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Nr. 234.- 1914.
Unterhaltungsblatt des Vorwärts
Die Not des„ freien
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Schriftstellers".
Das Schriftstellertum gehört zu den Berufen, über die die Kriegs. not besonders elementar hereingebrochen ist. Die Stillegung bes Buchhandels, die plögliche Charakterberänderung im Stoff der Zeitungen und der Zeitschriften, die fast völlige Ausschaltung der öffentlichen Auseinandersezung über literarische, innerpolitische, fünft lerische, historische und wissenschaftliche Fragen das alles hat der Mehrzahl der freien Schriftsteller" ihr Wirkungsfeld start eingeschränkt, zum Teil völlig genommen. Und es fommt hinzu, daß faum eine wirtschaftliche Gruppe dieser Katastrophe so wehrlos gegen über steht als die freien Schriftsteller". Der Drganisation nach Art anderer Bera fe durch die große Verschiedenheit( in jeder Hinsicht) der einzelnen schwer zugänglich, schon in Friedenszeiten an einen fehr unregelmäßig en, durchaus unstarren" Berdienst leider gewöhnt, fahen sie sich nach den ersten sechs Augusttagen, gewissermaßen über Nacht, bei Seite geschoben, überflüssig geworden, im besten Falle geduldet; der Feldpostbrief", die Wolff- Depeiche, die Militärschrift= steller, und allenfalls noch die Lyriker, deren Verse in den Redatitonen aus der Sturniflut friegerischer Reime herausgefifcht
freitag, 20. November.
bieten tunlicht wiedergegeben werden. Das kann nur geschehen, war einst ein gewaltiges Flußtal mit einer Breite von 5 Milowenn die Zeitungen und Zeitschriften sich entschließen, dem metern; Berendt vergleicht in seiner 1897 erschienenen: Schrift Bublifum neben allem was der Krieg erfordert oder an die Hand Der tiefere Untergrund Berlins" die jetzige kleine Spree im Vergibt, auch wieder mehr aus anderen Stoffgebieten vorzufezen. hältnis zu ihrem großen Tale mit der Maus im Käfig des entDaß das Bublifum nichts anderes als" Strieg" zu lefen verlange, sprungenen Löwen. Die beiden Ufer des einstigen Spreetales ist ohne Zweifel ein Irrtum. Außerdem dürfte sich bei den stellen die beiden Erhöhungen im Norden Berlins ( am Landsberger , meisten vom großen Thema des Tages entfernten Stoffen Schönhauser und Rosentaler Tor) und im Süden Berlins ( Kreuzohne Mühe und ganz von selbst eine lose, aber innerlich sehr fühl berg, Tempelhofer Berg, die einstigen Köllnischen Weinberge in der bare Anknüpfung von selbst ergeben... Aus diesen Gedanken jezigen Bergmannstraße) dar. Im Laufe der Jahrhunderte hat gängen heraus hat der Schutzverband beschlossen, an die Verleger die Stadt Berlin das alte Tal der Spree allmählich ausgefülltund Schriftleiter die Bitte zu richten, sie möchten in sozialer Er- daher erklärt sich auch der schlechte Baugrund im älteren Berlin fenntnis der Notwendigkeit des Zusammenarbeitens von Verlag, erst nach 1870 hat sich die Stadt Berlin über die einstigen FlußRedaktion und Schriftstellertum und im Vertrauen auf das Ver- ufer hinaus erweitert. ständnis des denkenden Publikums den Stofffreis ihrer Publikationen Dort, wo jetzt der ältere und bedeutendste Teil der deutschen allmälig wieder erweitern, und so einer jetzt schwer bedrängten Reichshauptstadt und Weltstadt Berlin steht, sind einst vor vielen Mehrheit von Schriftstellern die Möglichkeit wiedergeben, sich durch Jahrtausenden die Wassermassen der Narew und der Weichsel die Not des Krieges hindurch für die Arbeit zu erhalten, die die ge- dahingeflossen. wichtigste des Jahrhunderts sein wird: für die deutsche Kulturarbeit nach diesem Weltkrieg! Karlernst& nat.
wurden, und das kleine Säuflein der glücklich erwählten Striegs- Berlin im einstigen Tal der Weichsel.
berichterstatter beherrichten auf einmal die gesamte Presse.
