Arbeit besorgen zu können, und müssen deshalb die übrigen Ge-Nossen dieselben untrrstützen.Wir hoffen, daß nunmehr die Genoffen mit ganzer Kraftdafür eintreten, daß die„Rundschau" einen großen Abonnenten-stand erhalte!— Parteigenosse Baumann zu Nürnberg ist am Montagden 2V. d. M. aus dem dortigen Zellengefängnisse nach einerHaft von 21 Wochen entlasten worden.Russengreucl.Aus Adrianopel vom 18. August berichtet der Correspon-dent des„Daily Telegraph":„Ihren Instruktionen gemäße be-gab ich mich hierher, um die Lage der Tausende von türkischenFrauen und Kindern zu untersuchen, welche hier Zuflucht gesuchthaben. Die Tragödien im Balkan stehen beispiellos da; nochnie war ein Krieg von solchen Schrecknissen begleitet. Vorbe-dachte, kaltblütige Grausamkeit hat hier ein Volk vom Erdbodenweggefegt.Daß die Hospitäler hier von verstümmelten Männern vollsind, ist wohl keine Neuigkeit mehr; aber ein Spital voll vonverwundeten Frauen, jungen Mädchen und kleinen Kindern,welche mit Schußwunden, Lanzenstichen und Säbelhieben bedecktsind, hatte ich noch nie zu sehen Gelegenheit. All dieseGreuelthaten sino das Werk der Kosaken; die Bulgarenhatten wohl auch ihren Antheil daran, aber die fürchter-lichsten müssen den russischen Soldaten zugeschriebentyerden.Ich sah z. B. ein hübsches junges Weib— diese Unglück-lichen Geschöpfe verhüllen ihre Gesichtszüge nicht mehr—, dasdurch beide Arme geschossen wurde, als es sein Kind vertheidi-gen wollte, das kaum einen Monat alt war. Das Kind wurdegetödtet, die Mutter von drei Kosaken geschändet. Ich habenoch einige andere Frauen über ihr Schicksal beftagt und wurdehierbei— dies zur Bekräftigung meiner Angaben— von Mr.Black, dem Leiter der Ottoman Bank, und dem britischen ConsulMr. Blunt unterstützt. Ein armes Weib, Namens Rabia, derenbeide Söhne in Buk-el-Nuk verbrannt wurden, gab an: Als dieRussen ankamen, wurden den Einwohnern die Waffen abge-uommen, die Männer wurden in eine Moschee, die Frauen ineinen Pachthof gesperrt. Später wurden die Männer abgeholtund auf einen von großen Strohhaufen umgebenen Platz geführt.Hierauf wurde das Stroh angezündet, so daß die meisten Männerverbrannten. Die wenigen, denen es gelang, aus den Flammenzu entkommen, wurden erschossen oder erstochen. Dann machtensich llosaken und Bulgaren über die Weiber, welche nach vielenMißhandlungen buchstäblich vor den Spitzen der Bajonnette ausdem Orte getrieben wurden.Das nächste Weib, mit dem ich sprach, hieß LÄahar ausCisarluch. Ihr Gatte und ihre beiden Söhne wurden vor ihrenAugen in Stücke gehauen. Eine in Haiderbay wohnende Wittwe,Namens Gimmi, verlor ihre beiden Söhne. Als die Kosakenund Bulgaren sich diesem Orte näherten, begann ein förmlichesGemetzel, bei welchem von 500 bis 600 Einwohnern höchstens100 entkamen. Mehrere junge Frauen wurden öffentlich geschändet. und zwar von in der Nachbarschaft wohnenden Bul-garen. In Adrianopel selbst ist das Elend ein schreckliches. All'die Tausende Flüchtlinge find obdachlos, ohne Nahrung undKleidung. Hier wäre der Humanität ein weites Feld geboten,aber die Humanität müßte sich beeilen, falls sie noch Wirkungzu erzielen hoffen wollte."Ein anderer Correspondent desselben Blattes schreibt ausJeni-Saghra, 18. August:„Vorgestern begab ich mich in Be-gleitung des Kapitäns Fife, des englischen Militärattachös undzweier Spezial-Correspondenten engüscher