Nr. 157.- 1916.

Unterhaltungsblatt des Vorwärts

Die neueste Kunst.

Die vereinigten Voltsbühnen haben ihren Witgliedern einmal zeigen wollen, was es mit der sogenannten neuesten Kunst auf sich habe, mit jenen Erscheinungen, die sich hinter den fomplizierten und mysteriösen Namen des Erpressionismus, des Futurismus und des Kubismus verstecken. Es war durchaus richtig, daß man zur Ver­

wirklichung solcher Absicht sich an Herrn Herwarth Walden   und dessen Salon, den Sturm", gewandt hat. Walden ist seit mehr

Das war ein ganz starker Maler; aber ich kann nicht sagen, ob er nun eigentlich Expressionist, Futurist oder Kubist gewesen ist. Und das spricht, glaube ich, sowohl für ihn wie für mich.

8 adida

Robert Breuer.

Kleines Feuilleton.

als zehn Jahren ein temperamentvoller, wenn auch nicht tünstlerischen also das ganze Jahr hindurch ohne Unterbrechung gespielt. Auch

Freitag, 7. Juli.

Hansen: Ja, ja, schon gut, aber hätten wir das Auto denn nicht als Dekoration für den Speisesaal verwenden können?" Frau H. Nun mach' schon, daß wir weiterfommen." Hansen: Ja, ich muß mir wohl die edleren Teile der Mas schine mal ansehen."( Hebt die Motorhaube auf.) Du lieber Himmel! Da figt ja das Hundebiest."( Er hebt einen zappelnden Moppel empor.)" Ich konnte auch gar nicht begreifen, warum die Maschine die ganze Zeit belte. Wo ist denn die Gebrauchsanweisung? Aha! Also hier, Seite 17.( Liest.) Man schmiere den Zylinder mit Del".( Nimmt seinen Zylinder ab und Del zu beschmieren?"( Liest weiter): Dann unterzieht man den betrachtet ihn.) Sollte es wirklich Zweck haben, den Zylinder mit Vergaser einer gründlichen Untersuchung."

Der Sohn: Vater, was ist das, ein Vergaser?" Hansen: Das ist der, der so übel riecht."

ein Vergaser?"

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Deutsches Opernhaus: Boccaccio  ". Wie im vorigen Kriegssommer wird auch im gegenwärtigen. immer ganz glücklicher Propagandist dieser Experimente, die hier gemeint sind. In den Räumen, diesmal kommt die heitere Muse zum Wort: Franz von die er für die Plänkeleien teder Pinselführer gegen die Suppés Boccaccio  " eröffnet den Reigen. Daß die Librettisten Beharrlichkeit des Philisters zur Verfügung stellt( Potsdamer Bell- Genée den berühmten Dichter des Dekamerone, der Florentiner Sohn Ach, dann ist mein Nachbar in der Klasse wohl auch Straße 134a), hat sich schon mancherlei Belustigendes, aber auch viel Liebesnobellen, in den Kreis einiger dieſer Erlebnisschilderungen Ernstes und Geistiges zugetragen. Wobei man allerdings nicht verstellten, war ein hübscher Gedanke. Allerlei Groteskhumore werden gessen darf, daß die Kunstdisputationen, die sich gemeinhin an die hierbei flügge. Außer manch anderem ist da zu sehen, wie ein Ausstellungen des Sturms" anzufnüpfen pflegen, mehr eine An- richtiger Bring, nämlich Pietro von Palermo, versehentlich die dem gelegenheit der Literaten als eine Förderung des künstlerischen Ge- Dichter selbst zugedachten Prügel friegt, und wie ihm, als seine Her­nießens bedeuten. Es wäre zu wünschen, daß die Ausstellung, die kunft bekannt wird, der soeben noch wutentbrannte Pöbel Knechtselig Herr Walden für die Mitglieder der Voltsbühne zusammengestellt die Stiefel küßt. hat, solche nebensächliche Wirkung möglichst nicht auslöft; es Suppés Musit spiegelt die lebensprühende, geistvolle vornehme Kaum eine Melodie scheint| wäre schredlich, wenn etwa die nächsten Hefte der Vereins. Künstlerart ihres Erzeugers wieder. zeitschrift mit Repliken und Duplifen zum Thema der Kunsttheorie veraltet. Alles klingt zauberisch frisch. Nur über den Charakter des Werkes werden die Meinungen geteilt sein. Mancher wird sich füllen würden. Boccaccio  " ausschließlich als Operette werten, Suppé   die Fähigkeit zur fomischen Oper absprechen.

