in ihm der unverhülltesten Reaktion gegenüber mit ihm würde das neue Reich, das einst auf Einheit und Freiheit gegründet werden sollte, aufs Neue den alten Polizeikünsten des unseligen Bundestages verfallen, die Mainzer Centralcommission zur Verfolgung der Demagogie ihre Wiedergeburt feiern in der neuen Berliner   Centralcommission zur Aufspürung von Sozialisten." Nach einer Analyse des Gesetzes fährt sie fort: Dies mag genügen, um vor unseren Lesern die Erregung zu rechtfertigen, unter welcher wir diese Zeilen niederschreiben. Wir halten es für unmöglich, daß der Reichstag   einem solchen Gesetze seine Zustimmung gebe aber dem deutschen   Volke müssen wir schon heute zurufen, die letzte Entscheidung liegt allein in seiner Hand, die Entscheidung über Glück und Frieden für uns und unsere Kinder, denn wir stehen mit diesem Gesetze an dem Scheidewege, der die Aussichten auf die lachenden Gefilde, welche ein in friedlicher Eintracht an gemeinsamer Verbesserung unaufhörlich arbeitendes und strebendes Volk bewohnt, von denen trennt, auf denen Mißtrauen, Haß und Zwietracht schließlich ihre Flammenzeichen in erbitterten Kämpfen, in der gegen den Himmel lodernden Lohe eingeäscherter Dörfer und Städte in schrecken- erregender Weise zur Erscheinung kommen lassen. Möge das Volk feststehen gleich kräftig in der Verdammung der Aus- schreitungen der Sozialdemokratie, welche diese Art der Reaktion über uns heraufbeschworen, aber eben so fest in der Abwehr gegen diese Art, eine Gefahr zu bekämpfen, welche nur geeignet ist, uns unrettbar derselben verfallen zu machen!" Die, gleichfalls fortschrittliche,Vossische Zeitung" ist der Meinung: die drakonische Schärfe des Sozialistengesetzes werde selbst die ausschweifendsten Wünsche befriedigen. Besonderen Anstoß nimmt sie an dem AusdruckUntergrabung". Vereine, Versammlungen, Druckschriften werden sich in Zu- kunft nicht mehr als sozialdemokratische, sozialistische oder com- munistische ankündigen, es wird vielmehr als Kriterium die auf Untergrabung" gerichtete Tendenz dienen müssen. Was soll der Richter aber unterUntergrabung" denken? Wenn ein Verein revolutionäre Bestrebungen verfolgt, die direkt auf Zerstörung der bestehenden Staats- und Gesellschafts- Verhältnisse gerichtet sind, so sprechen wir mit Recht von Unter- grabung. Aber ein Verein kann auch die Revolution und jeden gewaltsamen Umsturz von bestehenden Verhältnissen verabscheuen und dennoch sind wir nicht weniger berechtigt zu sagen, daß sich seine Ziele auf eine Untergrabung der bestehenden Staats- und Gesellschaftsordnung richten. Jeder Verein, der für eine nach seiner Ansicht bessere Zukunft von Staat und Gesellschaft in der Weise thätig ist, daß er Nothstände bespricht, Unrecht und Miß- brauche aufdeckt und bespricht und Reformen mit gesetzlich zu- lässigen Mitteln anstrebt, untergräbt das Vertrauen zur Gegen- wart.................... In diesem Sinne ist also der AusdruckUntergrabung" von so weittragender Bedeutung, daß er mit Ausnahme der conservativen das Bestreben fast aller Vereine treffen muß, die sich überhaupt mit der Zukunft von Staat und Gesellschaft beschäftigen. Man wird nicht sagen können, daß das Gesetz den AusdruckUnter- grabung" blos auf diejenigen Bestrebungen beschränke, welche die Revolution direkt zum Ziele haben, da wir bereits im Straf- gesetzbuche Schutz dagegen haben. Abgesehen davon bezweckt ja aber die Vorlage gerade, daß die Regierung zu weiterem Vor- gehen ermächtigt sei. Es