Bor dieser Kriegs tot der freien Schriftsteller enthüllte sich in der letzten Mitgliederversammlung des Schutzverbandes deutscher Heeresleitung vom 16. November nach mehrtägigen Rämpfen bei Die deutschen Truppen haben nach dem Bericht der obersten Schriftsteller" ein erschütterndes Bild. Eine vertrauliche Umfrage hat loclawek in Russisch- Polen die ihnen entgegentretenden russischen ergeben, daß weit über hundert freie Schriftsteller nicht etwa so Armeekorps geschlagen und bis über Kutno zurüdgeworfen, wobei genannie, sondern in der Fried enszeit viel gelesene und von den 23 000 Ruffen gefangen genommen wurden. Wloclawek liegt etwa Schriftleitungen der großen Blätter und Zeitschriften geichäßte- allein in Berlin durch den Sieg die Hälfte, zwei Drittel, drei Weichsel . Dieser Fluß hat hier bereits die stattliche Breite, die er 60 Kilometer oberhalb der wichtigen Grenzfestung Thorn an der Viertel ihrer Arbeitsmöglichkeit, nicht wenige fogar die gesamte von seinem Eintritt in das deutsche Gebiet bei Thorn bis zu seiner verloren haben. Verwandte Gruppen, die Musiker, die bildenden Mündung in die Ostsee bei Danzig aufzuweisen hat, da er ober Künstler, denen es auch nicht zunn besten geht, haben wenigstens den halb von Wloclawet sich mit der wasserreichen Narem und deren Vorteil, daß fie sozusagen offizieller" find, daß sie über Beziehungen nicht minder stattlichen Nebenfluß, dem Bug, vereinigt hat. In zu den staatlichen und kommunalen Instanzen verfügen. Es liegt dem Plane der russischen Heeresleitung soll es nun liegen, mit dem das in der Art ihrer Arbeit. Es gibt Musikhochschulen und Maler- Gros ihrer Truppen auf einer Linie, die durch die Orte Wloclawef, akademien. Es stehen daher auch z. B. für die notleidenden Musiker Thorn , Bromberg . Schneidemühl , Landsberg a. Warthe , Küstrin , nicht unerhebliche Summen zur Verfügung, und erft fürzlich aing, Frankfurt a. D., Fürstenwalde gekennzeichnet wird, bis nach Berlin von besten Namen unterzeichnet, ein Aufruf für die bildenden vorzubringen. In dem Zuge dieser Linie verläuft eine der wichtig Künstler durch die Presse. Für die Schriftsteller aber. ften, ja wohl die wichtigste Eisenbahn- und Landstraßenverbindung Es wird hoffentlich! niemals eine„ Schriftsteller- Akademie" zwischen Berlin und dem Often. Verfolgt man diesen Weg auf geben oder einen„ Dr. litt." oder eine" Theaterkritikvertriebsgesell- der Landkarte, so findet man, daß hier auch eine vollständige Wasserfchaft". Völlige Unabhängigkeit, ginzliche Unamtlichkeit" ist die verbindung zwischen dem Osten und Berlin hergestellt ist. Bon Grundbedingung des Schriftstellers wie des Künstlers. Das aber Warschau über Wloclawek führt nach Thorn die Weichsel ; die sollte nicht verhindern, daß jener Teil des Publikums, der sich den unterhalb Thorns in die Weichsel auf deren linken Ufer mündende Schriftsteller im allgemeinen noch immer entweder als Kröfus oder als Brahe verbindet der furze. Bromberger Kanal mit der Nebe; diese einen von der Natur nun einmal da zu vorbestimmten Hungerleider geht in langem westlichen Zuge bis zur Warthe, in die sie bei borstellt, sich mehr als bisher bemühte, feine Tätigkeit schlicht und Landsberg mündet, und die Warthe vereinigt sich bei Rüstrin mit einfach, wie jede andere menschliche, in ihren Eristenzbedingungen der Cder. Oberhalb von Süstrin verbindet bei Frankfurt a. D. der zu begreifen. Friedrich- Wilhelm- Kanal die ganz nahe an die Oder Herantretende Spree mit diesem. Es hat also nur zweier ganz kurzer künstlicher Wasserstraßen bedurft, um diese Wasserverbindung herzustellen, und diese war überdies sehr leicht auszuführen, weil in beiden Fällen hier von früher her ein mächtiges einst von Wasser erfülltes al vorhanden war.
