Nr. 196.- 1915.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts frites, 27. Auguft.

Woher der Haß?

Der Kunstwart" gibt in seinem zweiten Augustheft die folgende Erörterung eines Neutralen über die Herkunft des gegenwärtigen Völkerhasses wieder:

kann. Entweder

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Hassen? Können die vielen Tausende von Gelehrten, Künstlern,

können, dieſer Massensuggestion entgegenwirken, denn sie ist kultur- Der Handel mit Getreide, Flachs, Teer und Holz ist jedoch un­feindlich. Wo dies nicht geschieht, fehlt es an Menschenkenntnis bedeutend; nur der Viehhandel ist verhältnismäßig gut entwickelt. und Selbsterkenntnis. Von der Industrie geben einige Tabakfabriken Kunde.

Amsterdam  

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[ m]

J. W.   Gerhard.

Kleines Feuilleton.

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Eine Kriegserinnerung an Brest- Litowsk  .

Schon einmal, vor 120 Jahren, ist um die Befreiung Polens  vom russischen   Joche bei Brest- Litowsk   erbittert gestritten worden. Damals herrschte als Zarin aller Reußen Katharina II.  , die in

"

Was hat man nicht alles in den letzten Monaten gehört und gelejen über Völkerbaß! Aber wer hätte vor einem Jahr behaupten dürfen, daß die Völker Europas   einander wirklich haßten? Dann Die Fledermaus  " im Deutschen   Opernhause. muß doch irgend etwas nicht in Ordnung sein. Es ist doch aus­Die Fledermaus" gilt, wenn auch nicht als die musikalisch ihren späten Lebenstagen ganz unter dem Einfluß von Platon Zubow  geschlossen, daß innerhalb nicht einmal eines Jahres eine solche Um- tiefste und reichste, so doch volkstümlichste Operette von Johann und anderen Günſtlingen aus alttatarischem Fürstenstamme stand. wandlung in der geistigen Verfassung der Völker gekommen sein Strauß. Er ist typisch für Alt- Wien, wie Artur Schnitzler es für Der Nationalheld Polens  , Thaddäus Kosziusto, hatte nun sein Volt der heutige Völkerhaß besteht in Wirklichkeit Neu- Wien wurde. Seine Musik ist die klingende Seele des Wiener  - in den Verzweiflungskampf gegen die damals übermächtigen halb­nicht in dem Maße, wie fast jeder glaubt, oder man hat sich früher tums. Sagen wir: des Wienertums von gestern"; denn die aſiatiſchen Horden geführt. Die Begeisterung der Polen   war un­allgemein gründlich getäuscht in den Gesinnungen der Völker. Können die Millionen sozialistischer Arbeiter aller Länder sich artet sein. Daß Strauß vielleicht bedeutendere Kunstwerke geschaffen Gräfin Potocka" schöne Damen mit den schief ſizenden polnischen tommende Generation wird und muß doch wohl etwas anders ge- geheuer: im Lager Kosziuskos sah die durch ihre Memoiren bekannte Kulturförderern, Volkserziehern aller Länder sich nun auf einmal hätte, als bloß Tänze und Operetten, wenn er in einer Person Mützen auf dem schwarzen Gelock Karren schieben, die mit Erde für Sie beneidete sie", und ihr den Tert und Musikschöpfer im Wagnerschen Sinne vereinigt, die Verschanzung gefüllt waren". wirklich hassen, nachdem sie schon seit Jahren miteinander gekämpft, mindestens doch einen wirklichen Wortdichter zum Mithelfer Kinderherz schlug hoch bei den Nachrichten von unseren Siegen  ". gearbeitet, vielleicht auch gelitten haben für dieselben Ideale? Wie besessen hätte, ist sicher. Das Fledermaus"-Libretto besitzt keine poe- Aber das sollten alles Eintagsſiege bleiben. Als der Herbſt kam, könnten die vielen Millionen Deutscher  , Franzosen  , Engländer, tischen Qualitäten. Strauß komponierte seine blühenden, meisterlichen wurde die Kaiſerin von der drohenden Türkengefahr in Südrußland, der Ruſſen usw., die einander niemals gesehen haben, die niemals etwas" Fledermaus"- Melodien gewissermaßen am Texte vorbei". Im unheimlichen Erbschaft des dämoniſchen Potemkin befreit und konnte nun anderes wünschten, als in ihrem eigenen Baterlande zu leben und Grunde gehen uns die Vorgänge und die Personen, außer dem Ge- ihrem besten Feldherrn, Suwarow  , Befehl geben, sich mit seinem Jede Regierung hat's erklärt: unser Land ist angegriffen; unsere uns ungestüm fort. Das beweist diese Aufführung abermals. fängniswärter Frosch, verteufelt wenig an. Nur die Musik reißt Armeekorps gegen Warschau  , den Mittelpunkt der Erhebung, zu wenden. Zwischen Brest- Litowsk  ( zu deutsch  : Litauisch- Brest  ), und Freiheit und Selbständigkeit, unsere Kultur wird bedroht vom Feinde, deshalb müssen wir uns wehren! Es mag annähernd zwanzig Jahre her sein, als eine Opern- Kobryn, bei dem Dorfe Kruptschitz oder Krupzyce, tam es am 18. bühne, nämlich das Münchner   Hoftheater, den ersten, glänzend ge- und 19. September 1794 zu einer Schlacht, die eigentlich über Auf polnischer Seite fom­lungenen Versuch mit der" Fledermaus" machte. das Schicksal der Revolution entschied. Wo ist nun eigentlich der Haß? Ich sehe überall nur ein not- jezt am Deutschen   Opernhause bereitete Wiedergeburt kann mandierte Sierakowski, dessen persönliche Tapferkeit leider erfolglos blieb gegen die überlegene Strategie Sutvaros. Am Abend des wendiges Muß für alle Völker von dem Augenblick an, da der Krieg ich hören und sehen lassen. Alles krimmte wundervoll zusammen, 18. waren die polnischen Truppen troz heldenhafter Gegenwehr nach zumal im ersten Afte. Echt Wienerisches brachte eigentlich Bernhard Bötel   als Eisenstein mit. Herta Stolzenberg,

