9t. 235.— 1916. Unterhaltungsblatt des Vorwärts««.w.B WIM 1 1 I................■IHM..... IIIIIIII I........Krepels Zahrt ums Glück.Eine Spreewaldgeschichte von Max Bittrich.tSchlutz.)II.Um das Dörfchen der Krepels hat Mutier Natur den Kranzschwermütiger Einsamkeil geschlungen: Sumpflandschaft, schilfum-säumte Tümpel, gespenstisch winkendes Wacholdergebüsch, Kiefern-Wäldchen und Heidekraut, Flugsand mit Lupinenfeldern und aber-mals feuchte Wielen, Torsstiche mit schwarzer Ernte und am Horizontdie Erlen der lebhafteren Spreewaldlandschaft.Da konnte die Muhme Märe leichter als die draußen liegendeWelt ihre Geheimnisse in die Hütten senden, und wenn im Abend-schein die Hirten auf dem Rücken der Kühe über die aufgeweichteDorfsiraße heimgeritlen waren, so wurde in den Stuben die Ver-gangenheit gesprächiger als die Gegenwart. Es war. als habe deran die Spinnrocken gestellte Flachs tausend Geschichten aus demBoden gesogen und gebe sie nun, beim trüben Lichte, wieder zumbesten.Aber an einem Abend mußte die raunende Alte alle ihre ge-beimnisvollen Chroniken zur Seite legen, denn am Tage war derwackelige Postbote Natusch wieder einmal ordentlich gerade daherge-kommen und halte alle Leute herausfordernd angeguckt und einenmerkwürdigen Brief mir beiden Händen gehalten— ein Schreibenmit einer großen Marke und viel roten und blauen Strichen. DieLeute wußten nicht, ob Natusch nur über den sonderbaren Brief oderüber die Ehre den Kopf geschüttelt hatte, mit einer so wichtigenSendung betraut zu sein. Doch das war sicher: der Briefträgerwar unter Krepels Dach getreten, und nach einiger Zeit völligerStille war ein Durcheinander von Stimmen zu hören gewesen:Natusch und die drei Krepels hatten durcheinander geredel. Undnachher verkündete Natusch den Neugierigen:.Was der alte Krepelist, der kommt zurück aus dem Land Amerika!"„Na da wird Freude sein l Wie lange ist er fort gewest nanu?'„so an Jährchen zwölfe!"„Wie die Zeit vergeht! Ja, ja, unsere Kinder sind schon heran-gewachsen und sind damals, als er mir Laugschen davonging, bloßso ganz Ileen gewest. Na, der wird ja nicht schlecht Geld mit-bringen! Er hat wohl schon genug I'„Der nimmt jetzt nicht mehr den Dreschflegel in die Hand I'sagte Natusch und wischte sich die Stirn im Angedenken an seineeigene häusliche Tätigkeit. Aber er dachte auch: der Krepel, derwird dir gewrß eine Handvoll von seinem Reichtum geben. Dermuß ja Geld haben wie Heu I'Und das ganze Dorf fühlte ebenso und meinte, eines schönenTages werde man aufwachen und überall einen goldenen Segenwahrnehmen; sei man doch allezeit Krepels Freund gewesen; daranwerde er sich erinnern müssen!Fortan winkten den Krepelschen auch andere Mienen— odersahen die Welt mit anderen Augen an?Brauchten die Krepels ein paar Tropfen Oel— gleich kam einFläschchen voll an, denn der Nachbar hatte zufällig Ueberfluß. Undaus ein bißchen Heu für den Schimmel kam'S gar nicht an. Wieder-geben? Gelegentlich mal! Habe man doch auch schon von Krepelsgeborgt IMarie Krepel fühlte in diesen Tagen Wonne und Schmerz:sie hatte Jahr um Jahr heimlich ein paar Taler zurückgelegtmit Schinden und Darben und sah ihr Sümmchen nun dank derunerwarteten nachbarlichen Hilssbereitschafl plötzlich der Zahl hundertentgegengehen. Und dahinter meinte sich auch schon wieder die Ver«gänglichkeit lauern zu sehen. Denn der Brief, der Brief aus Amerika!Er war kurz und besagte fast nur. Gottlieb Krepel sehne sich nachder Heimat zurück und wolle seine Familie nochmals vor Augenhaben. Die Frau verstand von den Buchstaben des Schreiben? fastnichts, dafür las sie jedoch den Sinn zwischen den Zeilen.