Nr. 95.- 1915.
Unterhaltungsblatt des Vorwärts Sonnabend, 24. April.
Eine Wikingerfahrt.
( Schluß.)
Friedrich" ab, kehrte aber am 2. Januar wieber nach der Insel zurück, um sich zu vergewissern, daß die gelandeten Leute auch gut aufgehoben seien und sich nicht gegenseitig prügelten.
mit dem Feinde nicht allein das Schiff, sondern auch die Gefangenen in Gefahr gebracht hätte. Da mittlerweile auch wieder Kohlenmangel eingetreten war und die Kessel und Maschinen in schlechten Zustand Der nächste Plan war, mit langsamer Fahrt auf den ver- geraten waren, so entschloß man sich, die ungaftlichen Gestade SüdWährend der Seeschlacht von Coronel befand sich der„ Gitel schiedenen Reisewegen der Dampfer und Segler ums Kap Horn amerikas zu verlassen und den Hafen von Newport News aufzuFriedrich" etwas nördlich vom Kampfplab, und die Besabung geriet herum nach Hause zu fahren. Auf dem Wege bis zum Kap wurden suchen, wo man am 10. März wohlbehalten eintraf, ungesehen von durch das ununterbrochene Mitanhören der Gefechtssignale in eine nur noch neutrale Schiffe angetroffen. Inzwischen aber hatte man den englischen und französischen Aufpassern, die man schon seit acht furchtbare Spannung, bis endlich das Signal kam von dem sieg- von der Schlacht bei den Falklandinseln gehört, und es wurde wohl Tagen so laut gehört hatte, daß dem Mann am drahtlosen Apparat reichen Ausgang ohne Verluste für uns. Nachdem das Geschwader mit Recht vermutet, daß in der Nähe des Kaps und der Magel- der Hörer aus der Hand geschlagen wurde, so stark waren die gewissermaßen das Feld gesäubert hatte, lief der„ Gitel Friedrich" haensstraße eine Ansammlung von englischen Schiffen zu befürchten Wellen; man konnte nicht weiter als zwanzig Meilen von ihnen am 4. November in Valparaiso ein, um Aohlen und Proviant ein- wäre. So wurde denn das Kap in weitem Bogen nach der Eis- entfernt gewesen sein. zunehmen. Dank der Mitarbeit unserer deutschen Landsleute und grenze zu umfahren, wobei zwischen den Falklandinseln und Südder übermenschlichen Anstrengungen der Besaßung gelang es, in georgien Eisberge in reicher Zahl und majestätischer Höhe getroffen 24 Stunden 2000 Tonnen Kohlen und eine große Menge Ver- wurden. Nachdem das Schiff dieser Gefahrzone entronnen war, ge- Aus der Geschichte des Gefrierfleisches. pflegungsmittel an Bord zu bringen, fowie mittlerweile ausgegan- riet es gleich wieder in eine andere; denn es hörte oft bis zu acht gene Materialien zu ergänzen. Nach dem Verlassen des Hafens englische Kreuzer miteinander verkehren; auch waren norwegische Das Thema des Gefrierfleisches steht heute wieder im Mittelbegab sich der Kreuzer mit geheimem Auftrage des Geschwaders Walfischfänger nicht weit entfernt, die mit drahtlosen Einrichtungen punkt der öffentlichen Grörterung. Handelt es sich doch heute in See, um gewissermaßen als Rockvogel für die feindlichen Streit ausgerüstet waren und die als Wegweiser hätten dienen können. Darum, durch Aufspeicherung möglichst großr Wengen Fleisches fräfte zu dienen. Am 29. November war diese Aufgabe gelöst, und Auf dem Kurse nach dem Norden begegnete man nur neutralen des aus Gründen der Ersparnis von Futtermittein zur Schlach die Kreuzfahrten an der Küste wurde wieder aufgenommen. Der Schiffen, meistens norwegischen; am 26. Januar gelang es endlich tung kommenden Viehes und insbesondere der zuc Notschlachtung 5. Dezember brachte dem„ Gitel Friedrich" die erste Beute in der wieder, ein feindliches Schiff zu sehen und wegzunehmen, die rus- kommenden Schweine rechtzeitig Vorsorge zu treffen, um einer Gestalt des englischen Dampfers„ Charcas", der urplöklich aus dem fische Bark Isabella Browne" aus Maria Hamm auf den Aland - Bergeudung der Fleischvorräte zu begegnen und damit den engNebel auftauchte. Auf Anfrage zeigte er zu aller Freude die eng- infeln. Sie war mit 2700 Tonnen Salpeter nach England bestimmt. lischen Aushungerungsplan auch in dieser Hinsicht zunichte zu lische Flagge. Nachdem die Besazung auf den„ Gitel Friedrich" Ihre Leute wurden mit ihren persönlichen Effekten an Bord ge- machen. Aus dieser Erwägung heraus