scheint mithin vorausgesetzt, daß nur die Sozialdemokratie getroffen werden soll gar kein Zweifel sein zu können, daß der AusdruckUntergrabung" voll- ständig verfehlt und liberalerseits im eigensten Interesse durchaus unannehmbar ist." DieVossische Zeitung" schließt ihre Kritik mit den Worten: Aus dem über§ 1 des Sozialistengesetzes Gesagten ergiebt sich also schon, daß die Annahme desselben in der vorliegenden Fassung für die Liberalen, sofern sie ihre eigene Haut lieb haben, eine schwere Zumuthung ist, und es wird sich dabei zeigen, ob es nicht vielleicht mehr aus die Haut der Liberalen als auf die der Sozialdemokraten oder mindestens auf beide zugleich abgesehen ist." In der nationalliberalen, von Braun(unserem B.") mit- redigirten BerlinerTribüne" plaidirt ein Einsender, dessen Meinungsäußerung jedoch als Leiter abgedruckt ist, für ein Zusammengehen der Fortschrittspartei und der National- liberalen in der Behandlung des Sozialistengesetzes. Die Tribüne" fügt hinzu, daß sie nicht in allen Punkten die Ansichten des Einsenders theilt. Folgendes sind die Hauptstellen des Artikels: Wir dürfen uns nicht beirren lassen durch das Vertrauen, daß die gegenwärtige Regierung keinenfalls die Absicht haben könne, das Gesetz auch gegen die liberalen Parteien zu richten, denn Regierungen sind wandelbar, und Niemand vermag zu sagen, welche Grundsätze für eine künftige Regierung maßgebend sein werden. Ein Gesetz, welches im Vertrauen auf das gegen- wärtige Regiment geschaffen und nur für dessen Dauer berechnet wird, würde ein Ausnahmegesetz sein, welches die Fortschritts- Partei nicht annehmen dürfte und die nationalliberale Partei nicht annehmen sollte. Als ein solches, alle liberalen Par- teien auf's Höchste gefährdendes, einem etwaigen künf- tigen(!) freiheitsfeindlichen Regiment die Möglichkeit zu jeder Willkür eröffnendes Ausnahmegesetz charakterisirt sich derGesetz- entwurf gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozial- demokratie", der zu einem zweckentsprechenden Ergänzungsgesetz nur durch die umfassendsten Amendirunaen umgestaltet werden könnte. Schon der§ 1 zeigt dies deutlich. Welche Bedeutung kann eine künftige Regierung den Worten:Bereine, welche auf Untergrabung der bestehenden Staats- oder Gesellschaftsordnung gerichteten Bestrebungen dienen", geben? Werden nicht schon jetzt in den reaktionären Preßorganen die nationalliberale und die Fortschrittspartei beschuldigt, daß sie solche Bestrebungen haben? Jeder Verein, der eine Reform der Gesetzgebung erzielen will, würde nach einem solchen Gesetz dem Untergange gewidmet sein." Auszüge aus derFrankfurter Zeitung  " bringen wir in einer der nächsten Nummern; für heute nur einige Urtheile der auswärtigen Presse. Die, einst gut Bismarckische, Wiener  Deutsche Zestung" glaubt ihr Urtheil über den Entwurf kurz dahin zusammenfassen zu können, daß, wenn die Vertreter des deutschen   Volkes dem, was in ihm ihnen verkündet wird, zustimmen, sie Deutschland  zum unfreiesten Lande Europas  (Rußland   und die Türkei  natürlich ausgenommen) machen würden. Ein keckeres Attentat," sagt dieDeutsche Zeitung",gegen die Preß- und Vereinsfreiheit, als das sogenannte Sozialisten- gesetz, das unter dem Vorwand, Sozialdemokraten uud Com- munisten zu treffen, die gesammte Preß-, Vereins- und Ver- sammlungsfreiheit, die persönliche Freiheit jedes Deutschen   einer Anzahl von Beamten preisgeben würde, ist noch nicht dagewesen. Man kann sagen, daß Deutschland  , wenn