So liest man in den Zeitungen und in unzähligen Schriften, so liest es jedes Volk in seinen Zeitungen.

und damit kann auch nicht ein Völkerhaß die Ursache des Strieges fein. Ich meine: in jedem Lande hätten die Gebildeten, die vor dem Kriege einen Völkerhaß geleugnet haben, weil er eben nicht da war, beim Ausbruch des Krieges und nachher nicht so viel schreiben und reden dürfen über etwas, woran sie bis dahin nicht glaubten. Aber vom ersten August des vorigen Jahres ab ist immer und überall geredet und geschrieben über Völkerhaß, bis man das Un­geheuerlichste, was für die Kultur denkbar wäre, geglaubt hat: einen Haß zwischen den Kulturvölkern.

Die ihr

Die Polen  

Elisabeth Böhm van Endert und Paul Hansen suchten aber, vernichteten den Rest der Armee am 19. September. es ihm gleich zu tun. Und daß Julius Lieban   als Frosch eine hatten sich wie immer tapfer geschlagen, aber ihre ganze Artillerie ebenso jovial- liebenswürdige als originell umrissene fomische war verloren, und der Weg nach Warschau   stand den Russen offen. Charaktercharge geben würde, war zu erwarten. Ignaz Waghalter   Heute klingt der Tubaton der Weltgeschichte anders, und der Fall dirigierte. Er traf ſtellenweise das Tempo, das alles berauscht. von Brest- Litowsk   mag eine späte Bergeltung für die Greuel ſein, die die Russen hier vor vier Menschenaltern an den Kämpfern für Den Ballakt könnte die Regie freilich noch prickelnder gestalten. ek. ein freies Polen   verübten.

Brest- Litowsk  .

Notizen.