Journale nach demStädtchen Tanti. Dort sahen wir mehr als 120 Frauenleichen,welche schon größtentheils von Hunden angefressen waren. Ineinem Hause fanden wir die Leichen von zehn jungen Mädchen,von denen eines sehr hübsch gewesen sein mußte. Ihr Körperwar völlig nackt; sie trug am Halse eine tiefe Säbelwunde.Nach den Mittheilungen, welche man uns hier machte, wurdedieses fürchterliche Gemetzel von Bulgaren und Kosaken ausge-führt, welche die Mädchen erst schändeten und dann förmlich ab-schlachteten. Es ist zu befürchten, daß die ganze türkische Be-völkerung hier von den Kosaken und Bulgaren ermordet wordenist. Die völlig glaubwürdigen Aussagen, welche wir hier sam-melten, lassen keinen Zweifel darüber, daß diese Unthatcn aufAnstiften der Russen begangen wurden."__Die„Kölnische Zeitung" läßt sich von Tirnowa- Semelineeinen Fall schreiben, den wir hier noch mittheilen wollen:Nicht allein die Aussagen der Flüchtlinge, das Selbstgesehenegenügt, die Schandthaten der Moskowiter und ihrer würdigenProtegirten, welche Kinder und Frauen erwürgen, zu constatiren.In den Armen eines jüdischen Greises und über den Schooßeiner neben ihm kauernden alten Jüdin ausgestreckt, liegt einbildschönes jüdisches Mädchen, 16 oder 17 Jahre alt; der Kör-ver zuckt convulsivisch und der Mund ist krankhaft bewegt; dieweiten türkischen Beinkleider sind über und über blutgetränkt.Ein junger Engländer mit der Binde der Stafford-House-Am-bulanz um den Arm— denn eine solche ist glücklicherweise imLager aufgestellt— ist eben damit beschäftigt, dem unglücklichenGeschöpf eine calmirende Morphium-Injektion unter die Hautdes Unterarmes zu machen; türkische Offiziere bilden eine theil-nahmsvolle Gruppe um das Mädchen, und unter ihnen befindetsich Tahir-Bey, des Sultans Adjutant.„Ecriver le ä Mr.Gladstone" ruft er mir im besten Französisch zu.„Vous l'avezvu!"„Dieses Geschöpf ist wahnsinnig, an 20 Kosaken und bul-garische Legionäre haben ihm Gewalt angethan!"Wo bleibt da die deutsche Reichsregierung, um Rußlandan die Genfer Convention zu erinnern?CörrechovcdenzenDüflekdorf. Anläßlich der bevorstehenden Anwesenheit desdeutschen Kaisers ist unsere„Kunststadt" in eine nicht geringeAufregung versetzt, und es haben die Liberalen jetzt die schönsteGelegenheit, ihren Patriotismus durch Feuerwerk, Illumination,Triumphbogen, Paraden und Hochrufen vollständig freien Laufzu lassen. Nun, wir gönncn's den Herren, und sollte einer oderder andere derselben sich bei dem unausbleiblichen Ordensregenübergangen sehen, so wird er sich auf eine andere Gelegenheit,an denen ja kein Mangel ist, trösten müssen, vielleicht gelingt esdann, durch eine schwülstige Rede-c. die Aufmerksamkeit auf sichzu ziehen und das einsame Knopfloch durch irgend welchesBändchen zu schmücken. Unsere Ultramontanen werden freilichin den sauren Apfel beißen müssen, und illuminiren und fackelntüchtig mit, wollen sie doch auch„getreue und gute Unterthanen"sein. Die hiesige Künstlerschaft, speziell der Berein„Malkasten",wird dem„hohen Gaste" historische Aufzüge und Elfentänzeaufführen; dann hat die Stadt, außer den vom Provinzial-landtag zum Feste bewilligten 15,000 Mark, auch ihren„mildenBeutel" aufgcthan und 5000 Mark bewilligt, kurzum die Sacheverspricht glänzend zu werden, und der Kaiser wird, wie auchdas hiesige ultramontane„Düsseldorfer Volksblatt" bemerkt,wieder