die Anträge, die Preußen beim Bundesrath einbringt, angenommen werden sollten, zum Gesetze erhoben werden, faktisch, wenn auch nicht formell, zum Standpunkte der Karlsbader Beschlüsse   zurück- kehrt. Napoleon III.   hat in seiner schlimmsten Zeit nichts Aergeres ersonnen, als jene Art von politischem Standrecht, die nach den Schlußbestimmungen des preußischen Antrages zeit- weise verhängt werden kann.... Daß der Reichstag   so etwas annehme, erscheint uns fast undenkbar. Selbst die Servilität der Nationalliberalen hat ja ihre Grenzen(?) und sie müssen doch fühlen, daß eine liberale Partei, die für so etwas stimmt, dem vernichtenden Urtheile des eigenen Volkes und der Geschichte verfallen wäre." Ein englisches Blatt, der Londoner  Globe", noch vor Kurzem für Bismarck   schwärmend, meint bei Besprechung des telegraphischen Resumes: Vielleicht werden nähere Details über die Maßregel den Eindruck mildern,(?) den solch durchgreifende Gesetze hinterlassen müssen: im anderen Falle find die Freiheiten der deutschen   Unter- thanen kaum viel Werth  ; dieselben sind vollständig der Will- kür der staatlichen Behörden und der Polizei über- liefert. Die persönliche Freiheit wird in Deutschland   allmählig eben so sehr ein Ding der Vergangenheit werden, wie es die politische Freiheit bereits ist. Wir zweifeln, ob irgend eine äußerste Gefahr für den Staat auch eine größere als die bereits bestehende Maßregeln von solch außergewöhnlicher Strenge rechtfertigen würde und wir können nicht glauben, daß der Reichstag   das Gesetz annehmen wird." (Fortsetzung folgt.) Sozialpolitische Uebersicht. Die Verrohung unserer Blut- und Eisen-Periode ist niemals widerlicher zu Tage getreten als jetzt bei der Hin- richtung Lehmann-Hödels. Man braucht nur die grausigen Einzel- heiten zu lesen, um mit namenlosem Ekel erfüllt zu werden. Man schämt sich, in einer Zeit zu leben, wo solches vorgehen kann und den Unterhaltungs- und Bildungsstoff des Volkes bildet. Diese grausige Mordlektüre auf Tage, auf Wochen diegeistige Nahrung" unseres Volkes! Wahrhaftig, es ist end- lich einmal an der Zeit, daßdie Schule des Verbrechens" ge- schlössen und dieser abscheulichen Mordkultur mit Mordkultus ein Ende gemacht werde. Wieherrlich weit" wir es bereits in der Verrohung ge- Der deutsche Parlamentarismus. (Eine anatomische Studie.) (Schluß.) Die Wenigen nun, welche auf dem Wege der Ueberlieferung und Anciennetät zu Lenkern der parlamentarischen Geschicke des deutschen   Volkes gediehen sind, die einzelnen Fraktionsfaiseurs haben aus ihrer Mitte zur Befestigung und Erhaltung ihrer Herrschaft einen Ausschuß niedergesetzt, den sogenanntenSe- nioren-Convent", von dem thatsächlich auf dem Wege des Com- promisses alles Das entschieden und dem Reichstage oktroyirt wird, was nach Außen als Ergebniß freiester Willensthätigkeit erscheint. Namentlich werden von ihm alle sogenanntenWahlen" für Präsidium, Bureau, Abtheilungsvorstandschaft, Commissionen, Deputationen u. s. w. gemacht. Ein wirkliches Wählen, ein Bestimmen der einzelnen Persönlichkeiten nach eigenem persön- lichen Ermessen der Mehrheit des Reichstags oder der Reichs- tags-Abtheilungen findet niemals statt und ist der betreffende Akt, wenn er vorgenommen wird.