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Hansen: Schweig, dummer Junge! Ich werde jetzt ein paar Schrauben anziehen; vielleicht hilft das."( Kriecht unter den Wagen.) Da es etwas lange dauert, so verlieren die beiden im Wagen die Geduld und gehen zur Straßenbahn. Ein Schumann( nähert sich und ruft dem unsichtbaren

Hansen zu.)

Hansen: Ich ruhe mich nur aus."

Schußmann: Machen Sie feine Wize und fahren Sie weiter." Hansen: Vielleicht sind Sie so freundlich, Herr Schußmann, mir dabei zu helfen?"

Der Schuzmann( entfernt sich brummend, nachdem er seine Auf­zeichnungen gemacht hat.)

Hansen( findet sich am Abend schweißtriefend in seinem Heim ein, nachdem das Automobil von 2 Pferden nach Hause geschleppt worden ist. Ein paar Tage später muß Hansen 20 Stronen für zu

Der gewichtige" Moschusduft.

Es ist im Grunde herzlich gleichgültig, zu welcher Schule" oder Richtung" ein Maler schwört; entscheidend bleibt: daß er Nichtsdestoweniger hat Direktor Hartmann recht, wenn er malen fann, und daß er im Innersten seines Wesens ein Künstler ist. Es läßt sich nicht bestreiten, daß viele der Bilder, die in der Sturm" den Komponisten und seine Schöpfung höher als landläufig ein­Ausstellung diesmal zu sehen sind, in solchem Sinne Malerei genannt schäßt. Das geschieht einmal durch die Vervollständigung der Bar­werden müssen. Daran ändert gar nichts, daß die eine oder die titur an sich, sodann durch das farbenfrohe Lokalkolorit, dem auch andere Leinwand absonderlich ausschaut und sich gar wild und radikal eine ebenso echte Umrahmung verliehen wurde. hauptsächlich aber schnelles Fahren bezahlen.) gebärdet. Der Radikalismus allein tut's freilich nicht. Auch unter dieser durch den Stil der Aufführung selber. Südvölkisches Wesen war immer; dennoch verspürte man durchweg Art der Maler gibt es Unfäbige, und nichts ist lächerlicher, als uns es wohl nicht bas Bestreben, den einreden zu wollen: ein Maler sei bereits vollkommen, wenn er zu unter südländischen Himmel, dessen Da die neuesten Forschungen die Geruchsempfindung darauf zu­die Geschehnisse sich abspielen, den Sturm" gefellen gehörte. Es gibt unter den Futuristen und Feuerkranz nicht verrückführen, daß fleine Teilchen des betreffenden riechenden Stoffes Elisabeth Boehm van Endert   als durch Uebergehen in die Luft in die Nase gelangen, muß dement­Kollegen sogar sehr viele völlig gleichgültige und unbedeutende Er- geffen zu machen. scheinungen. Es gibt andere, die( ich kann jetzt nur als Jch Boccaccio   war gleich eine Prachtleistung: fieghaft als Erscheinung sprechend die Folgerung als richtig angenommen werden, daß Stoffe, sprechen) mir unverständlich sind, bei denen ich aber doch spüre, daß und bravourös in Spiel und Gesang. Neben ihr Bernhard Bötel   die einen Geruch ausströmen, hierdurch ständig an Gewicht verlieren. hinter der Hieroglyphe nichts Wesentliches verborgen ist. Alles als Prinz. Einzig komisch das Bartschaber- Faßbinder- Gewürzträmer- Um diese Annahme praktisch zu erhärten, wurden, wie der Prome­Kunstgefühl und Stunsturteil ist subjektiv; dennoch darf man Dreigestirn Kandl, Werner, Lieban. Mit ihm die Korona theus" ausführt, an einem besonders intensiv riechenden Stoff, näm­die Qualität des einen oder des anderen Wertes als eine ehemännischer Verschwörer. Kein Wunder, daß das Terzett im lich dem Moschus, Versuche angestellt, die zur Nachweisung des Ge­tonftante Größe bezeichnen. Rembrandt   ist und bleibt ein ersten und die Nacheschwurszene im zweiten Afte wiederholt wichtsverlustes führen sollten; aber inan vermochte feinen nennens­Kein Wunder auch, daß Lieban obendrein werten Erfolg zu erreichen. Darum begegnet man auch heute noch großer Maler, ob er diesem und jenem gefällt oder nicht gefällt. werden mußte. Coupletvorträgen den Vogel abschoß. in der Mehrzahl der Lehrbücher der Ansicht, daß der Moschus und Und Lyonel Feininger   bleibt eben ein Wigblattkarikaturist, einerlei mit sehr zeitgemäßen ob er nun die grobe amerikanische Manier seiner früheren Blätter Rudolf Krasielt brachte die Musik im Orchester und auf der ähnliche Stoffe jahrelang Geruch abgeben können, ohne merk­übt, oder ob er, wie jest, futuristelt. Desgleichen kadinsky. Bühne zu sprühendem Leben. Hans Kaufmann leitete das bar an Gewicht zu verlieren, was man durch die Behauptung Dieser hat noch vor wenigen Jahren ganz harmlos und beinahe Spiel. Abgesehen von einigen schablonistischen Theaterüberliefe zu erklären sucht, daß oft außerordentlich geringe Mengen ohne Talent im Stil der finnischen   oder skandinavischen Bilderbücher rungen, die nicht bloß hier, sondern überhaupt energisch ausgemerzt hinreichen, getuscht; ich lasse mir nicht einreden, daß aus einem derartig gleich werden könnten, kamen die Volksszenen echt heraus. Die Aufführung war eine der besten, die je gesehen wurde. gültigen Durchschnittstalent ein großer Künstler geworden sein ek. soll, nur darum, weil jezt nicht mehr fügliche Püppchen, Der tosende Beifall hatte also seine Berechtigung. sondern wahllos herumrasende Farbflecke und sinnlos herum­schwärmende Linien auf seinen übergroßen Leinwanden zu ſehen find. Auch die neueste Kunst hat ihren Kitsch; und im übrigen gibt es weder neue noch neueste Kunst, sondern nur gute oder schlechte. Was uns erregt und überwältigt ist gut.