Wieder eine merkwürdige Erscheinung; fragt man jemanden: Hassest du die anderen? so wird die Antwort lauten: Nein, aber die Unaufhaltsam drangen die Heeresmaffen der verbündeten Bühnenchronit. Mit dieser Spielzeit treten May anderen hassen uns. Falls nun aber die anderen, wenn man sie fragt, Armeen vorwärts und immer enger wurde der Bogen, der die arg die gleiche Antwort geben? Das ist's eben: Niemand haßt, aber jeder bedrängten Russen nach ihrem Rückzug auf Brest  - Litowst um- Pallenberg, Rudolf Schildkraut   und Paul Wegner als neue ständige Ferner ist wird gehaßt. Das bedeutet: Jedes Volk suggeriert sich selbst, daß es ge- schloß: jest ist auch dieses letzte Bollivert gefallen. Die starke Bug- Mitglieder in den Verband der Reinhardt- Bühnen ein. Lucie haßt wird. Es ist hier eine Massensuggestion in allen Ländern. Und die festung war für die zurückflutenden russischen Massen deshalb von Dr. Ludwig Wüllner   für einige Rollen verpflichtet worden. Schuld daran? Die tragen meines Erachtens vor allem die geistigen solcher Bedeutung, weil Brest  - Litowst einen der größten und wich- Höflich wurde durch einen neuen Vertrag wieder gewonnen. Führer in der Presse. Ohne Presse würde von einem Völkerhaß nicht die tigsten Knotenpunkte des gesamten russischen Eisenbahnnezes bildet. Vorträge. Freitag, den 27. August 1915, abends 8 Uhr. Rede sein können. Damit will ich nicht bedauern, daß wir eine reuzen fich doch hier die Bahnverbindungen Brest- Litowst- Minst veranstaltet der Deutsche Monistenbund   im Nollendorfhof, Bülow­Presse haben. Aber wohl, daß es so gar vielen unserer geistigen Moskau  , ferner Brest- Litowsk- Bjelostot- Petersburg und Brest- straße 2, einen Vortrag von Felix Linke über das Thema: Die Führer mangelte an etwas, das eigentlich Gemeingut aller Gebildeten Litowst- Kiew  . Auch als Festung ist die Stadt an der Mündung Röntgenstrahlen und der Bau der Materien( mit sein sollte: Menschenkenntnis und Selbsterkenntnis. Das Fehlen des Muchawez in den Bug nicht zu unterschätzen. Die Festungswerke Lichtbildern). dieser Eigenschaften bei fast allen, die glaubten, in dieser schweren wurden im Jahre 1881 angelegt, sind aber in den letzten Zeit reden und schreiben zu müssen, ist sehr verhängnisvoll geworden. Jahrzehnten bedeutend verstärkt und erweitert worden. Die Kleinkunst in der Volksbühne. Die Neue Freie Denn dadurch allein ist die Tatsache zu erklären, daß in allen gewaltigen Forts verteilen sich auf die beiden Ufer des Voltsbühne eröffnet am 1. September im kleinen Saale des Ober­Ländern ohne Ausnahme das eigene Bolt als fehlerfrei und schuld- Bug und sind, ebenso wie die Brückenbefestigung Graf ringes ihres Theaters am Bülowplatz   eine Ausstellung des. los vorgestellt wurde, das andere Volt dagegen als der allein Berg", mehrere Kilometer weit vorgeschoben. Als natürliche Deutschen Museums für Kunst in Handel und Gewerbe", Hagen   i. W schuldige Teil. Befestigung wird die Stadt im Osten durch die gefährlichen Rokitno-( Leitung: K. E. Osthaus  ). Die Ausstellung vereinigt die besten Er­Diese Erscheinung ist bei allen friegführenden Völkern zu fümpfe umjäumt, die nach der größten Stadt in dem engeren zeugnisse der deutschen Kleinkunst( Silber, Glas, Porzellan, Metall, finden, und auch in den neutralen Staaten, je nachdem man für Sumpfgebiet auch die Sümpfe von Pinst" genannt werden. Brest  - Schmuck, Drucksachen). Sie wird eine Stunde vor Beginn der