„Erwird wohl das Letzte zusammenraffen, um sich hierher zuretten I' sagte sie sich, während ihre Söhne mit den anderen Dorf-bewohnern Pläne ausheckten, wie der gleich einem Frühlingshoch-Wasser heranranschende Ueberfluß am besten zu nützen sei. Natür-lich würde man zum nächsten Stollereilen auf eigenen Pferdensitzen! Und dann mutzte besserer Acker sein zur Bewinschaftung,größere Ställe sollten gebaut werden und Vieh mutzte heran, dassollte ein wahrer Staat sein. Und auch kräftiges Gesinde durftemchr fehlen.Vater und Mutter konnten noch ein bißchen in Hof und Stallbasteln, denn ganz ohne Arbeit würden sie trotz allen Reichtumsnicht leben wollen.III.„Jemerchen, jemerchen!' schrie Marie Krepel auf, als sie vomRübenfeld aus einen Mann langsam dem Dorf zuschreiten sah,„ich41] Jam Heimweh.Eine Geschichte aus dem Wärmland von Selma Lagerlöf.Und es wurde für Jan Platz gemacht, obgleich es tat-sächlich vorher schon recht eng am Tisch zugegangen war. Erbekam einen Stuhl innen an der hufeisenförmigen Tafel, demPfarrer gerade gegenüber. Einen besseren Platz hätte er sichgar nicht wünschen können.Zu Anfang war er wohl wie vor den Kopf geschlagen,denn er konnte nicht begreifen, dast man ein solches Wesenvon ihm machte, nur weil er mit einer Botschaft an LinnartBjörnsson ein paar Meilen durch den Wald gelaufen war.Aber bald erkannte er, wie die Sache zusammenhing. Natür-lich war es der Kaiser, den sie in erster Linie ehren wollten.Und vielleicht wurde es auf diese Weise gemacht, damit sichniemand zurückgesetzt fühlen konnte.Eine andere Erklärung konnte sich Jan durchaus nichtdenken. Denn freundlich und bescheiden und gefällig war erseiner Lebtag gelvesen, aber darum war er noch niemals auchnur im mindesten geehrt und gefeiert worden.Das st erbende Herz.Wenn der Ingenieur Boräus von Borg seinen täglichenkleinen Spaziergang an die Landungsbrücke machte, konnte ernatürlich nicht umhin, zu bemerken, daß seit einiger Zeitregelmäßig um den kleinen alten Mann von Skrolycka eineMenge Volk versammelt war. Dieser brauchte jetzt nicht mehrallein zu sitzen und sich die Langeweile mit stillen Träumenzu vertreiben, wie er es letzten Sommer hatte tun müssen.Statt dessen kamen jetzt alle, die auf das Dampfbootwarteten, zu ihm her, um ihn schildern zu hören,wie es bei der Heimkunft der Kaiserin gehen werde, vorallen Dingen wie es sein würde, ivenn sie hier inBorg an Land käme. So oft Ingenieur Boräusvorbeiging, hörte er von dem goldenen Diadem reden,das die Kaiserin in den Haaren tragen werde, und von dengoldenen Blumen, die an den Büschen und Bäumen auf-blühen würden, sobald sie den Fuß an Land setze.Spät im Oktober, nachdem ungefähr drei Monate nachjenem Tage verflossen waren, wo Jan von Skrolycka zumerstenmal eben hier an dem Landungssteg von Borg KlaraGullas Erhöhung verkündigt hatte, bemerkte der Ingenieureines Lormittags, daß eine ungewöhnlich große Menschelt- 1meine gerade, da kommt unser Vater gegangen I' Und sie schwangdie Hacke und rief gleich:„Gottlieb I Gottlieb I'Der Gerufene blieb ein Weilchen stehen, legte die Hand überdie Augen und winkte gleichfalls; doch es war ein trübere? undmüderes Erwidern.