eine große Anzahl befrackter, hochrufender, festessenderund trinkender Unterthanen zu sehen bekommen. Besehen wiruns hingegen einmal den Revers der Medaille und lassen einigeStellen aus dem eben veröffentlichten Bericht der DüsseldorferHandelskammer, betr. Ermittelungen über Gang der Geschäfteund Arbeiterentlassungen folgen:„Das Ergebuiß war, daß sich in der Zeit vom 1. Januarbis 1. Oktober 1876 die Zahl der Arbeiter, sowie die Arbeits-zeit in Arbeitern ausgedrückt, wie folgt vermindert haben:In der Eisenindustrie 27'b Prozent„„ Seidenindustrie 54�»>„„„ Kammgarnspinnerei 32(z„„„ Baumwollindustrie 27'/,„„„ Bleiweißindustcie 172/iU„„„ Industrie feuerfester Produkte 20„„„ Brauerindustrie 15„"Das sind beredte Zahlen, und seit dem 1. Oktober 1876ist's wahrhaftig nicht besser geworden. Ferner enthält derselbeBericht:„Die Concurse und Subhastationen, eine Folge des gesunkenenWohlstandes, mehren sich immer mehr und mehr. Während hier-durch die Steuerkraft des Bezirks geschwächt worden, sind leiderdie Ansprüche an dieselbe gestiegen. So hat die finanzielle Lageder Stadt einen Communalzuschlag von 215 Proz. zur Klassen-und klassifizirten Einkommensteuer und von 100 Proz. zur Grund-und Gebäudesteuer nothwendig gemacht."Es ist eine traurige Thatsache, daß es hier nicht mehr außer-gewöhnlich ist, wenn in einer Woche 20—25 gerichtliche Zwangs-Verkäufe stattfinden; die gänzliche Verarmung des Mittelstandesund kleineren Handwerkerthums macht reißende Fortschritte undes beginnt auch in diesen Kreisen, obschon dieselben leider nochviel zu sehr ultramontanerseits aufs„bessere Jenseits" sich ver-trösten lassen, das Gefühl der Interessengemeinschaft mit denzum Ziel und weist nicht die wissenschaftlich erprobten Wcgkdazu; dazu bedarf sie der Ergänzung durch eine politische Or�ganisation, welche gründlich belehrt, die getrennten ökonomischenOrganisationen verbindet und zur gemeinsamen Berathung undBeschließung aller zur Emanzipation führenden Schritte fähigmacht.Gewaltanwendung, blutige Kämpfe, Putsche, blinde Ausbrücheder Volkswuth sind nicht das Mittel, das arbeitende Volk aufdem Wege der Emanzipation an's Ziel zu bringen.„Wo roheKräfte sinnlos walten, da kann sich kein Gebild gestalten." Sieführen viel eher zu zeitweiligen Rückschritten, und aus diesemGrunde werden sie von unserer Partei verschmäht. Und es istunleugbar, daß ökonomische Organisationen mehr Hang zurGewaltanwendung haben als politische, so daß wir aus diesemGrunde beiderlei Organisationen eng verbunden wünschen müssen.Es gilt aber bei dieser Befürwortung der politischen Thätig-keit sehr scharf zu unterscheiden. Wahlagitation ist nicht dieeinzige, ist selbst nicht einmal die beste Art politischer Thätigkeit.Man kann, wie allbekannt, sehr wirksam politisch agitiren durchMassenversammlungen, zumal wenn für getreuen Bsricht überdie dabei gefallenen Reden gesorgt ist; man kann es nicht minderwirksam durch allerlei großartige Demonstrationen, wie z. B.Auszüge, Volksfeste, Tragen von Abzeichen, welche eine bekannteBedeutung haben, Geldsammlungen für unglückliche Parteigenossen,Masscnbittschriften an Legislaturen(?) und Behörden; man kannes endlich am allerbesten durch die Parteiprcsse und Flugschriften,sowie durch Congresse der Abgeordneten der Partei und weitesteVeröffentlichung ihrer Beschlüsse. Und alle diese Agitationsmittelkosten