�nichts weiter als eine inhalt- lose Komödie, die, nachdem der Senioren-Convent Beschluß ge- faßt, ebenso gut durch dessen Erklärung ersetzt werden könnte: Herr Cajus ist Präsident des Reichstags", oder:Herr Cu- jacius Mitglied der Xten Commission." Ehrlicher wäre es schon und die Wähler würden dann allerorts eine bessere Einsicht in die innere Wesenheit des deutschen   Parlamentarismus erlangen, d. h. da nicht an Mehrheitsbeschlüsse glauben, wo lediglich von Diktaten einer Minderheit die Rede sein kann. DerSenioren- Convent", dessen Mitglieder sich möglichst in den Mantel des Geheimnisses hüllen, ist charakteristischer, als man auf den ersten Blick anzunehmen geneigt sein dürfte. Deshalb muß gerade sein Wirken in einer Skizze erwähnt werden, die sich Offenlegen des inneren Räderwerkes einer Einrichtung zum Zwecke setzt, welche man bisher daraufhinallzu genau" weder betrachten wollte, noch auch in weiteren Kreisen betrachten konnte. Daß man das Recht aller Minoritäten, die es nicht bis zur Ziffer 12 zu bringen vermögen, auch dann einfach ignorirt, wenn sie in ihrer Gesammtheit einen ganz stattlichen Bruchtheil der Versammlung darstellen und über die Stärke einzelner Fraktionen hinausgehen, ist gewiß bezeichnend. Und dies geschieht bis zu den geringsten Aeußerlichkeiten herab. Wenn man des großen Andranges wegen es für nöthig erachtet, den Eintritt zur Abgeordneten-Tribüne durch Ausgabe von Eintrittskarten zu beschränken, werden die- selben natürlich an die Fraktionen ertheilt, die Fortschritts- Partei mit 31 Mann erhält, was ihr zukommt, die 35 Wilden können sehen, wie sie zurecht kommen, sie erhalten nichts. Supieuti sat. Bei jeder parlamentarischen Versammlung liegt die Garantie für ihre technische und politische Leistungsfähigkeit in der Art und Weise, wie sie sich die Organe ihrer Wirksamkeit beschafft. Arbeitsinstrumente einer Volksvertretung sind lediglich die Com- Missionen. Gewählt werden diese gegenwärtig von den Abthei- lungen, in welche der Reichstag   sofort nach seinem Zusammen- tritt auf dem Wege der Verloosungen zerlegt wird. Es sind deren sieben. Die Wahl der Commissionen soll nun in der Weise erfolgen, daß jede der Abtheilungen eines, zwei, drei oder vier Mitglieder in den betreffenden Ausschuß wählt. Dadurch, daß man dem reinen Zufalle die Zusammensetzung der Abtheilungen überließ, zeigte man deutlich', daß einseitige Berücksichtigung des Partei- oder Fraktionsstandpunktes bei Zusammensetzung der Ausschüsse ausgeschlossen und mehr die parlamentarische Arbeits- fähigkeit in Betracht gezogen werden sollte. Diesen gesunden und vernünftigen Gedanken der Geschäftsordnung weiß man durch die Einrichtung des Senioren-Conventes künstlich in sein volles Gegentheil zu verkehren. Dieseunbekannten Oberen" bestimmen im Voraus die Mitglieder, welche in die Commissionen zu wählen sind, und erkennen dabei, wie das bei der Zusammen- setzung und dem Wesen selbstverständlich ist, in erster Linie als Richtschnur so ausschließlich nur die Fraktionsschabtone an, daß mit lächerlich- peinlicher Sorgfalt nach halben, Viertels- und Achtels-Abgeordneten gerechnet wird. Um das Mißständige nicht zu schreiend werden zu lassen, sieht man bei Ausschüssen, welche technische Fragen zu entscheiden haben, ausnahmsweise von dem Parteistandpunkte ab. Durch die Ausnahme wird aber die Regel nur evidenter gemacht. Die Wirkung einer solchen Wahlart auf die Arbeitsfähigkeit der Commissionen zu untersuchen, liegt außerhalb der Ausgabe dieser Zeilen. Aufmerksame Beobachter unserer parlamentarischen Zustände, die den Vorwurf nicht kennen,die Dinge allzugenau zu betrachten", werden nicht bracht haben, erhellt recht drastisch aus einem Brief, den der nationalliberale