In der Ausstellung, die man uns als ein Programm anbietet, die wir aber( als vernünftige und begehrliche Leute) lieber in aller Harmlosigkeit als ein freundliches Fest seltener Gäste hinnehmen, wird uns, ohne Zweifel, hier und da ein Erlebnis, für das wir dankbar sein müssen. So vor Kotoschta, vor Chagall  , vor Franz Marc  , auch vor Henri Rousseau  , vor van Gogh  und Gauguin  . Diese lezten drei sind uns seit langem bekannt; sie hängen hier auch nur, um anzudeuten, daß in ihnen die Väter der übrigen erblickt werden sollen. Dies Verhältnis trifft zu; nur hat es sich nicht immer bewährt. Die meisten der Söhne sind ein wenig schwächlich geraten. Chagall  , Kokoschka   und Marc aber sind würdige Nachfolger, find darum Eigene. Auch in der Kunst gilt das Gefez des Wachstums: es hat jedes feine Wurzel; das Daseinsrecht aber entscheidet sich an der Frucht.

Die Autofahrt des Gulaschbarons. Das parbenühafte Gebaren der dänischen Kriegslieferanten, für die die Kopenhagener den bezeichnenden Spiznamen, Gulaschbarone" geprägt haben, übergießt ein skandinavisches Blatt in nachstehender Glosse mit biffigem Hohn:

Ort: Der westliche Boulevard von Kopenhagen  : Der Exporteur Hansen fommt in seinem funkelnagelneuen Auto an­gesauft. Er figt selbst am Steuer, im Zylinder und Autopelz; im Wagen fizzen seine Frau( 250 Lebendgewicht) und ihr hoffnungsvoller Sprößling. Plöglich ertönt ein Knall; der Wagen steht still. Ver­geblich bemüht sich Hansen, ihn wieder in Gang zu bringen.