weniger Geld als eine Wahlagitation, während sie weiterreichen. Ist nun die Organisation einer dergestalt zusammen-gebrachten Partei zweckmäßig und kräftig: sind also alle Partei-Mitglieder auf Listen eingetragen, hat jede Abtheilung der Parteirhre regelmäßigen und interessanten Versammlungen, thätigeBeamte und Gesammtbehörden, so ist die politische Thätigkeit inhohem Grade dankbar, selbst ohne alle Wahlbctheiligung. Hatsie Völlens eine große Zahl Redner und Schreiber, welche dieOrganisation rasch ausbreiten und überall ökonomische undpolitische Auftlärrng reifen, so heißt das im höchsten Gradepolitisch handeln, auch ohne daß man vorläufig an einer öffent-lichen Wahl als Partei sich betheiligt. Sobald die Betheiligungräthlich sein soll, muß man gewiß voraussehen können, daß eingroßer, schlagender, eindrucksvoller Erfolg erreicht werden wird;andernfalls ist es am besten, damit zu warten. So wenigstensin Amerika.In Deutschland, Frankreich und Belgien steht es damit ganzanders. Dort sind alle von uns angegebenen politischen Massen-Versammlungen, Demonstrationen und die strenge Parteiorgani-sation gesetzlich erschwert und theilweise verboten; die Presse unddas öffentliche Wort sind in ihrer Wirksamkeit beschränkt; dieWahlagitation bleibt somit das Hauptmittel der Agitation undder Organisation überhaupt, und für diese müssen deshalb alledenkbaren Opfer gebracht werden. Wenn der„Milw. Sozialist"in diesem Sinne seine Behauptung, daß die Lokalagitation mög-lichst freigelassen werden müsse, verstanden wissen will, nämlichdaß sie in Amerika anders ausfallen müsse als in Deutschland zc.so können wir ihm beistimmen. Aber wir können ihm darinnicht beistimmen, daß sie in Ohio und Wisconsin anders sollbetrieben werden dürfen, als in New-Aork oder Massachusetts,und daß die Partei des ganzen Landes dahinein nicht zu redenhaben soll. Denn die politischen und ökonomischen Verhältnissesind innerhalb der Vereinigten Staaten nicht entfernt so ver-schieden nach Oertlichkeiten, daß die ganze Partei die Bedürfnisseder örtlichen Organisation nicht sollte verstehen und würdigenkönnen.Wir hoffen hiermit klar gemacht zu haben, was die strengam Parteiprogramm haltende Fraktion unserer Partei von poli-tischer Thätigkeit hält, daß sie derselben durchaus nicht abgeneigtist, sie der raschen Ausdehnung der politischen Organisation sogarsehr zugeneigt ist und eine solche voraussetzt, bevor sie irgendwozu Wahlbetrieb zu schreiten anrathen möchte, kurz, daß manaufhören sollte, ihre Absichten mißzuvcrstehen. Wenn die Parteieinig ist, so wird sie sich seit dem Strike in zehnfach schnellererWeise verbreiten und viel erfolgreicher wirken, als der Kühnsteunter uns noch vor Kurzem zu hoffen gewagt hätte. Es kannalsdann sein, daß sehr bald die ganze Partei einstimmig eineallgemeine Wahlbewegung für nöthig findet.Wenn aber die Einigkeit fehlt, wenn die Parteidisziplin nichtdas oberste Gesetz für jedes Mitglied ist, so wird kein— auchnoch so großer— lokaler Parteierfolg den unberechenbarenSchaden wieder gutmachen können, welche die Uneinigkeit an-richtet. Denn wer soll genügendes Vertrauen zu einer neuenPartei gewinnen, um sich ihr mit Leib und Seele anzuschließen,Lohnarbeitern sich immer mehr Bahn zu brechen. Beweis hier-für liefert uns das letzte vom sozialdemokratischen Wahloereinarrangirte Volksfest; dasselbe war von circa 4—500 Personenbesucht, die zu einem verhältnißmäßig großen Theil diesen Kreisenangehörten, und wurde die von echt sozialistischem Geiste durch-wehte Festrede Strumpen's mit stürmischem Beifall aufgenommen.Bis spät in die Nacht hielt das durch keine Dissonanz gestörteFest die Theilnehmer in gemüthlicher Unterhaltung vereinigt,und können speziell die Düsseldorfer Genossen mit dem Erfolgauch in agitatorischer Hinsicht zufrieden sein.