haben denn auch die deutübernommen worden war, wurde das Schiff versenkt. Vom Kapitän nommen; auch wurde genügend Proviant beigefügt, um die Leute schen Städte schon in großem Umfange durch Schaffung von Kühldes„ Charcas" erfuhr man nebenbei, daß der englische Konsul er- verpflegen zu können verpflegen zu können eine Pragis, die späterhin bei allen hallen für die fünftige Fleischversorgung der städtischen Bevölkeklärt hatte, die chilenische Küste sei nun wieder von deutschen Schiffen befolgt wurde. Während man mit dem Ruffen beschäftigt rung Sorge getragen. Schiffen gesäubert, und die englische Schiffahrt sei am 4. Dezember war, hörte man zwei englische Schiffe ziemlich laut; man war also wieder aufgenommen worden. Die Mannschaft des„ Charcas" wieder in nächster Nähe des Feindes. wurde sofort in Boputo, nahe bei Valparaiso , gelandet, um dem Engländer den Düntel möglichst rasch und gründlich wieder auszutreiben. Der Erfolg dieser Landung zeigte sich sofort darin, daß hei den weiteren Kreuzfahrten an der Küste nur noch neutrale Segelschiffe angetroffen wurden; das„ freie" Meer wurde von den Engländern weislich gemieden!
Nun waren die Kohlen wieder bedenklich knapp geworden. Doch während man gerade bei einer Situng war, um zu beraten, wie der schwache Rest am besten zu verwerten wäre, meldete der Ausgud aus seiner Heringstonne, die als Mastforb diente, den fran zösischen Segler Jean", der das führte, wessen man so dringend benötigte, eine Kohlenladung, und 3500 Tonnen Cardiffkohlen sogar. Den Jubel kann man sich denken, als der Prisenoffizier diese Melbung machte, und beinahe unisono wiederholte man den Leitvers des Hilfskreuzers:„ Laß fahren deine Sorgen; du änderst nicht dein 203. Das Heut ist dein: das Morgen birgt Gott in seinem Schoß!" Indes, die Kohlen mußten von dem" Jean" auf den" Gitel Friedrich" herübergebracht werden, und das war angesichts der heftigen Dünung eine Sache der Unmöglichkeit; man hätte Bark und Boote und den Dampfer selbst kaput geschlagen. So wurde denn die Karte befragt, die bejagte, daß etwa 1600 Meilen weit die Osterinsel in friedlichen Gewässern liege. Also mußte der " Jean" an Schlepptroffen gelegt und nach der Ofterinsel verbracht werden, eine Reise, die bei einer Stundengeschwindigkeit von sechseinhalb Meilen vom 11. bis 23. Dezember dauerte und eine Leistung darstellt, wie sie noch nicht verzeichnet worden ist. Schon am 12. Dezember wurde die englische Bark Kiltanton" aufgebracht, die mit einer vollen Ladung von Stückgütern von Glasgow nach chilenischen Häfen unterwegs war; sie wurde versenkt, nachdem die Besatzung an Bord genommen worden war. Am 23. Dezember war man an der Osterinsel , und am nächsten Morgen wurde mit der Uebernahme der Kohlen begonnen, um 6 Uhr abends aber Schluß gemacht, des Heiligen Abends wegen. Die Mannschaft hatte schon während der Reise Christbäumchen aus Besenreisern angefertigt, sie grün angestrichen, mit aller Christbaumherrlichkeit behängt, die der„ Gitel Friedrich" noch von Bremen her an Bord hatte, und dann sang man unter Begleitung des Lloydflügels, der Kapitän las aus der Bibel vor und hielt eine Ansprache, und dann gab es einen Weihnachtsschmaus, gerade wie zu Hause. Damit war aber diese einzigartige Weihnachtsfeier auch zu Ende, und am Christtage wurde wieder gefohlt, daß es eine Art hatte, und die Leute maren so eifrig bei der Sache, daß man statt den erwarteten 850 Tonnen 700 Tonnen förderte. Der Ausgang des alten Jahres sah gefüllte Bunker, und da früher schon einmal eine reiche Summerbant mit vielem Erfolg für die Vorratstammern angelaufen, auf der Osterinsel aber auch noch frisches Fleisch von den zahl reichen wilden Ochsen eingelegt worden war, so war auch für den Tisch für einige Abwechselung gesorgt, und das neue Jahr konnte daher in guter Verfassung angetreten werden. Nachdem die Bejazungen des" Jean" und" tiltanton" auf der Osterinsel zurüd gelassen worden waren man hatte ihnen sogar einige Tische und Stühle zur größeren Bequemlichkeit vermacht fuhr der Gitel
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Die letzte Exekution.