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Der„ Schutzverband deutscher Schriftsteller" hat sich bemüht, zusammenarbeitend mit dem Verein Berliner Presse", der dringendsten Not zu steuern. Es ist gelungen, eine Anzabl über fünfzig bolkommen brotlos Gewordene durch das Entgegenkommen einzelner Behörden, so namentlich der Groß- Berliner Gerichte und Magistrate, als Hilfsschreiber unterzubringen. Die Herren verdienen so, je nach Art der vorhandenen Arbeit und der persönlichen Anstellig feit, 150 M. bis hinunter zu 30 oder 40 M². monatlich, bei einer Arbeitszeit von 4-8 Stunden täglich. Was der Uebergang von reiner Stopfarbeit, zum Teil sehr hoch kultivierter Art, oder gar von fünstlerischer Arbeit zum Formularschreiben seelisch bedeutet, davon soll hier nicht gesprochen werden. Für augenblickliche Geldhilfe sehen sich die Schriftstellerverbände auf einige hochherzig gegebene, aber für die Masse der Bedürftigen sehr unzureichende Spenden angewiesen. Aus ihnen wurden fleinere Beträge als Dar lehen, allerdings zinslos und in der Rückzahlung unbefristet ausgebändigt.
Die geologische und geographische Wissenschaft hat festgestellt. daß in der durch die beschriebene Wasserverbindung gekennzeich neten Richtung einst einer der mächtigsten Ströme Europas seinen Weg genommen hat. Das Wasser des Bug. der Narew und der Weichsel ging in westlicher Richtung von dem jezigen Thorn ab an der Südseite des uralisch- baltischen Landrüdens in den jeßigen Flußtälern der Nezze, Warthe, Oder, Spree , Savel und Elbe in die Nordsee . Die Elbe war also nach dem Einfluß der Havel , die ihr die gewaltigen Gewässer der Weichsfel und der Oder zuführte, in ihrem Unterlauf ein weit mächtigerer Strom als heute. Erst später gelang es der Weichfel, nördlich von Thorn und der Oder nördlich von Küstrin durch den uralisch- baltischen Soll den freien Schriftstellern aber wirklich geholfen werden, Landrüden durchzubrechen, so daß beide Flüsse jetzt in die Ostsee so muß ihnen die Arbeitsmöglicfeit auf ihren Gemünden . Das jeßige Spreetal, in dem das ältere Berlin liegt,
12] [ Schluß]
Menschenopfer.
Bon Tadayoshi Sakurai.
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Die Leute, die zu den„ Totgeweihten" gehörten, gingen an ihr Werk. Furchtlos schritten sie dem Ort des Todes ent gegen. Sie gingen über Baulung- shan hinüber und bahnten ihren Weg durch die aufgetürmten Körper der Toten: Gruppen bon fünf oder sechs Soldaten erreichten, eine nach der anderen, die berbarrikadierten Abhänge.
Ich sagte zu dem Oberst: Leben Sie denn wohl, Herr Oberit!"
Mit einem Abschiedsgruß ging ich fort, und mein erster Schritt war ein Tritt auf das Haupt einer Reiche. Unsere Angriffspunkte waren die Nordfeftung" von Dft- Chikuan und der Wangtai- Hügel.
Hauptmann einer von den Toten. In einem Augenblick waren unser besorgter, liebevoller Hauptmann Kawakami und ich Wesen zweier getrennter Welten geworden. Ich zerbrach mir den Kopf, ob es Traum oder Wirklichkeit war.