„Jungs, Vater ist wieder da!'Sie lief auf ihn zu und der Schimmel spitzte die Ohren undsenkte den Kopf, als erinnere er sich früherer Zeiten und längst ver-klungener Töne.„Vater, seid denn Ihr das?" rief Marie wieder.„Habt denn Ihr den alten Krepel noch gleich erkannt?'„Wer wird den nicht kennen?' sagte sein Weib, und Karl fügtehinzu:„Wir machen jetzt allein auf dem Felde fertig, Mutter! Laufdu jetzt mit Vätern heim!'„Tut euch nur nicht versäumen bei der Arbeit!' mahnte derAlte.„Wer nicht hat rasche Hände, hat nichts bis ans seligeEnde!"Die Brüder blickten sich an und blitzschnell zogen all die Bilderihrer Zukunftspbantasien an ihnen vorüber. Sie wollten dem Vatergleich zeigen, wie sie strebten und wirkten.„Hü! Hü l' und dasfolgsame Roß mußte sofort weiter trotten.„Schimmel, du lebst auch noch! Dir könnten sie am Ende end-lich das Gnadenbrot geben!' rief Gottlieb Krepel.„Daran haben wir auch schon gedacht, Vater!' ES hat aberimmer noch am Nötigsten gefehlt!'„Sonst wären wir bereits hoch zu Roffe beim Pfingstreiten gc-West I Heuer werden wir nun, wenn das Glücke gut ist, frischePferde anfKaffsnl'„Die Jungen meinen, du solltest waS herausrücken dazu! verdeutlichte Marie die Rede.Gottlieb erwiderte nicht laut darauf, sondern schickte seinemWeibe nur einen einzigen Blick. Das verstand ihn. In des MannesAugen lag die Bitte um Verzeihung: ich kehre heim mit leerenHänden und schwachen Knochen!Und so schnell sie diese Sprache begriffen hatte, so flink warihre Antwort fertig:„Ja. ich gehe nun mit Vätern ins Dorf, undnachher reden wir vom neuen Pferde. Eins wenigstens mußsein, wenn uns der Schimmel nicht auf offener Straße liegenbleiben soll!'Mann und Frau wanderten nebeneinander zur Stätte ihresgemeinsamen Lebens. Als kehre er von einem kurzen Ausgangheim, setzte sie ihm Speise und Trank vor, und als er sich gestärkthatte und die Dämmerung das wieder vereinte Paar in ihre Schleierhüllte, erklärte Marie:„Wir werden nicht viel unnütze Worte machen.Erwdrben hast du wohl nicht, was der Rede wert ist! Dir ist wohlalles, was du in der Hand gehabt hast, zwischen den Fingern wiederdavongerutscht. Ich kann mir schon denken--"„Sei man nicht böse. Mariechen,— ich Hab gewonnen und Habverloren. Und Laugsch ist drüben liegen geblieben. Ich will ja nungern noch hier zugreifen, bis ich die Augen zumache. Schmeißt dochbloß den alten Krepel nicht gerade auf die Gasse! Ich bin nichtschlecht— bloß das Unglück ist mir auf den Hacken gewest!'„Ich sage immer noch: Wer will haben, der muß graben. Aberunser Großer will mit aller Gewalt ein stärkeres Pferd haben undder Kleine�möchte noch ein Slreifchen Acker kaufen, das ihm schonlange ini Schädel steckt.— Hier',— und sie legte ihm in die Hand,was sie sich während seiner Amerikafahrt abgedarbt und vom Mundabgezwackt hatte—„hier hast du Geld, und davon gib du unseremKarl und unserem Malthes zuerst zum Pferde, wenigstens zu einem,und nachher noch zu dem und jenem. Die beiden werden ja decken-hock springen über so viel Glück bei ihrem Vater. Geschunden habensie sich ja genug von früh bis spät, und sie werden ihren Vater,wenn er mit so viel Geld anrückt, nicht als Bruder Ueberflüssig be-trachten und nicht Redensarten machen und von anderen Leuten an«hören müssen. Wir haben alle zusammen mehr zu tunals Zeit zu vertrödeln mit Zank und Streit, die nicht mal ein Felddüngen I'Gottlieb hörte sie erstaunt an und streckte nicht gleich dieHände aus.