofen ei» gefangener Hase ver- schiedene Eier gelegt hätte und auf Befehl Serenissimi Hase wie Eier in die Kunstkammer gebracht worden seien, wo diese Raritäten aufbewahrt werden sollten. Dieser Hase, den der Förster auf einem Spaziergange sehr jung eingefangen hatte, habe in einer Truhe aufgezogen, die Gröste gewöhnlicher Hasen erreicht, im Monat März und April 1757 drei Eier, in derselben Zeit des folgenden Jahre? zwei weitere Eier gelegt. Die vier letzten seien ganz rund geformt gewesen, und der Herr Reichserbmarschall Graf Pappen- heinr hätte eine» der Eier geöffnet, darin aber nicht» als weiste» Wasser gefunden. Eine kuriose Ostersitte hat sich in der englischen Grafschaft Durham erhalten. Am Rachmittage de» OstersonntageS durchziehen die Jungen truppweise die Straßen und halten jede» weibliche Wesen mit den Worten an:.Zahlen Sie gefälligst für Ihre Schuhe." und wenn die Steuer nicht sofort erlegt wird, zieht man den Widerspenstigen einen Schuh mit Gewalt au». Am nächsten Tage können die Mädchen ihre Rache iiehmen. nur mit dem Unterschiede, dast sie von den Männern eine Hutsteuer verlangen. Eine nicht weniger seltsame Sitte hat bis zum Ende de« 18. Jahrhunderts in Westfalen geherrscht. Rahe bei Iserlohn stand eine alte Eiche, die von sieben Erdlöchern umgeben war. Am ersten Osterlag« zog da» Volk dort- hin, fastte den Baum an und macht« die.sieben Sprünge". Wer alle sieben Löcher traf, glaubte, dast ihm noch wenigsten« sieben Lebensjahre befchteden feien oder dast er in dieser Zeit eine Frau bekommen»verde. Die Reih« der Osterkuriositäten ist hiermit noch lange nicht erschöpft: hatten oder haben doch so viele Orte ihre eigenen Osterbräuche. die dem Freniden kurio» vorkommen, und die Ueberlteferung kennt unter diesen örtlichen Osterkuriositäten z. B. da» Wettessen von Ostereiern im niedersächsischen Gebiete, da» merk- würdige Prügeln— Schmackostern— in ursprünglich slawischen Ge- bieten und da» unfreiwillige Bad, da» man in Ungarn den Lang- fchläferinnen bereitet.
Kleines Feuilleton. Da» Institut für BtrerdungSfvrschung. Wie bereits gemeldet worden ist, steht die Errichtung eine» Institut» für Vererbung»- sorschung, de» ersten in Deutschland , an der Königlich Landwirt- schaftlichen Hochschule zu Berlin unmittelbar bevor. Da» Institut soll au» einer zoologischen und botanischen Abteilung bestehen. ES tvird sich also aus die Vererbungsforschung in bezug auf Tiere und Pflanzen beschränken. Demgegenüber plädiert nun der bekannte Genealoge Dr. Stephan Kekule von Stradoiritz in den.Grenzboten" warm dafür, da» Institut auch der Vererbuugsforschung in bezug auf Menschen dienstbar zu machen. Er holt si» einen Eideshelfer in der Person de» Dozenten für Psychiatrie und Neurologie an der Uni- versität Upsala, Dr. H. LundSborg. der am Schlüsse seines Riesenwerkes .Medizinifch-btologische Familiensorsrbung innerhalb eine» 2282- köpfigen BauerngeschlechtS in Schweden " für jede» Land ein zentrale» Forschungsinstitut für menschliche VererbungSwiffenschaft fordert und Derantw. Redakteur: Alfred Wieiepp, Neukölln.— Druck u. Verlag:
für derartig« Institut« auch gleichzeitig einen grostzügigen Grund- plau aufgestellt hat. AIS obersten Leiter deS Institut» denkt sich Lundbora einen genealogisch und biologisch gut geschulten Arzt. Da» Forschung»- institut selbst soll etwa folgendermasten organisiert sein: Nebe» dem Vorstande bestehe» mehrere von einander verschiedene Ab- teilungen, deren Arbeitsfelder sind: 1. Eine Abteilung für Genea- logie und Familienbiologie(Familienforschung im engeren Sinne); 2. eine für Familienstatistik(und Demographie): 3. ein- für Anthro- pologie; 4. eine für Kriminologie(Kriminalstatistik, Kriminal- Psychologie usw.) und Völkerpsychologie: 5. eine rein Wissenschaft- liche, die die experimentelle Erblichkeitsbiologie umfaßt. An die Spitze jeder dieser Abteilungen treten anerkannte Männer der Wiffen- schaft, denen zu ihrer Hilfe die nötige Anzahl von Asfistenten bei- gegeben werden muß. Erläuternd fügt Lundborg hinzu:.Diese Abteilungen brauchten natürlich nicht alle auf einmal in Angriff ge- nommen zu werden. Für die Wirksamkeit des Instituts wären jedoch die Abteilungen ein» und