oder gegen die eine oder andere Partei ist. Von Anfang an bis Litowst hat mit seinen etwa 60 000 Einwohnern, von denen über Theatervorstellungen und Konzerte unentgeltlich zu besichtigen sein. jezt hört und liest man in jedem friegführenden Lande dasselbe: die Hälfte Juden find, bei weitem feine so denkwürdige geschichtliche-Weil's Leben süß und herzlich iſt" Wir sind angegriffen worden, deshalb wehren wir uns unserer Bergangenheit aufzuweisen wie viele andere Orte des östlichen Vier italienische Alpini sind vor ein paar Tagen in Glarus   ein­Haut. Bei solchem Sachverhalt wäre es das erste Wunder, das in Kriegsschauplatzes. Auch von baulichen Denkmälern wird das Auge gerückt; nicht etwa, um die Schweiz   zu erobern, sondern um ihr der Menschheitsgeschichte zu verzeichnen wäre: wenn die Völker sich des Besuchers der Stadt kaum gefesselt. Brest- Litowsk   wurde im bißchen Leben in Sicherheit zu bringen. Die trotz aller Schlacht­nicht auf die Seite ihrer Regierungen geschlagen hätten. Die Frage Jahre 1569 nach der Vereinigung Litauens   mit Bolen zur Residenz gefänge d'Annunzios nicht fampfbegeisterten Staliano hatten ihr Heil von Recht und Unrecht fam für fie ja gar nicht der Fürsten Radziwill erhoben. Gegen Ende des 16. Jahrhunderts in der Desertion beim Stilffer Joch" erblickt; sie genießen nun mehr in Betracht, es galt nur noch, sich zu verteidigen. tagte in seinen Mauern eine Synode, die die Union   der schweizerisches Asylrecht, und alle vier erhielten Arbeit. Dieses Recht und diese Pflicht hatte jedes Volk. Ein Haß fatholischen mit der griechischen Kirche aussprach. Unmittelbar ist zwischen den Völkern wäre nicht aufgekommen, wenn die Stadt später von den hartnäckigen Stämpfen zwischen Adlerschutz in der Schweiz  . Die Behörden des nicht die Presse aller Länder fortwährend ihren Millionen Lesern den Russen und den Polen   nicht betroffen worden. Aber in seiner Kantons Uri   haben dieser Tage zwei jugendliche Helden, die jüngst den Haß suggeriert hätte. Sehr bezeichnend ist dafür, daß am Nähe, bei dem Dorfe Kruptschig, trugen die Russen im Jahre 1794 nach Ermordung der Adlereltern einen Adlerhorst mit zwei Jungen wenigsten von Völkerhaß die Rede ist in den Briefen der über die Polen   einen Sieg davon, und im folgenden Jahre wurde ausgenommen haben, verhältnismäßig streng bestraft. Die jungen Kämpfenden selbst. die Stadt an die Moskowiter abgetreten. Beim Bau der Festung Adler wurden den Räubern wieder abgenommen und vorläufig der Für die Zukunft ist nun nichts gefährlicher, als dieser künstlich im Jahre 1881 ist auch Brest  - Litowst, das seit 1801 Kreisstadt ist, schützenden Pflege der Naturschutzkommission in Altdorf anvertraut. großgegogene Wölferhaß. Hier ist's auch wieder die Aufgabe der neu angelegt worden. Aber bei einem verheerenden Brande am Die beiden Attentäter wurden dann mit je 40 Frank Buße belegt. Besseren Presse und der Männer der Wissenschaft, Kunst und Volts- 17. Mai des Jahres 1895 wurde ein großer Teil der Stadt in Die schweizerischen Blätter billigen diese Strenge, da man ein Interesse erziehung. Besserung zu bringen. Allen, die zu der Einsicht ge- Trümmer gelegt. Der Handel liegt fast ausschließlich in den Händen habe, die Adler der Schweiz   zu erhalten und ihre Ausrottung sehr kommen sind, daß ein Völkerhaß die Kultur bedrohe, müssen, wo sie der Juden, die hier auch eine weithin berühmte Lehranstalt besigen. bedauern würde.