„Rur nicht blöde sein, wo fich's um die Zufriedenheit im ganzenHause handelt! Gold hast du nicht gefunden, aber Silber, so wirstdu sagen. Und damit fertig!'Marie Krepel ging nach dieser Begrüßung des Goldsucher? mitfesten Schritten hinaus, packte das Futterfaß und begab sichin den Stall. Gottlieb Krepel aber hatte das Gefühl, als schwebeer mit allem, was unter und über ihm war, sacht und leicht wie inlindem Frühlingshauch aufwärts zu nie gesehenen Höhen. Indieser Stunde flog er, ohne Flügel an den Armen zu haben wiesein Großvater, viel höher als dieser und sammelte Sternengoldein. nachdem ihn das Goldland Amerika jämmerlich in Stich ge-lassen hatte.menge uni Jan versammelt war. Der Ingenieur hatte beab-sichtigt gehabt, wie gewöhnlich mit einem kurzen Gruß vorbei-zugehen, dann aber änderte er seinen Entschluß und bliebstehen, um zu erfahren, was hier vorging.Auf den ersten Blick konnte er nichts Bemerkenswerteswahrnehmen. Jan saß wie gewöhnlich auf den Wartesteinenund hatte eine sehr würdige und feierliche Miene aufgesetzt.Neben ihm saß eine hünenhafte Frauensperson, die so raschund eifrig auf ihn einsprach, daß ihr die Worte nur so ausdem Mund sprudelten. Sie schüttelte ihren Kopf, kniff dieAugen zusammen und beugte sich langsam immer mehr vor,so daß ihr Gesicht, als sie endlich mit dem, was sie sagenwollte, fertig war, beinahe die Erde berührte.Ingenieur Boräus erkannte selbstverständlich die närrischeJngeborg sofort, aber am Anfang war es ihm unmöglich, zuverstehen, was sie sagte, und so mußte er einen der Um-stehenden fragen, um was es sich eigentlich handle.„Sie bittet ihn, er solle es einrichten, daß sie mit derKaiserin nach Portugallien dürfe, wenn diese dorthin zurück-reise", lautete die Antwort.„Sie redet jetzt schon eine ganzeWeile auf ihn ein, aber er will sich durchaus uicht herbeilassen,ein Versprechen zu geben."Jetzt fiel es dem Ingenieur nicht mehr schwer, dem Ge-spräch zu folgen. Aber er freute sich nicht über das, was er zuhören bekam, und während er lauschte, wurde die Falte zwischenseinen Augenbrauen tief und rot.Hier saß die einzige auf der Welt, die außer Jan selbstan die Herrlichkeit von Portugallien glaubte, und ihr wurdeverweigert, dorthin zu reisen! Das arme alte Weib wußte,daß es in jenem Lande keinen Hunger und keine Armut mehrgab, keine rohen Menschen, die eine Unglückliche verspotteten,keine Kinder, die einer einsamen, hilflosen, umherziehendenPerson große Strecken nachliefen und Steine nach ihr warfen.Dort herrschte ewiger Friede und gute Jahre, und dorthinwollte sie aus dem ganzen Elend ihres armen Lebens herausversetzt werden. Sie bat und weinte und brauchte alle ihreUeberzeugungskünste; aber sie bekam immer wieder ein Neinund nur ein Nein zur Antwort.Und er, der all ihrem Bitten gegenüber taub war, daswar einer, der das ganze letzte Jahr in Kummer und Sehn-sucht verbracht hatte. Vor einigen Monaten, als sein Herznoch lebendig klopfte, hätte er vielleicht nicht nein gesagt;aber jetzt, in der Zeit seines Glücks, war es wohl vollständigversteinert worden.kleines Feuilleton.Die Heilsarmee in Schweden.Daß auch sogenannte„ideale