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Frau Hansen( fehr nervös): Sigen wir schon wieder fest?" Hansen: Nein, nein, es geht bald wieder weiter. Die Maschine ruht sich nur ein wenig aus."

Frau H.: Das ist ja schredlich. 8um dritten Male figen wir jetzt feft." Hansen: Das ist doch nicht meine Schuld. Soll ich vielleicht das Auto unter den Arm nehmen?"

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Frau H.( erhebt sich): Jch steige aus. Ich will hier nicht zum Gespütt werden. Laß' uns mit der Straßenbahn heimfahren." Hansen: Aber ich kann doch das Auto nicht mit in die Elektrische nehmen. Der Schaffner würde es vielleicht merken." Frau H.: So laß es meinethalben hier stehen." Hansen: habe ich Dir nicht gleich gesagt, daß wir mit dem

In Kokoschkas Bildern wirkt eine schwärmerische Romantit, die Leidenschaft der Nacht und eine besonders differenzierte, nerven­spaltende Geistigkeit. Chagall   ist dämonisch wie ein Medizinmann; er läßt Köpfe durch die Luft reisen und heiße Träume aus der Hölle auf­schlagen. Er malt einen Efel, dessen Schweif wie eine Fadel brennt, und macht uns dadurch glauben, wir erlebten ein ganz absonderliches, wahnwigiges, aber schönes Märchen. Erlebnis ist alles; Vernunft ist nichts. Franz Marc  , der leider zu den Opfern des Krieges ge- Auto nur Scherereien haben würden?" hört, hat eine ungewöhnliche Kenntnis vom Wesen der Tiere, von Frau H. Ja, aber wenn Fransens und Sörensens fich ein der Urart der Büffel und Wölfe, der Füchse und der Prairiehunde. Automobil anschaffen, dann können wir doch nicht ohne Auto sein. Bor seinen Bildern hört man die Schöpfung heulen und röhren. Wie jähe das denn aus?"

Für tot erklärt.

Von Ernst Wichert  

unt durch die Nase wahrgenommen zu werden. Beim Moschus spricht man in diesem Zusammenhang von einem Teil des Stoffes in 10 Millionen Teilen Luft. Daß diese An­nahme irrig war, bewiesen jedoch die neuesten, mit einer Quarz­mifromage vorgenommenen Versuche. Die Wage wurde in einem Gehäuse aufgestellt, durch das man einen beständigen Strom chemisch getrockneter Luft blafen ließ. So fonnte in größeren Zeitabschnitten genau das jeweilige Gewicht in feinen Wenderungen bestimmt werden, wobei durch die chemisch getrocknete Luft der sonst wirksame Einfluß der Luftfeuchtigkeit auf den Stoff ausgeschaltet war. Es zeigte sich, daß 1,33245 Milligramm Moschus in sieben Monaten 0,18 Milli­gramm verloren, also 14 Prozent ihres Gewichtes. Die Menge des Berlustes war von Tag zu Tag eine andere, wobei sie sich gegen Ende des Experimentes immer mehr verringerte und schließlich über­Als man nun den Haupt keine Aenderung mehr festzustellen war. Moichus herausnahm, war er völlig geruchlos geworden. Demnach ist erwiesen, daß der Mofchus durch die Abgabe seines Geruches tatsächlich ständig an Gewicht verliert.

Notizen.

- Das neue Institut für Arbeitsphyfiologie und Arbeitshygiene, für das ein eigenes Gebäude in der Invalidenstraße errichtet wurde, hat unter Zeitung von Professor Rubner seinen Betrieb eröffnet.

-Eine Sonderausstellung von Handarbeiten veranstaltet das Zentralinftitut für Erziehung und Unterricht, Bots­damer Str. 120. Die Arbeiten find hervorgegangen aus einem Forts bildungskurse in Berzierungsarbeiten, der für Handarbeitslehrerinnen abgehalten wurde. Die ausgestellten Gegenstände( Schürzen, Müzen, Gürtel, Kindertaschen, Kinderkleider, Wäsche) erläutern, wie der neue Lehrplan für den Handarbeitsunterricht in Gemeindeschulen durchzuführen ist. Die Ausstellung ist bis zum Herbst werktäglich nachmittags von 3-6 Uhr bei freiem Eintritt geöffnet.