Von Ercole Rivalta.
Autorisierte Uebersehung von Dora Blumenthal. Das Kind hatte sich auf die Schwelle des Hauses gesetzt. ,, Nella, nicht weglaufen!" rief ihr von innen die Mutter zu. Die Kleine antwortete nicht. Aus der dunklen Küche tauchte im Tageslicht das strenge Gesicht einer müden, abgearbeiteten Frau auf.
„ Es ist gut, bleib da!"
Das Kind rührte sich nicht. Vor ihm auf der Straße hüpfte ein Spaß herum, pickte da und dort und tauchte in fiefen Staub wie in einem Bad unter, dabei lustig vor sich hin zwitschernd. Nella sah ihm mit weit geöffneten Augen zu und streckte ihren fleinen Arm nach ihm aus, als wollte sie ihn greifen. Der Spaß betrachtete mit schiefem Köpfchen das rosige Kind mit den großen, vor Freude glänzenden Augen, näherte sich ihm und hüpfte wieder zurück, scheinbar den kleinen Arm verhöhnend, der sich listig, geschmeidig wie eine Rage allmählich vorwärts schob.
Die Straße lag einsam, bedeckt von weißem, didem Staub, in der brennend heißen Mittagszeit; vor allen Fenstern der ärmlichen Häuser hingen unbeweglich in der windstillen Luft weiße und blaue Tücher.
Ein dumpfes Hämmern unterbrach die Stille. Der Sper. ling flog erschrocken davon, und das Kind verfolgte ihn mit sehnsüchtigen Blicken, beide Arme verlangend nach ihm ausftredend, als wollte es ihn zurückhalten. Unter der Tür eines fleinen, schmußigen Hauses gegenüber erschien der Flickschuster. Es war das einzige Haus auf dieser Seite des Weges, eigentlich fein Haus, sondern ein niedriges, schwarzes Loch, kaum besser als ein Schweinestall. Das grelle Licht der Straße fiel auf das Gesicht des Schusters und hob die Falten, die Unebenheiten und die Furchen des alten, bartlosen Gefichts scharf hervor. r runzelte die Stirn, schloß halb die Lider und fah in der einsamen Straße herum.