zwei schon von Anfang an absolut not- wendig." Kekule von Stradonitz spricht zum Schluß seine Meinung dahin aus, daß ihm nur.aus vergleichenden Beobachtungen und Untersuchungen, die sich auf die Pflanzenwelt, die Tierwelt und den Menschen gleichmäßig erstrecken, die toeiter« Erkenntnis kommen zu können scheine." Seme Forderung läuft auf ein„große» Forschung«- institut für Familienforschung und VererbungSwiffenschaft", den letzten Begriff im weitesten Sinne verstanden, hinan?. Aus der Physit. Die elektrische Beleuchtung alt» der Luft. AuS Madrid wird berichtet: Der spanische Erfinder Jos« Julian JglefiaS Blanco, der erst kürzlich durch Experimente, in denen er Dynamit mit Hilfe ultraroter Strahlen entzündete. Aufsehen erregte, hat am letzten Sonnabend in Pozuelo bei Madrid «ine neue Erfindung bor « geführt, die bestimmt scheint, in der Weiterentwicklung der ElekKizitätS- Industrie eine bedeutende Rolle zu spielen. Mit Hilfe einer An- zahl Antennen und sehr sinnreich konstruierter Apparate ist eS Blanco gelungen, der Atmosphäre elektrische Energie zu entziehen und nutzbar zu mache». Die Versuche fanden auf dem Grundstück des Sheridan Garrattschen Besitzes statt, die Antennen waren auf hölzernen Türmen von 10—12 Meter Höhe außerhalb de» Dorfe« auf einer Hllgelknppe aufgerichtet. Die Apparate Blancos nahmen elektrische Kraft bis zu einer Spannung von 8000 Volt auf: bei der Umleitung schrumpfte diese Energiemenge zwar zu 150 Volt zusammen, aber im Garrattschen Hause konnten mit dieser au» der Luft gezogenen elektrischen Kraft 15 elektrische Lampen erleuchtet und während de» Experiment» in Tätigkeit gehalten werden. Die Versuche sollen sortgesetzt werde», um die volle Leistung»- fähigkeit der im übrigen sebr einfachen Anlage zu erproben. Ans dem Tierreiche. Eine neue Elefantenart. Da» belgische Kolonial- museum hat soeben da» Fell eine» Tiere» erhalte», welche» bis vor kurzem den Zoologen unbekannt war. Es handelt sich um einen Zwergelesanten, der vielleicht noch in großer Zahl im Herzen Afrikas lebt. Er gleicht in gewiffen Formen jenen Arten von Elefanten, die in prähistorischer Zeit verschiedene Regionen der alten Welt belebten. Dieser kleine Elefant. Wafferelefant genannt. wurde von den beide» Naturforschern L« Petit und Gromier bereit» im Jahre 1810 zwischen dem Rordufer de» Leopoldsee« und dem linken User de» oberen Kongo entdeckt. Er bewohnt dort ein sumpfige» Gebiet. Aber e« gelang den beiden Forschern nicht, eine» der Tiere habhaft zu«erden. Eingeborene erklärten ihnen, daMiese Elefanten« ort in einem großen geheimnisvollen Wald« lebte, in den kein Mensch eindringen könne. Den Angaben der Forscher begegnete man in Gelehrtenkreisen bald mit Mißtrauen. Der belgisch« Leutnant Fransten berichtet nun über dasselbe Tier und bestätigt somit die damaligen Angaben Le Petit». Er suchte da« Tier an den Ufern de» Viktoriasees. Eingeboren« wiesen ihm eine Stelle nach, wo er e« beobachten könne. Nach sechsunddreißig Stunden, die er im Schlamm stehend zubrachte, sah er ein Rudel von etwa zwanzig dieser Elefanten und erlegte ein Tier. Pa» Fell diese» Tiere» ist e», da» nunniehr in da» belgisch« Kolonialmuseum zu Tervueren eingeliefert wurde. Fransten bezahlte seine Entdeckung mit dem Tod«. Der Aufenthalt an den sumpfigen Seeufern zog ihm ein heftige» Fieber zu, dem er erlag. Der von Fransten erlegte Elefant— der Direktor de« Museum» Dr. Schoutten hat ihm den Namen büspbil» Alrioamis b ranssoni gegeben— ist nur halb so groß al» der gewöhnliche afrikanische Elefant. Seme Stoßzähne sind sogar achtmal geringeren Umfange» als die seine» großen Vetters. Er lebt in Rudeln von zehn bis zwanzig Stück an der Grenze der Wälder und Seen im Schlamm. Seine Nahrung besteht au» den vorkommenden Pflanzen. Eine ähnliche Elefantenart ist au« prähistorischen Funden auf der Insel Malta im Mittelländischen Meere»achgewiesen. E» fragt sich nun, ob der von Fransten erlegte Elefant dieselbe Art darstellt oder ob diese Tiere Abkömmlinge der maltesischen Art find. E« ließen sich in beiden Fällen die interessanteste» wissenschaftlichen Schlüsse ziehen.________ Vorwärts Buchdruckerei u.VerIag»austalt Paul Singer SrTo., Berlin LAk.