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Rotes Vlamenblut.

Von Pierre Broodcoorens  . Berechtigte Uebersehung von Johannes Schlaf  . Mit dem steifen Trott einer ausgehungerten Rosinante drehten sich bei der Kirche in einem Geglizer von kleinen Glasstückchen und Flittergoldschnüren in ihrem Kreise. Flohil schlug eine Tour vor. Alles stürzte drauf zu.

weiteren Ausgabe. Dann versuchte er es selbst. Er verlor, Souhe sah nach Jannah hin. Der Affe hielt sich aus versteifte sich und gewann, nachdem er der Zigeunerin ein Rücksicht abseits. Er war ihr für die Aufmerksamkeit dankbar. Silberstück gelassen hatte, ein wertloses Töpfchen. Heftig zog er Hilla zu sich heran und sah ihr in die ,, Wann?"

Er bot die Kleinigkeit Hilla an. Und als sie sich ein Augen. Bedenken machte und zögerte, stedte er es ihr beherzt in den Arm.

In ihren Augen lag ein Zögern. Na

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Sonntag," sagte sie auf gut Glück. Er hatte den Eindruck von Heimlichkeit, eines Aus­Wo?" fragte er rauh.

Partie an der Schießbude. Es war der Grenadier, der diese Das Vergnügen wäre nicht vollständig gewesen ohne eine Belustigung vorschlug. Er war ein berühmter Schießscheiben- weichens. schütz und bewies das damit, daß er mit dem Luftzug seines ihren Blechtüllen zum Erlöschen brachte. Er gewann sechs es, es machte ihn zornig und zugleich litt er darunter; aber Karabiners prompt die unbewegliche Flamme der Kerzen in Sie suchte ihre Hand aus der seinen zu befreien; er fühlte Kleinigkeiten, das Stück zu vier Centimes, behielt sie für sich, er preßte die schlanke Hand, die er ergriffen hatte, heftiger, schmückte die Damen aber freigeberisch mit essenzbenetzten gleich als wollte er diesem Frauenleib die Empfindung seines Rosenknospen. Manneswillens und seiner unwiderstehlichen körperlichen Kraft übertragen.

Der Riese baumelte mit den Beinen, nachdem er sich ritt­lings auf ein schokoladenfarbenes Kaninchen geschwungen hatte; Silla, die es leicht mit Schwindelanfällen bekam, hatte fich an der Seite ihrer Schwester in ein Rutschchen aus be­maltem Blech geschwungen. Der Wellbaum fing an zu frachen. Gekreisch wurde laut, das Seiterkeit erregte. Und fettigen Schnüren Pferdefleischwürstchen und geräucherte Gerade als Flohil vor einer Bude stehen blieb, wo an als der Grenadier hinter Flohil ein gelbes Schwein gewählt Fische baumelten, die seinen ausgiebigen Appetit anregten, hatte, flogen die mit zweideutigen Anspielungen gespickten löften sich vom Kirchturme langsam neun Schläge. Späße hinüber und herüber.

Als sie genug hatten, stiegen sie herab.

Sie in die eisernen Kähne der Schaufel zu verstauen, daran war nicht zu denken; die Weiber hätten die Eingeweide von sich gebrochen. Der Mann hatte also eine andere Idee. Er zog sie zum Hoppla" hin.

Jannah zuckte zusammen. Neun Uhr!"

Das Mädchen kniff die Lippe ein und hörte, die Brauen hoch­gezogen, zu; schließlich stimmte sie unter einem Kopfnicken der Schwester bei. Inzwischen disputierte Souhe mit einem alten, dicken Mann um den Preis einer endlosen Schnur von Würstchen.

Sie trat an Hilla heran und flüsterte ihr etwas ins Ohr.