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gar von den fremden Ländern und Städten gehört hatte, die geschlossen, die zart geformte und doch volle Gestalt heraus­man zu Schiffe erreichen könne, wenn man viele Wochen lang hob, das hinten über dem grünen Unterrock hoch aufgeschürzte unterwegs sei, war ihm das Haff mit seinen nahen Begren- Gewand mit der bunten Stoßkante die Hüften umzog und zungen ganz widerlich geworden und all sein Mühen kleinlich born in einer tiefen Falte niederglitt, die weißen, auf den erschienen. Dann hatte er wohl von der Möglichkeit geträumt, Achseln und am Handgelenk gestickten Aermel im Sonnen­daß auch er nicht an seine Sandscholle gebunden sei und in die schein leuchteten so schmuck war ihm noch nie die Kirchen­weite Welt hinaus könne. Aber zu dem ernstlichen Entschlusse toilette einer Litauerin vorgekommen. Wie eine Prinzessin war er erst gekommen, als er sein zwanzigstes Lebensjahr aus dem Märchen erschien sie ihm im Traum und Wachen, bereits zurlidgelegt hatte, und da hatte eine ganz besondere und er kam sich recht häßlich neben ihr vor in seiner grauen Veranlassung mitwirken müssen, um alle Bedenken zu be- Schifferhose und rotgeblümten Weste und mit den schweren Holzpantoffeln auf den braunverbrannten, nackten Füßen. seitigen und die Macht der Gewohnheit zu besiegen.

ihres Vaters Bruder sie als Magd zu sich ins Haus nahm und für sie sorgte. Eine kleine Holzkiste mit Wäsche und Kleidern, in besseren Beiten angeschafft, als das Schmuggelgeschäft noch blühte, war ihr einziges Besitztum.