— tt.Hleichenöach(Schlesien). Unser Parteigenosse, Reichstags-abgeordneter August Kapell, schreibt an die Gesinnungsge-sinnungsgenossen im Wahlkreise Reichenbach-Neurode Folgendes:Da ich mich in weiter Entfernung von eurer Heimath be-finde, ist es mir leider nicht vergönnt, mich des Oeftern überdie sozialen und politischen Verhältnisse eurer Gegend zu unter-richten, wie ich es so gerne möchte. Obgleich ich im steten Ver-kehr mit euch bekannten Personen stehe, von welchen ich dienothwendigsten Nachrichten über eure Lage erhalte, ist es geradedie Böhmert'sche„Sozial- Correspondenz"— ein Mädchen fürAlles— in welcher ich recht nette Enthüllungen über die Ver-Hältnisse der mir so lieb gewordenen treuen Arbeiter und Hand-werker von Reichenbach- Neurode und Waldenburg finde. Die„Sozial- Correspondenz" schreibt nämlich:„In Schlesien liegen die Arbeiterverhältnisse zur Zeit nochsehr ungünstig. Die Hauptzweige unserer heimischen Industrie,die Kohlen- und Eisenproduktion(Oberschlesien und Waldenburg)und die Weberei(Mittel- und Niederschlesien) liegen fast ganzdarnieder. Zum Glück sind die Ernteaussichten in den meistenackerbautreibenden letztgenannten Bezirken sehr günstig, thell-weise, z. B. in der Grafschaft Glatz, sogar vorzügliche. In denArbeitslöhnen steht aber die Grafschaft Glatz weit hinter denanderen Gegenden Schlesiens zurück. Die meist Weberei trei-bende Bevölkerung darbt und hungert. Für ein Stück Lein-wand, das für Langenbielau gearbeitet wird, gab es in regu-lären Zeiten 6 Mark und darüber Lohn, heute erhalten dieWeber, die oft 3— 4 Meilen zur Ablieferungsstelle wandernmüssen, 2— 2'/s Mark pro Stück, und dabei wird ihnen nocheine Ablieferungsfrist vorgeschrieben, so daß sie jetzt nur 2 Stückper Woche liefern dürfen gegen 3 bis 4 Stück in früherer Zeit.Eine größere Fabrik bei Neurode, die 200 Handwebe- und eineAnzahl Maschinenwebstühle enthält, hat längst den Betrieb aufV.o reduzirt und beabsichtigt, im August ganz aufzuhören. DieFabrikation von Berliner Double's ist in der Grafschaft mangelsgenügenden Absatzes fast ganz eingestellt worden, die Preise sindsehr gesunken und der Verdienst deshalb sehr gering. Auch dieGlasfabrikation und die Glasschleiferei, die in der Gegend vonSchlegel und Reinerz Tausende ernährte, stockt, letztere besonderswegen der durch den Krieg verhinderten Ausfuhr nach Rußland.Dagegen beginnt ein neuer Industriezweig, die Fabrikation vonHeiligenbildern, in Neurode zu blühen; die dortige Fabrik be-schäftigt bereits circa 200 Personen und exportirt vorzugsweisenach Belgien, Frankreich und Rumänien.— Großer Geldmangelmacht sich überall fühlbar und zwingt fortwährend Geschäfte, dieihre Gelder augenblicklich nicht flüssig machen können, die Zah-lungen einzustellen.— Aus Waldenburg schreibt man uns:Die Porzellan-Industrie liegt hier immer noch darnieder undder Betrieb der beiden Fabriken ist auf ein Drittheil beschränkt.Der Kohlenversandt ist lebhafter, die Halden sind theilweiseversendet, doch zu Preisen, daß entschieden an der Förderungeher zugesetzt, als verdient wird."