Herr von Bunsen während der Wahlbewegung geschrieben hat. Es war ihm nämlich vorgeworfen worden, daß er, als Mitglied des Cobdenclubs, nicht ganzkauscher" sei in puncto des Patriotismus zc. In dem betr. Brief heißt es: .Die Anschuldigung gegen mich lautete dahin: 1) ich sei Mitglied des Cobdenclubs, 2) als solcher verpflichtet, immer für absoluten Freihandel zu stimmen, und 3) erhielte ich dafür eine tüchtige Vergütung. Auf die letzte Behauptung antworte ich nicht. Sie schließt eine infame Verdächtigung nicht blos meiner Person, sondern aller übrigen Ehrenmitglieder des ge- genannten internationalen Clubs in sich, die allen Ländern der gesitteten Erde angehören, deren Keiner für einen schlechten Patrioten gilt und unter denen sich das Beste befindet, was jede Nation an Geist und Charakter aufzuweisen hat. Daß ich seit 1871 Ehrenmitglied des Cobdenclubs bin und als solches den deutsch  - nationalen Standpunkt in einer Jahresversammlung des- selben als Redner vertreten habe, wurde von mir in der Wahl- Versammlung zu Schmiedeberg vom Mai 1876 ausgesprochen, ist also kein Geheimniß. Der verewigte Cobden, zu dessen An- denken der Club gestiftet ist, war em Mann von weitumsassen- den Gedanken. Niemals ist mir ein Engländer vorgekommen, der weniger wie er das Sonderinteresse seines Landes, wärmer das der Menschheit im Auge gehabt hätte. Deshalb lautet der Wahlspruch des Clubs:Friede unter den Völkern, Wohlwollen unter den Menschen. Freiheit des Handels." Wenn ich nicht irre, sehr geehrter Herr, so ist die Generation, der wir beide angehören, in ähnlichen Gedanken aufgewachsen und braucht sich ihrer nicht zu schämen. Sie werden deshalb finden, daß heut zu Tage Jedermann sich einen Freihändler nennt, das heißt Jedermann wünscht den Tag zu erleben oder für seine Kinder und Kindeskinder vorzubreiten, da all- gesitteten Länder ebenso einen Zollverein bilden, wie die deutschen   Staaten unter sich in Zolleinheit stehen. Das war der leitende Gedanke der Handels- Verträge, welche seit 1859 in Europa   geschlossen wurden. Man ließ in dem Maße, wie jede Industrie erstarkt war, gegenseitig Zollschranken ganz oder theilweise fallen, man hoffte aus ein Anwachsen besserer Ueberzeugungen, namentlich in den Hochburgen der Abschließung, wie Rußland  , Frankreich  , Oesterreich. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt." Hundert Jahre nach Lessing'sNathan dem Weisen  ", drei- undsiebzig Jahre nach Schiller's, fünsundvierzig Jahre nach Göthe's   Tod muß ein Deutscher sich förmlich entschuldigen, daß er einer Gesellschaft angehört, welcheFriede unter den Völkern und Wohlwollen unter den Menschen" erstrebt! Es ist wirklich stark. Ein treffliches Urtheil über die Verwerflichkeit der liberalen Taktik, die Sozialdemokratie für die Attentate verant- wortlich zu machen, finden wir in einer Hamburger Correspon- denz der liberalen Wiener  Neuen Freie« Presse" vom 2. August, also nach den Wahlen. Dort heißt es:Ein unge- heurer Fehler ist dadurch begangen worden, daß man der sozial- demokratischen Partei die Urheberschaft an den Attentaten zu- schiebt und nun mörderisch auf sie losschlägt. Denn, wenn auch die Sozialisten in Bezug auf die Erreichung ihrer Ziele und Ausführbarkeit ihrer Lehren im Jrrthum sein mögen, so sind sie doch an den Attentaten gerade so viel oder so wenig schuld, als die Erfinder der Dampfmaschine an den Eisenbahnunfällen oder die Religionsstifter an den Religionskriegen." Dieses vernünftige