2] Aanika wäre ganz zufrieden gewesen, wenn sie den Anaben nur einmal ihrem Manne hätte zeigen können. Sie hatte sich wohl auch sonst nach ihm still gesehnt, wenn Wochen und Monate vergingen, ehe er wieder einen furzen Urlaub bemußte, bei ihr anzusprechen, aber so heftig war ihre Sehn­sucht nie gewesen, als jest, Es lag nicht in ihrer Natur, sich traurige Gedanken zu machen oder zu grämen; aber sie hätte Um es furz zu sagen, Peter Klars hatte die schöne Annika mer weiß mas darum geben mögen, wenn sie nicht allein hätte Sie war zum Glück, wie er bald in Erfahrung brachte, sehen müssen, wie der prächtige Junge sich täglich fräftiger fennen gelernt, die drüben in dem großen Kirchdorfe seit eine arme Brinzessin, und das machte ihm wieder einigen entwidelte und immer hübscher wurde und lachen und endlich furzem bei ihrem Onfel, dem Wirt Endoms, als Magd diente. Mut. Ihr Vater war Wirt an der Grenze gewesen, hatte aber gar aufrecht fizen lernte. Das entgeht ihm nun alles, dachte Das Dorf lag eine kurze Strede landeinwärts an dem Flüß bei einem unglücklichen Schmuggelzuge seine sämtlichen fie tausendmal; und so, wie er heute ist, ist er nie wieder, und chen, das sich ins Haff ergoß und eine Meile bis zum nächsten Pferde eingebüßt, sich dann in Schulden gestürzt und zuletzt der arme Peter kann nun gar nicht wissen, wie er früher aus- Marktorte schiffbar war. Man fuhr gewöhnlich mit dem zusehen müssen, wie sein Hof subhastiert wurde. Er lebte nun gefehen hat. Zum erstenmal fiel ihr ein, daß es doch eigentlich großen Segelboote übers Haff bis zur Mündung des Füß- als Tagelöhner und Schmuggler in einem Grenzdorfe, dem besser gewesen wäre, wenn ihr Mann das Seefahren auf- chens, die durch einen weit vorspringenden Hafen geschüßt Trunk ergeben und außerstande, seine Familie zu ernähren. gegeben und sein Väterliches übernommen hätte. Warum war und so als Hafen dienen konnte, lud dann die Fische in Annika hatte kein Erbe zu erwarten: sie konnte froh sein, daß hatte denn der junge Peter Klars feine Ruhe zu Hause ge- ein kleines, schmales und wenig tief gehendes Fahrzeug um habt? und suchte sich mit demselben bald segelnd, bald rudernd, bald Das hatte freilich seine Gründe, die weiter zurückreichten, mit Stangen schiebend oder treidelnd über die vielen seichten als bis auf den Tag, wo der junge Seemann sich über die Stellen und sonstigen Hindernisse hinwegzubringen. Der Hof Peter Klars wurde dreister. Das Anschauen genügte ihm Windstille auf dem Haff   ärgerte und seinem Vater gewiffe Er- des Endoms lag zunächst dem Saff, und der Treidelsteig öffnungen machyte, die denselben gar nicht unlieb waren zu führte dicht an der Haustür vorüber. Dort hatte Peter nicht mehr; er suchte und fand Gelegenheit, das Mädchen zu vernehmen. Der junge Peter Klars war anfänglich gar nicht Klars die schöne Annika eines Morgens gesehen, wie sie aus sprechen. Und da war es nun bald um seine Ruhe gänzlich zum Seemann bestimmt gewesen, und solange seine Mutter dem Flusse Wasser schöpfte. Sie war damals noch sehr jung geschehen, denn sie erwies sich freundlich gegen den hübsch­lebte, durfte davon auch nicht einmal die Rede sein. Es hatte und auffallend fein gebaut; es hatte ihr offenbar Mühe ge- gewachsenen Menschen mit den offenen, treuherzigen, blauen sich immer ganz von selbst verstanden, daß Peter ein Fischer macht, den schweren Eimer mit Wasser hinaufzuheben, und der Augen, die ihr wohl besser als Worte sagen mochten, was er werden würde, wie sein Vater, und seinerzeit das Fischerhaus junge Fischer hatte eiligst die Treidelleine fallen lassen und für sie empfand. Er sprach das Litauische nicht gut, und sie mit Zubehör zu übernehmen hätte, wie es einmal der alte ihr eiligst aufgeholfen, was sie mit verschämtem Dant be- lachte oft über ihn recht herzlich; aber dann zeigte sie ihm auch die kleinen, blendendweißen Zähne, und er hatte gar nichts Klars von seinem Vater übernommen hatte. Schon als Anabe lohnte. hatte er freilich eine ganz besondere Vorliebe für die See ge- Seitdem waren die Marfttage für unseren Nehrunger dagegen und lachte mit. Sie verstanden sich recht gut. Arm war die Annika allerdings, aber auch schön, und das habt und sich oft, wenn der Sturm von Nordwesten her heulte von ganz besonderer Bedeutung geworden. Hätte er stunden­und gewaltige Schaumwellen aufs Land trieb, über die Sand- lang am Ufer warten müssen, er wäre an dem Hause des bemerkte der Peter Klars nicht allein. Schönheit ist gesucht berge an den Strand gewagt und mit rechter Lust dem Un- Endoms nicht vorüber gefahren, ohne wenigstens einen flüch- wie Reichtum. So fehlte es auch dem Mädchen nicht an Be­wetter ausgefeßt. Auch bei gelegentlichen Besuchen in der tigen Blick von der Annika zu erhaschen. Sie war so zierlich wunderern aller Art, die sich an fie drängten und ihr Seestadt hatte er nie versäumt, die auf der Reede und im in ihrer ganzen Erscheinung, so anmutig in allen ihren Be Schmeicheleien jagten und ein freundliches Lächeln zu er­Safen liegenden großen Schiffe aufmerksam zu betrachten wegungen! Sie war gekleidet, wie alle litauischen Mädchen, haschen suchten. Da war ihr mancher Wirtssohn auf Stegen und bei den Matrosen über das Leben und Treiben auf der aber er glaubte diese Tracht noch nie vorher gesehen zu haben. und wegen nach, aber der gefährlichste von allen, die sich um See Erfundigungen einzuziehen. Dann war ihm sein Fischer- Wie das blaue Kopftuch das blonde Haar und das feine Ge- Annika bemühten, war doch der Sohn des deutschen Krügers, tahn recht winzig und erbärmlich vorgekommen; und wenn er sicht einrahmte, die schwarze Samtjacke, bis rund um den Hals weil er's gleichfalls ernst zu meinen schien.( Forts. folgt.)