Unteroffizier to zeigte mir den Leichnam des Hauptmanns, welcher auf einem zu den Wällen führenden Pfad nur wenige Meter weiter weg gefallen war. Ich eilte dorthin und nahm ihn in meine Arme: Herr Hauptmann!" ch fonnte fein weite res Wort jagen. Aber da die Sache nicht so bleiben fonnte, so nahm ich die Geheimtasche, welche der Hauptmann bei sich trug, an mich, stand fühn auf und rief: Von jest ab hört die zwölfte Kompagnie auf mein Kommando!"
Und ich befahl einigen Verwundeten, des Hauptmanns Leiche zurückzuschaffen. Ein verlegter Soldat war gerade im Begriff, sie aufzunehmen, als er tödlich verwundet wurde und starb, an den Hauptmann angelehnt. Einer nach dem anderen der Sol daten, die an seine Stelle traten, wurden getroffen und fielen.
Ich rief den Leutnant Ninomiya und fragte ihn, ob die Bei den feindlichen Schützengräben gab es ein Gefecht mit Abteilungen beieinander feien. Er bejahte dies. Ich befahl dem Sandgranaten. Die von uns geschleuderten Gefchoffe frepier- Unteroffizier to, die Linie nicht abreißen zu laffen, und sagte ten günstig, und der Platz wurde mit einem Male in Flammen ihm, daß ich in der Mitte der Schüßen mich aufhalten würde. gesezt, Bretter wurden herumgeschleudert, Sandiäde barsten, Im Dunkel der Nacht konnten wir die Gestalt des Geländes Köpfe flogen umher, Beine wurden abgerissen. Die Flammen nicht erkennen, noch in welcher Richtung wir vorrücken mußten. mischten sich mit dem Rauch, erhellten unsere feuchten Gesichter Steil gegen den dunklen Himmel hoben sich die„ Nordfeftung" mit rötlichem Schein, und auf einmal gerieten die Verteidiger und der Bangtai- Hügel" ab. Bor uns lag ein natürlicher in Unordnung. Da hielt der Feind die Sache für verloren, gab Stützpunkt, und wir befanden uns in einer keffelförmigen den Platz auf und begann zu fliehen. Vorwärts. vorwärts, Söhlung. Aber noch marschierten wir Schulter an Schulter jegt ist es Zeit, vorwärts zu kommen! Vorwärts zur Verfolgung, vorwärts. nehmt die Stellung mit einem Sprung!" Und stolz auf unseren Die zwölfte Stompagnie vorwärts!" Sieg, brachen wir mutig vor.
Hauptmann Kawakami schwang sein Schwert und schrie: Vorwärts!" und dann schrie ich, dicht bei ihm stehend:„ Sakurais Zug, vorwärts!"
So schreiend, verließ ich des Hauptmanns linke Seite, und ging, um den zu verfolgenden Weg zu sehen, auf einem Fußpfad auf die Wälle los.
Was ist das schwarze Ding, welches unfere Aussicht verdunkelt? Es sind die Wälle der„ Nordfeftuna". Rurückschauend, sah ich nicht einen einzigen Soldaten. Himmel, war die Linie abgerissen? Bitternd und, um sicherer au sein, mich links heran haltend, rief ich nach der 12. Rompagnic. Herr Leutnant Safurai!" antwortete wiederholt eine Stimme. In der Nichtung des Schalles zurückgehend, fand ich den Unteroffizier Ito, der laut weinte.„ Warum weinen Sie? Was ist los?"
Der bitterlich weinende Unteroffizier umflammerte fest
meinen Arm.
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Was gibt es denn darüber zu weinen? Ich will wissen, was los ist!" Er flüsterte mir ins Ohr:„ Unser Hauptmann ist tot." Als ich dies hörte, weinte ich auch. Hatte er nicht vor einem Augen blick noch den Befehl Vorwärts!" gegeben? Satte ich mich nicht gerade eben von ihm getrennt? Und doch war unser
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Ich schwenkte nach rechts und ging wie im Traume voran. Ich erinnere mich an nichts deutlich aus der Zeitspanne. ..Haltet die Linie zusammen!"