Bestrebungen' einen Gewinn, undzwar einen glänzenden Gewinn abwerfen können, gebt aus einerAufftellung hervor, die eine schwedische Zeitung über den Verdienstder Heilsarmee an ihrem.KriegSruf' veröfjemlichr. Nur wer diebei den HeilSverkündern herrschenden Verhältnisse kennt, kann be-greifen, daß die Zeitung im Vorjahre einen Nettogewinn von100 000 Kronen erbracht bat. DaS ist natürlich nur möglich, wennein Unternehmen mit so geringen Unkosten verbunden ist wiedie Redaklionsführung und der Bertrieb des„KriegSrufeS". So«wohl die Redaktsure— die natürlich alle militärische Gradebei der Heilsarmee bekleiden— wie die Zeitungsverkäuferarbeiten nur für die„gute Sache', d. h. fast völlig umsonst;der Chefredakteur des„Kriegsrufs' bezieht das Bombengehalt vonWO Kronen monatlich, die hervorragendsten Mitarbeiter des Blattes75 bis 90 Kronen. Die Zeitungsverkäufer arbeiten noch viel billiger,nämlich ganz umsonst, und alles, was sie für ihre Arbeit bekommen,ist eine gelegentliche lobende Erwähnung im„KriegSruf", sofern sierecht viele Exemplare abgesetzt haben. Bei einem solchen Betriebekann das Unkostenkonto keine besondere Höhe erreichen, das ist ohneweiteres klar. Daß die Geschäftsleitung der Heilsarmee auch sonstnicht untüchtig ist, geht aus der Tatsache hervor, daß sie mitunter„Sturmläufe' veranstaltet, das heißt Wettbewerbe unter deneinzelnen Armeekorps, oder wie sich die Truppeneinheiten der Heils-armee sonst nennen, aus denen die Gewinner mit der Ehre hervor-gehen, ihre Photographien in der Zeitung abgedruckt zu finden.Uebrigens gibt die Heilsarmee nicht nur dieses eine Blatt heraus,sondern außerdem noch alle möglichen anderen Schriften. So z. V.„Der junge Soldat", der die stattliche Auflage von 22 000 Exem-plaren aufweisen kann, die Monatsschrift„Aus allen Landen", dieJugendzeitung„Der Kreuzfahrer", ferner die„Sozialen Nachrichten',die Monatshefte„Der Osfizier' und die Taubstummenzeitung„Effata"._Nottze».— Ein Wort CzernyS. In seinem Vortrage auf derNaturforscherversammlung, in dem sich Professor Czerny mit derGründung von Krebsinstituten befaßte, sagte er folgendes: Vielleichtentschließen sich die hoch zivilisierten Nationen England und Deutsch-land einmal dazu, je einen Dreadnought weniger zu bauen und diedadurch ersparten 40 Millionen für Krebsinstitule in jedemLande auszugeben. Ich bin überzeugt, daß dadurch in fünfzigJahren nicht allein die Krebsfrage gelöst,_ sondern auch dieZahl der Krebskranken auf die Hälfte reduziert werden könnte.Sicherlich hat Czerny nicht an den Weltkrieg gedacht, sonst hätte erwohl irgend etwas anderes zum Vergleich herangezogen. Aber auchnach dem Kriege wird die Notwendigkeit Krebsinstitute zu schaffen,bestehen bleiben und wenn der Krieg durch irgendein Ereignis umeinen Tag abgekürzt wird, so dürften wir ja schon dadurch die be«nötigte Summe erspart haben.— Die Arbeitervorlesungen der Humboldt-Akademie Freie Hochschule behandeln im Oktober-Dezember Gebiete der Hygiene, der Literatur, Physik, Musik, Volks-Wirtschaft, Kunstwissenschaft und des Gartenbaus; außerdem findenwissenschaftliche Einzelvorträge und an Sonntagvormiltagen Führun-gen statt. Beginn: 14. Oktober. VorlesungSvcrzeichniffe und Hörer-karten bei Tietz, in den Zahlstellen der Neuen Freien Volksbühne,der Konsumgenossenschaft; Hauptbureau C 2, Neue Friedrich«straße 53—50, Zimmer 88, 10—12, 1—5 Uhr.