(?? College Fürst von Pleß,ist das wahr?)Hier wird also das schlesische Elend in grellen Farben voneiner Correspondenz geschildert, die es sich zur Aufgabe gemachthat, der Sozialdemokratie auf„wissenschaftlichem Wege" denGaraus zu machen. Und welche Vorschläge macht denn dasCentral- Reptilienblatt zur Abwendung dieser bittern Roth?Keine! Sie tröstet euch mit der Aussicht auf eine„gute Ernte",wovon aber die arbeitslosen Handwerker und Arbeiter auch nichtsatt werden können. Die Bauern und Gutsbesitzer werden be-stimmt, nicht eine Metze Korn zur Abhilfe der Roth von der„guten Ernte" abzugeben, wenn diese nicht in klingender Münzebezahlt werden kann.Ein Mittel freilich ist es, welches die„Sozial-Correspon-denz" als Linderungspflaster vorschlägt, nämlich: Umkehr vondem zum Verderben führenden Wege der Sozialdemokratie undAnschluß an die Partei der„Reichsfreunde.— Wer also wiederein rechtschaffener Patriot geworden ist und dreimal des Tagessingt:„Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine Farben'?" oder:„Deutschland, Deutschland über Alles"— oder gar:„Wenn diewenn er dieselbe innerlich zwiespältig erblickt? Ein ungeheuresSaat- und Erntefeld ist uns plötzlich eröffnet worden— weheDenen, welche zwischen den Ackerbauern Streit erregen und er-halten, wo einige Thätigkeit Wunder thun könnte!— Warnung. Am 3. September sollen die Kriegervereine vonDüsseldorf und Umgegend eine Paradcaufstellung vor dem deutschenKaiser nehmen. In Hinblick auf den Potsdamer Borsall, wo dieKriegervereine wegen übergroßer Animirtheit die Parade vor dem Kaisernicht ableisten konnten, werden die Düsseldorfer Wirthe gewarnt, denKriegern Bier und Branntwein vorher zu verabreichen, damit die cultur-historische Mission dieser Vereine, nämlich die Sozialdemokratie zu be-kämpfen, auch richtig und in Ordnung von Stalten gehen kann.— Cholera. Vom 22. August wird gemeldet: Auf dem franzö-fischen Kriegsschiffe„Correze" brach aus der Fahrt von Saigun nachSuez, nachdem Aden passirt war, die Cholera aus. Von der Mann-schaft sind fünfzig gestorben und befinden sich 136 Kranke anBord.— Fälschers Tagewerk. Unter dieser Ueberschrist bringt derBerliner„Ulk" folgende niedliche Verse:Wenn früh die blauen Wölkchen ziehn,Färb' ich die Weine mit Fuchsin.Lacht Mittags hell der Sonnenschein,Thu' Schwerspath ich in's Mehl hinein.Wenn dann das Abendroth erglimmt,Schütt' Ziegelstaub ich in den Zimmt.So leb' ich, jeder Sorge fern,Und preise brünstig Gott den Herrn!— Nächstenliebe eines Geistlichen. In einer bekannten Stadt,so wird der„Hessischen Landeszeitung" in Darmstadt berichtet, legteein unglücklicher Mensch Hand an sein Leben; die arme Wittwe be-durste eines Nachweises, auf Grund dessen ihr und ihren Kindern vonder Armen- Commission eine Unterstützung werden sollte. Der Geistliche,den sie zu diesem Zwecke um eine Urkunde bat, nahm nur eine Markund sicherte ihr zu, daß sie zu jeder Zeit(!) von ihm einen geistlichenRath erhalten solle, so oft sie sich an ihn wende. Die Armen-ComMission war humaner als der geistliche Trostspender, sie gewährt: derFrau, welche keine 16 Zimmer bewohnt, eine Spende zur Erziehungihrer Kinder und erstattete ihr obendrein die Mark für den Pfaffenzurück.