Dies war mein eines Kommando. Plötzlich hörte ich die Stimme des Unteroffiziers to, der mir zur Rechten gegangen war, nicht mehr. Die in der Dunkelheit blißenden Bajonette. wurden weniger. Jetzt war die schwarze Masse Soldaten, die vormarschiert waren, nur noch eine Sandvoll Leute. Mit einem Wale fiel ich wie von einer Steule geschlagen nieder und wälzte mich am Boden. Ich war verwundet, in meine rechte Hand ge troffen. Glänzendes Magnesiumlicht des Feindes flammte auf, zeigte die aufeinander getürmten Körper der Toten, und ich hob meine verwundete Hand hoch und befah fie. Sie war an Gelent gebrochen; die Sand selbst hing herab und blutete heftig. ch nahm das bereits gelockerte Verbandpädchen heraus, verband meine Wunde mit dem dreiedigen Stüd und bedeckte dieses mit einem Taschentuch und schlang die Sonnenflagge als Armbinde um den Hals, die Sonnenflagge, welche ich auf der feindlichen Festung aufzupflanzen geschworen hatte.
Als ich aufblickte, sah ich, daß nur noch ein Tal zwischen mir und dem Wangtai- Hügel lag, welcher fast bis zum Himmel aufragte. Ich wollte trinken und suchte an meiner Süfte, aber die Feldflaiche war fort; ihre lederne Schlaufe allein war in meine Füße verwickelt. Die Stimmen der Soldaten wurden weniger, eine nach der anderen. Im Gegensatz dazu nahm der Glanz der Raketen des verhaßten Feindes und das schrecken
Kleines Feuilleton.
Der Tag eines modernen Soldaten.
Wie anders sich der moderne Krieg in den Köpfen der und in den Berichten von Strategen, die das Ganze übersehen, Soldaten malt, als in den Schilderungen der Kriegsberichterstatter heben die" Times" hervor, indem sie den typischen Bericht eines Soldaten über sein Tagewert wiedergeben. Da ist nicht die Rede von großen Truppenbewegungen, von dem Orfan der Granaten der einzelne sieht nur das fleine Stückchen vom Schlachtfeld, in und Kugeln, nichts von gefangenen Feinden und großen Siegen; dem er fämpft, und die Arbeit des Infanteristen von heute besteht entweder darin, mit dem Spaten sich einzugraben oder mit dem Gewehr zu schießen. Sturmangriffe mit dem Bajonett sind nut Ausnahmen, die nicht in das alltägliche Werk hineingehören. lehmigem Boden," erzählt der Soldat, und hofften, wir würden da i mußten den ganzen Tag Gräben graben in schwerent nach schlafen können. Aber um Mitternacht mußten wir schon wieder heraus, etwa einen Stilometer weit marschieren und dann wieder mit dem Spaten arbeiten. Wir hatten alle Hände voll zu tun und mußten mit Aufbietung unserer Kräfte arbeiten, denn wir wußten, der Morgen würde uns wieder Granatfeuer bringen. So gruben wir denn die ganze Nacht durch, und als der Morgen fam, waren wir etwa zwei Fuß tief durch den zähesten Lehm hindurch, den ich jemals auszuschachten das Unglück hatte. Wir pflanzten Rüben die ganze Brustwehr entlang wir lagen mitten in einem Rübenfeld und setzten uns dann hin, um etwas zu schlafen. Zum Ziegen waren die Gräben nicht groß genug. Morgengrauen begann das Granatfeuer, und bald fausten uns Grdstüde um die Ohren, aber es passierte uns nichts, obwohl 60 Granaten ganz in unserer Nähe niedergefallen sein müssen. Einige Leute hatten Wache; wir anderen dösten so hin und nahmen unser Frühstück. Aber lange dauerte die Ruhe nicht, dann kam der Befehl, daß wir vorgehen sollten, und das Maschinengewehrfeuer, das bereits seit Tagesanbruch ununterbrochen anhielt, wurde lauter und lauter. Die deutsche Artillerie begann nun, von uns abzuTassen, und nahm sich unsere Artillerie als Zielpunkt. So war es denn verhältnismäßig friedlich in unseren Gräben, und wir gingen über die Felder vor bis zu einem berlassenen Bauerngehöft. hinter dem wir Stellung nahmen. Nach einer weiteren halben Stunde gingen die Truppen rechts von uns vor, und dann tam auch für uns das Signal. In Kleinen Trupps verließen wir den Bauernhof und frochen an den Gräben entlang bis an eine Sede, wo wir unter schweres Schrapnellfeuer famen. Nun hieß es wieder stillliegen und Dedung suchen, bis sich unser Gewehrfeuer bemerkbar machen fonnte. So geht das Leben hin zwischen Gräben graben, Vorgehen, Dedung suchen, Schjeßen und wieder Gräben graben." Wir schließen an diesen Soldatenbrief den Bericht eines englischen Stavalleristen:
Mit
Wir nahmen heute einen deutschen Offizier und einige Leute erregende Geräusch der Kanonade zu. Ich rieb langsam meine Beine, jah, daß sie unversehrt waren, und stand wieder auf. Die Scheide meines Schwertes wegwerfend, trug ich in meiner linken Hand meine nackte Klinge wie einen Stab, ging wie im Traum den Abhang hinunter, sprang über die Erdwerke und kletierte den Wangtai- Hügel hinauf.