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Die Wahrnehmung, daß Kälte, sobald sie eine entsprechende Intensität erreicht, die Zersetzung des tierischen Fleishes aufhält, Dann tam Kaisers Geburtstag, der mit dem Aufbringen von und eine genügend lange Frischerhaltung verbürgt, ist schon alt. zwei Seglern gefeiert wurde, des Amerikaners„ William P. Frye " Bekannt ist vor allem das klassische Beispiel des voreiszeitlichen und des Franzosen" Pierre Loti ", die zusammen gegen 8000 Tonnen Riefenelefanten, der im Jahre 1799 von einem Tungusen im fibi Getreide für England führten. Trozdem der" Frye" ein amerika - rischen Eise gefunden wurde. Das Mammut batte mithin 20 000 nisches Schiff war, wurde nach langer Beratung doch beschlossen, bis 25 000 Jahre im Eise geruht, und es zeigte sich, daß das Fleisch) es zu versenken, was am Morgen des 28. Januar geschah. Anfäng- noch so frisch erhalten war, daß es die Hunde gern fraßen. Sin lich wurde allerdings versucht, nur die Ladung zu zerstören, die mit solchen Funden war in Sibirien in der Folge übrigens kein Mangel, Fug und Recht als Bannware betrachtet wurde. Man fing auch und die überraschende Tatsache, daß sich das Fleisch unendlich lange damit an, den Weizen über Bord zu schaufeln; aber die Entladung Zeit frisch erhalten hatte, leistete bei den Eingeborenen sogar der hätte mindestens sechs Tage in Anspruch genommen; auch erklärte abergläubischen Meinung Vorschub, daß diese Mammutelefanten der Kapitän, daß er eine gewisse Menge als Ballast nötig habe, gar nicht tot gewesen seien, sondern etwa wie Maulwürfe unter um das Schiff stabil zu halten. Nachdem man sah, daß das Ueber- dem Gise gelebt hätten und erst gestorben seien, als sie mit der bordwerfen des Weizens unmöglich sei, suchte man den Rest der Luft in Berührung famen. Dieser Aberglaube wurde auch durch Ladung durch Einpumpen von Wasser unbrauchbar zu machen; aber die Wahrnehmung bestärkt, daß die Tierkadaver tatsächlich sofort dabei wäre die Seetüchtigkeit des Schiffes schwer beeinträchtigt in Verwesung übergingen, nachdem sie aus dem Eise heraus, ebracht worden, insofern die aufquellenden Weizenförner eine Sprengung worden waren. Der Gedanke also, fich das Eis zur Fleischkonserdes Schiffes hätten zur Folge haben können. So blieb nichts vierung dienstbar zu machen, lag ziemlich nahe. Trotzdem dauerte anderes übrig, als auch das Schiff zu zerstören, wie das in der es geraume Zeit, bis er praktische Verwirklichung fand; denn es Londoner Deklaration ausdrücklich vorgefehen ist. Die Besatzung find in Wahrheit erst etwa 40 Jahre her, seit es Gefrierfleisch in wurde an Bord verbracht; die des" Loti" war schon da. Von den größerem Umfange gibt. England war auf diesem Wege den Kapitänen dieser Segler erfuhr man, daß noch 38 weitere Getreide- anderen Völkern praktisch vorangegangen; auch den Franzosen , die ſegler und Dampfer mit Getreide nach England unterwegs waren. mit dem Versuch, Gefrierfleisch einzuführen, und mit dem Bau Darauf gab der„ Gitel Friedrich" den Plan auf, nach Hause zu von Kühlhallen den Anfang gemacht hatten. Dort war es der vor fahren und freuzte längere Beit, um die englische Zufuhr abzu zwei Jahren in hohem Greifenalter verstorbene Charles Tellier geschneiden. Bald wurde denn auch die französische Bart Jacobsen" wesen, der auf Grund der ersten Entdeckungen Paſteurs über die aus Dünkirchen mit 59 000 Sad Gerfte, für England bestimmt, auf- Mitrobenwelt den Gedanken, die Zersetzung von Lebensmitteln gebracht, später noch die englische Bark Inversoc" aus Aberdeen durch Kleinlebewesen mit Hilfe der Kälte zu verhindern, zur Ausmit 38 000 Sad Weizen, sowie der englische Dampfer Mary Ada führung gebracht hatte. Aber es bedurfte noch vieler und zum Short" aus Sunderland , der 3000 Tonnen Mais für England führte. Teil mißglückter Versuche, ehe sich die Erkenntnis von der BrauchSchließlich lief noch ein ganz großes Stück Wild ins Garn, der fran- barkeit seines Mühlverfahrens durchzusehen