— Max B a t t k e, ein auf mannigfache Weise um die musi-kalische Kultur verdienter Mann, ist in Berlin den Folgen einerOperation erlegen. Sein Slame ist vor allem mit den Jugend-konzerten verknüpft, in denen er die Schätze unserer Musik dengroßen Kreisen der Volksschüler imd ihrer Angehörigen übermitteln wollte. Auch sonst hat Battke abseits von dem üblichen Trottallerlei Neues probiert und auch durchgesetzt. Er bemühte sich umeine neue Methode, vom Watt zu singen, er pflegte den Lauten-chor, für den er selbst manches Lied komponierte.— Rasieren ohne Seife. Rasierseife hat ausschließlichden Zweck, die Haare weich und geschmeidig zu machen, und in derZeit der Seifenkarte wird mancker schon nach einem kartensreien Er-satz gesucht haben. Ein solcher ist durch heißes Wasser sehr leicht zubeschaffen, denn ein mehrmaliges Bebandeln des Bartes mit heißemWasser macht die Haare ebenfalls weich und geschmeidig. Nach der„Pharmazeutischen Post' kann man auch ans Wasser und Lanolin.dem man nach Wunsch und Geschmack Duftstoffe zusetzen kann, einesahncnarlige Pomade herstellen, um mit ihr die Barthaare kräftigeinzureiben und sie so zum Rasieren vorzubereiten.Auch das ganze Aeußere des Mannes verriet, daß einegroße Veränderung mit ihm vorgegangen war. Er hattedicke Wangen und ein Doppclkinn bekommen, und auf seinerOberlippe war ein dunkler Schnurrbart gewachsen. SeineAugen waren etwas vorgequollen und der Blick war stier ge-worden. Ja, der Ingenieur überlegte sogar, ob nicht auchdie Nase größer geworden sei und eine hochmütigere Formbekommen habe. Die Haare waren augenscheinlich alle aus-gefallen, kein einziges Härchen schaute unter der Lcdermützehervor.Der Ingenieur hatte den Mann seit jenem ersten Zwie-gespräch im Sommer im Auge behalten. Jetzt war es nichtmehr die große Sehnsucht, die ihn hinunter an die Landungs-brücke trieb. Nach dem Dampfboot schaute er kaum mehraus. Er kam nur noch her, um Leute zu treffen, die aufseine Verrücktheiten eingingen und ihn Kaiser nannten,um ihn von seinen Einbildungen erzählen und singen zuhören.Aber warum nahm er denn ein Aergernis daran? DerKerl war ja einfach ein Narr.„Aber vielleicht wäre es gar nicht nötig gewesen, daß sichdie Verrücktheit bei ihm so festgesetzt hätte, wie es nun geschehen ist?" dachte der Ingenieur.„Wer weiß, vielleichtwäre der Mann zu retten gewesen, wenn er gleich von An-fang an kräftig und unbarmherzig von seinem Kaiserthronheruntergerissen worden wäre.Noch einen prüfenden Blick warf der Ingenieur auf Janvon Skrolycka. Er sah jetzt gnädig bedauernd aus, blieb aberimmer gleich unerbittlich.Dort in dem schönen Lande Portugallien sollte es nurPrinzen und Generale, nur prächtig gekleidete Menschen geben.Und so viel war sicher, die verrückte Jngeborg hätte sich inihrem baumwollenen Tuch und in ihrer selbstgestrickten Jackedort sonderbar ausgenommen! Aber du liebe Zeit! DerIngenieur meinte wirklich---Es sah aus, als hätte er selbst gute Lust, Jan den Ver-iveis zu erteilen, den dieser offenbar nötig hatte. Aber dannzuckte er die Schultern. Nein, dazu war er nicht der rechteMann, er hätte die Sache nur noch schlimmer gemacht.Schweigend entfernte er sich von dem Menschenhaufen undging zum Landungssteg hinunter, denn das Dampfboot kameben an der nächsten Landzunge zum Vorschein.Eortj.{olflt}