Urtheil eines außerdeutschen Liberalen mögen sich dieliberalen" Journalisten hinter die Ohren schreiben. Zur bevorstehenden Sedanfeier. Die Sedansduselei ist im deutschen   Volke trotz des Attentatsdeliriums sehr im Ab- nehmen begriffen. Auch die Gemeindevertretungen werden rem- tent. So hat in der vorigen Woche die Gemeindevertretung von Deutz es abgelehnt, aus der Stadtkasse die Kosten zur Be- wirthung der Schuljugend am 2. September zu bewilligen. Ferner beschäftigten sich die Stadtverordneten zu Köln   mit dieser Frage. Die nationalliberale GesellschaftLese" hatte in Gemeinschaft mit den Krieger-, Gesang- und anderen Vereinen den Antrag gestellt, das Collegium möge, wie im vorigen Jahre, 1000 Mark als Beitrag zu den Kosten des Sedanfeftes bewil- ligen. Nach einer kurzen Debatte wurde dieser Antrag mit allen gegen acht Stimmen abgelehnt. Die Heiligkeit des Herrn Sedanius ist also nicht von langer Dauer gewesen. Zur Lingenau  'schen Erbschaft schreibt man uns aus Gumbinnen  : Die von unserm in St. Louis   in Amerika   ver- storbenen Genossen F. Lingenau der sozialdemokratischen Partei zugedachte Erbschaft läßt den Behörden noch immer keine Ruhe. leugnen dürfen, daß in diesen Verhältnissen ein Grund für die Behauptung gesucht werden kann, daß unsere Zeit zur Gesetz- gebung keinen Beruf habe. Der schlimmste Erfolg, den die rückhaltlose Handhabung der schablonenhaften Fraktionspolitik herbeigeführt hat, ist darin zu finden, daß der Reichstag   an das ihm anvertraute Palladium der geistigen Wohlfahrt des deutschen   Volkes an die Rede­freiheit hat tasten lassen. Die Geschäftsleitung ist seit ge- raumer Zeit hinsichtlich der Redeordnung keine unparteiische. Das ist eine Thatsache, die von allen Vorurtheilslosen aner- kannt wird..... Die von den liberalen Parteien herbeigeführte und geduldete Abschaffung der Rednerliste ermöglicht eine Willkür bei der Wortverleihung, die im Vereine mit den bekannten Anträgen auf Schluß der Debatte dem Mundtodtmachen jeder Minorität gleichkommt. Wenn diese Praxis, mit welcher besonders der Name Valentin in den Annalen unseres Parlamentarismus auf immer in sehr unliebsamer Weise verbunden bleiben wird, vor- züglich gegen die Sozialdemokratie gerichtet war, so vermag das an der absoluten Verwerflichkeit einer so unerhörten Uebung nichts zu ändern. Ist nur die Fraktionsangehörigkeit, wie das von maßgebender Stelle ausdrücklich ausgesprochen wurde, maß- gebend für die Locirung der angemeldeten Redner bei der Reihen- folge, in welcher sie zum Worte zugelaffen werden, so bezeichnet das einen Höhepunkt des Mißbrauchs, der allerwärts zum Nach- denken führen sollte. Eine Abkürzung der Debatte, was man heuchlerisch als Zweck anführte, ist durch alle diese Mittel nicht erreicht worden. Wohl aber hat sich der Reichstag durch Be- schränkung der Redefreiheit die Quelle moralischer Macht und dadurch die unerläßlichste Vorbedingung realer Wirksamkeit selbst abgegraben. Wenn er im gegenwärtigen Moment ohnmächtiger denn je dasteht, so find daran nicht blos die äußeren Verhält- nisse, so ist vielmehr vor allem auch der innere Mechanismus einer Legislative schuld, die in ihrer Zerfahrenheit und Zer- splitterung ein würdiges Gegenbild der Exekutive ist, in die gewisse parlamentarischeConfessions" während der beiden letzten Sessionen einen so lehrreichen Einblick gewährten. Bei der Regierung sollUmkehr" und Consolidation einge- treten sein. Bei dem Reichstage wird es wohl noch lange dauern,