vermochte. Unter vielen zösische Passagier- und Postdampfer Florida" aus Havre, der neben Mühen und Entbehrungen hatte es Tellier endlich so weit gebracht, einer sehr wertvollen Ladung auch 86 Reisende an Bord hatte. Be- um an die Konstruktion einer Druckluftkältemaschine gehen zu sabung und Reisende wurden nach Möglichkeit gut untergebracht; tönnen, mittels der er nicht nur Fleisch, sondern auch andere vor allem erhielten der Kapitän, die Offiziere und die Reisenden organische Stoffe konservieren wollte. Pasteur hatte sich nach der ersten und zweiten Klasse Kabinen, die von den Offizieren und Prüfung der Erfindung sofort mit begeistertem Lob übere Telliers Unteroffizieren des" Gitel Friedrich" aufgegeben wurden. In ärzt- Erfindung ausgesprochen. Um weitere Streise für seine Idee zu licher und hygienischer Hinsicht wurde bestens Vorsorge getroffen; gewinnen, beschloß Tellier eine Badung frischen Fleisches nach die Verpflegung war dieselbe wie die der eigenen Offiziere und Argentinien zu schaffen. Diesem Transport diente ein besonders Mannschaften. Das einzige notwendige Nahrungsmittel, das wäh- hergerichteter Fleischdampfer, der am 28. September 1876 den rend der langen Seefahrt anfing, knapp zu werden, war frisches Hafen von Rouen mit einer nach La Plata bestimmten FleischWasser. Alles Trink- und Kochwasser wurde zwar an Bord destil- ladung verließ. Als das Schiff nach einer Fahrt von 106 Lagen liert; als Waschwasser dagegen konnte nur aufgefangenes Regen- den Bestimmungshafen erreichte, war das Fleisch noch ebenso gut maffer gegeben werden. und frisch wie am Tage der Abfahrt.
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Nachdem noch der englische Dampfer Willerby" qus Stockton In Frankreich wurde trotzdem Telliers Erfindung nicht nach versenkt worden war, der so wichtig erscheint, weil er im Ballast Gebühr beachtet; um so angelegentlicher intereffierte sich aber Engnach Buenos Aires fuhr, um Getreide für England zu holen, fuhr land für die Erfindung des Franzosen , der in seinem Vaterlande der„ Gitel Friedrich" in die Gegend des Aequatorialregens und fing nichts galt. Hier wurde der Wert der Sache sofort erkannt, und dort durch aufgespannte Tücher genügend Waffer auf, um die Reise es wurde aus Australien und Südamerika Fleisch auf Kühlschiffen fortseßen zu können. Da er nunmehr gegen 350 Gefangene und bezogen. Wie fich dieser Schiffsverkehr mit Gefrierfleisch im Laufe Neutrale an Bord hatte, so überlegte man sich reiflich, ob man nicht weniger Jahre entwickelt hat, bezeugt der Umstand, daß im Jahre die Leute irgendwo landen sollte. Man kam indes davon ab, da 1912 nicht weniger als 400 tältedampfer" unter englischer Flagge englische Schiffe unter der Küste kreuzten und ein Zusammenstoß den Ozean befuhren. Ihre Fracht bestand nicht nur aus Fleisch, fönnte; er fand nichts als einen alten Schuh, der, darauf| kurze Freude, die vor der neuen Grausamkeit trostlos verflog. wartete, ausgebessert zu werden, und er begann ihn vor den„ Sofort ins Haus!" Die schroffe Stimme hatte befohlen, verwunderten Augen der Kleinen wie einen Hampelmann und er hatte nicht gewagt zu erwidern:„ Aber warum? Raube tanzen zu lassen. Nella lachte wie eine Berche und ihre Fröh- ich das Kind? Bringe ich es zum Weinen? Tue ich ihm weh? lichkeit drang dem Alten in die Seele und vertrieb ihm den Nein! Es lacht! Also?" Kummer.
Warum lachst Du?" fragte die strenge Stimme der
Mutter.
Sie sah den Schuster nicht, der langsam, immer den zerriffenen Schuh dabei bewegend, mit einem eigentümlichen findlichen Lächeln auf seinem müden Gesicht, über die Straße fam. Nella rutschte die Stufe hinunter und lief ihm entgegen, die Arme nach dem pendelnden Schuh ausstreckend. Der Alte legte seine rauhe Hand auf den fleinen Bodenkopf. Wohin gehst Du?"
Die Frau erschien wieder in der Haustür. Mit einem Sprung stand sie auf der Straße, packte die Kleine und zog sie mit sich fort.
„ Sofort ins Haus!" sagte sie mit zorniger und gleichseitig ängstlicher Stimme.