Die langen und riesigen Kanonen standen nun wie Mauern vor mir, und wie wenige meiner Leute waren noch am Leben! Ich rief und befahl den Ueberlebenden, mir zu folgen, aber nur wenige beantworteten meinen Ruf. Als ich daran dachte, daß die anderen Kolonnen ebenfalls in ähnlicher Weise zugerichtet wären, begann mein Mut zu sinken. Wir konnten auf keinerlei Verstärkung hoffen. Ich befahl daher einem Soldaten, den Wall zu erklettern und die Sonnenflagge droben aufzupflanzen; aber ach, er wurde erschoffen und fiel im Handumdrehen, ohne einen Laut von sich geben zu können.
Blöblich erhob sich wie aus einer anderen Welt rings unt mich herum ein fürchterlicher Lärm. Gegenangriff!"
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Eine feindliche Abteilung, die wie eine dunkle hölzerne Barrikade aussah, erschien auf dent Wall. Sie umzingelte uns im Augenblick und erhob ein Triumphgeschrei. Unsere ungünstige Lage verbot uns, irgendwelchen Widerstand zu leisten, und unsere Abteilung war zu klein, sie zu bekämpfen. Wir mußten uns also den steilen Abhang hinunter zurückziehen. Zurückblickend sah ich, wie die verfolgenden Russen auf uns schossen. Als wir die oben erwähnten Erdwerke erreicht hatten, hielten wir und machten wieder Front. Große Berivirrung und eine höllische Schlächterei folgte. Bajonette flirrten gegen Bajonette, der Feind brachte oben ein Maschinengewehr heraus und überschüttete uns mit einem Hagel von Geschossen. Auf beiden Seiten fielen die Leute wie Gras. Aber ich fann feine ins einzelne gehende Schilderung der Szene geben, weil ich damals wie geblendet war. Ich erinnere mich nur, daß ich wie wütend mein Schwert schivang. Ich fühlte auch, wie ich ab und zu einen Feind niederhieb. Ich erinnere mich an ein verwirrtes Gefecht, blanke Klingen an einander, den Regen und Hagel von Geschossen, einen berzweifelten Stampf hier und ein verworrenes Handgemenge dort. Schließlich wurde ich so heiser, daß ich nicht mehr fchreien konnte. Plötzlich brach mein Schwert mit einem hellen Slang, mein linfer Arm war durchbohrt. Ich fiel und bevor ich aufstehen konnte, tam cine Granate und zer schmetterte mein rechtes Bein. Ich raffte alle meine Sträfte zusammen und versuchte aufzustehen; aber es war mir, als ob ich zerbrödelte und ich fiel hilflos zu Boden. Ein Soldat, der mich fallen sah, rief: Herr Leutnant Safurai, wir wollen zusammen sterben." Ich umarmte ihn mit meinem linken Arm, knirschte vor But und Sorge mit den Zähnen und konnte nichts tun, als dem Handgemenge um mich herum zuzusehen.
Mein Verstand arbeitete wie der eines Verrückten, aber mein Körper war nicht imstande, sich auch nur um einen Soll zu bewegen,