Hilla legte ihm sanft die Hand auf den Arm: Mann, es lohnt sich wahrhaftig nicht mehr. Es ist so Ich muß nach Hause."

Eine ärmliche Glückslotterie, die wenig Zulauf hatte. Auf einem niedrigen, schmalen Brettergerüst reihten sich im Hintergrund der Bude die auf Gestellen aufgestellten Gegen­stände. Messingene Weckeruhren wechselten mit zerbrechlichen Gipsstatuetten, blauen und roten Vasen und Küchengeräten. Eine Taschenuhr aus Nidel thronte auf ihrem Gestell weit. inmitten von allerlei Schundwaren: Löffeln, Serviettenringen und Milchtöpfen. Hier und da aber hoben sich aus der Maffe Schaufelmännchen hervor, die unaufhörlich ihren diden, ziegelroten Kopf bewegten und in die elende Aus- und entschlossen. Er las ihren Augen ab, daß sie aufrichtig stattung eine Art von Bossenspiel brachten.

Das Jahrmarktsweib, eine Megäre mit einem aufwärts gebogenen Kinn, auf dem ein Büschel weißer Haare saß, schleppte seine schlechte Laune von einem Ende der Bude zum

Er zeigte sich bestürzt. Schon!"

Hillas frisches Gesicht verzog sich zugleich ungeduldig bedauerte, schon so früh gehen zu müssen und daß sie mit ihrem Begleiter mitfühlte, daß es ihr andererseits aber un­möglich war, seinem Wunsch, den gemeinsamen Bummel fort­zusetzen, zu willfahren, da sie streng verpflichtet war, sich so­fort nach Hause zu begeben. Schielend setzte sie ihnen das Spiel auseinander. Es Er verstand sie also, zwang sich zu lächeln und gab ihr, gab für 5 Sous drei Holzreifen. Wollte man gewinnen, so während ihm die Lippen zuckten, die Hand. mußte man den Reif genau über das Gestell des gewünschten ,, Auf später!" sagte sie eilig. Gegenstandes werfen.

anderen.

Sie zwinkerte mit den Augen. Ein Lächeln fibelte ihr Flohil beſtimmte Hektor und den Grenadier zu einem in der Nase. Um nicht loszuplazen, biß fie fest die Kinn Versuch. Sie fehlten und scheuten sich endlich vor einer laden zusammen.

Sie warf ihm einen schnellen, schlauen Blick zu. ,, Vielleicht könnten wir uns im" Ballon" treffen?" ,, Das Lokal in der Rue du Bois, an der Ecke der Schoorisser Chaussee?"

Dort, ja."

Aber wie? Um welche Zeit?"

Sie sette ihm auseinander, daß die Tochter des Wirtes eine Freundin von ihr wäre. Sie könnte nur Sonntag nach dem Mittagessen. Sie würde dort sein und mit Zulma über Spißen und Handschuhe schwatzen.

Aber auch wahr?"

Gewiß! Warum sollt' ich lügen?"

Er wußte nicht. Die Weiber sind manchmal wunderlich. Sie berseben einen, um sich über einen lustig zu machen. ,, Ah, ganz gewiß nicht!"

So einen Charakter hatte sie nicht. Wie kam er nur dazu, ihr nicht zu glauben?( Er fragte es sich und sein Ge­sicht nahm einen Ausdruck von Bangigkeit und Nieder­geschlagenheit an, der Hilla dreist machte. Ihr Ton wurde aktiver.) Dachte er denn, daß sie flatterhaft wäre, solch eine Schlampe, wie so viele? Gott   sei Dank, sie war anständig, obgleich sie Gelegenheiten genug hätte haben können.

Sie bemerkte, daß er wirklich von ihrer Ueberlegenheit überzeugt war, und daß er den Vorzug zu schäßen wußte, den sie ihm damit zuteil werden ließ, seinen groben Argwohn zu bedauern. Und dann tat sie einen Hauptzug. So was durfte nicht wieder vorkommen. Ganz gewiß nicht; respektiert wollte sie sein usw usw.