Der Schuh stand still in der runzeligen Hand, die ein wenig zitterte. Dann kehrte der Schuster, ohne ein Wort zu fagen, in sein schwarzes Loch zurück und ließ sich dort traurig an seinem Arbeitstisch nieder. Der Schuh fiel in einen Korb voll allerhand Abfällen.
Der Alte nahm den Hammer und begann wieder zu Klopfen; der Hammer war sehr schwer, viel schwerer als vorhin, so schwer, daß er ihn sinken ließ und er im Sinten den müden Arm mit sich zog.
Seit zwanzig Tagen, seitdem er in dieses düstere, feuchte Haus gefommen war, hatte er immer dieses Kind, das ihm gegenüber wohnte, bewundert; ein Kind ohne Bater, das nie einen besessen hatte, das mit seinem fröhlichen Lächeln, trok des etwas bleichen, kränklichen Aussehens, einem Frühlingshimmel glich. Weshalb hätte er es nicht eines Tages streicheln dürfen? Und doch pochte ihm das Herz, wenn er daran dachte, wie einem, der eine schlechte Tat ersinnt. Er besah seine Hand, die noch keinem etwas zuleide getan, die verachtete, von allen Nella schaute ihn an, und er blidte hinweg, über die geflohene Hand, die von der Arbeit und dem Alter unförmig brennende Linie der Straße, in die schönen schwarzen Augen geworden war. Eine Liebfosung, nur eine einzige! des Kindes und lächelte. Nella lächelte auch. Er streďte seine Statt dessen war er überall wie ein Dieb verjagt worden. schmutzige, schwielige Hand aus und grüßte. Nella erwiderte Also wußte nian es auch schon hier... Die Freude aber, das den Gruß mit ihren weichen, schmutzigen Händchen. Dann unschuldige kleine Lodenföpfchen mit seiner müden Hand befuchte der Alte nach einem Gegenstand, der ihr Freude machen rührt zu haben, fonnte ihm doch keiner mehr nehmen eine
Er dachte sich aus, was diese schroffe Stimme dem Kind mit den großen ängstlichen Augen sagen würde:
,, Nie wieder, hörst Du, nie wieder! Das ist ein Menschenfresser, der die kleinen Kinder ißt und sie in einen Sack steckt! Es ist der Sohn des Henkers, der die Leute umbrachte!"
Und die großen ängstlichen Augen wurden von Tränen feucht. " Fortlaufen mußt Du, wenn Du ihn stehst, daß er Dich ja nie wieder berühre! Madonna Santissima!"
Er gedachte seiner Mutter, die seit dreißig Jahren gestorben war. Es war die einzige süße Erinnerung an ein Weib, an Liebe und Liebkosungen, die er besaß. Keine andere Frau war jemals in sein Leben getreten. Er war unglüdlicher als sein Vater, an den er sich nicht erinnern konnte, den furze Zeit nach Abschaffung der Todesstrafe ein Schlaganfall hingerafft hatte, dieser Vater, der immerfort wieder erstand, feinem Erben zur Schande und zum Unglück, war ja geliebt worden. Er hatte eine Frau sein eigen genannt und einen Sohn. Leider auch einen Sohn! Besser feinen zu haben, als ihn wie ein efelhaftes Tier zwischen den Menschen umherirren zu sehen.
Sein Vater! Er kannte ihn doch nur aus den Erzählungen der Mutter. Ihre Liebe zu ihm entstand in der Unwissenheit seines unheimlichen Handwerks; sie war ein kleines Mädchen vom Lande, ein schwaches Opfer für den starken Menschen, der es bezwang, der nach und nach allen Abscheu, alle Angst in ihm zu besiegen wußte. Sie trat in das Leben dieses Mannes ein und aus dem Leben aller anderen Menschen aus; fie schloß sich mit ihm ein in den undurchdringlichen Kreis des Hasses, der ihn verfolgte, lebte mit ihm in der Einsamkeit. In dieser Einsamkeit wurde Gaspare geboren, der Regte eines Geschlechts von Henkern, der Einzige seines Stammes, der nie die schmachvolle Schlinge geknüpft, der nie mit der verhängnisvollen, behandschuhten Rechten den Tod eines Menschen beschleunigt hatte, der aber alle Schrecken dieser verderblichen Abstammung erduldet und den Abschei seiner Mitmenschen beweint hatte. ( Forts. folgt.)